Entscheidungsstichwort (Thema)

Restaurationsbetrieb als freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit - wissenschaftliche Tätigkeit - Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit - künstlerische Tätigkeit - Anwendung der Beweislastregeln - rechtliches Gehör

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Gewerblichkeit eines Restaurationsbetriebes.

2. Die bloße Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden ist keine wissenschaftliche Tätigkeit i.S. des § 18 EStG.

3. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 trägt der Steuerpflichtige.

 

Orientierungssatz

1. Eine künstlerische Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG liegt nur vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine künstlerische als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, ist zu unterscheiden, ob es sich um trennbare Tätigkeiten handelt oder nicht. Sind die verschiedenen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung ohne Schwierigkeiten zu trennen, können sie steuerlich getrennt beurteilt werden. Sind allerdings bei einer Tätigkeit die verschiedenen Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, daß sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das künstlerische oder das gewerbliche Element vorherrscht (vgl. BFH-Rechtsprechung).

3. Der Regeln zur Feststellungslast darf sich das FG nur bedienen, wenn eine weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht unter Beachtung des Amtsermittlungsprinzips nicht mehr möglich ist. Ein Urteil, das sich auf Beweislastregeln stützt, ist daher aufzuheben, wenn eine begründete Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht erhoben wird.

4. Art. 103 Abs. 1 GG schützt nicht davor, daß das Gericht den --behaupteten-- tatsächlichen Umständen nicht die richtige Bedeutung beimißt.

5. Parallelentscheidung: BFH, 30.3.1994, I R 53/93, NV.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg (Entscheidung vom 10.03.1993; Aktenzeichen III 360/87)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Kirchenmaler und absolvierte eine Ausbildung zum Restaurator. Bis zum 31. Dezember 1976 führte er ein Einzelunternehmen für Restaurationen, Kirchen- und Dekorationsmalerei. Ab 1. Januar 1977 wurde das Einzelunternehmen aufgegliedert in ein Einzelunternehmen für Restaurationen und Kirchenmalerei sowie eine GdbR für Dekorationsmalerei. Zum 1. Juli 1979 wurde das Einzelunternehmen in die A-GmbH umgewandelt. Zum 1. Januar 1982 gründete der Kläger ein neues Einzelunternehmen "A - Restaurator -"; in der weiterbestehenden GmbH verblieb der Geschäftszweig "Kirchenmalerei". Der Kläger beschäftigte im Streitjahr 1982 in seinem Einzelunternehmen 10 Arbeitnehmer und verschiedene fremde Restauratoren. Nach eigenem Vortrag des Klägers befaßte sich dieser im Streitjahr im wesentlichen mit der Restaurierung von Kirchen.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1982 gab der Kläger einen Gewinn aus dem Betrieb für Restaurierungen in Höhe von ..... DM als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit an. Außerdem bezog er u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der A-GmbH in Höhe von .... DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hielt das mit Restaurierungen befaßte Einzelunternehmen des Klägers für gewerbesteuerpflichtig und erließ für 1982 einen Gewerbesteuer-Meßbescheid, dessen Aufhebung er ohne Erfolg im Einspruchs- und Klageverfahren unter Hinweis auf seine künstlerische Tätigkeit begehrte. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 677 veröffentlicht.

Das FG hat die Revision zugelassen.

Mit seiner Revision trägt der Kläger vor, daß aufgrund der Beweisaufnahme seine Restauratorentätigkeit als künstlerische einzustufen sei. Verletzt seien § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG), §§ 76, 81 ff., 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Gewerbesteuer-Meßbescheide 1982 aufzuheben, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs.2 FGO zurückzuweisen.

A. Die vom Kläger erhobene Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.103 Abs.1 des Grundgesetzes --GG--, § 119 Nr.3 FGO) ist unbegründet.

Gemäß Art.103 Abs.1 GG hat vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. Dies verlangt einerseits, daß der Prozeßbeteiligte ausreichend Gelegenheit erhalten muß, sich zur Streitsache zu äußern, und andererseits, daß das Gericht die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. März 1991 V R 9/90, BFH/NV 1992, 115; Beschluß des I.Senats des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. Oktober 1985 1 BvR 33/83, BVerfGE 70, 288, 293).

Soweit der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör damit begründet, daß das FG beantragte Beweise nicht erhoben habe, rügt er nicht in schlüssiger Form eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs.1 Satz 1 FGO. Hierzu nimmt die Entscheidung des Senats unter B. Stellung.

Dem Vortrag des Klägers läßt sich allenfalls insoweit eine Rüge der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör entnehmen, als er beanstandet, daß das FG die von ihm auf Anforderung des Gerichts vorgelegten Dokumentationen und damit wesentliches Parteivorbringen nicht berücksichtigt habe. Sollte das Vorbringen des Klägers in diesem Sinne zu verstehen sein, so wäre es unbegründet, weil das FG die Dokumentationen tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Dies läßt sich insbesondere den Ausführungen im Urteil auf S.17 entnehmen. Art.103 Abs.1 GG schützt nicht davor, daß das Gericht den --behaupteten-- tatsächlichen Umständen nicht die richtige Bedeutung beimißt (vgl. z.B. Beschluß des BVerfG vom 10. März 1992 2 BvR 430/91, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1992, 2217 m.w.N.).

B. Die Bestätigung der Gewerbesteuerpflicht des Klägers ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Voraussetzung für die Gewerbesteuerpflicht des Klägers ist, daß sein in Form eines Einzelunternehmens geführter Restaurationsbetrieb ein Gewerbebetrieb ist (§ 2 Abs.1 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--). Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder eine Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist (vgl. für das Streitjahr § 1 Abs.1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung --GewStDV--; heute § 15 Abs.2 EStG). Eine künstlerische Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG liegt --abgesehen von weiteren Voraussetzungen-- nur vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht (vgl. hierzu insbesondere die BFH-Urteile vom 11. Juli 1991 IV R 33/90, BFHE 165, 362, BStBl II 1992, 353; IV R 15/90, BFHE 165, 216, BStBl II 1991, 889; IV R 102/90, BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413). Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine künstlerische als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so ist zu unterscheiden, ob es sich um trennbare Tätigkeiten handelt oder nicht. Sind die verschiedenen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung ohne Schwierigkeiten zu trennen, so können sie nach der (jüngeren) Rechtsprechung des BFH steuerlich getrennt beurteilt werden, und zwar auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (vgl. z.B. BFH in BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413 m.w.N.; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 12.Aufl., § 15 Anm.21 m.w.N.; Lenski/ Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 2 Rdnr.452). Sind allerdings bei einer Tätigkeit die verschiedenen Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, daß sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das künstlerische oder das gewerbliche Element vorherrscht (vgl. BFH in BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413; BFH-Urteil vom 29. Juli 1981 I R 183/79, BFHE 134, 135, BStBl II 1982, 22; weitere Nachweise bei Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2 Rdnr.453). Schuldet ein Steuerpflichtiger gegenüber seinem Auftraggeber einen einheitlichen Erfolg, so ist auch die zur Durchführung des Auftrags erforderliche Tätigkeit regelmäßig als einheitliche zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 7. November 1991 IV R 17/90, BFHE 166, 443, BStBl II 1993, 324, und vom 29. Januar 1970 IV R 78/66, BFHE 98, 176, BStBl II 1970, 319 m.w.N.). Werden in einem Betrieb nur gemischte Leistungen mit überwiegend gewerblichem Charakter erbracht, so ist auch der Betrieb einheitlich als gewerblicher zu qualifizieren.

Die Fragen, ob eine Tätigkeit die aufgezeigten Merkmale einer künstlerischen Tätigkeit erfüllt, eine einheitliche Tätigkeit vorliegt und welches Element einen einheitlichen Betrieb prägt, hat das FG anhand der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles zu beurteilen (BFH in BFHE 166, 36, BStBl II 1992, 413). Das vorinstanzliche Urteil kann insoweit revisionsrechtlich gemäß § 118 Abs.2 FGO nur daraufhin überprüft werden, ob die Würdigung des FG gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt oder das FG Vorschriften über das Verfahren verletzt hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3.Aufl., § 118 Rdnr.23 m.w.N.). Beides ist hier nicht der Fall.

1. Die Revision gibt dem Senat nicht die Gelegenheit, abschließend über die streitige Frage zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Restauratorentätigkeit eine (überwiegend) künstlerische i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG ist (vgl. hierzu Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 21. Juni 1944 VI 94/44, RStBl II 1944, 772; Urteil des FG Düsseldorf vom 25. September 1967 VII 11-13/64 F, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst --DStZ/E-- 1967, 492; Beschluß des Hessischen FG vom 21. Oktober 1983 8 V 153/83, EFG 1984, 260; Heuer, Die Besteuerung der Kunst, 2.Aufl., S.27; Maaßen, Kunst oder Gewerbe? 1991 Rdnr.202 f. m.w.N.). Das FG hat im Streitfall der Restaurationstätigkeit deswegen den freiberuflichen Charakter i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG versagt, weil es die Restauratorentätigkeit als einheitliche beurteilt und in ihr nebeneinander wissenschaftliche, handwerkliche und künstlerische Elemente dergestalt untrennbar verknüpft gesehen hat, daß es nicht feststellen konnte, ob und ggf. bei welchen Arbeiten das künstlerische Element überwog. Revisionsrechtlich sind diese Feststellungen nicht zu beanstanden.

a) Die Feststellung, daß bei den Restaurierungsarbeiten des Klägers jeweils ein untrennbares Konglomerat aus wissenschaftlichen, handwerklichen und künstlerischen Elementen vorlag, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Sie folgt insoweit den Ausführungen des Gutachters. Aufgrund der mit der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des Gerichtsprüfers kann ferner auch nicht davon ausgegangen werden, daß im Einzelunternehmen des Klägers --möglicherweise in Teilleistungen trennbare-- Gesamtrenovierungen an Kirchen durchgeführt wurden.

b) Das FG hat ferner in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise seine Entscheidung auf die Regeln zur Feststellungslast gestützt und die Nachteile der Nichterweislichkeit eines Überwiegens der künstlerischen Tätigkeit prozessual dem Kläger angelastet. Nach den Regeln zur Feststellungslast hat derjenige Beteiligte die Nachteile einer Nichterweislichkeit zu tragen, der sich auf eine für ihn günstige Norm beruft (vgl. hierzu Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rdnr.23 m.w.N.). Grundsätzlich trägt damit das FA die Feststellungslast für die steuerbegründenden und der Steuerpflichtige die Feststellungslast für die steuerbefreienden oder -mindernden Tatsachen. Da auch der freie Beruf grundsätzlich die Merkmale eines Gewerbebetriebs (Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) erfüllt und er der Gewerbesteuerpflicht nur dann nicht unterliegt, wenn er die Merkmale des § 18 EStG aufweist, trägt die Feststellungslast für das Vorliegen eines freien Berufs der Steuerpflichtige (vgl. BFH in BFHE 165, 216, BStBl II 1991, 889; BFH-Urteil vom 12. Dezember 1991 IV R 65-67/89, BFH/NV 1993, 238).

Der Anwendung der Regeln zur Feststellungslast steht im Streitfall auch nicht eine Verletzung des § 76 Abs.1 Satz 1 FGO entgegen. Der Regeln zur Feststellungslast darf sich das FG nur bedienen, wenn eine weitere Aufklärung in tatsächlicher Hinsicht unter Beachtung des Amtsermittlungsprinzips (§ 76 Abs.1 Satz 1 FGO) nicht mehr möglich ist (vgl. Gräber/ von Groll, a.a.O., § 96 Rdnr.22). Ein Urteil, das sich auf Beweislastregeln stützt, ist daher aufzuheben, wenn eine begründete Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht erhoben wird. Die vom Kläger beanstandeten Verfahrensverstöße greifen aber nicht durch.

Der Kläger beanstandet eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht, weil das FG den Sachverständigen nicht zu den einzelnen Arbeiten des Klägers befragt habe, um in jedem Einzelfall anhand der vom Kläger vorgelegten Dokumentationen (wissenschaftliche Berichte, Restaurierungspläne, Fotos) die Tätigkeitsmerkmale zu gewichten. Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen des Klägers insoweit den Anforderungen entsprechen, die an eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge zu stellen sind (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnr.38 m.w.N.). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der Sachverständige auf Befragen des FA erklärt, daß er nur die im Atelier des Klägers ausgeführten Arbeiten beurteilt habe. Andere Abgrenzungen habe er nicht vorgenommen. Er führt in diesem Zusammenhang wörtlich aus: "Ich ... konnte dies auch nicht. Dies betrifft insbesondere die einzelnen Arbeiten". In Anbetracht dieser Aussage wäre eine weitere Befragung des Gutachters zur Abgrenzung verschiedener Tätigkeitsmerkmale ins Leere gegangen.

Soweit der Kläger beanstandet, daß das FG entgegen seinem bereits im Klageschriftsatz gestellten Antrag das Atelier des Klägers nicht in Augenschein genommen habe, ist die darin enthaltene Rüge mangelnder Sachaufklärung nicht in zulässiger Form erhoben. Hierzu gehört, da auf ein Rügerecht verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung --ZPO--), daß der Kläger darlegt, daß er beim FG die Nichterhebung des Beweises gerügt habe oder aus welchen Gründen die unterlassene Beweiserhebung nicht habe rechtzeitig gerügt werden können (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 17. Mai 1989 II B 45/89, BFH/NV 1990, 576; BFH-Urteil vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnr.40 m.w.N.). An derartigen Darlegungen fehlt es. Der Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung die unterlassene Augenscheinnahme nicht gerügt. Auch hat er seinen entsprechenden Antrag aus dem Klageschriftsatz nicht wiederholt, sondern Sachanträge gestellt. Im übrigen hat gerade der Sachverständige seinem Gutachten die Arbeiten im Atelier zugrunde gelegt.

Soweit der Kläger bemängelt, daß das FG nicht jeden von ihm durchgeführten einzelnen Restaurierungsauftrag anhand der Dokumentationen auf künstlerische, wissenschaftliche und handwerkliche Elemente untersucht und gewichtet habe, rügt der Kläger im Grunde nicht eine Verletzung des § 76 Abs.1 Satz 1 FGO, denn das Gericht hat die Aufstellung der erbrachten Leistungen und entsprechendes Bildmaterial selbst beim Kläger angefordert. Letztlich beanstandet der Kläger insoweit, daß das FG sich kein abschließendes Bild zum Überwiegen des künstlerischen Elements der Restaurationstätigkeit des Klägers machen konnte. Damit rügt er eine unrichtige Beweiswürdigung, mithin keinen Verfahrensfehler (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr.28 m.w.N.). Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, daß das FG die Dokumentationen durchaus gewürdigt hat und --wenn auch in einem anderen rechtlichen Zusammenhang-- zu dem Ergebnis gelangt ist, daß nicht --zumindest nicht eindeutig-- zu erkennen sei, ob und in welchem Umfang der Kläger bei jedem einzelnen restaurierten Werk persönlich Hand angelegt und die gesamte Restaurierungsarbeit umfassend und entscheidend selbst gestaltet habe. Fehlt es danach schon am eindeutigen Nachweis eines --eigenschöpferischen, gestalterischen-- Handelns des Klägers bei den einzelnen Restaurierungsarbeiten, so kann auch nicht eine Tätigkeit nach einzelnen Elementen gewichtet werden.

2. Fehlt es damit an der Feststellung eines Überwiegens der künstlerischen Elemente der im Streitfall ausgeübten Restaurierungstätigkeiten, so kann offenbleiben, ob dem Kläger bei Durchführung der Restaurierungsarbeiten ein ausreichender Gestaltungsfreiraum zustand und der Kläger tatsächlich seine Arbeitnehmer und betriebsfremden Mitarbeiter in der notwendigen Weise künstlerisch anleitete.

Der Senat kann ferner offenlassen, ob eine Tätigkeit mit künstlerischen und wissenschaftlichen Elementen insgesamt als freiberuflich zu würdigen ist, wenn beide Elemente das Handwerkliche in den Hintergrund drängen. Das Betreiben eines Restauratorenbetriebs ist keine wissenschaftliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 EStG. Eine solche setzt voraus, daß grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 1976 VIII R 137/75, BFHE 118, 473, BStBl II 1976, 464). Die bloße Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden auf konkrete Verhältnisse ist keine wissenschaftliche Tätigkeit i.S. des § 18 EStG (Stuhrmann in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 18 B 51; vgl. z.B. auch BFH-Urteil vom 22. September 1976 IV R 20/76, BFHE 120, 204, BStBl II 1977, 31).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65087

BFH/NV 1994, 80

BStBl II 1994, 864

BFHE 175, 40

BFHE 1995, 40

BB 1994, 2067

BB 1994, 2130

BB 1994, 2130-2131 (LT)

DB 1994, 2596-2598 (LT)

DStR 1994, 1532-1533 (KT)

DStZ 1995, 47-48 (KT)

HFR 1994, 719-720 (LT)

StE 1994, 611-612 (K)

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