Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versorgungszusage zugunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der zu mehr als 50 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, begründet nur dann eine rückstellungsfähige Last, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, daß die Kapitalgesellschaft in Zukunft mit der Inanspruchnahme rechnen muß.

Hinsichtlich der Versorgungszusage zugunsten der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers wird an dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 1 und 2/61 U vom 13. Dezember 1961 (BStBl 1962 III S. 138) festgehalten.

Kapitalgesellschaften, die auf Grund einer Versorgungszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer nach der bis zum Ergehen der Urteile des Bundesfinanzhofs I 11/58 S vom 5. Mai 1959 und I 4/59 S vom 4. August 1959 (BStBl 1959 III S. 369,374, Slg. Bd. 69 S. 286, 299) herrschenden Rechtsauffassung eine Rückstellung gebildet haben, sind nicht verpflichtet, sie zum 31. Dezember 1959 aufzulösen.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1, §§ 5-6, 6a; StAnpG § 1 Abs. 2, § 1/3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 11.11.1964; Aktenzeichen 1 BvR 488/62, 1 BvR 562/63, 1 BvR 216/64)

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige ist eine GmbH, deren Stammkapital während der Veranlagungszeiträume 1958 und 1959 50 000 DM betrug. An ihr sind H. mit 40 000 DM und G. mit 10 000 DM beteiligt. Beide Gesellschafter sind allein vertretungsberechtigt. Nach dem Anstellungs- und Pensionsvertrag vom 10. Dezember 1949 erhalten die Geschäftsführer ein monatliches Gehalt von 2000 DM und eine Tantieme, deren Höhe am Schluß jedes Jahres durch die Gesellschafterversammlung festgesetzt wird. Durch § 2 dieses Vertrages wurde jedem Gesellschafter-Geschäftsführer "nach dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung" eine Pension in Höhe von 75 v. H. des laufenden Gehalts (ohne Tantieme) zugesagt. Nach dem Tode der Gesellschafter-Geschäftsführer sollten deren Witwen eine Pension in Höhe von 2/3 des laufenden Gehalts (ohne Tantieme) erhalten.

Das Finanzamt hatte in den Veranlagungszeiträumen bis zum 31. Dezember 1957 Rückstellungen hinsichtlich beider Gesellschafter-Geschäftsführer zugelassen. Bei den Körperschaftsteuerveranlagungen für 1958 und 1959 erhöhte das Finanzamt den jeweiligen Gewinn um die zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers H. erfolgten Zuführungen zur Pensionsrückstellung (22 000 DM bzw. 22 500 DM). Ferner löste es bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1959 die bis zum 31. Dezember 1957 angesammelte Rückstellung in Höhe von 50 000 DM (1/3 des Rückstellungsbetrages) zugunsten des Erfolges auf. Im Verfahren über den gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1958 eingelegten Einspruch legte die Steuerpflichtige die Abschrift eines notariellen Vertrages vom 15. März 1960 vor. In diesem Vertrag wurde zunächst ausgeführt, daß die bisherige erfolgreiche Tätigkeit der Steuerpflichtigen wesentlich auf den Erfahrungen der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer beruhe; im Interesse der Gesellschaft sei es erforderlich, für geeigneten Nachwuchs in der Geschäftsführung für den Fall zu sorgen, daß die jetzigen Geschäftsführer infolge ihres Alters nicht mehr in der Lage seien, ihre auf dem Geschäftsgebiet der Steuerpflichtigen gesammelten Erfahrungen in deren Interesse einzusetzen. Der zur Zeit des Vertragsabschlusses 23 Jahre alte Sohn des Gesellschafter-Geschäftsführers H. (Student der Eisenhüttenkunde) verpflichtete sich, seine Ausbildung weiterhin darauf abzustellen, daß er in der Lage sein werde, die verantwortliche Geschäftsführung in dem Zeitpunkt zu übernehmen, in dem die bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem natürlichen Lauf der Dinge nicht mehr in der Lage sein würden, die Geschäfte der Steuerpflichtigen in dem erforderlichen Masse zu führen. Die Steuerpflichtige verpflichtete sich, den Sohn zum Geschäftsführer zu bestellen, sobald sein Vater das 65. Lebensjahr vollendet habe. Dieser verpflichtete sich gegenüber seinem Sohn, nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus der GmbH auszuscheiden und nur noch die Rechte aus dem Pensionsversprechen geltend zu machen.

Gleichzeitig schenkte der Gesellschafter-Geschäftsführer H. seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Geschäftsanteile an der GmbH im Nennwert von 2500 DM nebst Gewinnbezugsrecht ab 1. Januar 1960. Er behielt sich den Widerruf der Schenkung für den Fall vor, daß der Sohn seine oben bezeichnete vertragliche Verpflichtung nicht erfüllen, insbesondere seine Ausbildung nicht gewissenhaft und fleißig betreiben oder die Geschäftsführung nicht zu dem vorgesehenen Zeitpunkt übernehmen sollte. Letzteres galt auch für den Fall, daß der Sohn vorher verstorben sein sollte.

Das Finanzamt wies den Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1958 unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesfinanzhofs I 11/58 S vom 5. Mai 1959 und I 4/59 S vom 4. August 1959 (BStBl 1959 III S. 369, 374, Slg. Bd. 69 S. 286, 299) zurück. Die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung und die Sprungberufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 1959 hatten zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht folgte dem Finanzamt insoweit, als es sich um die Pensionszusage zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers H. handelte, erkannte jedoch die Zuführungen zur Pensionsrückstellung zum 31. Dezember 1958 und zum 31. Dezember 1959 insoweit an, als sie auf die zugesagten Witwenbezüge entfielen. Hingegen hielt es die Vorinstanz nicht für zulässig, die in der Bilanz zum 31. Dezember 1957 ausgewiesene Pensionsrückstellung zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers H. entsprechend dem vom Finanzamt angewandten Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 19. Januar 1960 S 2520 - 42 - 313, der mit Erlassen anderer Länder übereinstimmt (vgl. BStBl 1960 II S. 19), in Höhe von 1/3 der Rückstellung aufzulösen.

Mit der Rb. wendet sich die Steuerpflichtige dagegen, daß das Finanzgericht die Zuführungen zur Pensionsrückstellung zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers H. nicht anerkannte. Aus dem Vertrag vom 15. März 1960 ergebe sich, daß es sich um eine ernst gemeinte Pensionszusage handle. In der mündlichen Verhandlung führte die Steuerpflichtige unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58 (BStBl 1962 I S. 500 - 502 -) aus, daß die in der Rechtsprechung des Senats zum Ausdruck kommende Auffassung zu einem vom Bundesverfassungsgericht mißbilligten Durchgriff auf die Person des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft führe; personenbezogene Kapitalgesellschaften würden durch die Rechtsprechung des Senats ungleich behandelt.

Der Vorsteher des Finanzamts bemängelt mit seiner Rb., das Finanzgericht habe zu Unrecht die Zuführungen zur Pensionsrückstellung zugelassen, soweit es sich um die Witwenbezüge handle. Im übrigen rügt er, daß die Vorinstanz die teilweise Auflösung der zum 31. Dezember 1957 bestehenden Rückstellung rechtsirrig nicht gebilligt habe.

In der mündlichen Verhandlung wies der Vorsteher des Finanzamts auf Grund von Erhebungen im Bereich der Oberfinanzdirektion darauf hin, bei den zum Bereich dieser Dienststelle gehörenden Einmann- oder von einem Gesellschafter beherrschten Kapitalgesellschaften seien nur in einem Bruchteil aller Fälle Pensionszusagen erteilt und zu einem noch geringeren Teil Pensionsrückstellungen gebildet worden. Es sei ermittelt worden, daß in der weit überwiegenden Anzahl aller Fälle die Gesellschafter-Geschäftsführer nach Erreichung der Ruhestandsgrenze im Dienst der Gesellschaft verblieben seien; der Eintritt in den Ruhestand und die Inanspruchnahme der Ruhebezüge seien nur in verhältnismäßig wenigen Fällen erfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rbn. der Steuerpflichtigen und des Vorstehers des Finanzamts haben keinen Erfolg. I. Rb. der Steuerpflichtigen

Die angefochtene Entscheidung steht, soweit die Zuführungen zur Pensionsrückstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers H. nicht anerkannt wurden, im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Nach den Urteilen I 11/58 S und I 4/59 S a. a. O. sind an den Nachweis der Ernsthaftigkeit der Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH oder an den zu mehr als 50 v. H. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer einer sonstigen Kapitalgesellschaft strenge Anforderungen zu stellen. Diese Rechtsprechung beruht auf der das Urteil des Bundesfinanzhofs I 14/57 S vom 22. Januar 1958 (BStBl 1958 III S. 186, Slg. Bd. 66 S. 481) tragenden Rechtsauffassung, daß Pensionszusagen nur anerkannt werden können, wenn der die Versorgung versprechende Arbeitgeber ernsthaft mit einer künftigen Inanspruchnahme durch den Arbeitnehmer rechnen muß.

Bei der dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH oder einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft erteilten Pensionszusage genügt die zivilrechtliche Wirksamkeit dieser Zusage nicht, um eine rückstellungsfähige Last anerkennen zu können. Die durch die Zusage erzeugte rechtliche Bindung allein bewirkt in diesen Fällen noch nicht, daß die Gesellschaft ernstlich mit einer Inanspruchnahme durch den Gesellschafter-Geschäftsführer rechnen muß. Für die Entscheidung der Frage, ob die erteilte Versorgungszusage "ernsthaft" im Sinne der Urteile I 11/58 S und I 4/59 S ist, ist das Gesamtbild maßgebend, das sich aus den vorliegenden Umständen ergibt. Diese Umstände sprechen gegen die Bejahung einer rückstellungsfähigen Last, die auf der dem Gesellschafter-Geschäftsführer H. erteilten Versorgungszusage beruht. Bei der Würdigung der Zusage kann die Tatsache nicht unbeachtet bleiben, daß das Handeln der GmbH in Angelegenheiten des sie beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers H. wesentlich durch dessen Willen bestimmt wird. In seinen persönlichen Angelegenheiten ist sein Interesse mit dem der Gesellschaft weitgehend identisch. Da er zu 80 v. H. an der GmbH beteiligt ist, braucht er auf entgegenstehende Interessen von Mitgesellschaftern wegen des Umfanges der ihm durch seine Beteiligung vermittelten Herrschaftsrechte keine Rücksicht zu nehmen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 4/59 S). Seine Stellung ist mit der eines anderen Gesellschafters nicht vergleichbar, dessen Anteilsbesitz es nicht ermöglicht, seinen Willen gegen den Willen anderer Gesellschafter durchzusetzen. Der Inhalt und die Dauer seines Dienstverhältnisses werden weitgehend durch ihn als Mehrheitsgesellschafter bestimmt. Da er die Gesellschaft - seinen Arbeitgeber - beherrscht, fehlt es an einem eigentlichen Dienstherrn, der wie bei einem normalen Dienstverhältnis verlangen würde, daß er in den Ruhestand tritt. Für ihn besteht, da er wirtschaftlich gesehen sein eigener Arbeitgeber ist, kaum ein vernünftiger Grund, seine Geschäftsführertätigkeit aufzugeben und die Bezüge als Geschäftsführer gegen die niedrigeren eines Pensionärs einzutauschen. Das verständliche Bestreben der Steuerpflichtigen, die Steuerlast zu erleichtern, führt zu der Erwägung, die Doppelbesteuerung innerhalb bestimmter Grenzen dadurch zu mindern, daß ein Dienstverhältnis mit vollen Bezügen der niedrigeren Pension vorgezogen wird. Der die Gesellschaft beherrschende Geschäftsführer wird deshalb, sofern keine anderen triftigen Gründe vorliegen, im Dienst der Gesellschaft tätig bleiben, selbst wenn er wegen Alters oder wegen Krankheit nicht mehr voll arbeitsfähig ist. Es müssen deshalb gewichtige Gesichtspunkte vorgebracht werden, um die oben dargestellte Erwägung zu entkräften und die Annahme zu begründen, der Gesellschafter-Geschäftsführer werde zu dem vorgesehenen Zeitpunkt oder im Fall der durch Krankheit bedingten erheblichen Beeinträchtigung seiner Arbeitskraft in den Ruhestand treten. Hierbei wird die Höhe der Beteiligung bedeutsam sein.

Der Bundesfinanzhof hat in neuerer Zeit keine Entscheidungen veröffentlicht, in denen eine rückstellungsfähige Last auf Grund einer Versorgungszusage an einen die Kapitalgesellschaft beherrschenden Gesellschafter anerkannt wurde. Dies ist jedoch darauf zurückzuführen, daß in den bisher entschiedenen Fällen keine Tatsachen vorgebracht werden konnten, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß rechtfertigten, die Kapitalgesellschaft werde aus der zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers erteilten Pensionszusage in Anspruch genommen. Hieraus kann nicht gefolgert werden, der Bundesfinanzhof werde eine rückstellungsfähige Last stets verneinen, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH oder einer sonst von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft eine Versorgungszusage erteilt wurde.

Die Auffassung des Bundesfinanzhofs führt nicht, wie die Steuerpflichtige annimmt, zu einem nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 845/58 unzulässigen Durchgriff auf die Person des die Kapitalgesellschaft beherrschenden Gesellschafters (vgl. allgemein zum Durchgriffsproblem Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Bearbeitung, § 103 II). In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind zivilrechtlich gültige und entsprechend der getroffenen Vereinbarung durchgeführte Dienstverträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und dem alleinigen oder herrschenden Gesellschafter stets anerkannt worden. Mit Rücksicht auf die enge Interessenverflechtung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist lediglich die Angemessenheit der auf Grund des Vertrages gewährten Dienstbezüge nachgeprüft worden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 11/58 S und I 88/60 U vom 13. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 68, Slg. Bd. 72 S. 182). Der Bundesfinanzhof hat die Versorgungsversprechen auch nicht für schlechthin unbeachtlich erklärt; er hat ausdrücklich ausgesprochen, daß nach Beendigung des Dienstverhältnisses auf Grund der Pensionszusage geleistete Bezüge im Rahmen des Angemessenen als Betriebsausgabe abzugsfähig seien, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer in den Ruhestand trete und im Zeitpunkt der Pensionszusage eine rückstellungsfähige Last nicht anerkannt worden sei. Im übrigen hat der Bundesfinanzhof auch die Rückstellung für die Pensionszusage zugunsten der Witwe des Gesellschafter-Geschäftsführers anerkannt.

Die Steuerpflichtige verkennt, daß die Frage, ob durch die Versorgungszusage eine rückstellungsfähige Last begründet wird, nicht allein von der zivilrechtlichen Gültigkeit des Versorgungsversprechens abhängt. Die Anerkennung einer rückstellungsfähigen Last ist dem Grunde nach davon abhängig, ob angesichts der Umstände des Einzelfalles ein hohes Maß von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die Gesellschaft künftig aus der Versorgungszusage in Anspruch genommen wird. Die Beurteilung der besonderen Verhältnisse bei Kapitalgesellschaften, die von einem Gesellschafter beherrscht werden, wird durch die im Steuerrecht geltende wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Nicht nur für die Auslegung von Steuergesetzen, sondern auch für die Würdigung steuerlich erheblicher Tatbestände ist kraft § 1 Abs. 2 und Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend. Hierauf bezieht sich die äußerung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 845/58) nicht. Die durch § 1 StAnpG als Generalklausel geregelte wirtschaftliche Betrachtungsweise findet ihren sinnfälligen Ausdruck in einer Reihe von steuerlichen Einzelvorschriften (vgl. dazu Wilser, Der Durchgriff bei Kapitalgesellschaften im Steuerrecht, S. 41 ff., 103 ff.; Serick, Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen, Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe, Heft 42, S. 6 ff.). Im einzelnen wird hierzu beispielhaft auf § 2 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG, § 3 GewStDV, § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG, § 17 UStDB, § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG, § 19 KStDV, § 9 KStG, § 1 Abs. 3 GrEStG, §§ 3, 4, 6 Abs. 1 Ziff. 4 KVStG - zur Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs. 1 KVStG Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 1961 2 BvL 1/59, BStBl 1961 I S. 716 -, §§ 5, 6, 12 StAnpG hingewiesen.

Im Streitfall sind keine Tatsachen ersichtlich, die ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit dafür begründen, der Gesellschafter-Geschäftsführer werde nach Vollendung des 65. Lebensjahres (dem für die versicherungsmathematische Berechnung der Rückstellungen angenommenen Lebensalter) aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Zutreffend verneinten daher die Vorinstanzen das Vorliegen einer rückstellungsfähigen Last. Das Finanzgericht weist mit Recht darauf hin, daß im Anstellungs- und Pensionsvertrag der Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafter-Geschäftsführers H. nicht bestimmt ist. § 2 des Vertrages regelt nur, daß und in welcher Höhe er nach dem Ausscheiden eine Pension erhalte. Auch der während des Einspruchsverfahrens gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1958 geschlossene, notariell beurkundete Vertrag vom 15. März 1960 begründet keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Pensionsfalles. Es braucht nicht geprüft zu werden, welche Bedeutung der Umstand hat, daß die notarielle Beurkundung des Vertrages erst nach der Entstehung des Steueranspruchs (ß 3 StAnpG) am 15. März 1960 vorgenommen worden ist. Der vertraglichen Verpflichtung des Gesellschafter-Geschäftsführers H. gegenüber seinem Sohn und der GmbH, er werde mit Vollendung des 65. Lebensjahres seine Geschäftsführertätigkeit aufgeben (sofern der Sohn der ihm auferlegten Pflicht, sich auszubilden, in hinreichendem Umfange nachgekommen ist), kann ein über die rein formalrechtliche Verpflichtung zu zukünftigem Verhalten hinausgehender ernsthafter Gehalt nicht zuerkannt werden. Selbst wenn man unterstellt, die GmbH - gesetzlich vertreten durch den allein vertretungsbefugten Gesellschafter-Geschäftsführer G. - könne sich trotz der §§ 6 Abs. 2 Satz 2, 45 Abs. 2, 46 Ziff. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) wirksam verpflichten, den Sohn an Stelle des Vaters zum Geschäftsführer zu bestellen, hat der Vater wegen der ihm durch seinen Anteilsbesitz vermittelten Stellung als Gesellschafter freie Hand. Die vertragliche Bindung, aus der Geschäftsführung auszuscheiden, kann er als Mehrheitsgesellschafter gegenüber der GmbH ohne sonderliche Schwierigkeiten lösen. Andererseits dürfte der Sohn auch mit Rücksicht auf familiäre und erbrechtliche Verhältnisse kaum Anlaß nehmen, das Ausscheiden des Vaters aus der Geschäftsführung auf Grund des Vertrages vom 15. März 1960 zu fordern. II. Rb. des Vorstehers des Finanzamts 1. Rückstellung für die Versorgungszusage zugunsten der Ehefrau

Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß hinsichtlich der Versorgungszusage zugunsten der Ehefrau des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers die Verneinung einer rückstellungsfähigen Last nicht auf den gleichen Erwägungen beruhen kann wie beim Ehemann. Der Versorgungsfall wird durch den Tod des Ehemanns ausgelöst, ist also nicht von ihrem Willen abhängig. Da die Interessenlage hier eine andere ist, wurde im Urteil des Bundesfinanzhofs I 1 und 2/61 U vom 13. Dezember 1961 (BStBl 1962 III S. 138) eine rückstellungsfähige Last für eine Versorgungszusage zugunsten der Ehefrau des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers anerkannt; an dieser Rechtsauffassung wird festgehalten. Dem Vorsteher des Finanzamts ist zuzugeben, daß es auch in derartigen Fällen zweifelhaft ist, ob die Ehefrau später von der Versorgungszusage Gebrauch machen wird, weil sie etwa nach dem Tode des Ehemanns zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt werden kann. Es ist jedoch hierbei zu beachten, daß die Ehefrau in diesen Fällen Witwenbezüge neben dem Entgelt für ihre Geschäftsführertätigkeit verlangen kann. Die Witwenbezüge haben ihre Begründung im Dienstverhältnis des verstorbenen Ehemanns zur Kapitalgesellschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs I 321/60 U vom 13. Dezember 1961, BStBl 1962 III S. 243); sie stehen in keinem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis der Ehefrau zur Kapitalgesellschaft. Die in dem genannten Urteil geforderte Voraussetzung, ein zivilrechtlich gültiges Versprechen zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugunsten der Ehefrau, ist im Streitfall erfüllt.

Auflösung der in früheren Veranlagungszeiträumen gebildeten Pensionsrückstellung

Der Vorinstanz ist im Ergebnis auch darin beizutreten, daß die Steuerpflichtige nicht gezwungen werden kann, die in früheren Veranlagungszeiträumen bis zum 31. Dezember 1957 gebildete Pensionsrückstellung wegen der Versorgungszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer H. entsprechend dem Erlaß des Niedersächsischen Ministers der Finanzen zum 31. Dezember 1959 in Höhe von 331/3 v. H. aufzulösen. Die Finanzverwaltung geht davon aus, daß die bis zum 31. Dezember 1957 gebildeten Pensionsrückstellungen entsprechend dem Grundsatz der allgemeinen Bilanzkontinuität (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 302/50 S vom 1. Dezember 1950, BStBl 1951 III S. 10, Slg. Bd. 55 S. 22; I 344/55 U vom 3. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 250, Slg. Bd. 65 S. 137; IV 185/58 U vom 25. August 1960, BStBl 1960 III S. 444, Slg. Bd. 71 S. 523) in die Anfangsbilanzen für die Veranlagungszeiträume 1958 und 1959 aufzunehmen seien. Sie ist aber der Ansicht, daß die Rückstellung in der Schlußbilanz aufzulösen sei, da eine rückstellungsfähige Last nicht bestehe und eine Wertfortführung das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes voraussetze. Das Finanzamt ist an die Sachbehandlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht ohne weiteres gebunden (vgl. außer den vom Finanzgericht genannten Entscheidungen Urteil des Bundesfinanzhofs I 141/60 U vom 17. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 130, Slg. Bd. 72 S. 347). Das Finanzamt muß das Einkommen der Steuerpflichtigen bei der Körperschaftsteuerveranlagung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ermitteln und hierbei prüfen, ob die in der Bilanz zum 31. Dezember 1959 ausgewiesenen Posten dem Grunde und der Höhe nach berechtigt sind (ß 204 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Rückstellung wegen der dem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilten Versorgungszusage hätte nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht gebildet werden dürfen. Es muß aber beachtet werden, daß sie nach der bisher herrschenden Rechtsauffassung als zulässig angesehen wurde. Auch in der neuen Rechtsprechung des Senats ist dem Versorgungsversprechen zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht jede Bedeutung abgesprochen worden; nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 11/58 S können, wenn eine rückstellungsfähige Last verneint wurde, die GmbH später jedoch Pension an den Gesellschafter-Geschäftsführer leistet, die Zahlungen im Jahr der Verausgabung als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Es kann auch nicht unbeachtet bleiben, daß die früher zugelassene Bildung von Rückstellungen sich auf die Höhe des dem Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Gehalts ausgewirkt hat. Die früher anerkannte Rückstellungsfähigkeit war ein wesentlicher Faktor bei der Bemessung der Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers im Rahmen des steuerlich Angemessenen. Die Steuerpflichtigen hätten den Gesellschafter-Geschäftsführern höhere laufende Bezüge zahlen können, um diese in die Lage zu versetzen, selbst für eine Altersversorgung zu sorgen, wenn sie mit der späteren Verneinung der Rückstellungsfähigkeit und der Auflösung der gebildeten Rückstellungen hätten rechnen müssen. Es können deshalb nicht die allgemeinen Grundsätze hinsichtlich der Streichung von fehlerhaften Ansätzen in früheren Bilanzen, die rechtskräftigen Veranlagungen zugrunde liegen, angewendet werden. Die Steuerpflichtigen durften nach der früher herrschenden Rechtsauffassung darauf vertrauen, daß ihnen die Rückstellung erhalten bleiben und nicht - wegen der änderung der rechtlichen Beurteilung der Versorgungszusagen an herrschende Gesellschafter-Geschäftsführer - gewinnerhöhend aufgelöst werde. Es ist hier der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Durch die Auflösung entsteht gegebenenfalls ein sehr hoher Buchgewinn, der in Wirklichkeit im Veranlagungszeitraum 1959 nicht erzielt wurde (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs I A 419/31 vom 28. Juni 1932, RStBl 1933 S. 1030). Man könnte deshalb wohl auch handelsrechtliche Bedenken gegen die Auflösung geltend machen. Steuerliche Bestimmungen stehen der Auflösung der Rückstellung nicht entgegen (ß 6 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 EStG 1958). Unter Würdigung aller Gesichtspunkte kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß die Auflösung der Rückstellung erst gefordert werden kann, wenn die Voraussetzungen (Altersgrenze, Invalidität) erfüllt sind, unter denen sie gebildet worden ist.

Die versicherungsmathematisch errechneten Zuführungen für 1958 und 1959 wegen der zugunsten der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers erteilten Versorgungszusage sind in voller Höhe zuzulassen. Bei der bisherigen Behandlung wurde eine einheitliche Rückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer und seine Ehefrau gebildet. Die änderung der Auffassung hinsichtlich der Rückstellung fordert die Aufteilung. Der auf die Ehefrau entfallende Teil muß ausgeschieden und selbständig fortgeführt werden.

Angesichts der hier vertretenen Rechtsauffassung ist es nicht erforderlich, zu Abschnitt I des Erlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 10. August 1961, BStBl 1961 II S. 134, Stellung zu nehmen. Die durch diesen Erlaß aufgeworfenen Probleme sind nicht Gegenstand der vorliegenden Rbn.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410502

BStBl III 1962, 399

BFHE 1963, 366

BFHE 75, 366

DB 1962, 1129

DStR 1962/63, 27

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