Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine AfA-Befugnis einer Vermächtnisnießbraucherin

 

Leitsatz (NV)

Einer Vermächtnisnehmerin stehen auch dann keine AfA aufgrund von Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Erblassers zu, wenn sie auf ihren ursprünglichen Vermächtnisanspruch auf Verschaffung des Eigentums an einem Hausgrundstück verzichtet und sich mit dem Nießbrauch an dem Grundstück begnügt (Anschluß an BFH vom 28. September 1993 IX R 156/88, BFHE 172, 439, BStBl II 1994, 319).

 

Normenkette

EStG §§ 21, 7, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Großeltern der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) hatten im Jahre 1969 der Mutter der Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an einem Hausgrundstück übertragen und sich den lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten. Die Mutter der Klägerin hatte zugleich eine Verfügung von Todes wegen dahingehend getroffen, daß sie das Grundstück der Klägerin vermachte.

Kurz vor dem Tode der Mutter der Klägerin im Jahre 1976 schlossen die Eltern der Klägerin einen Erbvertrag, in dem der Vater der Klägerin als nicht befreiter Vorerbe und die Klägerin als Nacherbin eingesetzt wurden.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom August 1977 kamen die Klägerin und ihr Vater überein, den Vermächtnisanspruch der Klägerin durch Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchs an der Hälfte des Grundstücks zu erfüllen.

Nachdem die Großmutter der Klägerin als längstlebender Großelternteil im Jahre 1980 verstorben war, wurden die Einkünfte der Klägerin und deren Vater aus dem Hausgrundstück gesondert und einheitlich fest gestellt. Für die Jahre 1980 bis 1983 berücksichtigte das Finanzamt (FA) bei den er klärungsgemäßen Feststellungen jeweils Absetzungen für Abnutzung (AfA) hinsichtlich des gesamten Hauses.

Bei der Feststellung für das Jahr 1984 (Streitjahr) hingegen ließ das FA lediglich die Hälfte der geltend gemachten AfA als Werbungskosten zum Abzug zu, da die Klägerin als Zuwendungsnießbraucherin im Sinne des sog. Nießbrauchserlasses vom 15. November 1984 (BStBl I 1984, 561) nicht befugt sei, AfA in Anspruch zu nehmen.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Die Klägerin sei wie eine Vermächtnisnießbraucherin zu behandeln, die aufgrund ihres ursprünglichen Anspruchs auf Übertragung des Eigentums aus dem Hausgrundstück einer Vorbehaltsnießbraucherin nahe stehe und wie eine solche befugt sei, AfA in Anspruch zu nehmen.

Mit der Revision rügt der während des finanzgerichtlichen Verfahrens zuständig gewordene Beklagte und Revisionskläger (das FA) eine Verletzung der §§ 21, 7 i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zu Unrecht hat das FG auch für den mit dem Nießbrauch der Klägerin belasteten Teil des Hauses AfA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

1. Zwar ist die Beurteilung des FG, die Klägerin sei nach den Umständen des Streitfalls wie eine Vermächtnisnießbraucherin zu behandeln, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; hierfür spricht insbesondere die Tatsache, daß die Klägerin und ihr Vater einvernehmlich die Einräumung des Nießbrauchs als Erfüllung des Vermächtnisanspruchs der Klägerin angesehen haben.

Mit Recht macht das FA jedoch geltend, daß der Klägerin als Vermächtnisnießbraucherin die beanspruchten AfA nicht zustehen. Mit Urteil vom 28. September 1993 IX R 156/88 (BFHE 172, 439, BStBl II 1994, 319) hat der Senat entschieden, daß ein Vermächtnisnießbraucher AfA aufgrund von Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Erblassers nicht in Anspruch nehmen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung dieser Entscheidung Bezug genommen.

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht daraus, daß die Klägerin ursprünglich einen Vermächtnisanspruch auf Verschaffung des Eigentums an dem Hausgrundstück gegen ihren Vater als Erben hatte. Aufgrund der mit ihrem Vater im August 1977 getroffenen Vereinbarung hat die Klägerin auf ihren ursprünglichen Vermächtnisanspruch verzichtet und sich mit dem Nießbrauch an der Hälfte des Hausgrundstücks begnügt. Damit ist ihr Vater Rechtsnachfolger der Mutter der Klägerin geblieben, so daß ihm die von der Erblas serin oder deren Rechtsvorgängern getra genen Anschaffungs- oder Herstellungs kosten zuzurechnen sind. Die steuerrecht liche Beurteilung hat sich insoweit an den tatsächlichen Gegebenheiten und nicht an möglichen anderen Gestaltungen zu orientieren (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 826).

2. Die Sache ist spruchreif. Da das FA bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr zu Recht nur die Hälfte der geltend gemachten AfA als Werbungskosten berücksichtigt hat, ist die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420476

BFH/NV 1995, 595

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