Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer für Erwerb einer Eigentumswohnung im Bauherrenmodell. Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Daß der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück im Rahmen eines Bauherrenmodells, der aufgrund einer Reihe vorformulierter Musterverträge letztlich dem Erwerb einer Eigentumswohnung dienen soll, als grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbstatbestand beurteilt und die Steuer nach der für den Erwerb der Eigentumswohnung insgesamt geschuldeten Gegenleistung bemessen worden ist, ist verfassungskonform.

2. Für den Fall, daß das Finanzgericht sich mit dem Vortrag des Klägers nicht ausreichend befaßt hat, ist ein solcher Fehler jedenfalls geheilt, wenn sich der BFH mit dem Vortrag befasst hat.

3. Ob ein Rechtsgeschäft zivilrechtlich als Kauf- oder als Werkvertrag zu qualifizieren ist, ist für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauherrenmodells nicht entscheidend.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 24.01.1990; Aktenzeichen II R 94/87)

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.09.1986; Aktenzeichen 4 K 355/84)

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn die angegriffenen Entscheidungen lassen einen Verstoß gegen Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers nicht erkennen.

1. Soweit der Beschwerdeführer sich dagegen wendet, daß der Erwerb eines Miteigentumanteils an einem Grundstück im Rahmen eines Bauherrenmodells, der aufgrund einer Reihe vorformulierter Musterverträge letztlich dem Erwerb einer Eigentumswohnung dienen soll, als grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbstatbestand beurteilt und die Steuer nach der von dem Beschwerdeführer für den Erwerb der Eigentumswohnung insgesamt geschuldeten Gegenleistung bemessen worden ist, wendet er sich gegen die Auslegung und Anwendung von Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes. Auslegungsfehler, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫), lassen die angegriffenen Entscheidungen nicht erkennen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 27. Dezember 1991 – 2 BvR 72/90).

Das Fehlen einer Sonderregelung für die Fälle des Grunderwerbs im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft im Grunderwerbsteuergesetz 1983 führt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Umstand läßt nicht zwingend darauf schließen, daß der Gesetzgeber ein von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweichendes Gesetzesverständnis hatte. Das Fehlen einer Sonderregelung spricht im Gegenteil eher dafür, daß der Gesetzgeber nicht einmal eine klarstellende Regelung für erforderlich hielt.

Es ist ferner nicht ersichtlich, daß die einschlägigen Normen des Grunderwerbsteuergesetzes einer Auslegung nicht zugänglich sein sollten.

2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof hätten sich mit den von ihm vorgetragenen verfassungsrechtlichen Argumenten nicht auseinandergesetzt, ist ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, daß das Gericht den Vortrag der Parteien zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht. Für den Fall, daß das Finanzgericht sich mit dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht ausreichend befaßt haben sollte, wäre ein solcher Fehler jedenfalls in der nächsten Instanz geheilt worden. Wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, hat der Bundesfinanzhof sich mit den verfassungsrechtlichen Bedenken auseinandergesetzt. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Gerichts, sich mit allen vertretenen Rechtsansichten in den Urteilsgründen auseinanderzusetzen, hat in Art. 103 Abs. 1 GG keine Grundlage.

3. Auch eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht erkennbar.

Die Frage, ob ein Rechtsgeschäft zivilrechtlich als Kauf- oder als Werkvertrag zu qualifizieren ist, war für den Bundesfinanzhof nicht entscheidungserheblich. Das Urteil stellt vielmehr darauf ab, ob die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Qualifikation im Ergebnis dazu führen sollen, dem Erwerber neben dem Grundstücksanteil eine Eigentumswohnung zu verschaffen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1512225

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