Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendung einer Reise an den Gesellschafter einer Personengesellschaft durch deren Geschäftspartner als Betriebseinnahme der Personengesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Gesellschafter einer Personengesellschaft an einer von einem Geschäftspartner der Personengesellschaft veranstalteten "Fachtagung" teil, die den üblichen Rahmen geschäftlicher Gespräche überschreitet (hier: 4-tägige Schiffsreise mit Ausflugsfahrten), ist der Wert des zugewendeten Vorteils bei der Personengesellschaft als Betriebseinnahme zu erfassen.

 

Orientierungssatz

1. Der Annahme einer Betriebseinnahme steht weder entgegen, daß die Teilnahme an der Tagung im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Geschäftspartners lag, noch, daß der Geschäftspartner und die Personengesellschaft die Reiseaufwendungen nicht als Betriebsausgaben abziehen können. In der Weitergabe des geldwerten Vorteils an den Gesellschafter ist eine Entnahme zu sehen. Die Betriebseinnahme ist in entsprechender Anwendung des 8 Abs. 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Dieser Wert kann auch zur Feststellung des Entnahmewerts herangezogen werden.

2. Auch Sachleistungen und Nutzungsvorteile können Betriebseinnahmen sein. Es ist nicht erforderlich, daß die Vorteile die Voraussetzungen eines Wirtschaftsguts erfüllen und damit Auswirkungen auf den durch Betriebsvermögensvergleich zu ermittelnden Ertrag haben. Sie sind bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen außerhalb der Bilanz als Betriebseinnahmen zu erfassen, wenn sie nicht zur betrieblichen Nutzung geeignet oder bestimmt sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 4 Abs. 1, 4, § 5 Abs. 1, § 12 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine oHG-- betreibt eine Handelsvertretung. Persönlich haftende Gesellschafter sind H und M. Ihre Ehefrauen sind als Teilzeitbeschäftigte im Betrieb der Klägerin tätig.

Der Gesellschafter M ist im Rahmen des Unternehmens der Klägerin u.a. mit der Repräsentation der A-GmbH betraut. Aufgrund eines mit dieser geschlossenen Vertrages erklärte sich die Klägerin bereit, an Informations-, Schulungs- und Verkaufskonferenzen teilzunehmen, wenn die A-GmbH dies wünscht.

In der Zeit vom 31. Oktober bis 3. November 1986 nahmen beide Gesellschafter der Klägerin zusammen mit ihren Ehefrauen an einer von der A-GmbH durchgeführten Regionaltagung für ihre Vertreter teil. Die Tagung sollte neben den fachlichen Erörterungen auch der Vertiefung der menschlichen Kontakte zwischen den Agenturen und dem neuen Verkaufsdirektor der A-GmbH dienen. Sie fand im Rahmen der regelmäßigen Linienfahrten eines Ostseeschiffes von Kiel nach Oslo statt. Die Bezirksvertreter wurden überwiegend von ihren Ehefrauen begleitet. Die Kosten für die Teilnehmer (insgesamt 26 Personen) hatte die A-GmbH übernommen.

Die Reise begann am Donnerstag, dem 31. Oktober 1986, mittags und endete am Montag, dem 3. November 1986, morgens. Das Tagungsprogramm sah Fachgespräche am Freitag --mit Rücksicht auf die "Attraktivität einer Ostseereise bei Tag" erst ab 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr--, am Samstag nach einer Ausflugsfahrt zum Tyrifjord und am Sonntag nach einer Stadtrundfahrt durch Oslo von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr vor.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erfaßte den Wert der Reise für vier Teilnehmer als Betriebseinnahmen bei der Klägerin, erhöhte den von ihr erklärten Gewinn um 3 152 DM und änderte den Gewinnfeststellungsbescheid 1986 entsprechend. Der Einspruch blieb erfolglos.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der --vom Finanzgericht (FG) zugelassenen-- Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen Rechts (§ 76 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und materiellen Rechts (§§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1986 --EStG--).

Die Klägerin beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und unter Abänderung des

Gewinnfeststellungsbescheides 1986 vom 19. April 1991 in

Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 1992 den

Gewinn der Klägerin mit einem um 3 152 DM geminderten

Betrag festzustellen und den Gesellschaftern

erklärungsgemäß zuzurechnen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

I. Die Verfahrensrüge, mit der die Klägerin fehlende tatsächliche Feststellungen zum Weisungsrecht der A-GmbH rügt, ist nicht schlüssig erhoben. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung setzt den Vortrag voraus, daß sich dem FG von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen (vgl. u.a. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 24 mit Rechtsprechungsnachweisen). An diesem Vortrag fehlt es hier. Die Klägerin weist selbst darauf hin, daß das FG die Frage, ob sie verpflichtet war, an der Tagung teilzunehmen, in seiner Entscheidung offengelassen hat.

II. Das FA hat den Gewinn der Klägerin zutreffend um den Wert der Reise erhöht (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 2, 12 Nr. 1 EStG).

1. Die mit der Reise in Anspruch genommene Sachleistung der A-GmbH ist bei der Klägerin als Betriebseinnahme zu erfassen.

a) Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind (inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juli 1988 III R 175/85, BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995; vom 6. September 1990 IV R 125/89, BFHE 161, 552, BStBl II 1990, 1028; vom 19. Juni 1991 I R 37/90, BFHE 165, 59, BStBl II 1991, 914; vom 1. Oktober 1993 III R 32/92, BFHE 172, 445, BStBl II 1994, 179). Das können auch Sachleistungen und Nutzungsvorteile sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 3. Dezember 1987 IV R 41/85, BFHE 151, 446, BStBl II 1988, 266 unter 2. a der Gründe, und in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. a, bb). Es ist nicht erforderlich, daß die Vorteile die Voraussetzungen eines Wirtschaftsguts im Sinne des Bilanzrechts erfüllen und damit Auswirkungen auf den durch Betriebsvermögensvergleich zu ermittelnden Ertrag haben (BFH-Urteil vom 26. Juni 1991 XI R 24/89, BFHE 165, 206, BStBl II 1991, 877 unter 1. d der Gründe m.w.N.). Sie sind bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen außerhalb der Bilanz als Betriebseinnahmen zu erfassen, wenn sie nicht zur betrieblichen Nutzung geeignet oder bestimmt sind (BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. a, cc (2) der Gründe, und Urteil vom 20. April 1989 IV R 106/87, BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641).

Nach diesen Grundsätzen kann auch bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen in der Zuwendung einer Reise durch einen Geschäftsfreund ein geldwerter Vorteil liegen (BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995; in BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641; vgl. auch BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 86/86, BFHE 153, 135, BStBl II 1988, 633 für den Zuschuß zu einer solchen Reise).

b) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der geldwerte Vorteil dem Gesellschafter einer Personengesellschaft zugewendet wird, mit der der Zuwendende Geschäftsbeziehungen unterhält (BFH in BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641). Der Vorteil wird der Personengesellschaft in diesem Fall mittelbar zugewendet. Eine Betriebseinnahme setzt nicht voraus, daß die erbrachte Leistung in das Betriebsvermögen desjenigen gelangt, bei dem sie steuerrechtlich zu erfassen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1986 IV R 173/84, BFH/NV 1987, 495, und in BFHE 172, 445, BStBl II 1994, 179 unter II. 1. b der Gründe).

c) Mit der Teilnahme der Gesellschafter und ihrer Ehefrauen an der Reise hat die Klägerin einen geldwerten Vorteil erlangt.

aa) Ob ein geldwerter Vorteil vorliegt, ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Teilnehmers an der Reise, sondern nach deren objektiven Wert zu beurteilen (BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995; vgl. auch BFH-Urteil vom 23. Juni 1993 I R 14/93, BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806). Der objektive Wert der Reise ergibt sich im Streitfall schon daraus, daß sie als Ausflugsreise im Rahmen regelmäßiger Linienfahrten angeboten wird.

bb) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Reise den äußeren Rahmen für die Regionaltagung der Handelsvertreter abgab. Das rechtfertigt es allenfalls, solche Vorteile nicht als Betriebseinnahmen zu erfassen, die lediglich dazu dienen, den üblichen, für Geschäftsgespräche förderlichen Rahmen zu schaffen (vgl. BFH-Urteile vom 21. November 1963 IV 345/61 S, BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183, und in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. a, bb (1) der Gründe, und --für Bewirtung von Arbeitnehmern außerhalb herkömmlicher Betriebsveranstaltungen-- vom 5. Mai 1994 VI R 55-56/92, BFHE 174, 425, BStBl II 1994, 771; vom 4. August 1994 VI R 61/92, BFHE 175, 271, BStBl II 1995, 59; sowie allgemein zur Ausklammerung bloßer Aufmerksamkeiten aus dem (Betriebs-)Einnahmenbegriff BFH-Urteil vom 21. September 1990 VI R 97/86, BFHE 161, 557, BStBl II 1991, 262 unter II. 1. der Gründe, und Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 8 Anm. 14, 15; Crezelius in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 8 Rdnr.A 56, B 35 f.; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 8 Rz. 41; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rdnr.1609). Wo die Grenze zwischen bloßen Aufmerksamkeiten und Betriebseinnahmen zu ziehen ist, kann der Senat im Streitfall offenlassen. Sie ist jedenfalls bei Sachleistungen in der Form von finanziell ins Gewicht fallenden Auslandsreisen überschritten; insoweit gilt für die hier zu beurteilende Reise nichts anderes als für Reisen, die ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer zuwendet (vgl. zu diesen BFH-Urteil vom 9. März 1990 VI R 48/87, BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711; Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/ Hellwig, a.a.O., §§ 4, 5 EStG Rdnr.1615 "Incentive" m.w.N.). Dabei ist --wie der BFH in diesem Urteil unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79 (BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164) ausführte-- der Vorteil als Gesamtleistung zu beurteilen und ohne Aufteilung einheitlich als Betriebseinnahme zu erfassen.

cc) Der Beurteilung der Reise als geldwerter Vorteil steht auch nicht entgegen, daß die Gesellschafter der Klägerin eine solche Reise ohne die Einladung durch die A-GmbH nicht unternommen hätten. Es ist weder die Voraussetzung einer Einnahme i.S. von § 8 EStG (so z.B. --für Arbeitslohn-- BFH in BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711 unter II. 1. der Gründe) noch speziell der Betriebseinnahmen (BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. a, bb, und in BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641), daß sich der Empfänger des Vorteils eigene Aufwendungen erspart. Es kommt ausschließlich darauf an, daß er den Vorteil tatsächlich angenommen hat.

dd) Der Annahme einer Betriebseinnahme steht weiter nicht entgegen, daß die Teilnahme an der Tagung ggf. im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der A-GmbH lag. Zwar hat der BFH in einer Reihe von Entscheidungen in diesem Fall das Vorliegen von Einnahmen verneint (vgl. --für Arbeitslohn-- BFH in BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711 unter 2. b der Gründe m.w.N., sowie Urteile vom 21. September 1990 VI R 97/86, BFHE 161, 557, BStBl II 1991, 262; vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655; vom 25. März 1993 VI R 58/92, BFHE 171, 210, BStBl II 1993, 639). Der I.Senat des BFH hat diesen Gesichtspunkt auch zur inhaltlichen Bestimmung der Betriebseinnahmen bei den Gewinneinkünften herangezogen (BFH-Urteil vom 27. Juli 1988 I R 28/87, BFHE 155, 479, BStBl II 1989, 449). Im Regelfall besteht aber für eine solche Einschränkung des Betriebseinnahmenbegriffs keine Veranlassung. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, daß auch unentgeltliche Zuwendungen außerhalb des jeweiligen konkreten Leistungsverhältnisses zu Betriebseinnahmen führen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 161, 552, BStBl II 1990, 1028 m.w.N.; in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. b, bb der Gründe); es kommt hier grundsätzlich nur darauf an, daß die Zuwendung betrieblich veranlaßt ist.

Die Frage kann hier aber letztlich offenbleiben. Das eigenbetriebliche Interesse verliert mit steigendem Wert der Zuwendung an Gewicht (BFH-Urteile vom 11. März 1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726; vom 2. Februar 1990 VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472; in BFHE 161, 557, BStBl II 1991, 262 unter II. 2. der Gründe; zur ggf. erforderlichen Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalles BFH-Urteile vom 25. März 1993 VI R 58/92, BFHE 171, 210, BStBl II 1993, 639, und vom 18. Februar 1994 VI R 53/93, BFH/NV 1994, 708). Eine Reise im Wert von insgesamt 3 152 DM für die beiden Gesellschafter und ihre Ehefrauen ist in diesem Sinne hinreichend gewichtig, um das eigenbetriebliche Interesse des Zuwendenden hinter das Interesse des Empfängers an der Zuwendung zurücktreten zu lassen.

ee) Unbegründet ist auch der Einwand der Klägerin, es handle sich im Streitfall um eine aufgedrängte Bereicherung.

Es ist ein Wesensmerkmal der (Betriebs-)Einnahme, daß ihr eine objektive Bereicherung des Steuerpflichtigen zugrunde liegt, sei es in der Form einer Betriebsvermögensmehrung oder eines (zusätzlichen) sonstigen geldwerten Vorteils. Daraus ist für den Anwendungsbereich des § 8 EStG geschlossen worden, daß es in den Fällen an einer Einnahme fehle, in denen der Vorteil dem Empfänger derart aufgedrängt werde, daß er sich dessen Annahme nicht entziehen kann, ohne berufliche oder geschäftliche Nachteile zu erleiden (BFH-Urteile vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; in BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472; in BFHE 160, 447, BStBl II 1990, 711 unter II. d der Gründe). Ob dies uneingeschränkt auch für den Bereich der Betriebseinnahmen gilt, kann der Senat im Streitfall offenlassen (vgl. auch BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 unter II. 1. a, bb (2) der Gründe). Grundsätzlich widerspricht es dem System der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, einen geldwerten Vorteil als Betriebseinnahme außer Ansatz zu lassen; vielmehr ist der Einnahme bei einer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erzwungenen Vorteilsannahme eine Betriebsausgabe in gleicher Höhe gegenüberzustellen, wenn der Zwang betrieblich veranlaßt ist (siehe dazu nachfolgend unter 3.). Aber auch dann, wenn man § 8 Abs. 1 EStG auch mit der Einschränkung auf die Gewinneinkünfte analog anwendet, daß eine aufgedrängte Bereicherung nicht als Einnahme zu erfassen ist, führt dies im Streitfall nicht zu einer Kürzung der Einnahmen um den in der Reise liegenden Vorteil.

Davon ist das FG im Ergebnis zutreffend ausgegangen. An die Feststellung, daß die Möglichkeit zur Weitergabe des in der Ostseereise liegenden Vorteils an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer im überwiegenden Eigeninteresse der Klägerin lag, ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Soweit die Klägerin ergänzend auf die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung durch einen Handelsvertreter --und hier insbesondere auf die Gefahr einer möglichen Kündigung des Auftragsverhältnisses-- hinweist, handelt es sich um spekulative Erwägungen, die das FG im Rahmen seiner Beweiswürdigung unbeachtet lassen konnte.

2. Der in der Reise liegende Vorteil ist bei der Klägerin auch dann Betriebseinnahme, wenn die A-GmbH die Reiseaufwendungen nicht gewinnmindernd geltend machen kann.

Durch den Betrieb veranlaßt kann ein Vorteil auch dann sein, wenn er nicht Entgelt für eine konkrete betriebliche Gegenleistung des Empfängers ist (vgl. z.B. BFH in BFHE 161, 552, BStBl II 1990, 1028 m.w.N.). Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Vorteil nur zur Erlangung des Wohlwollens des Empfängers im Vorfeld von erwarteten Geschäftsabschlüssen gewährt werden sollte. Die für die Besteuerung des Zuwendenden ggf. wesentliche Differenzierung zwischen Zahlungen für eine konkrete Gegenleistung und Zuwendungen zur bloßen Kontaktpflege (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Februar 1982 IV R 46/78, BFHE 135, 206, BStBl II 1982, 394) ist für die Besteuerung des Empfängers ohne Bedeutung. Der Vorteil ist auch dann als Betriebseinnahme zu erfassen, wenn die Aufwendungen beim Geschäftsfreund nach § 4 Abs. 5 EStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar sein sollten (Urteil vom 13. Dezember 1973 I R 136/72, BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210). Es ist deshalb im Streitfall auch ohne Bedeutung, ob die Reise als Geschenk (vgl. dazu BFH in BFHE 171, 521, BStBl II 1993, 806) oder als dem Grunde nach unangemessener Aufwand anzusehen ist (vgl. --für ein als Konferenzraum angemietetes Motorschiff-- BFH-Urteil vom 3. Februar 1993 I R 18/92, BFHE 170, 537, BStBl II 1993, 367).

3. Der bei der Klägerin als Betriebseinnahme zu erfassende Wert der Reise ist bei ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht wieder als Betriebsausgabe abziehbar (§ 4 Abs. 4 EStG).

a) Ist bei einer Personengesellschaft ein geldwerter Vorteil als betrieblich veranlaßte Einnahme zu beurteilen, so bedeutet das nicht, daß auch die Weitergabe des Vorteils an einen Gesellschafter betrieblich veranlaßt sein muß; in der Weitergabe kann eine Entnahme zu sehen sein (vgl. --für Einzelunternehmer-- BFH in BFHE 154, 218, BStBl II 1989, 995, und --für Personengesellschaften-- BFH in BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641; vom 29. Oktober 1991 VIII R 148/85, BFHE 167, 309, BStBl II 1992, 647). Das ist dann anzunehmen, wenn der zugewendete Vorteil zwar durch den Betrieb der Personengesellschaft, aber nicht unwesentlich auch durch private Interessen der Gesellschafter mitveranlaßt ist (§ 12 Nr. 1 EStG; vgl. dazu u.a. BFH-Urteil vom 29. März 1994 VIII R 7/92, BFHE 174, 516, BStBl II 1994, 843).

b) Davon ist im Streitfall auszugehen.

Besteht die zugewendete Sachleistung in einer Reise, ist eine private Mitveranlassung dann anzunehmen, wenn mit ihr auch ein allgemeines touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; BFH in BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641; in BFHE 171, 242, BStBl II 1993, 674).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Das ergibt sich zum einen daraus, daß die Reise auf einem mit entsprechenden Freizeiteinrichtungen ausgestatteten Passagierschiff stattfand, die Seereise von Kiel nach Oslo bereits für sich einen gewissen Freizeitwert hat (auf den das Tagungsprogramm mit dem Hinweis auf die Attraktivität des Seegebietes bei Tageslicht ausdrücklich Rücksicht genommen hat) und das Tagungsprogramm nicht nur auf die betrieblichen Interessen der Teilnehmer zugeschnitten war, sondern ausreichend Raum für den Besuch touristisch interessanter Orte ließ (vgl. auch --für ein Wochenendseminar auf einer Ostseefahrt-- BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19). Das private Interesse an der Reise ergibt sich darüber hinaus aus der angebotenen und von den Gesellschaftern der Klägerin wahrgenommenen Möglichkeit, ihre Ehefrauen auf die Reise mitzunehmen (vgl. BFH in BFHE 171, 210, BStBl II 1993, 639).

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß die Ehefrauen im Betrieb der Klägerin als Teilzeitarbeitskräfte angestellt waren. Es ist davon auszugehen, daß sie in erster Linie als Ehefrauen der Gesellschafter an der Fahrt teilnahmen. Das entspricht der Feststellung des FG, daß fremde Arbeitskräfte in dieser Stellung an einer solchen Tagung nicht hätten teilnehmen können.

4. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Höhe der vom FA vorgenommenen Gewinnkorrektur.

Die Betriebseinnahme ist in entsprechender Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Dieser Wert kann auch zur Feststellung des Entnahmewerts herangezogen werden. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen im Urteil in BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 (dort unter II. 3. b der Gründe). Eine Bewertungsdifferenz, die sich auf die Höhe des Gewinns auswirken könnte, besteht damit nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65398

BFH/NV 1996, 63

BStBl II 1996, 273

BFHE 179, 251

BFHE 1996, 251

BB 1996, 583

BB 1996, 583-585 (LT)

DB 1996, 608 (LT)

DStR 1996, 458-460 (KT)

DStZ 1996, 277-278 (KT)

HFR 1996, 243-244 (L)

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