Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlicher Vertragsgegenstand bei Grunderwerb durch eine Gesellschaft

 

Leitsatz (NV)

1. Ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang des Gebäudeerrichtungsvertrages mit dem Grundstückskaufvertrag kann in den Fällen, in denen der Abschluß der zur Errichtung des Gebäudes erforderlichen Verträge zeitlich erst nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags erfolgt, dann bestehen, wenn die Erwerberin (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags in ihrer Entscheidung über das Ob und Wie einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war.

2. Aus dem Umstand, daß die Erwerberin nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags auf der Grundlage des von einer Initiatorengruppe entwickelten Bau- und Finanzierungskonzeptes auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet, kann jedenfalls allein nicht geschlossen werden, die Erwerberin sei bereits beim Grundstückserwerb an dieses Konzept gebunden gewesen.

3. Eine solche Bindung kann auch daraus nicht hergeleitet werden, daß es nach dem Gesellschaftsvertrag der Erwerberin deren Gesellschaftszweck sein sollte, das - noch zu erwerbende - Grundstück in ganz bestimmter, von den Initiatoren vorbereiteter Weise zu bebauen. Denn bei der Festlegung des Gesellschaftszweckes handelt es sich um einen internen Willensbildungsakt der Gesellschaft, auf Grund dessen Verpflichtungen gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern) nicht entstehen können.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 8, 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist mit Vertrag vom 13. Oktober 1982 gegründet worden. Sie firmierte als X-GmbH & Co. KG, später dann als Y-GmbH & Co. KG. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 2. Februar 1983. Gründungsgesellschafter waren die X-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne vermögensmäßige Beteiligung und A als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von 5000 DM. Laut Handelsregistereintrag vom 11. Mai 1983 ist A ausgeschieden und seine Einlage auf B übergegangen. Dieser ist 1983 ausgeschieden. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 1. September 1983 zwischen der X-GmbH und B ist Gegenstand der Gesellschaft der Erwerb und die Bebauung eines bestimmten Grundstücks in C im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues mit einem Wohn- und Geschäftshaus sowie dessen anschließende Vermietung. Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit geschlossen; das Gesellschaftsverhältnis kann erstmals zum 31. Dezember 1992 gekündigt werden. Abschichtung (bei Ausscheiden) bzw. Auseinandersetzung erfolgen in Geld. Nach § 4 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags ist die persönlich haftende Gesellschafterin berechtigt und bevollmächtigt, das Gesellschaftskapital durch Aufnahme weiterer oder Erhöhung der Einlage bereits vorhandener Kommanditisten bis zu einem Betrag von insgesamt 2080000 DM zu erhöhen, wobei die Zeichnung des ausstehenden Kommanditkapitals durch einen Treuhandkommanditisten erfolgen kann (§ 4 Nr. 3). Bis spätestens 5. Dezember 1983 sind als weitere Kommanditisten die Z-AG mit einer Einlage von 16000 DM sowie die T-GmbH mit einer (für 20 Kommanditisten treuhänderisch gehaltenen) Einlage in Höhe von 2064000 DM eingetreten, während B als Kommanditist ausgeschieden ist. Neben der Einlage hatten die Gesellschafter ein unverzinsliches Darlehen in Höhe von 1/4 der Kommanditeinlage zu gewähren. Gesellschafter der X-GmbH waren am 1. September 1983 D, W. und A.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 5. Dezember 1983 veräußerte die V-GmbH, gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführer D und B, an die Klägerin einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück in C, verbunden mit dem Sondereigentum an dem durch Teilungserklärung vom 7. November 1983 gebildeten Teileigentum II zu einem Kaufpreis von 820000 DM (der Kaufgegenstand wurde später in eine reale Fläche geändert). In der Urkunde erklärten die Kaufvertragsparteien, daß das Grundstück plangemäß mit einem mehrgeschossigen Gebäude bebaut werde, das Wohnungen enthalten solle, die im öffentlich geförderten bzw. sozialen Wohnungsbau errichtet würden (Teileigentum II). Daneben bleibe der bereits vorhandene Altbau bestehen (Teileigentum I).

Wegen des Grundstückserwerbs setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gegen die Klägerin mit Bescheid vom 13. Januar 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von 16400 DM fest.

Auf Anordnung des FA fand in der Zeit vom 6. Oktober bis 17. Dezember 1986 bei der Klägerin eine sich auf die Grunderwerbsteuer im Hinblick auf den Erwerb des Grundstücks in C allein erstreckende Außenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer Einzelheiten hinsichtlich des Bebauungs- und Vertragskonzeptes sowie des Investitionsplanes der Klägerin fest. Danach hatte die V-GmbH bereits am 4. Juli 1982 einen Antrag bei der Wohnungskreditanstalt auf Gewährung öffentlicher Mittel gestellt. Im November 1983 beauftragte die Klägerin die Z-AG, für das beabsichtigte Bauvorhaben den Abschluß der Verträge zu vermitteln, die die Aufnahme von Gesellschaftern in die Beteiligungsgesellschaft zum Gegenstand haben sollten (Vertriebsvertrag). Gleichzeitig schloß die Klägerin mit der W-GmbH & Co. KG einen Marketingberatungsvertrag ab. Grundlage der Anwerbung von Beteiligungsinteressenten war ein detaillierter Beteiligungsprospekt in der Fassung vom September 1983 sowie Bauzeichnungen der Architektengemeinschaft B - (Gesellschafter der Grundstücksverkäuferin) und A. Beitrittswillige Kapitalanleger mußten der Z-AG gegenüber eine schriftliche Beitrittserklärung abgeben, in der sie u.a. den Gesellschaftsvertrag der Klägerin und den Treuhandvertrag der Grundstücksgesellschaft als für sich verbindlich anerkennen und bestätigen mußten, die Verträge erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Ferner mußten sie sich zur Zahlung eines bestimmten Zeichnungsbetrages an die T-GmbH (Treuhänderin) verpflichten.

Der Gesellschaftsvertrag enthielt einen detaillierten Investitionsplan über Gesamtaufwendungen von 10383000 DM. Zur Geschäftsführung und Vertretung nach außen sollte nur die persönlich haftende Gesellschafterin (X-GmbH) berechtigt sein. Im Rahmen des Investitionsplanes sollte die X-GmbH, die auch von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit sein sollte, alle notwendigen Handlungen und Maßnahmen vornehmen können. Ein aus drei Personen bestehender und von den Gesellschaftern zu wählender Beirat sollte für die Gesellschafter Kontroll- und Beratungsfunktionen gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin ausüben. Der Gesellschafterversammlung sollte ferner u.a. das Recht zur Änderung des Gesellschaftsvertrags, zur Auflösung der Gesellschaft sowie zur Entlastung der Geschäftsführung und des Beirates zustehen.

Der Treuhandvertrag regelte die Rechtsbeziehungen zwischen den beitrittswilligen Kapitalanlegern und der T-GmbH, die die jeweilige Kommanditbeteiligung im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der einzelnen Kapitalanleger erwerben und halten sollte. Hierin ist u.a. bestimmt, daß die Treugeber die ihnen aus den treuhänderisch vermittelten Beteiligungen zustehenden Rechte, z.B. Stimmrechte, selbst ausüben können sollten.

Am 10. November 1983 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung, von September bis November 1983 kam es zum Abschluß der mit dem Bauvorhaben zusammenhängenden Verträge mit Ausnahme des Bauwerkvertrages (Generalunternehmervertrages), der erst 1984 geschlossen wurde.

Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß trotz der im vorliegenden Fall getrennt abgeschlossenen Verträge im Wege der Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragsparteien das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes anzunehmen ist und somit die Gegenleistung aus dem Gesamtvertragswerk zu entnehmen ist. Die steuerpflichtige Gegenleistung bezifferte er auf 9362950 DM.

Das FA schloß sich der Auffassung des Prüfers an und setzte mit nach § 173 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Bescheid vom 30. Juli 1987 gegen die Klägerin die Grunderwerbsteuer nunmehr auf 187259 DM fest. Unter Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet setzte das FA die Steuer in der Einspruchsentscheidung vom 27. November 1987 auf 188619 DM fest. Die Änderung stützte es auf § 129 AO 1977 und führte aus, die zur Bemessungsgrundlage gehörenden Kosten für Finanzbuchhaltung und D hätten nicht 1 x 68000 DM, sondern 2 x 68000 DM betragen.

Das Finanzgericht (FG) hat den Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben. Die dem FA nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen könnten nicht zu einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO 1977 führen. Gegenstand des bereits mit Bescheid vom 13. Januar 1984 erschöpfend besteuerten Erwerbsvorgangs der Klägerin vom 5. Dezember 1983 sei das unbebaute Grundstück gewesen.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA. Dieses rügt Verletzung von Bundesrecht, nämlich die unrichtige Anwendung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen gegeben, wenn der Erwerber spätestens mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages in seiner Entscheidung über das Ob und Wie der Bebauung nicht mehr frei gewesen sei.

Eine solche Bindung der Klägerin an das Bebauungskonzept ergebe sich im Streitfall daraus, daß die Klägerin bereits durch den Gesellschaftsvertrag vom 1. September 1983 und somit noch vor Abschluß des Grundstückskaufvertrages an die von den Initiatoren vorgesehene Bebauung des Grundstücks gebunden worden sei. Wegen der personellen Verflechtungen zwischen der Grundstücksverkäuferin und den Initiatoren sei auch davon auszugehen, daß auf der Veräußererseite ein abgestimmtes Verhalten vorgelegen habe.

Die Einheitlichkeit des Vertragswerkes ergebe sich im Streitfall auch aus der Einbindung der einzelnen Neugesellschafter in das Vertragswerk. Durch die Vorformulierung des Gesellschaftsvertrages mit der zur Aufnahme in die Gesellschaft notwendigen Unterwerfung und der damit verbundenen Vollmachtserteilung sei sichergestellt gewesen, daß die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit nur das bebaute Grundstück hätten erhalten sollen. Die Einbindung der Neugesellschafter sei ein notwendiges Bindeglied, um bei der Gesellschaft als solcher das Grundstück als bebautes ankommen zu lassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat im Ergebnis zutreffend die Aufwendungen der Klägerin aus den mit der Errichtung des Gebäudes zusammenhängenden Verträgen insgesamt nicht zur Gegenleistung gerechnet.

1. Der Grundstückskaufvertrag vom 5. Dezember 1983 ist ein Rechtsvorgang, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Steuer dafür bemißt sich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG 1983). Zur Gegenleistung gehört bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983).

Für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist entscheidend, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Juni 1988 II R 258/85, BFHE 154, 149, BStBl II 1988, 898; vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, 287, BStBl II 1990, 590; vom 5. Februar 1992 II R 110/88, BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357 sowie - zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940 - BFH-Urteil vom 11. März 1981 II R 77/78, BFHE 133, 230, 231, BStBl II 1981, 537 m.w.N.); denn Gegenstand der auf die Grundstücksübereignung abzielenden Vereinbarungen kann das Grundstück in dem Zustand sein, den es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hat, oder in einem (künftigen) Zustand, in den es erst zu versetzen ist.

Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird nicht nur bestimmt durch das den Übereignungsanspruch begründende Rechtsgeschäft selbst, sondern - ggf. - auch durch mit diesem Rechtsgeschäft in rechtlichem oder objektiv sachlichem Zusammenhang stehende Vereinbarungen, die insgesamt zu dem Erfolg führen, daß der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält (BFH-Urteile vom 18. Oktober 1989 II R 143/87, BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183, und II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 281, sowie in BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590, und BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Die dabei zu beachtenden Auslegungsregeln hat das FG verkannt.

Sind, wie im Streitfall, vom Erwerber (Klägerin) mit je unterschiedlichen Vertragspartnern Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Errichtung eines Gebäudes abgeschlossen worden, so ist zu prüfen, ob die mehreren Verträge darauf abzielen, dem Erwerber ein Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen (objektiver enger sachlicher Zusammenhang). Maßgebend ist der Gesamtinhalt der Verträge unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB; BFH-Urteil vom 4. Mai 1983 II R 6/82, BFHE 138, 480, BStBl II 1983, 609, und BFH-Beschluß vom 18. September 1985 II B 24-29/85, BFHE 144, 280, BStBl II 1985, 627).

Ein solcher objektiver enger sachlicher Zusammenhang des Gebäudeerrichtungsvertrages mit dem Grundstückskaufvertrag kann nach der Rechtsprechung des Senats in den Fällen, in denen - wie im Streitfall - der Abschluß der zur Errichtung des Gebäudes erforderlichen Verträge zeitlich erst kurz nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags erfolgt, dann bestehen, wenn der Erwerber (spätestens) mit dem Abschluß des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das Ob und Wie einer Bebauung gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war. Eine derartige Einschränkung der sonst für einen Grundstückserwerber bestehenden Entscheidungsfreiheit kann sich aus vorherigen Absprachen oder aus faktischen Zwängen ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 1991 II R 133/87, BFHE 164, 117, BStBl II 1991, 532).

Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen auf, so hält es der Senat für das Vorliegen eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Verträgen ferner für notwendig, aber auch für ausreichend, wenn diese aufgrund einer vertraglichen Abrede bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluß aller Verträge (Übereignung des Grundstücks und Errichtung des Gebäudes) hinzielen (BFH-Urteil vom 14. März 1990 II R 169/87, BFH/NV 1991, 263). Der Abschluß eines schriftlichen Vertrages ist nicht erforderlich.

2. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil die Klägerin entgegen der Auffassung des FA im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages hinsichtlich der Bebauung des Grundstücks im Verhältnis zu einem Dritten, insbesondere zu den Initiatoren, nicht gebunden war. Eine solche Bindung bestand weder zivilrechtlich, noch kann davon ausgegangen werden, die Klägerin sei nach den Gesamtumständen bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages faktisch auf die Bebauung des Grundstücks in der von den Initiatoren vorgegebenen Art und Weise festgelegt gewesen.

Anhaltspunkte für eine unmittelbare faktische Bindung der Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages an das Bau- und Vertragskonzept der Initiatorengruppe sind nicht ersichtlich. Denn der Bauvertrag ist zeitlich erst nach dem Abschluß des Grundstückskaufvertrages abgeschlossen worden. Vereinbarungen, Absprachen oder sonstige Umstände, die die Klägerin auf den Abschluß des Bauvertrages festgelegt haben könnten, liegen nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG nicht vor. Aus dem Umstand, daß die Klägerin später auf der Grundlage des von der Initiatorengruppe entwickelten Bau- und Finanzierungskonzeptes auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet hat, kann jedenfalls allein nicht geschlossen werden, die Klägerin sei bereits beim Grundstückserwerb an dieses Konzept gebunden gewesen. Eine solche Bindung kann auch daraus nicht hergeleitet werden, daß es nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin deren Gesellschaftszweck sein sollte, das - noch zu erwerbende - Grundstück in ganz bestimmter, von den Initiatoren vorbereiteter Weise zu bebauen. Denn bei der Festlegung des Gesellschaftszweckes handelt es sich um einen internen Willensbildungsakt der Gesellschaft, aufgrund dessen Verpflichtungen gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern) nicht entstehen können. Allein die bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrages bestehende Absicht eines Grunderwerbers, das Grundstück nach einem vorliegenden Konzept in bestimmter Weise zu bebauen, reicht für die Annahme einer Bindung hinsichtlich des Ob und Wie einer Bebauung nicht aus, solange diese Bindung nicht gegenüber einem Dritten eingegangen wird.

Aus demselben Grunde kann im Streitfall - entgegen der Auffassung des FA - auch der Einbindung der einzelnen Neugesellschafter in das Vertragskonzept keine entscheidende Bedeutung zukommen. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 28. Juli 1993 II R 66/90 (nicht veröffentlicht) hierzu nämlich ausgeführt, daß eine Bindung der einzelnen Gesellschafter an ein Vertrags- und Bebauungskonzept (nur) dann zu einer Bindung auch der Gesellschaft führen kann, wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht nur untereinander, sondern auch im Verhältnis zu Dritten (z.B. den Initiatoren) eines Bauherrenmodells auf die Verfolgung eines bestimmten Gesellschaftszwecks festgelegt und insoweit an ein Vertragswerk gebunden sind. Denn in diesen Fällen wirkt die derart bestehende Bindung der Gesellschafter auf die Entscheidungsmöglichkeiten der Gesellschaft ein, weil die Gesellschaft nicht mehr Entscheidungsfreiheit haben kann als die Gesamtheit ihrer Gesellschafter.

Derartige Bindungen der beitretenden Treugeberkommanditisten im Hinblick auf die Bebauung des Grundstücks gegenüber Dritten (Nichtgesellschaftern), z.B. den Initiatoren, liegen im Streitfall nicht vor. Mit der sogenannten schriftlichen Beitrittserklärung haben die Kapitalanleger lediglich den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag anerkannt. Der Treuhandvertrag regelt lediglich das Rechtsverhältnis zwischen den Kapitalanlegern (Treugebern) und dem Treuhänder hinsichtlich der Gesellschaftsbeteiligung. Auch im Gesellschaftsvertrag gehen die Treugeberkommanditisten keine über die gesellschaftsrechtlichen Bindungen hinausgehenden Verpflichtungen hinsichtlich der Bebauung des noch zu erwerbenden Grundstücks gegenüber Dritten ein. Der Umstand, daß die Initiatoren den Gesellschaftsvertrag vorformuliert und damit den beitretenden Treugeberkommanditisten einen bestimmten Gesellschaftszweck und einen bestimmten Investitionsplan vorgegeben haben, vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen. Denn dadurch ist keine Bauverpflichtung gegenüber den Initiatoren entstanden, und zwar weder seitens der Gesellschafter noch seitens der Gesellschaft (Klägerin). Die Gesellschafter waren weder untereinander noch im Verhältnis zu Dritten auf eine bestimmte Bebauung bzw. einen bestimmten Gesellschaftszweck endgültig festgelegt. Denn diese wären - unabhängig von der Stellung des Treuhänders - jederzeit in der Lage gewesen, durch Änderung des Gesellschaftsvertrages, die der Gesellschafterversammlung vorbehalten bleiben sollte (vgl. § 11 des Gesellschaftsvertrages), sich von dem vorgegebenen Gesellschaftszweck und dem Investitionsplan wieder zu lösen, ohne daß dies die Initiatoren etwa über die von ihnen beherrschte Geschäftsführerin der Klägerin hätten verhindern können. Davon, daß die Klägerin von den Initiatoren fremdbestimmt wurde und die Gesellschafter deshalb auf ein bestimmtes Bebauungskonzept festgelegt waren, kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden.

Das FG hat deshalb zu Recht den Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben, weil eine Änderung des ursprünglichen Bescheides nach § 173 AO 1977 wegen der Einbeziehung der Aufwendungen der Klägerin für die Bebauung des Grundstücks nicht in Betracht kommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419477

BFH/NV 1994, 407

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