Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt nicht gegen das GG, wenn Aktien, die im Inland einen Kurswert haben, unter Zugrundelegung dieses Kurswertes zur Vermögensteuer herangezogen werden.

 

Normenkette

VStG § 4; BewG § 13 Abs. 1, § 11/1, §§ 69, 112, 70, 113, 71-73, 114; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.04.1969; Aktenzeichen 1 BvR 555/65)

 

Tatbestand

Der Bf. gab in einer Anlage zur Vermögenserklärung auf den 1. Januar 1960 als sonstiges Vermögen u. a. Wertpapiere mit einem Wert von insgesamt 526.520 DM an. Für sämtliche vom Bf. aufgeführten Wertpapiere sind Steuerkurswerte zum 31. Dezember 1959 nach § 72 BewG in der Fassung vor dem Gesetz zur änderung des Bewertungsgesetzes (ändG-BewG 1963) vom 10. August 1963 (BGBl I S. 676, BStBl 1963 I S. 608) festgesetzt. Bei der Hauptveranlagung auf den 1. Januar 1960 folgte das Finanzamt insoweit den Angaben des Bf.

Gegen die Hauptveranlagung wandte der Bf. folgendes ein: § 13 BewG sei verfassungswidrig, da die Börsenkurse, die der Aktienbewertung zugrunde gelegt werden müssen, starken Schwankungen unterworfen seien. Ungefähr bis 1939 hätten die Börsenkurse in etwa den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprochen und den gemeinen Wert im Sinne von § 10 BewG für die Wertpapiere dargestellt. Seit etwa 1952 seien aber solche Wertverschiebungen eingetreten, daß die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht mehr gewährleistet sei. Das Kursbild für Aktien an der Börse sei willkürlich, je nachdem in welcher Höhe Aktien angeboten bzw. aufgekauft würden. Kursschwankungen von einigen 100 % seien keine Seltenheit. Hinzu komme, daß die Börsenkurse nur aus dem Umsatz eines verhältnismäßig geringen Teiles des Aktienkapitals herrührten und somit wegen des Materialmangels zu hoch seien. Die Börsenkurse seien danach zufallsbedingt und keine geeignete Besteuerungsgrundlage. Von den festgesetzten Steuerkurswerten müßten deshalb Abschläge gemacht oder aber der gemeine Wert der Aktien nach den Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften (AntBewR) berechnet und bei der Vermögensteuer berücksichtigt werden. Daneben stelle die Vermögensteuer eine konfiskatorische Belastung dar und verstoße somit gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG), weil die Abführung der Vermögensteuer teilweise zur Aufzehrung der Substanz führe. Es widerspreche weiterhin dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG), wenn Grundvermögen nur mit dem auf den 1. Januar 1935 festgestellten Einheitswert und weiterhin Aktien ohne Kurswert im Inland nur mit dem - meist geringeren und vom Finanzamt in einem besonderen Verfahren festgestellten - gemeinen Wert bei der Vermögensteuer berücksichtigt würden. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte im wesentlichen aus:

Bei der Hauptveranlagung zur Vermögensteuer sei ein Abschlag auf die maßgebenden Kurswerte unzulässig. Der Börsenkurswert sei ein Unterfall des nach § 10 BewG geltenden Bewertungsgrundsatzes des gemeinen Wertes. Bei Vorliegen besonderer Verhältnisse seien ungewöhnliche Börsenkurse nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht zu berücksichtigen. Das ergebe sich z. B. aus der Entscheidung des Reichsfinanzhofs III e A 33/34 vom 11. Juli 1935 (RStBl 1935 S. 1485). Damit sei gewährleistet, daß zufallsbedingte Börsenkurse nicht zur Grundlage der Vermögensbesteuerung werden könnten. Bei Beachtung dieser Grundsätze stelle sich die Bewertung von Aktien nach dem am Stichtag notierten Börsenkurs als eine hinreichend zuverlässige Bewertung dar. Dabei müsse auch bedacht werden, daß der Börsenkurs den Besonderheiten des Aktienverkehrs an der Börse am besten entspreche, denn andere zuverlässige Bewertungsmaßstäbe seien nicht vorhanden. Die einseitige Begünstigung des Grundbesitzes bei der Vermögensteuer-Hauptveranlagung auf den 1. Januar 1960 könne nicht dazu führen, die Bewertungsvorschriften für alle übrigen Vermögensarten für verfassungswidrig zu erklären und die Begünstigung des Grundbesitzes auf andere Wirtschaftsgüter auszudehnen. Auch eine konfiskatorische Steuerbelastung sei nicht gegeben, da im Entscheidungsfall die Vermögensteuer auf Aktienvermögen zumindest aus den gesamten Einkunftsarten bezahlt werden könne, falls nicht schon der Ertrag der einzelnen Wertpapiere zur Begleichung der Steuerbelastung ausreiche.

Zur Begründung der Rb. wird unter teilweiser Wiederholung vorgebracht: Die Beibehaltung der hohen Steuerkurswerte vom 31. Dezember 1959 für den ganzen Hauptveranlagungszeitraum 1960 bis 1962 stelle einen Mißbrauch der öffentlichen Gewalt zum Schaden der Steuerzahler dar und sei nicht durch die Verfassung gedeckt. Die Aussagefähigkeit der durch den Umsatz von einigen 1.000 DM Nennwert zustande gekommenen Börsenkurse sei gering. Es widerspreche den in der Verfassung niedergelegten Grundrechten, derart irreale Werte zur Grundlage steuerlicher Belastungen zu machen. § 13 Abs. 1 BewG verstoße deshalb gegen die Verfassung. Die Ansicht des Finanzgerichts, daß sich die Aktien zu einem selbständigen Wirtschaftsgut von besonderer Verkehrsfähigkeit entwickelt hätten, sei nur bedingt richtig, denn der Preis einer Aktie sei von den Geschicken der jeweiligen Aktiengesellschaft abhängig. Es werde daher die Anerkennung einer Aktienbewertung zu Durchschnittskursen, gegebenenfalls eines Abschlages von 10 v. H. von den zum 1. Januar 1960 festgestellten Steuerkurswerten begehrt.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. ist unbegründet.

Der Rechtsstreit betrifft die Behandlung von Wertpapieren bei der Vermögensteuer in der Zeit vor dem Erlaß des ändG-BewG 1963 (a. a. O.). Nach §§ 70 und 7 BewG in der am Stichtag - 1. Januar 1960 - geltenden Fassung konnten für Wertpapiere Steuerkurswerte festgesetzt werden. Der Bf. bestreitet die Brauchbarkeit der Kurswerte von Wertpapieren für steuerliche Zwecke und trägt vor, bei der Veranlagung zur Vermögensteuer sei nicht von den Steuerkurswerten - zumindest nicht von deren voller Höhe - auszugehen. In diesem Rechtsmittelverfahren ist nicht auf das Steuerkurswertfestsetzungsverfahren einzugehen, weil der Bf. gegen die für ihn maßgeblichen Steuerkurswerte selbst keine Einwendungen erhebt.

Auch die Höhe der Kurswerte für die Wertpapiere des Bf. ist unstreitig.

Für die Bewertung von Wertpapieren kommt dem Kurswert, d. h. dem an einer deutschen Börse im amtlichen Handel oder im geregelten Freiverkehr notierten Kurs, besondere Bedeutung zu. Einmal sind Wertpapiere, die im Inland einen Kurswert haben, mit dem Kurswert anzusetzen (§ 13 Abs. 1 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung). Daneben sind die Kurswerte auch die Grundlage für das Verfahren bei der Festsetzung von Steuerkurswerten nach § 72 BewG a. F. Für die Bewertung von Wertpapieren knüpft damit das BewG an den Preis an, der sich als Marktpreis nach dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage ergibt. Für die Bewertung von Wertpapieren ist der Kurswert an der Börse auch insbesondere deshalb von Vorteil, weil nach § 29 Abs. 3 des Börsengesetzes (BörsG) als Börsenpreis derjenige Preis festzusetzen ist, welcher der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs an der Börse entspricht. Nach dieser Vorschrift müssen bei der Feststellung des Börsenpreises alle Geschäfte außer Betracht bleiben, deren Preise durch besondere persönliche Beziehungen und sonstige nicht den Handel im ganzen berührenden Umstände beeinflußt sind (vgl. Meyer-Bremer, Kommentar zum Börsengesetz, 1957, Anm. 7 zu § 29). Damit hat das BewG im Anschluß an § 141 Abs. 1 AO 1919 für die Bewertung von Wertpapieren mit Kurswert im Inland den Preis als maßgebend angesehen, der an den für die Wertpapiere maßgebenden Umsatzstellen - nämlich den Wertpapierbörsen - am Stichtage erzielbar war. Auch die Tatsache, daß die Börsenumsätze nur Umsätze eines verhältnismäßig geringen Teiles des gesamten Aktienkapitals darstellen, macht die Kurswerte nicht für die Bewertung unbrauchbar. Gerade der Einwand, bei übermäßigem Aktienangebot an der Börse würden sofort die Kurse dieser Gesellschaftsaktien sinken, beweist nur, daß die Börsenkurse keine irrealen Werte sind, sondern nach Sachlage am jeweiligen Stichtage die objektiv erzielten Verkaufswerte darstellen. Zu Recht weist in diesem Zusammenhang das Finanzgericht auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hin, wonach Kurswerte dann für die Bewertung nicht maßgebend sind, wenn sie auf Verkäufen und Angeboten beruhen, bei denen außergewöhnliche Verhältnisse mitgewirkt haben. Die Rechtsprechung hat damit eine richtige Bewertung von Wertpapieren auch in Extremfällen gesichert. In derartigen, wohl nur ausnahmsweise auftretenden Fällen, sind die Kurswerte nicht bei der Wertpapierbewertung zu berücksichtigen. Der Bf. hat aber für keines seiner Wertpapiere das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände behauptet oder dargetan. Der Hinweis auf extreme Kurse einiger Aktien ist deshalb unbeachtlich, zumal der Bf. keine besonders hoch bewerteten Aktien besaß. Es muß somit bei den Börsenkurswerten als den Wert verbleiben, die nach der Anschauung des täglichen Verkehrs als angemessen zu betrachten sind (vgl. auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs II A 58/8 vom 13. April 198, zitiert in Gürsching-Stenger, Anm. 28 zu § 13 BewG). Wenn die Wertpapierkurse im Zuge der wirtschaftlichen Konjunktur gestiegen sind und wenn weiter das Bedürfnis nach Geldanlage in Form von Wertpapiererwerb sehr hohe Kurse zum 31. Dezember 1959 zur Folge hatte, so sind die Kurse zum 31. Dezember 1959 noch lange nicht als irreale Werte anzusehen. Vielmehr haben aus den verschiedensten Gründen die Wertpapiere seit der Währungsreform erheblich an Wert gewonnen und wurden zum 31. Dezember 1959 mit diesen erhöhten Werten in Börsenkreisen bewertet. Weiterhin beweisen gerade die auftretenden starken Schwankungen bei den Wertpapierkursen, daß die Börsenkurse sehr wohl das Spiegelbild preistreibender und preissenkender Tendenzen sind. Die Börsenkurse sind deshalb für die Bewertung von Wertpapieren mit Kurswert im Inland die bestmögliche Bewertungsgrundlage. Ihre Verwertung bei der Vermögensbesteuerung verstößt deshalb nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze.

§ 69 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung war rechtsgültig. Im Gegensatz zur Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer wird die Vermögensteuer nur in Zeitabständen von regelmäßig drei Jahren veranlagt. Dem einjährigen Veranlagungszeitraum bei den angeführten anderen Steuern entspricht der dreijährige Veranlagungszeitraum bei der Vermögensteuer, wobei die Hauptveranlagung auf einen Hauptveranlagungszeitpunkt vorgenommen wird (§ 12 des Vermögensteuergesetzes - VStG -). Während eines Hauptveranlagungszeitraumes wird nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Neu- bzw. eine Nachveranlagung der Vermögensteuer vorgenommen (§§ 13 und 14 VStG). Der Gesetzgeber nahm also für die Vermögensbesteuerung bewußt Schwankungen des Vermögens in Kauf unter Beibehaltung der Vermögensteuer nach den Verhältnissen am Hauptveranlagungszeitpunkt. Diesem im Vermögensteuerrecht herrschenden Grundsatz entspricht § 69 Abs. 1 BewG in der am Stichtag geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift waren - abgesehen von den Ausnahmen in § 69 Abs. 2 BewG und in § 3 a des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln und bei überlassung von eigenen Aktien an Arbeitnehmer vom 30. Dezember 1959 (BGBl 1959 I S. 834) in der Fassung des Art. 13 Nr. 1 des Steueränderungsgesetzes vom 13. Juli 1961 - StändG 1961 - (BGBl I S. 981) die Wertpapiere für den ganzen Hauptveranlagungszeitraum mit dem Werte anzusetzen, der sich auf den Stichtag des 31. Dezember des Jahres ergab, das dem Hauptveranlagungszeitpunkt vorausging. Dieser Stichtag ist im Streitfall der 31. Dezember 1959. Die auf diesen Stichtag festgesetzten Werte blieben für den ganzen Hauptveranlagungszeitraum bestehen, waren also "erstarrt". Diese Erstarrung für die Dauer des Hauptveranlagungszeitraumes war bei steigenden Kursen für die Steuerpflichtigen günstig. Bei Kursrückgängen, wie sie nach 1960 eintraten, führte die Erstarrung zu Nachteilen. Diese Nachteile sind aber die Folge des allgemeinen Prinzips, die Vermögensteuer wegen der im allgemeinen geringen Schwankungen des Vermögens für einen Hauptveranlagungszeitraum nach den Verhältnissen eines Hauptveranlagungszeitpunktes festzusetzen. Es kann nicht als verfassungswidrig angesehen werden, wenn das am 1. Januar 1960 tatsächlich vorhandene Vermögen mit 1 v. H. für drei Jahre zur Vermögensteuer herangezogen wurde. Durch diese Erstarrung der Vermögensteuerwerte konnte sich im Ergebnis zwar u. U. eine Erhöhung der Vermögensbesteuerung ergeben. Dieser Erhöhung der Vermögensbesteuerung steht aber die Minderung der Vermögensteuer in früheren Hauptveranlagungszeiträumen durch die damals steigenden Wertpapierkurse und die damit verknüpften Vermögensmehrungen gegenüber. Die in früheren Hauptveranlagungszeiträumen eingetretenen Wertsteigerungen beim Aktienvermögen und die dadurch bedingte Vermögensteuerersparnis waren sehr erheblich. So stieg der Index der Aktienkurse an den Börsen im Bundesgebiet im Hauptveranlagungszeitraum 1949 bis 1952 (in Prozenten des Nominalwertes) im Durchschnitt von 32,30 (= 31. Dezember 1948) auf 120,66 (= 31. Dezember 1951). Ausgehend vom Stand der Aktienkurse zum 31. Dezember 1953 (= 100) erhöhte sich der Index der Aktienkurse im Laufe des Hauptveranlagungszeitraumes 1953 bis 1956 auf 200 (= 31. Dezember 1955) und im Laufe des Hauptveranlagungszeitraumes 1957 bis 1959 von 184,9 (= 31. Dezember 1956) auf 515,8 (= Dezember 1959; Hinweis auf die Angaben in Börsen- und Wirtschaftshandbüchern der Jahre 1951 bis 1961, herausgegeben von der Frankfurter Allgemeinen). Das Festhalten an einem Stichtagskurs wirkte sich für Steuerpflichtige mit Aktienbesitz auch bei der Vermögensabgabeveranlagung günstig aus, weil nach §§ 21 Abs. 1 und 24 Ziff. 2 LAG Aktienbesitz - soweit er überhaupt bei der Vermögensabgabeveranlagung zu berücksichtigen war - nur mit den verhältnismäßig niederen Werten aus dem Jahre 1948 erfaßt wurde. Weiterhin hat der Gesetzgeber durch das StändG 1961 (BGBl I S. 981) den Freibetrag nach § 67 Abs. 2 BewG von 5.000 DM auf 10.000 DM erhöht. Dieser Freibetrag wirkt sich auch auf den Wertpapierbesitz beim sonstigen Vermögen aus.

Die Erhebung der Vermögensteuer für den Hauptveranlagungszeitraum 1960 unter Zugrundelegung der sich auf den 31. Dezember 1959 ergebenden Werte für Wertpapiere ist keine konfiskatorische Besteuerung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sich der erkennende Senat schließt, läßt die Auferlegung von Geldleistungspflichten die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich unberührt. In solchen Fällen könnte ein Verstoß gegen Art. 14 GG allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt würden (Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2 BvL 15, 16/61 vom 24. Juli 1962, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 14 S. 221 (241)). Von einer solchen übermäßigen Belastung kann bei der Vermögensteuer, die nur 1 v. H. des nach Abzug der Freibeträge verbleibenden Gesamtvermögens beträgt (§§ 7, 8 VStG) und die weiterhin voll als Sonderausgabe bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen ist (§§ 2 Abs. 2, 10 Abs. 1 Ziff. 5 EStG), keine Rede sein. Hinzu kommt, daß der Bf. im Streitfall nicht dargetan hat, in seinem konkreten Besteuerungsfalle sei die steuerliche Belastung höher gewesen als der Ertrag der Wertpapiere. Die Tatsache, daß ein Wirtschaftsgut keinen oder nur geringen Ertrag abwirft, ist nach dem BewG und VStG kein Grund, dieses Wirtschaftsgut bei der Vermögensbesteuerung nicht zu erfassen. Es werden deshalb z. B. auch Schmuck und Bauland zur Vermögensteuer herangezogen.

Unbegründet ist auch der Einwand, die Erfassung der Wertpapiere bei der Vermögensbesteuerung mit den Börsenkursen verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Selbst dann, wenn man mit dem Bf. in der Erfassung von Grundstücken bei der Vermögensteuer-Veranlagung mit den Einheitswerten auf der Grundlage der Hauptfeststellung zum 1. Januar 1935 einen Verstoß gegen Art. 3 GG annehmen wollte, hätte der Bf. keinen Anspruch auf eine vom Gesetz abweichende niedrigere Bewertung seiner Wertpapiere bei der Vermögensteuer-Veranlagung. Enthält nämlich eine Vorschrift unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes eine begünstigende Regelung, so kann die Gleichheit nicht dadurch wiederhergestellt werden, daß anstelle des Gesetzgebers das Gericht die bisher nicht berücksichtigte Gruppe in die Anwendung der Begünstigungsvorschrift einbezieht (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 19, 21/58 vom 14. April 1959, BVerfGE Bd. 9 S. 250 (255); vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs VI 298/60 U vom 18. Dezember 1964, BStBl 1965 III S. 144 Slg. Bd. 81 S. 401 unter Abschn. IV Ziff. 2 am Ende).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Hinweis auf die Entscheidung III 396/58 S vom 19. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 9, Slg. Bd. 72 S. 241, besonders Abschn. III) ist ein Vergleich der Bewertung von notierten Aktien mit Aktien ohne Kurswert im Inland unzulässig. Diese Rechtsprechung beruht darauf, daß nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BewG die Schätzung des gemeinen Wertes - in der Praxis meist nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren - nur dann vorgenommen werden darf, wenn sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten läßt. Damit sind auch bei Aktien etc., die im Inland keinen Kurswert haben, zunächst die Verkaufspreise maßgebend. Diesen Verkaufspreis entsprechen bei Gesellschaften, deren Anteile im Inland einen Kurswert haben, die Börsenpreise, wenn auch bei der Bildung der Börsenpreise noch andere Momente eine Rolle spielen können. Letzteres ist aber nur die Folge der besonderen Preisbildung nach der Zulassung solcher Wertpapiere zum Börsenhandel.

Bei dieser Sachlage bestand für den Senat auch keine Veranlassung, den Bundesminister der Finanzen um Beteiligung am Verfahren nach § 287 Ziff. 2 AO zu ersuchen. Diesen Antrag stellte der Bf., "um die Bundesregierung zu einer klaren Stellungnahme zu zwingen" (hinsichtlich eines Bewertungsabschlages von 50 % bei Aktien) und damit die Bundesregierung "sich wegen der Anwendung des § 13 Abs. 2 BewG auf die Aktienbewertung schon Gedanken macht, bevor die Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum Erfolg für die Steuerpflichtigen führen". Auch für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG bestand keine Veranlassung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411739

BStBl III 1965, 574

BFHE 1966, 200

BFHE 83, 200

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