Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsausgabenabzug, Zinsen, die eine Inlandsgesellschaft für von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft gewährte Darlehen zahlt, Nichtabzugsfähigkeit von Zinsen, die auf den als übermäßig angesehenen Teil der Verschuldung entfallen

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 56 EG ist dahin auszulegen, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die es nicht ermöglicht, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns als Kosten die auf den als übermäßig eingestuften Teil einer Verschuldung entfallenden Zinsen abzuziehen, die eine gebietsansässige Gesellschaft einer in einem Drittstaat ansässigen Darlehen gebenden Gesellschaft zahlt, zu der sie besondere Beziehungen unterhält, aber den Abzug solcher Zinsen zulässt, die an eine gebietsansässige Darlehen gebende Gesellschaft gezahlt worden sind, zu der die Darlehen nehmende Gesellschaft Beziehungen dieser Art unterhält, sofern nach dieser Regelung auch dann, wenn die in einem Drittstaat ansässige Darlehen gebende Gesellschaft keine Beteiligung am Kapital der gebietsansässigen Darlehen nehmenden Gesellschaft hält, vermutet wird, dass jede Verschuldung der letztgenannten Gesellschaft Teil einer Gestaltung ist, mit der die normalerweise geschuldete Steuer umgangen werden soll, oder sofern die betreffende Regelung nicht die Möglichkeit bietet, von vornherein hinreichend genau ihren Anwendungsbereich zu bestimmen.

 

Normenkette

EGVtr Art. 56

 

Beteiligte

Itelcar und Fazenda Pública

Itelcar - Automóveis de Aluguer Lda

Fazenda Pública

 

Verfahrensgang

Tribunal Central Administrativo Sul (Portugal) (Urteil vom 29.05.2012; ABl. EU 2012, Nr. C 250/10)

 

Tatbestand

„Freier Kapitalverkehr ‐ Steuerrecht ‐ Körperschaftsteuer ‐ Zinsen, die eine gebietsansässige Gesellschaft als Entgelt für von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft gewährte Darlehen zahlt ‐ Bestehen „besonderer Beziehungen“ zwischen diesen Gesellschaften ‐ Unterkapitalisierung ‐ Nichtabzugsfähigkeit von Zinsen, die auf den als übermäßig angesehenen Teil der Verschuldung entfallen ‐ Abzugsfähigkeit bei Zinsen, die an eine im Inland ansässige Gesellschaft gezahlt werden ‐ Steuerhinterziehung und -umgehung ‐ Rein künstliche Gestaltungen ‐ Bedingungen des freien Wettbewerbs ‐ Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C-282/12

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Central Administrativo Sul (Portugal) mit Entscheidung vom 29. Mai 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juni 2012, in dem Verfahren

Itelcar ‐ Automóveis de Aluguer Lda

gegen

Fazenda Pública

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer sowie der Richter J. Malenovský, U. Lõhmus (Berichterstatter) und M. Safjan,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Itelcar ‐ Automóveis de Aluguer Lda, vertreten durch P. Vidal Matos und D. Ortigão Ramos, advogados,

‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, J. Menezes Leitão und A. Cunha als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Afonso und W. Roels als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG und 58 EG.

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Itelcar ‐ Automóveis de Aluguer Lda (im Folgenden: Itelcar) und der Fazenda Pública (Staatskasse) wegen der teilweisen Nichtabziehbarkeit von Zinsen, die für Darlehen, die Itelcar von einer amerikanischen Gesellschaft, der GE Capital Fleet Services International Holding, Inc. (im Folgenden: GE Capital), gewährt worden waren, an diese gezahlt worden sind.

Portugiesische Rechtsvorschriften

Rz. 3

Das Körperschaftsteuergesetz (Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Colectivas) in der Fassung, die es durch das Decreto Lei Nr. 198/2001 vom 3. Juli 2001 und das Gesetz Nr. 60 A/2005 vom 30. Dezember 2005 erhalten hat (im Folgenden: CIRC), sieht in seinem mit „Unterkapitalisierung“ überschriebenen Art. 61 Folgendes vor:

„(1) Wenn die Verschuldung eines Steuerpflichtigen gegenüber einer weder im portugiesischen Hoheitsgebiet noch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Einheit, zu der er besondere Beziehungen gemäß der Definition des Art. 58 Abs. 4 mit den erforderlichen Anpassungen unterhält, übermäßig ist, sind die Zinsen, die auf den als übermäßig zu wertenden Betrag entfallen, nicht für die Zwecke der Bestimmung des besteuerbaren Gewinns abzugsfähig.

(2) Dem Bestehen besonderer Beziehungen wird die Verschuldung des Steuerpflichtigen gegenüber einem weder im portugiesischen Hoheitsgebiet noch in einem anderen Mitgliedstaat...

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