Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Aushilfstätigkeit von nahen Angehörigen keine Betriebsausgaben

 

Leitsatz (NV)

Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern sind der Besteuerung nur dann zugrunde zu legen, wenn sie rechtswirksam vereinbart wurden, inhaltlich dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist, und wenn sie auch tatsächlich vollzogen wurden. Hilfeleistungen, die üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage erbracht werden, eignen sich nicht als Inhalt eines mit einem Dritten zu begründenden Arbeitsverhältnisses; hierüber geschlossene Verträge können deshalb steuerlich keine Wirkung beanspruchen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4; BGB § 1619

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1 (Klägerin) ist die Ehefrau, die Revisionsbeklagten zu 2 bis 4 sind die Erben des im Revisionsverfahren verstorbenen Klägers. Dieser unterhielt im Jahre 1981 eine Versicherungsagentur. Bei der Gewinnermittlung für diesen Gewerbebetrieb berücksichtigte er Ausgaben von je 2 400 DM für seine 1966 geborene Tochter E und seinen 1964 geborenen Sohn M. Mit diesen hatte er 1980 Arbeitsverträge über eine Aushilfstätigkeit geschlossen. Danach sollten die Kinder ca. 10 Stunden wöchentlich als Bürohilfen alle im Betrieb anfallenden und ihnen zumutbaren Arbeiten verrichten. Es war ein Monatslohn von 200 DM vereinbart. Die Kinder besuchten im Streitjahr noch die Schule.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) ließ diese Zahlungen nicht als Betriebsausgaben zum Abzug zu. Die Klage hatte demgegenüber Erfolg.

Gegen dieses Urteil wendet sich die vom Finanzgericht (FG) zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Revisionsbeklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision des FA muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

Die Entscheidung des FG steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Nach dieser Rechtsprechung können Vertragsverhältnisse zwischen Kindern und ihren Eltern der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie rechtswirksam vereinbart wurden, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt worden sind (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 13. November 1986 IV R 32/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, m. w. N.). Der Senat läßt dahingestellt, ob Arbeitsverhältnisse im Streitfall überhaupt rechtswirksam vereinbart worden sind. Jedenfalls ist nicht denkbar, daß ein Arbeitsverhältnis mit dem zwischen dem Kläger und seinen Kindern vereinbarten Inhalt auch mit einem familienfremden Dritten zustande gekommen wäre.

Es entspricht der Lebenswirklichkeit, daß die Angehörigen einer Familie am Beruf oder der Ausbildung des anderen Anteil nehmen und ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben zur Seite stehen; diese sich aus dem Wesen der Familie ergebenden und von den jeweiligen Bedürfnissen abhängigen Hilfeleistungen lassen sich nicht in einem Netz von schuldrechtlichen Verträgen regeln. Für Kinder, die dem elterlichen Hausstand angehören und von den Eltern erzogen oder unterhalten werden, ist in § 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgesehen, daß sie in einer ihren Kräften und ihrer Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten haben. Diese Verpflichtung traf auch die Kinder des Klägers. Gleichwohl können Kinder in ein Arbeitsverhältnis zu ihren Eltern treten. Alsdann muß das Arbeitsverhältnis aber so gestaltet und abgewickelt werden, wie dies sonst zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer üblich ist. Hilfeleistungen, die üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage erbracht werden, eignen sich nicht als Inhalt eines mit einem Dritten zu begründenden Arbeitsverhältnisses; hierüber geschlossene Verträge können deshalb steuerlich keine Anerkennung beanspruchen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1978 VI R 166, 173, 174/76, BFHE 126, 285, BStBl II 1979, 80).

Im Streitfall kann nicht angenommen werden, daß die bezeichneten Vereinbarungen auch mit einem Dritten abgeschlossen worden wären. In einem solchen Fall wären dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages oder ergänzender Weisungen des Arbeitgebers bestimmte Aufgaben zur Erledigung innerhalb einer bestimmten Arbeitszeit zugewiesen worden. Demgegenüber ist die Art der zu verrichtenden Leistungen in den Arbeitsverträgen mit den Kindern nicht näher festgelegt und von den Klägern auch im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht weiter erläutert worden. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß es sich um die gelegentliche Aushilfe bei untergeordneten Tätigkeiten handelte, da die Kinder im Versicherungswesen nicht ausgebildet waren und die Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte für eine büromäßige Hilfstätigkeit durch das Schreiben von Briefen, die Verbuchung von Geschäftsvorfällen oder ähnliche Tätigkeiten ergeben. Die danach allenfalls noch verbleibende Hilfe durch die Abnahme von gelegentlichen Botengängen eignet sich nicht für die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415858

BFH/NV 1989, 219

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