Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich der Käufer eines noch zu vermessenden Grundstückes gegenüber dem Verkäufer, die Vermessungskosten zu tragen, so ist die Grunderwerbsteuer auch von diesen Kosten zu berechnen.

 

Normenkette

GrEStG § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben zu je 1/2 das Miteigentum an einem noch zu vermessenden Grundstück in Bayern. Der Kaufpreis für beide Anteile betrug 5 723,10 DM. Nach dem Inhalt des notariell beurkundeten Kaufvertrages vom August 1970 trugen die Erwerber u. a. die Kosten der Vermessung des Grundstücks. Das FA schätzte diese Kosten auf 276,90 DM und setzte gegen den Kläger und seine Ehefrau nach einer Gegenleistung von 3 000 DM (1/2 von 6 000 DM) je 210 DM Grunderwerbsteuer fest.

Einspruch und Klage, mit welchen sich der Kläger und seine Ehefrau gegen die Berechnung der Grunderwerbsteuer auch von den Vermessungskosten wandten, hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassene Revision des Klägers ist unbegründet.

Die Grunderwerbsteuer wird vom Wert der Gegenleistung berechnet (§ 10 Abs. 1 GrEStG, GVBl 1969, 170). Zu dieser Gegenleistung zählen im vorliegenden Fall auch die vom Kläger und seiner Ehefrau zu zahlenden Vermessungskosten; denn gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten bei einem Kauf u. a. auch die vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen als Gegenleistung. Der Kläger und seine Ehefrau haben die Verpflichtung zur Zahlung der Vermessungskosten und damit im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Zahlung dieser Kosten als sonstige Leistung "übernommen". Sie haben im Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern den Verkäufer von den Vermessungskosten entlastet, welche dieser nach § 448 Abs. 1 BGB andernfalls hätte selbst tragen müssen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern die Verpflichtung zur Tragung der genannten Kosten gem. § 448 Abs. 1 BGB zunächst in der Person des Verkäufers entstanden war und dann durch die Vereinbarung über die Kostentragung in dem Kaufvertrag auf den Kläger und seine Ehefrau überging, oder ob die Verpflichtung durch die genannte Vereinbarung unmittelbar in der Person des Klägers und seiner Ehefrau entstand. Eine Leistung wird nicht nur dann im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG "übernommen", wenn die Verpflichtung dazu zuvor in der Person des Verkäufers - sei es im Innenverhältnis zum Käufer oder im Verhältnis zu Dritten - entstanden ist und sich anschließend der Käufer verpflichtet, diese Verbindlichkeit zu tragen. Vielmehr genügt es entgegen der Ansicht des Klägers, daß die Verbindlichkeit erst in der Person des Käufers entsteht. Das entspricht schon dem Sprachgebrauch des bürgerlichen Rechts. Dieses kennt, um nur einige Beispiele zu nennen, einerseits die Übernahme der Schuld nach § 414 ff. BGB, welche in der Weise vor sich gehen kann, daß der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, die Verbindlichkeit also bereits in der Person dieses bisherigen Schuldners entstanden war. Andererseits verwendet das BGB den Ausdruck "Übernahme" aber auch in solchen Fällen, in denen die Verpflichtung des "Übernehmers" erst in dessen Person entsteht. So ist z. B. im § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB von der "Übernahme" der Bürgschaft die Rede, und auch § 438 BGB setzt voraus, daß der Verkäufer einer Forderung die Haftung für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners "übernimmt". In beiden Fällen werden die Bürgschaftsverpflichtung und die Haftungsverpflichtung erstmals in der Person des Bürgen oder Verkäufers begründet.

Das Grunderwerbsteuergesetz knüpft weitgehend an das bürgerliche Recht an. Der Begriff der "Übernahme" nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG kann nach seinem Wortlaut und erst recht nach seinem Sinn und Zweck nicht enger ausgelegt werden. Die genannte Vorschrift grenzt einen Teilabschnitt des Begriffes der Gegenleistung ab. Diese wiederum ist der Maßstab für die Steuer, weil in der Gegenleistung der Wert zum Ausdruck kommt, den das Grundstück nach der Vorstellung der Vertragspartner hat. Soll dieser Wert vollständig erfaßt werden, muß zur Gegenleistung im Sinne des § 11 GrEStG jede Leistung gehören, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung empfängt (vgl. das Urteil vom 27. Juni 1968 II 112/64, BFHE 93, 183, 185, BStBl II 1968, 690, 691). Verpflichtet sich der Käufer eines noch zu vermessenden Grundstücks gegenüber dem Verkäufer zur Zahlung der Vermessungskosten, so kann es demnach nicht darauf ankommen, ob vorher im Verhältnis zwischen den beiden Vertragspartnern die Kostentragungspflicht gem. § 448 Abs. 1 BGB bereits entstanden war oder nicht. Die Leistung liegt darin, daß der Käufer sich zur Zahlung solcher Kosten verpflichtet, die andernfalls kraft Gesetzes dem Verkäufer zur Last fallen würden.

Dieses Ergebnis wird auch durch die Begründung zu § 11 GrEStG 1940 gedeckt. Dort heißt es: "Als sonstige Leistungen kommen Leistungen jeder Art in Betracht, vor allem die Übernahme von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden (§ 439 Abs. 2 BGB), die Bestellung eines Altenteils oder auch die Leistung von Sachen oder Diensten" (RStBl 1940, 406, linke Spalte). Zumindest die Bestellung eines Altenteils besteht in der Begründung neuer und nicht in der Übernahme bereits entstandener Verpflichtungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71309

BStBl II 1975, 362

BFHE 1975, 507

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