Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer Betriebsaufspaltung hat das Besitzunternehmen eine aus einem Pachtvertrag abgeleitete Warenrückgabeforderung gegen die Betriebskapitalgesellschaft grundsätzlich mit dem gleichen Wert zu aktivieren, mit dem die Betriebskapitalgesellschaft die Rückgabeverpflichtung passiviert hat.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Tatbestand

Streitig ist im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1964 für die X-KG (im folgenden KG), ob im Falle einer Betriebsaufspaltung das Besitzunternehmen eine auf einen Pachtvertrag gestützte Warenrückgabeforderung gegen die Betriebs-GmbH in der Bilanz mit dem gleichen Wert als Forderung einzusetzen hat, mit dem die Betriebs-GmbH die Rückgabeverpflichtung passiviert hat.

Der Revisionskläger ist Alleinerbe seines verstorbenen Vaters, des Fabrikanten FB. Gesellschafter der KG waren im Streitjahr 1964 FB als persönlich haftender Gesellschafter mit einem Gewinnanteil von 75 v. H. und die Beigeladene, die damalige Ehefrau des FB, als Kommanditistin mit einem Gewinnanteil von 25 v. H. Die Eheleute lebten im Güterstand der Gütertrennung. Bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags hatte die Beigeladene ihrem Ehemann eine Generalvollmacht erteilt. Die Gesellschaft war unkündbar, "solange die Ehe zwischen den Gesellschaftern besteht" (§ 5 des Gesellschaftsvertrags). FB war berechtigt, die Gesellschaft fristlos zu kündigen und das Geschäft mit allen Aktiven und Passiven gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe des Kapitalkontos der Beigeladenen allein zu übernehmen, falls die Ehe aufgelöst wird oder falls die Beigeladene die ihrem Ehemann erteilte Generalvollmacht widerruft (§ 5 des Gesellschaftsvertrags).

Im Jahre 1966 wurde die Ehe zwischen FB und der Beigeladenen geschieden. FB übernahm das Unternehmen der KG mit allen Aktiven und Passiven und führte es als Einzelunternehmen fort.

Gegenstand des Unternehmens der KG war ursprünglich der Betrieb eines Fabrikationsunternehmens. Gemäß privatschriftlichem Vertrag vom 6. Januar 1953 verpachtete die KG an die Y-GmbH (im folgenden GmbH), deren alleiniger Gesellschafter damals ebenso wie im Streitjahr FB war, "die ihr gehörenden Fabrikgrundstücke in Z mit den darauf stehenden Gebäuden und Anlagen nebst allem Inventar und allen im Zeitpunkt dieses Vertragsabschlusses darauf befindlichen Waren, und zwar zur Fortführung der darauf bisher betriebenen Werke" (§ 1 des Pachtvertrags). Die GmbH erhielt das Recht, über die mitverpachteten "Rohstoffe, Hilfsstoffe und sonstigen Waren", die im Eigentum der Verpächterin bleiben sollten, innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Betriebsführung im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu verfügen. Sie verpflichtete sich jedoch für diesen Fall, "Waren gleicher Art und gleicher Menge für die Verpächterin neu anzuschaffen", d. h. den übergegangenen Bestand "in gleicher Menge und Beschaffenheit zu erhalten". Die KG als Verpächterin und die GmbH als Pächterin erklärten sich darin einig, daß die Warenbestände auf dem Pachtgelände, soweit es sich um Warensorten der mitverpachteten Art handelt, "jeweils zu den Bruchteilen Miteigentum der Verpächterin sind", die den mitverpachteten Mengen entspricht, daß der Miteigentumserwerb der Verpächterin mit der Einbringung der Waren auf das Pachtgelände eintritt (§ 588 Abs. 2 Satz 2 BGB) und daß die Pächterin insoweit die Waren für die Verpächterin besitzt. Die Verpächterin sollte darüber hinaus jederzeit verlangen können, daß die in diesem Rahmen von ihr erworbenen Waren ihr nochmals durch ausdrückliches Rechtsgeschäft zu entsprechendem Miteigentum oder auch, nach ihrer wahl, nach Absonderung entsprechender Mengen zu Alleineigentum übertragen werden. Die Verpächterin sollte außerdem jederzeit berechtigt sein, Auskunft darüber zu verlangen, ob Waren in der Menge und der Beschaffenheit auf den Pachtgrundstücken vorhanden sind, wie sie der Pächterin übergeben wurden (§ 12 des Pachtvertrags). Bei Auflösung des Pachtverhältnisses sollte die GmbH als Pächterin verpflichtet sein, der KG Waren derselben Menge und Beschaffenheit zurückzugeben, wie sie sie bei Beginn des Pachtverhältnisses erhalten hat. Dabei sollte etwa bestehendes Miteigentum an Warenbeständen in entsprechendes Alleineigentum der Vertragspartner auseinandergesetzt werden (§ 15 des Pachtvertrags). Das Pachtverhältnis war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und jeweils zum Jahresende mit einer Frist von sechs Monaten kündbar (§ 2 des Pachtvertrags).

Seit Abschluß des Pachtvertrags aktivierte die KG ihren Warenrückgabeanspruch gleichbleibend mit einem Betrag von 856 922 DM, der dem Buchwert der mitverpachteten Waren zum 31. Dezember 1952 entsprach. Die GmbH hingegen passivierte die korrespondierende Warenrückgabeverpflichtung jeweils mit den Wiederbeschaffungskosten der Waren, die sich für die einzelnen Bilanzstichtage ergaben. Zum 31. Dezember 1964 überstieg der von der GmbH passivierte Wert der Warenrückgabeverpflichtung (1 701 651 DM) den von der KG aktivierten Wert der Warenrückgabeforderung (856 922 DM) um 844 729 DM.

Im Zuge einer 1966 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die sich aus dem Pachtvertrag ergebende Warenrückgabeforderung sei eine Sachwert-Darlehensforderung, die sowohl wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der KG und der GmbH (Urteil des BFH vom 13. Januar 1959 I 44/57 U, BFHE 68, 515, BStBl III 1959, 197) als auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur Anlage-Erneuerungsverpflichtung in Pachtverhältnissen (BFH-Urteil vom 2. November 1965 I 51/61 S, BFHE 84, 171, BStBl III 1966, 61) bei der KG in gleicher Höhe als Forderung wie bei der GmbH als Schuld bilanziert werden müsse.

Der Prüfer errechnete unter Berücksichtigung einer Korrektur des bisherigen Bilanzansatzes der GmbH für die Warenrückgabeverpflichtung und unter Abzug einer erhöhten Gewerbesteuerrückstellung einen Mehrgewinn der KG aus der Erhöhung des Wertansatzes für die Warenrückgabeforderung von 703 026 DM.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) schloß sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 2. Januar 1967 einen endgültigen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid 1964, in dem es den Gewinn für 1964 auf 921 510 DM feststellte.

Den Einspruch, mit dem sich FB gegen die Erhöhung des Aktivpostens "Warenrückgabeforderung" wandte und geltend machte, die Erhöhung verstoße gegen die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und die Bewertungsvorschrift des § 6 EStG wies das FA zurück.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG war der Auffassung, daß sich der Warenrückgewähranspruch zu jedem Bilanzstichtag auf jeweils andere Waren beziehe, demgemäß mit den jeweiligen Anschaffungskosten zu bewerten sei und als Anschaffungskosten diejenigen Wiederbeschaffungskosten anzusetzen seien, die am Bilanzstichtag erforderlich wären, damit die GmbH der KG Waren gleicher Art, Güte und Menge zurückerstatten könne, Bei einer Betriebsaufspaltung, so wie sie im Streitfall gegeben sei, könne schon aus Gründen der Logik eine unterschiedliche Bewertung des Rückgewähranspruchs bei der KG und der Rückgewährverpflichtung bei der GmbH nicht zutreffend sein.

Mit der Revision wird beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, den Gewinnfeststellungsbescheid 1964 vom 2. Januar 1967 insoweit aufzuheben, als das FA bei der Erfassung des Betriebsvermögens der KG den Aktivposten "Warenrückgabeforderung" mit dem Wert angesetzt hat, mit dem die GmbH die Rückgabeverpflichtung passiviert hat.

Die Revision macht insbesondere geltend, die bisherige Rechtsprechung zur bilanziellen Behandlung von Sachwertdarlehen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung sei durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71 (BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) überholt, denn nach diesem Beschluß sei bei einer Betriebsaufspaltung kein einheitliches Unternehmen, es seien vielmehr zwei Unternehmen vorhanden. Der vom FG gebilligte Gewinnausweis bei der Verpächterin verstoße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, insbesondere gegen das Höchstwert- und das Imparitätsprinzip.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Gegenstand der bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung sind im Streitfall die im wesentlichen in § 12 und § 15 des Pachtvertrags enthaltenen Bestimmungen über die mitverpachteten "Rohstoffe, Hilfsstoffe und sonstigen Waren" (im folgenden Waren), insbesondere die im Pachtvertrag begründete Verpflichtung der GmbH als Pächterin, der KG als Verpächterin bei Auflösung des Pachtverhältnisses Waren derselben Menge und Beschaffenheit zurückzugeben, wie sie sie bei Beginn des Pachtverhältnisses erhalten hat, und die damit in Zusammenhang stehende Verpflichtung der GmbH, den bei Beginn des Pachtverhältnisses erlangten Warenbestand während des Pachtverhältnisses in gleicher Menge und Beschaffenheit zu erhalten. Gegenstand der bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung sind außerdem im Hinblick darauf, daß sich die KG das Eigentum am übergegangenen Warenbestand vorbehalten hat und kraft des vereinbarten vorweggenommenen Besitzkonstituts (§ 930 BGB) anstelle des Alleineigentums an den übergebenen Waren einen entsprechenden Miteigentumsanteil am gesamten Warenbestand der GmbH erwarb und laufend neu erwirbt, das Eigentum (Miteigentum) der KG an den Waren und die sich aus dem Eigentum (Miteigentum) der KG an den Waren ergebenden dinglichen Ansprüche, d. h. der Herausgabeanspruch nach §§ 985, 1011 BGB und der Teilungsanspruch nach §§ 1008, 749, 752 BGB.

2. Die Vorentscheidung ist mit den Prozeßbeteiligten und mit der GmbH davon ausgegangen, daß die KG (Verpächterin) nicht etwa die bei Beginn des Pachtverhältnisses vorhandenen und übergebenen Waren und die später an deren Stelle neu erworbenen Waren zu aktivieren hatte und hat, sondern vielmehr einen Warenrückgabeanspruch, und daß dafür die GmbH einerseits die beim Beginn des Pachtverhältnisses übergebenen und die später an deren Stelle neu erworbenen Waren zu aktivieren und andererseits ihre Warenrückgabeverpflichtung zu passivieren hatte und hat. Dabei sind die Beteiligten offenbar der Meinung, daß das vorbehaltene Eigentum der KG am übergebenen Warenbestand und der später an seine Stelle getretene Miteigentumsanteil am gesamten Warenbestand der GmbH in erster Linie Sicherungscharakter hatten und haben und daß deshalb § 11 Nr. 1 StAnpG anzuwenden sei. Der Senat kann zugunsten der Klägerin unterstellen, daß diese Bilanzierungsmethode dem Grunde nach richtig ist.

3. Wie vergleichbare Warenrückgabeforderungen und -verpflichtungen, die sich aus Pachtverhältnissen zwischen Fremden ergeben, bei diesen zu bilanzieren sind, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

Was die Bilanzierung beim Verpächter angeht, so könnte man die Auffassung vertreten, daß dieser den bei Beginn des Pachtverhältnisses gebildeten aktiven Wertansatz für eine Warenrückgabeforderung bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses unverändert fortzuführen hat, weil insoweit die Bilanzierung ein und desselben Vermögensgegenstandes (Wirtschaftsgutes) in Frage steht und dessen Anschaffungskosten - gleichgültig worin man diese sieht und wie hoch man sie ansetzt - nicht überschritten werden dürfen.

Man könnte aber auch argumentieren, daß sich mit dem Umschlag des Warenlagers beim Pächter das sachliche Substrat und damit der Inhalt des "Warenrückgabeanspruchs" laufend ändern und deshalb der Aktivposten laufend einen neuen Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut) repräsentiert entsprechend den dinglichen Ansprüchen, die dem Verpächter als Miteigentümer des Warenlagers gegen den Pächter als Miteigentümer und alleinigen unmittelbaren Besitzer des Warenlagers zustehen, wenn, wie im Streitfall, dem Verpächter im Wege des vorweggenommenen Besitzkonstituts Miteigentum am Warenlager des Pächters eingeräumt ist. Die Rechtsfolge dieser Betrachtung könnte sein, daß der Verpächter den Aktivposten "Warenrückgabeanspruch" jeweils mit den tatsächlichen Anschaffungskosten der beim Pächter vorhandenen und bedingt herausgabepflichtigen Waren anzusetzen hat, mindestens, soweit dem Verpächter diese Anschaffungskosten bekannt sind oder er sie unschwer erfahren kann.

Was schließlich die Bilanzierung beim Pächter anbelangt, so könnte man mit gutem Grunde die Auffassung vertreten, daß die Rückgabeverpflichtung jedenfalls dann, wenn Waren in einem zur Erfüllung der Rückgabeverpflichtung ausreichendem Maße vorhanden sind, mit den Anschaffungskosten dieser Waren zu passivieren ist, und zwar auch dann, wenn am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten der vorhandenen Waren gestiegen sind. Denn wenn das Pachtverhältnis am Bilanzstichtag beendet würde, könnte sich der Pächter mit der Übertragung eines entsprechenden Anteils am vorhandenen Warenbestand von seiner vertraglichen Rückgabeverpflichtung befreien. Ein Verlust in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Anschaffungskosten der vorhandenen Waren und den zwischenzeitlich gestiegenen Wiederbeschaffungskosten könnte dem Pächter somit nicht entstehen (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 16. Aufl., EStG § 6 Anm. 102 bis 103; Schindele, Steuerliche Betriebsprüfung 1968 S. 270/274).

4. Nach dem Urteil des I. Senats des BFH I 44/57 U, das die Besteuerung einer Betriebskapitalgesellschaft zum Gegenstand hat, gelten für die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von Verpflichtungen, die auf Leistung von Waren gerichtet sind und die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vereinbart sind, folgende Grundsätze:

a) Die Sachleistungsverpflichtung des Pächters (= Betriebskapitalgesellschaft) und der Sachleistungsanspruch des Verpächters (= Besitzunternehmen) sind im Hinblick auf die bei einer Betriebsaufspaltung gegebene wirtschaftliche Identität zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem gleichen Betrag anzusetzen.

b) Die Betriebskapitalgesellschaft hat ihre Sachleistungsverpflichtung auf der Passivseite in der Höhe anzusetzen, in der sie die zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung vorhandenen Vorräte auf der Aktivseite angesetzt hat, da zwischen beiden Posten ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Dies gilt nur dann nicht, wenn die tatsächlich vorhandenen Vorräte unter den Mengen liegen, zu deren Rückgabe die Betriebskapitalgesellschaft bei Auflösung des Pachtverhältnisses verpflichtet ist. In diesem Falle sollen sich bei Preissteigerungen die Sachleistungsschuld der Betriebskapitalgesellschaft, gleichzeitig aber auch der Wertansatz für den Sachleistungsanspruch beim Besitzunternehmen erhöhen.

5. Für die bilanzsteuerrechtliche Beurteilung von in einem Pachtvertrag getroffenen Vereinbarungen, die den Pächter zur laufenden Instandhaltung und Erneuerung des gepachteten Anlagevermögens verpflichten, und die ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine gewisse Ähnlichkeit mit den in Rede stehenden Warenrückgabeverpflichtungen haben, gelten in Fällen der Betriebsaufspaltung nach dem Urteil des I. Senats des BFH I 51/61 S, das zur Besteuerung einer Betriebskapitalgesellschaft ergangen ist, und nach den Urteilen des erkennenden Senats vom 21. Dezember 1965 IV 228/64 S (BFHE 84, 407, BStBl III 1966, 147) und vom 23. Juni 1966 IV 75/64 (BFHE 86, 625, BStBl III 1966, 589), die die Besteuerung von Besitzunternehmen betreffen, folgende Grundsätze:

a) Hat bei der Verpachtung eines Unternehmens der Pächter die Verpflichtung übernommen, das gepachtete Anlagevermögen (Maschinen usw.) instand zu halten und zu erneuern, so darf der Pächter solche Pachtgegenstände nicht aktivieren und keine AfA vornehmen. Für die Verpflichtung zum kostenlosen Ersatz muß der Pächter eine Rückstellung bilden, deren Höhe durch die Abnutzung der gepachteten Wirtschaftsgüter während der Pachtzeit und die Wiederbeschaffungskosten bestimmt wird.

b) Der Verpächter hat den aufgrund der Erhaltungspflicht des Pächters bestehenden Ersatzbeschaffungsanspruch mit dem am jeweiligen Bilanzstichtag vorhandenen Teilwert zu aktivieren. Der Teilwert des Ersatzbeschaffungsanspruchs richtet sich nach den Wiederbeschaffungskosten für das vom Pächter zu ersetzende Wirtschaftsgut, wobei auch gestiegene Wiederbeschaffungskosten zu berücksichtigen sind.

c) Grundsätzlich bilanzieren Verpächter und Pächter unabhängig voneinander; divergierende Wertansätze können sich z. B. aufgrund einer unterschiedlichen Schätzung der Nutzungsdauer der verpachteten Wirtschaftsgüter oder der Wiederbeschaffungskosten ergeben. Abweichend von diesem Grundsatz müssen bei einer Betriebsaufspaltung Verpächter und Pächter im Hinblick auf die gegebene wirtschaftliche Einheit der formal-juristisch getrennten Unternehmen einheitlich verfahren; insbesondere muß sich der Verpächter die Bilanzierung beim Pächter entgegenhalten lassen.

6. Wie die Revision zutreffend erwähnt, ist diese Rechtsprechung des I. und des IV. Senats des BFH zur bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung einer Warenrückgabeverpflichtung und einer Anlageerneuerungsverpflichtung aufgrund eines Pachtvertrags im steuerrechtlichen Schrifttum umstritten (ablehnend z. B. Heuer, Steuerberater-Jahrbuch 1959/60 S. 327/338 f.; Lenski, Steuerberater-Jahrbuch 1967/68 S. 267/281 f; zustimmend hingegen z. B. Birkholz, BB 1965, 1390/1392).

Der Senat hält aus den nachstehend entwickelten Gründen an der Auffassung fest, daß in Fällen der Betriebsaufspaltung Besitzunternehmen und Betriebskapitalgesellschaften Warenrückgabeforderungen und Warenrückgabeverpflichtungen ertragsteuerrechtlich korrespondierend zu bilanzieren haben. Im Streitfall hat deshalb die KG den Warenrückgabeanspruch mit dem Wert anzusetzen, mit die GmbH die Warenrückgabeverpflichtung passiviert hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die GmbH ihrer Verpflichtung, den übernommenen Warenbestand in gleicher Menge und Beschaffenheit zu erhalten, nachgekommen und deshalb davon auszugehen ist, daß bei der GmbH am Bilanzstichtag der KG (31. Dezember 1964) Waren vorhanden waren, die ihrer Menge und Beschaffenheit nach mindestens den bei Abschluß des Pachtvertrags erlangten Waren entsprachen. Ebensowenig ist bedeutsam, ob der passive Wertansatz für die Warenrückgabeverpflichtung, der nach Auffassung des FG den vom FA geforderten und vom FG gebilligten Wertansatz für den Warenrückgabeanspruch der KG bestimmt, mit dem aktiven Wertansatz der GmbH für diese Warenvorräte übereinstimmt oder etwa mit der Begründung, die Wiederbeschaffungskosten für die noch vorhandenen Waren seien gestiegen, höher angesetzt ist, und ob letzteres zulässig ist.

a) Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß GrS 2/71 ausdrücklich als dem geltenden Recht entsprechend anerkannt, daß dem wirtschaftlichen Sachverhalt "Betriebsaufspaltung" bestimmte spezielle ertragsteuerrechtliche Rechtsfolgen eigen sind. Zutreffend hebt die Revision allerdings hervor, daß der Große Senat bei seiner Entscheidung über die ihm vorgelegte Rechtsfrage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit von einer Betriebsaufspaltung im Rechtssinne die Rede sein kann, "von dem Vorhandensein zweier Unternehmen" ausgeht. Der Große Senat erwähnt, es komme nicht darauf an, ob das Besitzunternehmen mit der Betriebsgesellschaft "wirtschaftlich ein einheitliches Unternehmen" bilde. Entscheidend sei, ob die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen "einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen" hätten.

Auch der erkennende Senat stellt selbstverständlich nicht in Frage, daß das Besitzunternehmen (hier die KG) und die Betriebskapitalgesellschaft (hier die GmbH) zivilrechtlich zwei verschiedene Rechtsträger und damit auch Unternehmensträger sind. Er ist jedoch der Auffassung, daß der für das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung kennzeichnende einheitliche geschäftliche Betätigungswille für zwei zivilrechtlich selbständige Unternehmen es gebietet, unabhängig davon, welche Rechtsgrundsätze bei Betriebsverpachtungen zwischen Fremden gelten, vom Besitzunternehmen einen Wertansatz für die Warenrückgabeforderung zu verlangen, der dem Wertansatz für die Warenrückgabeverpflichtung bei der Betriebskapitalgesellschaft entspricht.

Der Senat geht davon aus, daß er den Großen Senat des BFH angerufen hatte darüber zu befinden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit von einer Betriebsaufspaltung im Sinne der bisher in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze, also insbesondere im Sinne der hieraus bisher abgeleiteten Rechtsfolgen die Rede sein kann. Die Entscheidung des Großen Senats zu d i e s e r ihm vorgelegten Rechtsfrage bietet keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, daß der Große Senat darüber hinaus auch dazu Stellung nehmen wollte, welche Rechtswirkungen eine Betriebsaufspaltung im einzelnen hat, insbesondere, daß der Große Senat diese Rechtswirkungen abweichend von den hierzu in der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen definieren wollte.

Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung ist von der Erkenntnis getragen, daß die Aufspaltung eines rechtlich einheitlichen Unternehmens (z. B. eines Einzelunternehmens) in zwei selbständige Rechtsträger (z. B. Einzelunternehmen und Ein-Mann-GmbH) bei Fortbestand des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot, wirtschaftlich gleichartige Sachverhalte grundsätzlich auch steuerrechtlich gleichzubehandeln, kein zureichender Grund dafür sein kann, das weiterhin einer gewerblichen Betätigung dienende Anlagevermögen nicht mehr als gewerbliches Betriebsvermögen und den Ertrag des in diesem Anlagevermögen investierten Kapitals nicht mehr als Ertrag aus einer gewerblichen Betätigung anzusehen. Dieser Gesichtspunkt muß auch dazu führen, ein rechtlich einheitliches Unternehmen einerseits und zwei rechtlich getrennte, aber von ein und demselben einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragene Unternehmen andererseits in der Frage der Bilanzierung von Umlaufvermögen bei steigenden Wiederbeschaffungskosten steuerrechtlich gleichzubehandeln. Solange es einem zivilrechtlich einheitlichen Unternehmen versagt ist, bei steigenden Wiederbeschaffungskosten steuerfreie Substanzerhaltungsrücklagen für das Umlaufvermögen zu bilden, kann rechtlich selbständigen, aber von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragenen Unternehmen eine derartige steuerfreie Rücklage in der Form eines passiven Wertansatzes bei der Betriebskapitalgesellschaft zu gestiegenen Wiederbeschaffungskosten ohne gleichzeitigen entsprechenden aktiven Wertansatz beim Besitzunternehmen nicht zuerkannt werden, und zwar unabhängig davon, wie zwischen Fremden zu bilanzieren ist. Denn auch wenn man unterstellt, daß bei Pachtverhältnissen zwischen Fremden der Effekt der steuerfreien Substanzerhaltungsrücklage zu erzielen ist, bleibt es doch dabei, daß in den für die steuerrechtliche Wertung maßgebenden Zügen zwei rechtlich getrennte, aber von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragene Unternehmen (Betriebsaufspaltung) einem rechtlich einheitlichen Unternehmen näherstehen als der Summe zweier Unternehmen, die einander fremd gegenüberstehen.

Für die Auffassung, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung habe steuerrechtliche Folgen nur in der Form der Qualifikation der Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit als gewerbliche, findet sich weder ein Beleg noch ein zureichender Grund.

Die Revision kann ihre Auffassung, daß auch in Fällen der Betriebsaufspaltung Warenrückgabeforderung und Warenrückgabeverpflichtung ohne jeden Bezug zueinander zu bilanzieren seien, nur auf den formalen Aspekt zweier rechtlich getrennter Unternehmen, nicht jedoch auf einen von der Sache her einleuchtenden und dem wirtschaftlichen Sachverhalt "Betriebsaufspaltung" entsprechenden Grund stützen. Wenn der Senat demgegenüber eine korrespondierende Bilanzierung für geboten erachtet, so bedeutet dies entgegen der Ansicht der Revision nicht, daß die rechtliche Selbständigkeit der in der Betriebsaufspaltung verbundenen Unternehmen negiert wird - wäre dem so, so dürften Forderungen und Verbindlichkeiten aus einem Pachtverhältnis zwischen Besitzunternehmen und Betriebskapitalgesellschaft überhaupt nicht ausgewiesen werden -, sondern lediglich, daß den bilanzsteuerrechtlichen Folgen, die sich aus der Selbständigkeit ergeben, natürliche Grenzen gezogen werden. Damit stimmt das von der Revision zitierte Urteil des Senats vom 9. Juli 1970 IV R 16/69 (BFHE 99, 533, BStBl II 1970, 722) durchaus überein.

Der Revision ist zwar darin beizupflichten, daß es neben der Betriebsaufspaltung noch andere wirtschaftliche Verbindungen rechtlich selbständiger Unternehmen gibt. Der Senat hat aber in diesem Rechtsstreit nicht darüber zu befinden, welche Rechtsgrundsätze für diese gelten.

b) Der Senat braucht sich nicht im einzelnen mit der Frage auseinanderzusetzen, ob, wie die Revision meint, der vom FG gebilligte und im Ergebnis auch vom Senat für richtig befundene "Gewinnausweis", d. h. ein Forderungsansatz, beim Besitzunternehmen in Höhe des Schuldansatzes bei der Betriebskapitalgesellschaft und damit über dem bei Beginn des Pachtverhältnisses gebildeten Wertansatz gegen die nach § 5 EStG maßgeblichen handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstoße. Denn der Senat ist der Auffassung, daß die sich aus dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung ergebenden Rechtsfolgen naturgemäß Vorrang gegenüber den allgemeinen bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen haben müssen, ebenso wie sie Vorrang haben gegenüber den Grundsätzen, die im allgemeinen für die Beurteilung einer Vermietung und Verpachtung gelten.

Klarstellend sei jedoch auf folgendes hingewiesen: Das Realisationsprinzip, das Anschaffungswertprinzip (Höchstwertprinzip) und das Imparitätsprinzip als handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind spezielle Ausprägungen des übergeordneten Prinzips der kaufmännischen Vorsicht und des Gläubigerschutzes. Ihr Verständnis und ihre Anwendung müssen deshalb durch dieses Prinzip bestimmt werden. Unter dem Blickwinkel der Vorsicht und des Gläubigerschutzes kann aber nicht außer Betracht bleiben, daß die Höhe eines aktiven Bilanzansatzes beim Besitzunternehmen in Frage steht und daß den Gläubigern des Besitzunternehmens als Zugriffsobjekt nicht nur der diesem Aktivposten entsprechende Vermögensgegenstand, sondern auch die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft zur Verfügung stehen, deren bilanzieller Wert u. a. durch den korrespondierenden Schuldposten bestimmt wird. Beide Zugriffsobjekte stehen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, ihr Wert ist voneinander abhängig. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es mit kaufmännischer Vorsicht und mit dem Gedanken des Gläubigerschutzes unvereinbar sein soll, dieser Abhängigkeit durch eine korrespondierende Bilanzierung Rechnung zu tragen. Auch in anderen Bereichen der Bilanzierung finden ähnliche Zusammenhänge einen vergleichbaren Niederschlag, so z. B. in der konsolidierten Bilanz verbundener Unternehmen der Nichtausweis von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den verbundenen Unternehmen (vgl. § 331 Abs. 1 Nr. 4 AktG 1965).

7. Daß im Streitfall die persönlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind, kann angesichts der Tatsache, daß FB bei der GmbH Alleingesellschafter war und daß er an der KG zwar nur zu 75 v. H. beteiligt war, aber kraft der Generalvollmacht seiner mit 25 v. H. beteiligten Ehefrau wie ein Alleingesellschafter handeln konnte, nicht zweifelhaft sein. Ebenso lassen sich die sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung nicht in Abrede stellen. Der Streitfall bietet ein besonders anschauliches Beispiel dafür, daß zwei rechtlich selbständige Unternehmen von ein und demselben einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71480

BStBl II 1975, 700

BFHE 1976, 160

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