Entscheidungsstichwort (Thema)

Nicht personenidentische GbR als Empfängerin von Tätigkeitsvergütungen

 

Leitsatz (NV)

Erbringt eine GbR einen erheblichen Teil ihrer Tätigkeiten ausschließlich für eine KG, an der ein Gesellschafter der GbR beteiligt ist, so sind die Tätigkeitsvergütungen, die von der KG geleistet werden, gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Teilsatz 2 EStG zu erfassen.

Dies gilt auch dann, wenn an der die Leistung erbringenden und die Vergütung erhaltenden GbR auch Gesellschafter beteiligt sind, die keine Beteiligung an der Gesellschaft haben, die die Leistungen empfängt und die Vergütung gewährt. In einem solchen Fall ist der Teil der Vergütung als Sondervergütung i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu behandeln, der nach dem handelsrechtlich maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel der die Leistungen erbringenden GbR auf diejenigen ihrer Gesellschafter entfallen, die gleichzeitig an der die Leistungen empfangenden Personengesellschaft beteiligt sind.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 betreibt ein Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die X-GmbH. Kommanditisten sind der Kläger zu 2 und seine Ehefrau.

Die für die Errichtung von Bauobjekten durch die Klägerin zu 1 erforderlichen Architektenleistungen erbrachte eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene Architektengemeinschaft. Der Kläger zu 2 war an der GbR beteiligt. Etwa 80 v. H. der Tätigkeit der GbR erfolgte für die Klägerin zu 1. Die Vergütungen, die die Klägerin zu 1 dafür an die GbR zahlte, wurden bei dieser als Betriebseinnahmen und bei der Klägerin zu 1 als Betriebsausgaben behandelt.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung kürzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Gewinn der GbR um 80 v. H. des GbR-Gewinnanteils des Klägers zu 2. Er behandelt diesen Betrag als Sondervergütung des Klägers zu 2 im Rahmen der Klägerin zu 1 gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Teilsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Teilsatz 2 EstG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die ein Mitunternehmer von der Gesellschaft für eine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezogen hat. Eine solche Tätigkeitsvergütung ist u. a. die Zahlung, die ein Mitunternehmer für freiberufliche Leistungen - also auch für Architekturleistungen -, die er im Dienst seiner Gesellschaft erbracht hat, von der Gesellschaft erhält.

2. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteile vom 23. Mai 1979 I R 56/77, BFHE 128, 505, BStBl II 1979, 763, und vom 25. April 1985 IV R 36/82, BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622) auch dann, wenn Vergütungen für Leistungen, die alle Gesellschafter der die Leistungen empfangenden und die Vergütung gewährenden Personengesellschaft (oder ein Teil dieser Gesellschafter) gemeinsam in Verbindung zu einer Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 f. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) oder in gesamthänderischer Verbundenheit zu einer GbR erbringen.

Bestimmend für diese Rechtsprechung ist insbesondere, daß eine GbR zivilrechtlich keine juristische Person ist und - anders als z. B. eine Personenhandelsgesellschaft (vgl. § 124 Abs. 1, § 161 Abs. 2 i. V. m. § 124 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB -) - dieser auch nicht angenähert ist. Die Gesellschafter einer GbR stehen lediglich in einer gesamthänderischen Verbundenheit, in der sie die Leistungen erbringen und dafür entsprechende Vergütungen beziehen, die ihnen - d. h. den Gesellschaftern selbst - entsprechend der handelsrechtlich maßgebenden Gewinn- und Verlustverteilung in gleicher Weise wie bei einer Bruchteilsgemeinschaft (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) zuzurechnen sind (Urteil in BFHE 144, 20, BStBl II 1985, 622, 623).

3. Diese Grundsätze sind entsprechend auch dann anzuwenden, wenn an der die Leistung erbringenden und die Vergütung erhaltenden GbR - wie im Streitfall - auch Gesellschafter beteiligt sind, die keine Beteiligung an der Gesellschaft haben, die die Leistungen empfängt und die Vergütung gewährt. In einem solchen Fall ist der Teil der Vergütung als Sondervergütung i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu behandeln, der nach dem handelsrechtlich maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel der die Leistungen erbringenden GbR auf diejenigen ihrer Gesellschafter entfallen, die gleichzeitig an der die Leistungen empfangenden Personengesellschaft beteiligt sind.

a) Hierfür spricht - wie oben unter 2. ausgeführt -, daß eine GbR - anders als eine Personenhandelsgesellschaft - nicht unter einer Firma Rechte erheben und Verpflichtungen eingehen kann, also auch nicht in angenäherter Weise eine Rechtsperson ist. Die ,,Gesellschaft" sind - anders als bei einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft - die Gesellschafter selbst in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Anders als das FG meint, fließen daher ihnen selbst die Vergütungen zu, so daß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG schon von seinem Wortlaut her zutrifft.

b) Für die hier vertretene Ansicht spricht - ebenfalls entgegen der Ansicht des FG - ferner der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, der u. a. darin besteht, einen Mitunternehmer soweit wie möglich - d. h. soweit nicht die zivilrechtliche Gestaltung der Personengesellschaft entgegensteht - im Ergebnis einkommensteuerrechtlich wie einen Einzelunternehmer zu behandeln.

Dieser Sinn und Zweck würde vereitelt werden können, wenn es einem Gesellschafter, der seiner Personengesellschaft freiberufliche Leistungen gegen Vergütungen erbringt, möglich wäre, die Leistungen dadurch aus dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auszuklammern, daß er die Leistungen nicht mehr ,,selbst" erbringt, sondern im Rahmen einer GbR, an der - möglicherweise nur zu einem ganz geringen Teil - ein Dritter beteiligt ist, der kein Gesellschafter der die Leistung empfangenden Personengesellschaft ist.

4. Für den Streitfall bedeutet dies, daß das FA zutreffend den Teil des Gewinns der freiberuflich tätigen GbR ausgegliedert und als Sondervergütung des Klägers zu 2 im Rahmen des Gewerbebetriebs der Klägerin zu 1 behandelt hat, welcher dem Teil der von der Klägerin zu 1 an die GbR gezahlten Architektenhonorare entspricht, der nach dem Gewinnverteilungsschlüssel der GbR auf den Kläger zu 2 entfiel.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416779

BFH/NV 1990, 428

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