Leitsatz (amtlich)

Leistungen einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter, die auf Grund eines Vertrages bewirkt werden, stellen verdeckte Gewinnausschüttungen dar, wenn und soweit die Gesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vertrag mit einem Nichtgesellschafter nicht geschlossen hätte. Diese Voraussetzung ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht auf den Zeitpunkt der späterliegenden Leistungen zu prüfen.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, wurde im Zuge einer Betriebsaufspaltung von den Gesellschaftern einer OHG gegründet. Diese OHG beteiligte sich außerdem ab 1. Oktober 1959 an der Steuerpflichtigen als stille Gesellschafterin mit einer Einlage von 180 000 DM. Die vereinbarte Gewinnbeteiligung der OHG in ihrer Eigenschaft als stille Gesellschafterin beträgt 3/4 des Jahresgewinns der Steuerpflichtigen, für dessen Berechnung die Steuerbilanz maßgebend ist. Am Verlust ist die stille Gesellschafterin nicht beteiligt.

Der Revisionsbeklagte (FA) hielt eine Verzinsung von 10 v. H. für angemessen und behandelte den darüber hinausgehenden Betrag der Gewinnbeteiligung der OHG als verdeckte Gewinnausschüttung. Das FG billigte diese Auffassung im ersten Rechtsgang. Der Senat hob durch (nicht veröffentlichtes) Urteil I R 65/68 vom 9. Juli 1969 die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Unter Hinweis auf das Urteil des BFH I R 188/67 vom 9. Juli 1969 (BFH 96, 397, BStBl II 1969, 690) entschied der Senat, das FG dürfe nur die Höhe der Gewinnbeteiligung der OHG auf ihre Angemessenheit überprüfen, aber nicht die Gewinnbeteiligung in eine feste Verzinsung umwandeln.

Das FG hat nach erneuter Verhandlung die Körperschaftsteuer für die Streitjahre 1959 bis 1962 neu festgesetzt. Unter Berücksichtigung der Faktoren Kapitaleinsatz, Risiko und Arbeitseinsatz sowie der Tatsache, daß die OHG am Verlust nicht beteiligt ist, gelangte das FG zu dem Ergebnis, angemessen sei ein Gewinnanteil der OHG als stiller Gesellschafterin in Höhe von 25 v. H. Die darüber hinausgehenden Beträge stellten verdeckte Gewinnausschüttungen dar. Bei der Berechnung sei von den Bilanzen auszugehen, die die Steuerpflichtige nach dem Schluß eines jeden der hier maßgeblichen Wirtschäftsjahre 1959/60 bis 1961/62 aufgestellt habe. Nur diese Bilanzen und nicht die weit späterliegenden, mehrfach geänderten Steuerbilanzen der Betriebsprüfung seien die Grundlage für die Gewinnberechnung nach § 337 HGB gewesen. Nur nach diesen Bilanzen der Steuerpflichtigen lasse sich rückschauend beurteilen, ob sie den Vermögensvorteil, den sie ihren in der OHG zusammengefaßten Gesellschaftern gewährt habe, bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auch fremden Dritten unter sonst gleichen Umständen gewährt hätte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen.

Die Steuerpflichtige rügt Verletzung der § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG, § 19 KStDV. Sie wendet sich nicht gegen die Feststellung des FG, daß ein Gewinnanteil von 25 v. H. angemessen sei. Sie sieht den Rechtsfehler darin, daß das FG die Berechnung der Gewinnanteile nach den ursprünglichen Handelsbilanzen der Steuerpflichtigen vorgenommen habe und vertritt die Ansicht, der angemessene Gewinnanteil der OHG von 25 v. H. sei von den endgültigen, berichtigten Steuerbilanzgewinnen zu berechnen.

Die Steuerpflichtige beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß ihren Ausführungen in der Revisionsbegründung herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet. Der angemessene Gewinnanteil der OHG von 25 v. H. ist von den Gewinnen der Steuerpflichtigen zu berechnen, die sich nach den endgültigen (berichtigten) Steuerbilanzen ergeben.

Leistungen einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter, die auf Grund eines Vertrages bewirkt werden, stellen verdeckte Gewinnausschüttungen dar, wenn und soweit die Gesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vertrag mit einem Nichtgesellschafter nicht geschlossen hätte. Diese Voraussetzung ist naturgemäß auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nicht auf den Zeitpunkt der späterliegenden Leistungen zu prüfen (vgl. BFH-Urteil I 99/64 vom 13. September 1967, BFH 90, 171, BStBl II 1968, 20; ferner - für die ähnliche Frage einer verdeckten Einlage - BFH-Urteil I R 24/67 vom 19. Februar 1970, BFH 98, 254, BStBl II 1970, 442). Das Ergebnis dieser Prüfung ist im Streitfall nach den Feststellungen des FG, die insoweit keinen Rechtsfehler erkennen lassen, daß eine Gewinnbeteiligung der OHG in Höhe von 25 v. H. angemessen wäre und daß die darüber hinausgehende Gewinnbeteiligung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Das bedeutet, daß der Vertrag über die Beteiligung der OHG als stiller Gesellschafterin an der Steuerpflichtigen, der die Grundlage für die Gewinnbeteiligung der OHG bildet, steuerrechtlich so zu behandeln ist, als wäre in ihm eine Gewinnbeteiligung von 25 v. H. vereinbart. Einen solchen Vertrag hätte die Steuerpflichtige auch mit einem Nichtgesellschafter geschlossen, er ist daher der Besteuerung zugrunde zu legen.

Im übrigen sind aber die Vereinbarungen zwischen der Steuerpflichtigen und der OHG auch steuerrechtlich zu beachten (BFH-Urteil I 63/64 vom 27. September 1967, BFH 90, 260, BStBl II 1968, 50) und damit auch die Vereinbarung, daß für die Berechnung des Gewinnanteils die Steuerbilanz maßgebend sein soll. Nichts spricht gegen die Auffassung der Steuerpflichtigen, daß damit die endgültige Steuerbilanz, unter Umständen nach Berichtigungen durch das FA, gemeint ist. Wenn das FA annimmt, für die Frage nach dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters könne nur auf die ursprünglichen Bilanzen der Steuerpflichtigen abgestellt werden, so verkennt es, daß diese Frage - wie dargelegt - bereits auf einen früheren Zeitpunkt, den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, zu prüfen ist.

Da das FG den Inhalt der endgültigen Steuerbilanzen nicht festgestellt hat, geht die Sache zur Berechnung der Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung der Rechtsausführungen dieses Urteils an das FG zurück. Das FG wird dabei auch klarstellen, was die Vertragsparteien unter der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung des Gewinnanteils der OHG verstehen, insbesondere, ob die Körperschaftsteuer und die Vermögensteuer den Gewinn nach der Steuerbilanz und damit auch den Gewinnanteil der OHG mindern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69504

BStBl II 1971, 600

BFHE 1971, 268

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