Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Steuerfreiheit von nachträglich gewährten Jubiläumsgeschenken.

Der Senat hält daran fest, daß die in Abschn. 10 a Abs. 1 LStR 1962 genannten Zeiträume von drei bzw. zwölf Monaten im allgemeinen eine vertretbare Auslegung des Gesetzes enthalten.

In Sonderfällen können Jubiläumsgeschenke aber auch nach Ablauf der in Abschn. 10 a Abs. 1 LStR 1962 genannten Fristen steuerfrei belassen werden, z. B. wenn das Dienstjubiläum eines Arbeitnehmers vom Arbeitgeber übersehen, oder das Jubiläumsgeld erst auf Grund eines Urteils des Arbeitsgerichts ausgezahlt wurde oder bei Einführung einer allgemeinen betrieblichen Regelung Jubiläumsgeschenke an einige wenige Arbeitnehmer erst nachträglich gezahlt wurden.

 

Normenkette

EStG § 3 Ziff. 52; LStDV § 5 Abs. 1 Ziff. 1; LStR Abschn. 10a/1

 

Tatbestand

Die Bgin., eine GmbH, hat im Streitjahr 1962 durch eine allgemeine betriebliche Regelung ihren Arbeitnehmern einen Anspruch auf ein Geldgeschenk zum zehnjährigen Arbeitnehmerjubiläum eingeräumt. In diese Regelung hat sie auch solche Arbeitnehmer einbezogen, die im Jahre 1962 bereits länger als zehn Jahre im Betrieb beschäftigt waren. So haben im Streitjahr 1962 sieben Arbeitnehmer, die in den Jahren 1959 bis 1961 ihre zehnjährige Dienstzeit bei der Bgin. beendet hatten, nachträglich Jubiläumsgaben von 2.500 DM erhalten, für die die Bgin. keine Lohnsteuer einbehielt. Das Finanzamt meint, die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Ziff. 1 LStDV 1962 sei auf nachträgliche Jubiläumsgeschenke nicht anwendbar und verlangte von der Bgin. als Arbeitgeberin eine gemäß § 35 Abs. 2 Ziff. 1 und 4 LStDV 1959 pauschalierte Lohnsteuer von 640,62 DM nach.

Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, Zuwendungen an Arbeitnehmer anläßlich ihres zehnjährigen Arbeitnehmerjubiläums seien gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 1 LStDV 1962 steuerfrei, soweit sie 600 DM nicht überstiegen. Es gehe hier darum, ob Jubiläumsgeschenke auch nachträglich noch steuerfrei gewährt werden könnten. Zwischen dem Jubiläum und der Zuwendung der Jubiläumsgabe müsse ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Das sei nach der Verwaltungsanweisung in Abschn. 10 a Abs. 1 LStR 1962 der Fall, wenn das Jubiläumsgeschenk innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Jubiläum oder anläßlich einer Betriebsfeier zur Ehrung aller Jubilare innerhalb von zwölf Monaten gewährt werde. Diese Regelung sei indessen nicht abschließend; es seien auch Ausnahmefälle denkbar. Im Streitfall lägen besondere Gründe vor, die Steuerfreiheit auch der nachträglich gewährten Jubiläumsgeschenke anzuerkennen. Die Bgin. habe den Arbeitnehmern, die schon vor dem Streitjahr zehn Jahre dem Betrieb angehört hätten, nicht früher Jubiläumsgeschenke machen können, weil sie solche Zuwendungen erst im Jahre 1962 zugesagt habe. Es sei aber sinnvoll, wenn sie auch ihre verdienten alten Betriebsangehörigen in den Genuß der Zuwendungen habe bringen wollen. Unter diesen Umständen seien die nachträglichen Jubiläumsgeschenke steuerfrei.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung des § 3 Ziff. 52 EStG 1961 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Ziff. 1 LStDV 1962, weil der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Jubiläum und den Jubiläumsgeschenken nicht gewahrt sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der Senat hat sich wiederholt, zuletzt im Urteil VI 167/64 U vom 26. Februar 1965 (BStBl 1965 III S. 366) mit der steuerlichen Behandlung von Jubiläumsgeschenken befaßt. Er läßt Jubiläumsgeschenke an Arbeitnehmer nur gemäß § 5 Abs. 1 LStDV 1962 steuerfrei, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Jubiläum gewährt werden. Die in Abschn. 10 a Abs. 1 LStR 1962 genannten Zeiträume von drei bzw. zwölf Monaten enthalten im allgemeinen eine vertretbare Auslegung des Gesetzes. Diese Fristen schließen indessen nicht ausdrücklich aus, daß auch Jubiläumsgaben, die später gewährt werden, steuerfrei bleiben können, wenn dafür besondere Gründe vorliegen. Die in Abschn. 10 a Abs. 1 LStR 1962 genannten Zeiträume dürfen nicht schematisch angewendet werden.

Ein Jubiläumsgeschenk soll in erster Linie den Jubilar ehren. Der Gedanke des Entgelts für geleistete Dienste tritt demgegenüber zurück. Es würde in vielen Fällen diesen Gesichtspunkten widersprechen, wenn man unbedingt die Steuerfreiheit eines Jubiläumsgeschenks von einer festen Frist abhängig machen wollte. Zutreffend weist die Bgin. darauf hin, daß Jubiläumsgeschenke oft aus verschiedenen Gründen erst nach dem eigentlichen Jubiläumstag gewährt werden. So ist es z. B. in Großbetrieben nicht zu vermeiden, daß das Dienstjubiläum eines Arbeitnehmers zunächst übersehen wurde. Der Arbeitnehmer wird dann oft vielleicht erst lange Zeit nach dem Jubiläumstag zu seinem Jubiläumsgeld kommen. Unter Umständen zahlt der Arbeitgeber das Jubiläumsgeld auch erst nachträglich auf Grund eines arbeitsgerichtlichen Urteils, nachdem die Frist von drei bis zwölf Monaten verstrichen ist. Schließlich kann es auch vorkommen, daß eine Jubiläumsgabe zu früh ausbezahlt wird. Bemerkt der Arbeitgeber seinen Irrtum - etwa auf Grund einer Lohnsteuerprüfung - und fordert er das zu Unrecht gewährte Jubiläumsgeld zurück, so kann der Fall eintreten, daß der Arbeitnehmer inzwischen sein Dienstjubiläum tatsächlich vollendet hat. Nachdem ihm aber das Geschenk jetzt endgültig gutgebracht werden kann, sind die Fristen des Abschn. 10 a LStR 1962 verstrichen. Nach der Auffassung des Finanzamts müßte in allen diesen Fällen die Steuerfreiheit verneint werden, obwohl eine solche Auslegung dem § 5 Abs. 1 LStDV wohl kaum gerecht würde. Der Zweck der Steuerfreiheit von Jubiläumszuwendungen wird hier durch den Zeitablauf nicht berührt.

Anders liegt der Fall indessen, wenn etwa ein Arbeitgeber seiner gesamten Belegschaft rückwirkende Jubiläumsgelder zahlt. Dann liegt kein Ausnahmetatbestand vor, der es rechtfertigen würde, über die in den LStR genannten Zeiträume hinauszugehen.

Die Feststellung des Finanzgerichts, daß hier besondere Umstände die Steuerfreiheit gemäß § 5 Abs. 1 LStDV 1962 rechtfertigten, ist einwandfrei. Das Jubiläumsgeld wurde nicht willkürlich, sondern deswegen von der Bgin. erst so spät gezahlt, weil sie sich nachträglich dazu verpflichtet hatte und eine kleine Gruppe von Arbeitnehmern nicht benachteiligen wollte. Die Jubilare sollten durch die Geschenke geehrt werden. Die sieben Arbeitnehmer haben nur mit Rücksicht auf ihr Dienstjubiläum Geldgeschenke erhalten. Es handelt sich darum nicht um ein echtes Arbeitsentgelt, sondern um ein Gelegenheitsgeschenk. Der Fall liegt hier allerdings anders als die Sache VI 167/64 U (a. a. O.), wo es um die Steuerfreiheit einer Jubiläumszuwendung ging, die auf Grund einer neuen Dienstzeitberechnung nachträglich gezahlt wurde. Dort hätte der Arbeitnehmer auf jeden Fall ein Jubiläumsgeschenk später erhalten; er hat es dort auf Grund der neuen Berechnungsmethode nur früher bekommen. Im Streitfall war der Jubiläumstag an sich endgültig verstrichen. Daraus lassen sich indessen keine ernstlichen Bedenken herleiten. Jubiläumsgaben können, wie dargelegt, unter besonderen Umständen auch nachträglich gewährt werden.

Der Vorsteher des Finanzamts hat sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 283/53 U vom 20. Mai 1954 (BStBl 1954 III S. 201, Slg. Bd. 58 S. 757) berufen, in dem die Steuerfreiheit von nachträglich gewährten Jubiläumsgeschenken verneint wurde; er will die Grundsätze dieser Entscheidung auch im Streitfall angewendet wissen. Das ist indessen nicht möglich. Damals wurde eine Jubiläumsgabe erst 16 Monate nach dem Tag des Jubiläums gezahlt, weil sich der Arbeitgeber in Liquiditätsschwierigkeiten befunden hatte; die verspäteten Zuwendungen hatten damals ihren Grund darin, daß dem Arbeitgeber früher keine Mittel zur Zahlung von Geldgeschenken zur Verfügung standen. Werden aus diesem Grund erst nachträglich Jubiläumsgeschenke gezahlt, so ist auch nach Auffassung des Senats die Steuerfreiheit nicht gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411623

BStBl III 1965, 460

BFHE 1965, 591

BFHE 82, 591

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