Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilanzierung unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Darlehen an Betriebsangehörige; Teilwertabschreibung auf Kreditforderungen eines Kreditinstituts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter mündlich abgeschlossene Vereinbarung kann trotz vereinbarter Schriftform zivilrechtlich wirksam sein, wenn davon auszugehen ist, daß die Vertragsparteien die Bindung an die Schriftformklausel aufheben wollten.

2. Eine zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter mündlich abgeschlossene Vereinbarung ist im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung klar, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, daß die Leistung der Gesellschaft auf Grund einer entgeltlichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht wurde.

3. Eine mündlich abgeschlossene Vereinbarung über monatlich wiederkehrende Leistungen kann auf Grund ihrer tatsächlichen Durchführung als klar angesehen werden.

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2, § 27 Abs. 3 S. 2; BGB § 125 S. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die die Herstellung und den Vertrieb von Sondermaschinen und Werkzeugen und die Beteiligung an in- und ausländischen Firmen gleicher Art betreibt. In den Streitjahren 1981 bis 1984 waren die Gesellschafter A und B mit Geschäftsanteilen von 90 v.H. bzw. 10 v.H. an der Klägerin beteiligt. Beide Gesellschafter waren zugleich Geschäftsführer der Klägerin. In Anstellungsverträgen vom 1.Juli 1980 waren für beide Geschäftsführer 13 Monatsgehälter a 4 000 DM vereinbart. Änderungen und Ergänzungen sollten nach § 13 der Verträge "zur Rechtswirksamkeit" der Schriftform bedürfen.

Tatsächlich wurden die Gehälter der Geschäftsführer in den Streitjahren ohne schriftliche Vereinbarung "erhöht". Die erhöhten Gehälter wurden monatlich bei Fälligkeit ausbezahlt. Alle übrigen Konsequenzen aus den erhöhten Gehaltszahlungen (Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen) wurden zeitnah gezogen. Außerdem schloß die Klägerin Direktversicherungen zu Gunsten der Geschäftsführer ab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah hierin verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1977) und andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977.

Gegen die geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide 1981 bis 1984 vom 14. bzw. 15.November 1985 legte die Klägerin erfolglos Einsprüche und anschließend zwei Klagen ein, die das Finanzgericht (FG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verband. Es gab den Klagen statt.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat zutreffenderweise für den Streitfall eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 verneint. Es fehlt an einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Vermögensminderung.

a) Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.Februar 1989 I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631). Bei einem beherrschenden Gesellschafter kann die Vermögensminderung auch in einem Entgelt bestehen, das die Gesellschaft an den Gesellschafter zahlt bzw. zu zahlen hat, obwohl es hierfür an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 24.Mai 1989 I R 90/85, BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800).

b) Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß die Klägerin ihren Gesellschafter-Geschäftsführern ab dem Jahre 1981 auf Grund mündlicher Vereinbarungen höhere Gehälter zahlte als in den schriftlichen Anstellungsverträgen vom 1.Juli 1980 vereinbart. In den genannten Anstellungsverträgen war jeweils in § 13 vorgesehen, daß Änderungen "zur Rechtswirksamkeit" der Schriftform bedürfen. Entgegen der Auffassung des FA folgt aus diesen Feststellungen nicht, daß die mündlichen Vereinbarungen höherer Gehälter zivilrechtlich unwirksam waren. Dies beruht auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 125 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach bestimmen die Vertragsparteien, ob die Einhaltung der Schriftform Gültigkeitsvoraussetzung für den geänderten Vertrag sein soll (*= konstitutive Schriftform) oder ob der Inhalt des Vertrages lediglich zu Beweiszwecken (*= deklaratorische Schriftform) schriftlich niedergelegt werden soll (vgl. BGH-Urteil vom 18.März 1964 VIII ZR 281/62, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1964, 1269). Unterbleibt die nur zur Beweiszwecken vereinbarte schriftliche Fixierung einer Vertragsänderung, so hat dies keinen Einfluß auf die Wirksamkeit des geänderten Vertrages (vgl. BGH-Urteil vom 7.November 1962 V ZR 120/60, Betriebs-Berater --BB-- 1963, 285). Außerdem kann der vereinbarte Formzwang von den Vertragsparteien jederzeit aufgehoben werden (vgl. BGH-Urteil vom 29.November 1973 VII ZR 205/71, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1974, 105). Dies wird damit begründet, daß die Bindung an eine im Gesetz nicht vorgesehene Schriftform nur solange bestehen kann, als die Vertragsparteien nicht einen anderen Willen haben und erkennen lassen. So wie die Einigung über die Schriftform nicht formbedürftig ist, ist auch die Aufhebung der Schriftformklausel formfrei möglich. Dies gilt selbst dann, wenn die Vertragsparteien an das Schriftformerfordernis nicht gedacht haben (vgl. BGH-Urteile vom 2.März 1978 III ZR 99/76, BGHZ 71, 162 ff.; vom 22.April 1982 III ZR 122/80, WM 1982, 902). Im Ergebnis steht damit der in den Verträgen vom 1.Juli 1980 vereinbarte Formzwang der zivilrechtlichen Wirksamkeit der mündlich vereinbarten Gehaltserhöhungen nicht entgegen. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht eine entsprechende mündliche Vereinbarung festgestellt. Dann aber ist davon auszugehen, daß die Vertragsschließenden deren zivilrechtliche Wirksamkeit unbeschadet des vereinbarten Formzwanges wollten. § 125 Satz 2 BGB läuft insoweit leer (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 48.Aufl., § 125 Anm.4 c; Fischer, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 5.Februar 1968 II ZR 85/67 in Lindenmaier-Möhring - Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs --LM-- § 125 Nr.28 BGB). Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Gehaltserhöhung ist auch bei der Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu berücksichtigen.

c) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG spricht entgegen dessen Auffassung das Fehlen einer schriftlichen Änderungsvereinbarung nicht notwendigerweise gegen die Annahme einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung. Eine Vereinbarung ist im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil in BFHE 157, 168, BStBl II 1989, 800, m.w.N.) dann klar und von vornherein vereinbart, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, daß die Leistung der Gesellschaft auf Grund einer entgeltlichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht wurde. Dazu ist der Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung nicht erforderlich, auch wenn im Falle einer nur mündlich getroffenen Vereinbarung der Nachteil, daß etwas nicht nachgewiesen werden kann, zu Lasten dessen geht, der sich auf das mündlich Vereinbarte beruft. Im Streitfall hat jedoch das FG die Existenz der von vornherein abgeschlossenen mündlichen Vereinbarungen aus den monatlichen Zahlungen und Verbuchungen der erhöhten Gehälter sowie aus der Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen von den erhöhten Gehältern gefolgert. Es hat die mündlich abgeschlossenen Vereinbarungen auf Grund der im Sinne von Dauerschuldverhältnissen monatlich wiederkehrenden tatsächlichen Durchführungen als klar angesehen. Dabei hat es zusätzlich auf die unterschiedlichen Beteiligungen von A und B an der Klägerin hingewiesen, die in der Tat dafür sprechen, daß die Klägerin ihren Gewinn nicht verdeckt an ihre Gesellschafter verteilen wollte. Soweit das FA gegen die entsprechenden Feststellungen des FG einwendet, sie verstießen gegen den klaren Inhalt der Akten, greift die Rüge nicht durch. Dies bedarf keiner weiteren Begründung (Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Damit kann der erkennende Senat die vom FG getroffene Feststellung über die Existenz einer mündlich getroffenen Änderungsvereinbarung nur daraufhin überprüfen, ob sie unter einem Verstoß gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze zustandegekommen ist. Entsprechende Verstöße sind jedoch weder vom FA geltend gemacht noch nach Aktenlage erkennbar. Der erkennende Senat hat es zwar --worauf das FG zutreffend hinweist-- in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 18.Mai 1972 I R 165/70, BFHE 106, 69, BStBl II 1972, 721) abgelehnt, eine Gehaltserhöhung steuerrechtlich anzuerkennen, die nicht monatlich ausbezahlt und nur ein- oder zweimal im Jahr als Gutschrift auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto verbucht wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das erhöhte Gehalt bei Fälligkeit sofort und monatlich tatsächlich ausbezahlt und entsprechend verbucht wird. Werden in einem solchen Fall auch alle übrigen Konsequenzen aus den erhöhten Gehaltszahlungen (Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen) zeitnah gezogen, so bestehen keine Bedenken, von einer klaren Vereinbarung auszugehen.

d) Ist aber eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung anzunehmen, die klar und von vornherein abgeschlossen wurde, so scheidet eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderung der Klägerin aus. Bei der Klägerin wäre zwar eine Vermögensminderung auch dann eingetreten, wenn die Gehälter von A und B unangemessen erhöht worden wären. Das FG hat dies jedoch in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt. Das FA hat Entsprechendes nicht behauptet. Der Senat versteht dies dahin, daß die Angemessenheit der Gehälter von A und B zwischen den Beteiligten unstreitig ist, weshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 auch unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG, die den erkennenden Senat auch insoweit binden (§ 118 Abs.2 FGO), ist eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ebenfalls zu verneinen. Eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 setzt u.a. eine Vermögensminderung voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Die Vermögensminderung ist die gleiche wie bei einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 (vgl. BFH-Urteil vom 28.Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854, unter II B 2). Deshalb gilt insoweit das zu II 1 Gesagte sinnentsprechend.

3. Sind sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 als auch eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 zu verneinen, so hat das FG der Klage der Klägerin zu Recht entsprochen. Es ist auch zulässigerweise nach Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit verfahren. Lediglich klarstellend weist der erkennende Senat darauf hin, daß die Verpflichtung des FA, die festzusetzenden Körperschaftsteuern 1981 bis 1984 neu zu berechnen, auch die Korrektur der Herstellung der Ausschüttungsbelastung mitumfaßt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63447

BStBl II 1990, 645

BFHE 160, 225

BFHE 1991, 225

BB 1990, 1466

BB 1990, 1466-1468 (LT)

DB 1990, 1594-1595 (LT)

DStR 1990, 447 (KT)

HFR 1990, 569 (LT)

StE 1990, 235 (K)

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