Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindlichkeiten aus einer Bürgschaftszusage und einer Grundschuld als (Sonder-)Betriebsvermögen einer OHG?

 

Leitsatz (NV)

Stellt der Gesellschafter einer OHG Sicherheiten für Bankschulden einer Genossenschaft, an der die OHG beteiligt ist, so gehören die Verbindlichkeiten aus den gewährten Sicherheiten nicht zu seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen bei der OHG.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29.05.1984; Aktenzeichen 2 K 85/84)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 25.04.1991; Aktenzeichen 2 BvR 1549/90)

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 ist die Rechtsnachfolgerin des verstorbenen A. Z. A. Z. und die Klägerin zu 2 waren Gesellschafter einer Personengesellschaft, die im Streitjahr 1974 in der Rechtsform einer OHG betrieben wurde.

Bis einschließlich 1966 wurde das Unternehmen vom Vater der Klägerin zu 2 (V.) als Einzelunternehmen geführt. 1967 wurde es in eine Personengesellschaft umgewandelt, an der neben V. dessen Kinder A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 beteiligt waren. Nach dem Ausscheiden des V. im Jahre 1968 waren an der OHG A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 zu je 1/3 beteiligt. B. Z. ist mit Wirkung zum 1. Januar 1974 aus der OHG ausgeschieden.

Die OHG hatte ihr Hauptgeschäft bis zur Aufgabe dieser Betriebsstätte im September 1973 auf einem Grundstück in X. Weitere Betriebsstätten unterhielt sie in . . . Eigentümer des Grundstücks in X. waren A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 zu je 1/3. Soweit das Grundstück für den Betrieb des Handelsgeschäfts genutzt wurde, gehörte es zum Betriebsvermögen der OHG (Sonderbetriebsvermögen). Im übrigen erzielte die Grundstücksgemeinschaft damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die sie als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelte.

Die OHG war Mitglied einer eingetragenen Genossenschaft (eG). Geschäftszweck der eG war die Vermittlung und Finanzierung des Wareneinkaufs der Genossen bei Fabrikanten und Großhändlern. Die eG faßte die Bestellungen der Genossen zu Sammelbestellungen zusammen, um günstigere Preise bei den Lieferanten zu erhalten. Die Bezahlung wurde im Wege der sog. Zentralregulierung abgewickelt. Die eG verpflichtete sich gegenüber den Lieferanten, die von den Genossen bestellten Waren zu bezahlen. Die Genossen hatten die von der eG vorfinanzierten Beträge zu begleichen, wobei die eG ihnen zum Teil erhebliche Kredite einräumte.

Mitglieder der Familie Z. hatten maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung der eG. Seit Ende der 60iger Jahre war B. Z. Vorstandsmitglied der eG, nachdem zuvor schon sein Vater diese Position innehatte.

Die eG steigerte unter der Geschäftsführung des A. Z. ihren Umsatz von rd. . . . DM im Jahre 1970 auf rd. . . . DM im Jahre 1973. Diese Expansion führte zu Liquiditätsschwierigkeiten der eG. Die Hausbank der eG (B-Bank) verlangte deshalb eine Rückführung der Kredite.

In der Bilanz der OHG auf den 31. Dezember 1971 waren neben einer Darlehensverbindlichkeit in Höhe von . . . DM Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der eG in Höhe von insgesamt . . . DM ausgewiesen.

Im Jahre 1972 reduzierte die OHG ihre Verbindlichkeiten bei der eG. Diese beliefen sich ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 1972 noch auf Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von . . . DM sowie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von . . . DM.

Die OHG beschaffte sich die für die Tilgung der Verbindlichkeiten erforderlichen Mittel durch eine Einlage ihrer Gesellschafter in Höhe von . . . DM. Diese hatten in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer des Grundstücks in X. ein Hypothekendarlehen bei der H-Bank in Höhe von . . . DM aufgenommen.

Am 19. Oktober 1972 bestellten A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 - im Range nach der Hypothek über . . . DM und nach einer weiteren Eigentümergrundschuld über . . . DM - eine Eigentümergrundschuld an dem Grundstück in X. über . . . DM. Diese und die Grundschuld über . . . DM traten sie am 19. Oktober 1972 an die B-Bank ab. In einer schriftlichen Zweckbestimmungserklärung erkannten sie an, daß diese Grundschulden zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche dienen sollten, die der B-Bank gegenüber der eG zustanden.

Nach dem Vortrag der Klägerinnen übernahmen A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 über die Abtretung der Grundschulden hinaus zugleich die persönliche Haftung für den Betrag von . . . DM durch eine Bürgschaft.

Nach einer weiteren Reduzierung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der eG beliefen sich diese nach der Bilanz der OHG auf den 31. Dezember 1973 noch auf . . . DM (Darlehen) und . . . DM (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen).

Da die Liquidität der eG weiterhin unbefriedigend war, drängte die B-Bank im März 1974 auf Reduzierung des gewährten Kredits. Zu diesem Zeitpunkt hatte die eG bei der B-Bank Schulden in Höhe von ca. . . . DM.

Eine Sanierung der eG gelang nicht mehr. Mit Schreiben vom 2. September 1974 teilte B. Z. den Genossen der eG mit, die eG sei praktisch zahlungsunfähig.

Am 9. September beantragte die eG den gerichtlichen Vergleich. Am 13. November 1974 wurde das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Im November 1974 vereinbarten A. Z. und B. Z., daß B. Z. mit Wirkung zum 1. Januar 1974 im Wege der Realteilung aus der OHG ausscheiden solle.

Das Grundstück in X. wurde im März 1976 zum Preis von . . . DM verkauft. Die Käuferin übernahm unter Anrechnung auf den Kaufpreis die Verbindlichkeiten gegenüber der H-Bank und einen Teilbetrag aus der Grundschuldverpflichtung gegenüber der B-Bank. Den Restkaufpreis sollte die B-Bank zur teilweisen Befriedigung ihrer Forderungen gegen A. Z., B. Z. und die Klägerin zu 2 erhalten.

Die OHG endete mit dem Ausscheiden der Klägerin zu 2 zum 1. Januar 1977.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung erließ das FA geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1974, 1975 und 1976.

Der Einspruch, mit dem die Klägerinnen erstmals begehrten, den Verlust, der ihnen aus der Verwertung der Sicherheiten durch die B-Bank entstanden sei, durch die Bildung eines Passivpostens in der Bilanz des Streitjahres 1974 zu berücksichtigen, hatte keinen Erfolg.

Die Klägerinnen haben gegen die Einspruchsentscheidung des FA Klage erhoben, mit der sie geltend gemacht haben, die finanzielle Lage der eG sei schon zum 1. Januar 1974 so schlecht gewesen, daß sie der B-Bank keine Sicherheiten für die gewährten Kredite habe anbieten können. Die B-Bank sei deshalb auch nicht bereit gewesen, die von den Gesellschaftern der OHG zur Verfügung gestellten Sicherheiten anläßlich des Ausscheidens des A. Z. aus der OHG freizugeben. Der im Jahre 1976 eingetretene Verlust sei bereits am Bilanzstichtag des Streitjahres wirtschaftlich verursacht gewesen. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der eG hätten die Gesellschafter der OHG nicht mehr damit rechnen können, daß die eG ihre Kredite bei der B-Bank zurückzahlen würde. Sie hätten deshalb zu diesem Zeitpunkt ernstlich mit ihrer Inanspruchnahme aus den Grundschulden und Bürgschaften rechnen müssen. Der Gewinn 1974 sei deshalb um den Betrag von . . . DM niedriger festzusetzen. Dieser Betrag setze sich zusammen aus dem an die eG überwiesenen Restkaufpreis zuzüglich einer Überweisung von . . . DM durch den Zwangsverwalter des Grundstücks in X an die Grundpfandgläubiger und von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bürgschaftsverpflichtung. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Ein Passivposten für die zu erwartende Inanspruchnahme der Gesellschafter der OHG aus den gewährten Sicherheiten könne in der Bilanz auf den 31. Dezember 1974 nicht gebildet werden, da die Hingabe dieser Sicherheiten für Verbindlichkeiten der eG nicht betrieblich veranlaßt gewesen sei. Die vom FG festgestellten tatsächlichen Umstände sprächen dafür, daß die Sicherheiten nicht durch den Betrieb der OHG, sondern durch die Tätigkeit des B. Z. als Vorstand der eG veranlaßt gewesen sei.

Diese Tätigkeit habe zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geführt. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Sicherheitsleistung seien deshalb, soweit sie von B. Z. getragen worden seien, möglicherweise bei diesem im Jahr des Abflusses Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Soweit es um die Aufwendungen des A. Z. und der Klägerin zu 2 gehe, sei der Einsatz ihres Vermögens für die Tätigkeit des B. Z. nur aus den verwandtschaftlichen Beziehungen zu erklären und somit privat veranlaßt.

Mit ihrer Revision rügen die Klägerinnen die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Entgegen der Ansicht des FG sei die Hingabe der Sicherheiten für die Verbindlichkeiten der eG ausschließlich betrieblich veranlaßt. Das ergebe sich aus den gesamten Umständen des Streitfalls, wie sie vom FG festgestellt worden seien. Die Beweiswürdigung des FG, die zu einem anderen Ergebnis geführt habe, verstoße gegen die Denkgesetze, gegen allgemeine Erfahrungssätze und gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Senat läßt offen, ob die vom FG festgestellten Tatsachen dessen Schlußfolgerung rechtfertigen können, die Abtretung der Grundschulden an die B-Bank und die Übernahme der Bürgschaften seien in erster Linie durch die Absicht veranlaßt, dem B. Z. seine Einkünfte aus der Tätigkeit als geschäftsführender Vorstand der eG zu erhalten. Die Klägerinnen haben hierzu vorgetragen, diese Annahme verstoße angesichts des Mißverhältnisses zwischen den vergleichsweise geringen Bezügen des B. Z. bei der eG und der Höhe der von den Gesellschaftern eingegangenen Verbindlichkeiten aus den gewährten Grundschulden und Bürgschaften gegen die Lebenserfahrung. Der Senat braucht nicht auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Revisionsrügen einzugehen, da sich die Vorentscheidung aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als richtig erweist.

2. Das FG hat die am Bilanzstichtag drohende Inanspruchnahme der Gesellschafter der OHG aus den Grundschulden und den Bürgschaften bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG im Ergebnis zu Recht nicht gewinnmindernd berücksichtigt. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für eine Berichtigung der im Juli 1976 aufgestellten Bilanz auf den 31. Dezember 1974, in der ein Passivposten für diese Verbindlichkeiten nicht gebildet worden ist, liegen nicht vor. Die Bilanz war insoweit nicht fehlerhaft.

a) Betrieblich veranlaßte Verbindlichkeiten sind nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu passivieren. Dies gilt jedoch nicht bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen, weil dem Bürgen ein Rückgriffsanspruch gegen den Hauptschuldner zusteht. Die Bürgschaftsverpflichtung ist erst dann zu passivieren, wenn eine Inanspruchnahme des Bürgen droht (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. März 1975 I R 173/73, BFHE 115, 359, BStBl II 1975, 614; vom 10. April 1987 III R 274/83, BFH/NV 1988, 22; vom 19. Januar 1989 IV R 2/87, BFHE 155, 491, BStBl II 1989, 393). Dies führt nur insoweit zu einer Gewinnminderung, als der zu aktivierende Rückgriffsanspruch gegen den Hauptschuldner wegen Wertminderung abzuschreiben ist. Eine Inanspruchnahme des Bürgen droht jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, daß sich der Gläubiger wegen Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners an den Bürgen wenden wird.

Grundpfandrechte sind in der Bilanz im allgemeinen nicht auszuweisen; zu passivieren ist in der Regel nur die durch das Grundpfandrecht gesicherte Darlehensverbindlichkeit. Die dingliche Last tritt jedoch in Erscheinung, wenn durch die Grundschuld der Anspruch des Gläubigers gegen einen Dritten gesichert werden soll und daher in der Bilanz des Eigentümers des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks keine schuldrechtliche Verpflichtung ausgewiesen ist (Mathiak in Festschrift für Döllerer, 1988, 397, 404). Steht zu erwarten, daß der Dritte seine Schulden nicht begleichen kann, so ist (bei betrieblicher Veranlassung der gewährten Sicherheit) in Höhe der zu erwartenden Inanspruchnahme aus der Grundschuld eine Rückstellung für eine ungewisse (dingliche) Verpflichtung (§ 1191 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) in der Bilanz auszuweisen (BFH-Urteil vom 26. Januar 1989 IV R 86/87, BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456). Dadurch tritt eine Gewinnminderung ein, wenn ein etwaiger Rückgriffsanspruch gegen den Darlehensschuldner wertlos ist.

b) Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen des FG gehörte das Grundstück in X, an dem die Grundschulden zugunsten der B-Bank bestellt worden waren, nicht zum Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) der OHG, sondern zum Vermögen der Gesellschafter A. Z., B. Z. und der Klägerin zu 2. Die im Streitjahr zu erwartende Inanspruchnahme aus den Grundschulden kann deshalb nicht durch den Ansatz eines Passivpostens in der Bilanz der OHG berücksichtigt werden. Das gilt auch für die zu erwartende Inanspruchnahme aus den Bürgschaften. Denn nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist davon auszugehen, daß sich nicht die OHG, sondern ihre Gesellschafter persönlich für die Verbindlichkeiten der eG verbürgt haben.

c) Die Verbindlichkeiten aus den hingegebenen Sicherheiten können bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der OHG auch nicht als (passives) Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter gewinnmindernd berücksichtigt werden.

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. Urteile vom 24. September 1976 I R 149/74, BFHE 120, 208, BStBl II 1977, 69; vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; vom 12. November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55; vom 6. Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838; zum Bewertungsrecht vgl. Urteile vom 7. Dezember 1984 III R 35/79, BFHE 143, 87, BStBl II 1985, 236 und III R 91/81, BFHE 143, 93, BStBl II 1985, 241) sind Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören, dem Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen, wenn sie entweder in einem gewissen Zusammenhang mit dem Betrieb der Personengesellschaft stehen (Sonderbetriebsvermögen I) oder in gewisser Weise der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II).

Zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen I gehören alle Wirtschaftsgüter oder Anteile an Wirtschaftsgütern, die dem Betrieb der Gesellschaft unmittelbar dienen, und zwar dergestalt, daß sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Personengesellschaft selbst bestimmt sind; Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II, wenn sie unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft eingesetzt werden (vgl. Urteil des Senats vom 31. Oktober 1989 VIII R 374/83, BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677, m. w. N.; vgl. ferner Woerner in Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1989/90, 207, 222).

Zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen können Wirtschaftsgüter gehören, die weder notwendiges Sonderbetriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen sind und die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb der Personengesellschaft oder die Beteiligung des Mitunternehmers zu fördern (vgl. die Nachweise bei L. Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 15 Anm. 80 und bei Söffing in Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. 353 ff.).

bb) Soweit die streitigen Verbindlichkeiten auf den Gesellschafter B. Z. entfallen, scheidet ihre Berücksichtigung als passives Sonderbetriebsvermögen schon deshalb aus, weil B. Z. am maßgeblichen Bilanzstichtag (31. Dezember 1974) nicht mehr Mitunternehmer der OHG war. Als Sonderbetriebsvermögen kommen nur solche Wirtschaftsgüter oder Anteile an Wirtschaftsgütern in Betracht, die einem Mitunternehmer zuzurechnen sind (vgl. Söffing, a. a. O., § 15 Anm. 346; L. Schmidt, a. a. O., § 15 Anm. 78).

cc) Soweit die Verbindlichkeiten aus den Grundschulden und Bürgschaften A. Z. und der Klägerin zu 2 zuzurechnen sind, können sie nicht zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen gehören, weil sie nicht in einem zeitnahen Akt dem Sonderbetriebsvermögen zugeordnet wurden (vgl. BFH-Urteile vom 5. Februar 1970 IV 186/64, BFHE 99, 26, BStBl II 1970, 492; BFHE 120, 208, BStBl II 1977, 69). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Grundpfandrechte und risikobehaftete Bürgschaften überhaupt zum Betriebsvermögen gewillkürt werden können.

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerinnen liegen auch die Voraussetzungen für die Annahme von notwendigem Sonderbetriebsvermögen nicht vor.

Verbindlichkeiten, die ein Mitunternehmer gegenüber einem Dritten eingeht, stehen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb der Personengesellschaft und sind deshalb notwendiges passives Sonderbetriebsvermögen, wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern des aktiven Sonderbetriebsvermögens oder mit Schulden der Personengesellschaft stehen (L. Schmidt, a. a. O., § 15 Anm. 79 e). Ein rechtlicher Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern des aktiven Sonderbetriebsvermögens reicht nicht aus (Heinicke in L. Schmidt, a. a. O., § 4 Anm. 42).

Entgegen der Ansicht der Revision ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Verbindlichkeiten aus den Grundschulden mit dem aktiven Sonderbetriebsvermögen nicht deshalb gegeben, weil das Grundstück in X im Zeitpunkt der Bestellung und Abtretung der Grundschulden an die B-Bank teilweise zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen der OHG gehörte. Die Grundschuld ist nicht für Zwecke des Grundstücks in X bestellt worden, etwa zur baulichen Verbesserung oder Umgestaltung der dort befindlichen Betriebsräume. Eine Verbindlichkeit wird nicht deshalb zum (Sonder-)Betriebsvermögen, weil zu ihrer Sicherung ein betrieblich genutztes Grundstück belastet wird (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1980 I R 61/79, BFHE 133, 25, BStBl II 1981, 461).

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht auch nicht zwischen den Geschäftsanteilen des A. Z. und der Klägerin zu 2 an der eG und den gegenüber der B-Bank eingegangenen Verpflichtungen. Die Klägerinnen behaupten selbst nicht, daß die Grundschulden bestellt worden seien, um die Geschäftsanteile an der eG zu erhalten.

Nach der Rechtsprechung des BFH können auch Aufwendungen eines Mitunternehmers aus einer Bürgschaftszusage für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft Sonderbetriebsausgaben darstellen, sofern der Gesellschafter keinen Ausgleich von der Gesellschaft erlangen kann (Urteil in BFHE 155, 491, BStBl II 1989, 393; vgl. ferner das BFH-Urteil vom 21. Juni 1989 X R 14/88, BFHE 157, 382, BStBl II 1989, 881). Entsprechendes gilt, wenn der Mitunternehmer aus einer Grundschuld in Anspruch genommen wird, die er einem Dritten zur Sicherung von Schulden der Personengesellschaft abgetreten hat. Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, daß sich A. Z. und die Klägerin zu 2 nicht für Verbindlichkeiten der OHG verbürgt und auch die Grundschulden nicht zur Sicherung von Schulden der OHG an die B-Bank abgetreten haben. Vielmehr haben sie diese Sicherheiten für die Verbindlichkeiten eines Dritten - der eG - bereitgestellt. Der abweichende Tatsachenvortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren steht in Widerspruch zu dem Inhalt der schriftlichen Zweckbestimmungserklärung vom 19. Oktober 1972, die durch Bezugnahme Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen des finanzgerichtlichen Urteils geworden ist. Aus dieser Erklärung ergibt sich, daß die abgetretenen Grundschulden in Höhe von insgesamt . . . DM zur Sicherung aller Forderungen und Ansprüche dienen sollten, die der B-Bank gegen die eG zustanden. Die Sicherheiten dienten somit in erster Linie dem Zweck, die Liquidität der eG zu stärken und damit einen Beitrag zur Erhaltung ihrer wirtschaftlichen Existenz zu leisten. Daß dadurch zugleich der OHG die günstigen Geschäftsbeziehungen zur eG erhalten werden sollten, reicht für die Annahme notwendigen Sonderbetriebsvermögens nicht aus. Es fehlt insoweit an dem erforderlichen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern des aktiven Sonderbetriebsvermögens oder mit Verbindlichkeiten der OHG.

Die Revision wendet zu Unrecht ein, im Streitfall sei eine andere Beurteilung deshalb geboten, weil wirtschaftlich nicht zwischen der Förderung der betrieblichen Zwecke der Personengesellschaft und der Förderung einer Genossenschaft, an der die Personengesellschaft beteiligt sei, unterschieden werden könne.

Es ist allerdings richtig, daß zwischen einer Genossenschaft und ihren Mitgliedern enge geschäftliche Beziehungen bestehen. Genossenschaften sind - wirtschaftlich gesehen - keine selbständigen Unternehmen und verfolgen keine eigenen wirtschaftlichen Zwecke (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1988 II R 238/81, BFHE 153, 234, 237, BStBl II 1988, 753). Ihre Aufgabe ist, wie sich aus § 1 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ergibt, die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs. Die Rechtsprechung hat deshalb die Darlehensforderung eines Genossen gegen seine Genossenschaft als notwendiges Betriebsvermögen angesehen, wenn die Darlehenshingabe betrieblich veranlaßt war (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs vom 10. Februar 1938 III 219/37, RStBl 1938, 325, und des BFH vom 3. August 1977 I R 41/76, BFHE 123, 330, BStBl II 1978, 53). Die zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern bestehende Interessengleichheit rechtfertigt es jedoch nicht, weitergehend auch solche Wirtschaftsgüter dem notwendigen (Sonder-)Betriebsvermögen zuzurechnen, die der Gesellschafter einer an der Genossenschaft beteiligten Personengesellschaft jener für ihre betrieblichen Zwecke überlassen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine Genossenschaft rechtlich ein selbständiges Unternehmen ist, das die wirtschaftlichen Ziele aller ihrer Mitglieder zu fördern hat. Ein Darlehen, das der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft einer Genossenschaft gewährt, fördert den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb der Genossenschaft. Entsprechendes muß gelten, wenn der Gesellschafter nicht selbst als Darlehensgeber auftritt, sondern durch die Bereitstellung von Sicherheiten die Kreditgewährung an die Genossenschaft durch eine Bank ermöglicht. Zwar werden durch die Stärkung der Liquidität der Genossenschaft (mittelbar) zugleich die Betriebe aller Genossen (hier also auch der der OHG) gefördert. Das reicht jedoch für die Annahme notwendigen Sonderbetriebsvermögens nicht aus (vgl. hierzu auch das zum Sonderbetriebsvermögen einer Besitzpersonengesellschaft ergangene Urteil des BFH vom 23. Januar 1980 I R 33/77, BFHE 130, 173, BStBl II 1980, 356).

Der BFH hat es allerdings für die Zugehörigkeit der Darlehensforderung eines Genossen (Einzelhändlers) gegen seine Genossenschaft zum Betriebsvermögen als unerheblich angesehen, daß die Vorteile aus der Darlehensgewährung auch anderen Genossen zugute kommen (Urteil in BFHE 123, 330, BStBl II 1978, 53). Die Revision meint, die Grundsätze dieser Entscheidung müßten in gleicher Weise Anwendung finden, wenn nicht der Inhaber eines Einzelunternehmens, sondern der Gesellschafter einer Personengesellschaft der Genossenschaft liquide Mittel zuführt. Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft steht dem Einzelunternehmer nicht in jeder Beziehung gleich. Zwar ist es richtig, daß der Gesetzgeber durch die Einbeziehung der Sondervergütungen und des Sonderbetriebsvermögens bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) den Gesellschafter einer Personengesellschaft dem Einzelunternehmer weitgehend angenähert hat. Aus dieser Vorschrift kann jedoch kein Rechtssatz des Inhalts abgeleitet werden, daß der Mitunternehmer dem Einzelunternehmer in jeder Beziehung gleichzustellen sei (BFH-Urteil vom 21. Dezember 1972 IV R 53/72, BFHE 107, 564, 573, BStBl II 1973, 298). Der Mitunternehmer betreibt im Rahmen seiner Beteiligung an der Personengesellschaft keinen selbständigen Gewerbebetrieb nach Art eines Alleinunternehmers. Daraus folgt, daß nur solche Wirtschaftsgüter dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen I zugerechnet werden können, die dem Betrieb der Gesellschaft selbst unmittelbar zu dienen bestimmt sind (vgl. auch Woerner in StbJb 1989/90, 207, 221).

Auch bewertungsrechtlich werden Wirtschaftsgüter des Gesellschafters nur dann dem gewerblichen Betriebsvermögen der Gesellschaft zugeordnet, wenn sie in einem engen Sachzusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft stehen. Ausgehend von § 95 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes wird hier gefordert, daß die im Eigentum des Gesellschafters stehenden Wirtschaftsgüter dem Betrieb der Personengesellschaft als Hauptzweck dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 28. Juni 1989 II R 242/83, BFHE 157, 443, BStBl II 1989, 824 m. w. N.). Das ist dann der Fall, wenn sie überwiegend, d. h. zu mehr als 50 v. H., dem Gewerbebetrieb der Personengesellschaft dienen (BFH-Urteil vom 21. März 1978 III R 32/76, BFHE 125, 286, BStBl II 1978, 518; BFHE 143, 93, BStBl II 1985, 241). Auch nach diesen Kriterien können die streitigen Verbindlichkeiten nicht als passives Sonderbetriebsvermögen berücksichtigt werden. Auch wenn davon auszugehen ist, daß die OHG in erheblichem Umfang von den günstigen Einkaufsmöglichkeiten der eG und den Vorteilen der Zentralregulierung Gebrauch gemacht hat, folgt daraus nicht, daß die Gewährung von Sicherheiten für Verbindlichkeiten der eG überwiegend dem Betrieb der OHG diente. Der eG gehörten neben der OHG zahlreiche andere Genossen an, die die Vorteile des von der eG eingeräumten Kredits beim Bezug von Waren nutzten. Das ergibt sich schon daraus, daß die Schulden der eG gegenüber der B-Bank sich nach den Feststellungen des FG Anfang 1974 auf mehr als . . . DM beliefen, während die Verbindlichkeiten der OHG gegenüber der eG Ende 1973 nur noch einen Stand von ca. . . . DM (ca. 4 v. H. der Schulden der eG) hatten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417253

BFH/NV 1991, 588

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