Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Berechtigung zum Vorsteuerabzug, Nachweis einer bewirkten Lieferung, Lieferung von Tieren durch andere Unternehmer als Landwirte, Keine Pflicht zur Angabe von Registrierungsnummern von Tieren in der Rechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Lieferung von Gegenständen“ im Zusammenhang mit der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug im Sinne dieser Richtlinie und der Nachweis der tatsächlichen Bewirkung einer solchen Lieferung nicht an die Form des Erwerbs des Eigentumsrechts an den betreffenden Gegenständen gebunden sind. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, gemäß den nationalen Beweisführungsregeln alle Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits umfassend zu beurteilen, um festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren streitigen Lieferungen von Gegenständen tatsächlich bewirkt worden sind und ob, gegebenenfalls, unter Berufung auf diese Lieferungen ein Recht auf Vorsteuerabzug ausgeübt werden kann.

2. Art. 242 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er Steuerpflichtige, die keine landwirtschaftlichen Erzeuger sind, nicht verpflichtet, in ihrer Buchführung den Gegenstand der von ihnen bewirkten Lieferungen, wenn es sich um Tiere handelt, auszuweisen und den Beweis dafür zu führen, dass diese Tiere gemäß dem internationalen Rechnungslegungsstandard IAS 41 „Landwirtschaft“ kontrolliert worden sind.

3. Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass er einen Steuerpflichtigen, der die Lieferungen von Gegenständen bewirkt, bei denen es sich um Tiere handelt, für die das System zur Kennzeichnung und Registrierung gilt, das mit der Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 geänderten Fassung geschaffen wurde, nicht verpflichtet, die Ohrmarken dieser Tiere in den diese Lieferungen betreffenden Rechnungen anzugeben.

4. Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass es nach dieser Vorschrift nur dann zulässig ist, einen Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn der betreffende Steuerpflichtige berechtigt war, die Vorsteuer unter den in Art. 168 Buchst. a dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen vorab abzuziehen.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 242, 226 Nr. 6, Art. 185 Abs. 1

 

Beteiligte

Evita-K

Evita-K EOOD

Direktor na Direktsia Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto - Sofia pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite

 

Verfahrensgang

Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) (Urteil vom 06.02.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 133/16)

 

Tatbestand

Richtlinie 2006/112/EG ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ‐ Lieferung von Gegenständen ‐ Begriff ‐ Recht zum Vorsteuerabzug ‐ Versagung ‐ Tatsächliche Vornahme einer steuerbaren Transaktion ‐ Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 ‐ System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern ‐ Ohrmarken“

In der Rechtssache C-78/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Sofia-grad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 6. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Februar 2012, in dem Verfahren

„Evita-K“ EOOD

gegen

Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ Sofia pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis, J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der „Evita-K“ EOOD, vertreten durch A. Kashkina,

‐ des Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ Sofia pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite, vertreten durch A. Georgiev als Bevollmächtigten,

‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch Y. Atanasov als Bevollmächtigten,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 1, Art. 178 Buchst. a, Art. 185 Abs. 1, Art. 226 Nr. 6 und Art. 242 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „Evita-K“ EOOD (im Folgenden: Evita-K) und dem Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na iz...

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