Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die AntBewR 1953 sind als ein wertvolles und für die Einheitlichkeit der Bewertung geeignetes Verfahren anzuerkennen, als Verwaltungsvorschriften aber für die Gerichte nicht bindend.

Ein Vergleich mit notierten Aktien gleicher Branche kann das Bewertungsergebnis nicht beeinflussen.

Für die Ermittlung der Ertragsaussichten ist der ausschüttungsfähige Ertrag maßgebend. Die Soforthilfeabgaberaten und die Vierteljahreszahlungen auf die Vermögensabgabe belasten den Ertrag, schmälern die Ertragsaussichten und verkürzen ebenso wie die Personensteuern den ausschüttungsfähigen Ertrag. Die Soforthilfeabgaben sind deshalb voll und die Vierteljahrsbeträge der Vermögensabgabe auch mit den für die Körperschaftsteuer nicht abzugsfähigen zwei Dritteln bei Ermittlung der Ertragsaussichten abzuziehen.

§ 218 Abs. 2 und 4 AO gelten auch bei der Feststellung des gemeinen Wertes von nichtnotierten Aktien.

 

Normenkette

BewG § 13 Abs. 2, § 11/2; AntBewR; VStR Abschn. 76-79; BewDV § 72 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Bfin. ist eine AG; ihre Aktien haben keinen Kurswert. Das Finanzamt hat deshalb den gemeinen Wert nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren (Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften - AntBewR 1953 -) auf 156 v. H. festgestellt. Der Einheitswert des Betriebsvermögens ist zum 1. Januar 1953 vorläufig auf 6.000.000 DM und auf Grund einer Betriebsprüfung auf 6.300.000 DM endgültig festgestellt worden. Im Einheitswerte sind enthalten Baudarlehen mit zusammen 400.000 DM, eine Rücklage für Ausfuhrförderung mit 150.000 DM und eine Garantierückstellung mit 130.000 DM. Das Finanzamt hat vom Einheitswert entsprechend der tatsächlichen Ertragsbesteuerung abgesetzt:

62 v. H. der Baudarlehen, 62 v. H. der Ausfuhrförderung, außerdem die Garantierückstellung.

Außerdem wurde von dem um diesen Betrag und die Vermögensabgabe mit 1.700.000 DM gekürzten Wert ein Abschlag von 10 v. H. gemacht. Aus dem so ermittelten Vermögenswert ergab sich bei einem Aktienkapital von nominell 2.000.000 DM ein Anteilswert von 172 v. H. Der Ertragswert wurde aus den durchschnittlichen Erträgen der Jahre 1954 und 1955 angesetzt und zur Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinnes ein Abschlag von 30 v. H. gemacht. Bei einem Aktienkapital von 2.000.000 DM berechnet sich der Ertrags-Hundertsatz hiernach auf 8 v. H. Der gemeine Wert ergab sich nach Abschn. 2 Abs. 10 AntBewR 1953 mit rund 80 v. H. von 196 abgerundet 156 v. H.

Die der Ermittlung des Ertragswertes zugrunde gelegten Jahre 1954 und 1955 haben nach Mitteilung des Finanzamts an das Finanzgericht vom 20. Februar 1958 durch die Betriebsprüfung für 1954 und 1955 eine Erhöhung erfahren. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, daß die sich auf Grund der Betriebsprüfung ergebenden Tatsachen keine änderung der Anteilsbewertung ergeben sollten.

Das Finanzgericht hat im Berufungsverfahren den Wert der Anteile von 156 auf 175 für je 100 DM Anteile erhöht. Es hat den durch die Betriebsprüfung festgestellten höheren Einheitswert zugrunde gelegt und die Garantierückstellung nach dem Betriebsprüfungsberichte mit nur 65.000 DM abgezogen. Nach Abzug von 10 v. H. errechnete es den Vermögenswert auf 183 v. H. Eine von der Bfin. zum Abzug beantragte Rücklage für Ersatzbeschaffung erkannte es nicht an.

Bei der Ermittlung des Ertragswertes ist das Finanzgericht von den Erträgen 1950 bis 1953 ausgegangen, hat unter Berücksichtigung der durch die Berichtigungsveranlagungen eingetretenen Veränderungen einen durchschnittlichen Jahresertrag von 253.500 DM errechnet und einen Ertrags-Hundertsatz von 12,6 v. H. ermittelt. Sonderabschläge wegen schwerer Verkäuflichkeit, Konjunkturrückganges und eines Mißverhältnisses zwischen Vermögens- und Ertragswert hat das Finanzgericht abgelehnt.

Die Rb. rügt wesentliche Verfahrensmängel und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechtes. Die Bfin. ist der Ansicht, daß die AntBewR 1953 in der Schätzungsmethode und in einzelnen Punkten mit dem Bewertungsgesetz (BewG) nicht vereinbar sind. Der Senat hielt es daher für angemessen, den Beteiligten und dem Bundesminister der Finanzen in einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Bundesminister der Finanzen hat in der mündlichen Verhandlung seinen Beitritt zu dem Verfahren erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen.

I. - Zu Unrecht beruft sich die Steuerpflichtige darauf, das Finanzgericht habe ihr in nicht ausreichender Weise die Absicht der Verböserung zu erkennen gegeben. Das Finanzgericht hat am 1. März 1958 dem Rechtsvertreter der Bfin. mitgeteilt, daß "nach den Feststellungen der Betriebsprüfung auch mit einer Erhöhung der Werte gerechnet werden müsse" und die Rücknahme des Rechtsmittels anheimgestellt. Damit hat das Finanzgericht eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß das Ergebnis der Betriebsprüfung zu einer Verböserung führen könne, und der Verpflichtung zur Gewährung des rechtlichen Gehörs genügt. Tatsächlich hat die Bfin. in ihrem darauf folgenden Schriftsatz auf die Stellungnahme des Finanzamts erwidert; sie kann sich nicht darauf berufen, ihr nachfolgender Schriftsatz habe die Angaben des Finanzamts "richtiggestellt", so daß sie habe annehmen dürfen, daß eine Verböserung nicht in Betracht komme. Die Beurteilung des Vorbringens der Beteiligten liegt ausschließlich beim Finanzgericht; kein Beteiligter kann sich darauf verlassen, daß sein Vorbringen die Stellungnahme des Prozeßgegners entkräftet.

Richtig ist, daß sich das Finanzamt in seinem Schriftsatze vom 10. Dezember 1957 auf eine Stellungnahme des Betriebsprüfers bezogen hat, die der Bfin. nicht mitgeteilt worden ist. Dies ist ein Mangel im Verfahren. Seinetwegen unterliegt die Vorentscheidung aber nicht der Aufhebung, weil der Inhalt der Stellungnahme im Schriftsatze des Finanzamts wiedergegeben ist. Das dem Steuerpflichtigen zu gewährende Gehör verlangt, daß einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 440/54 vom 25. Oktober 1956, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung § 204, Rechtsspruch 13 = Neue Juristische Wochenschrift 1957 S. 17). Die Nichtmitteilung hat aber das rechtliche Gehör der Bfin. nicht beschränkt, weil die Stellungnahme keine der Bfin. unbekannten Tatsachen enthielt, und das Ergebnis der Entscheidung durch ihren Inhalt nicht beeinflußt worden ist. Das der Bfin. unbekannte Schreiben des Finanzgerichts vom 24. Januar 1958 enthielt die Bitte um Mitteilung des Ergebnisses der Betriebsprüfung; dies ist eine prozeßleitende Verfügung, die der anderen Prozeßpartei nicht bekanntgegeben werden muß.

Ferner rügt die Bfin., daß ihr Schriftsatz vom 7. Mai 1958 nicht dem Finanzamt und der Schriftsatz des Finanzamts vom 20. Mai 1958 ihr nicht mitgeteilt worden sei. § 269 AO stellt nur eine Sollvorschrift dar (vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 269 Anm. 2). Die Nichtmitteilung eines Schriftsatzes enthält aber einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn sachlich das Gebot ausreichenden Gehörs verletzt ist (Urteile des Reichsfinanzhofs VI e A 27/24 vom 5. März 1924, Slg. Bd. 13 S. 224; III A 519/31 vom 28. Juli 1932, RStBl 1932 S. 870). Ein solcher Mangel kann für die Bfin. keinesfalls darin bestehen, daß ihr Schriftsatz dem Finanzamt nicht mitgeteilt worden ist. Anders könnte dagegen die Tatsache zu beurteilen sein, daß das Finanzgericht der Bfin. den Schriftsatz des Finanzamts nicht mitgeteilt hat. Das Finanzamt hat hier rechtlich erhebliche Ausführungen über die Ertragsaussichten gemacht und Auszüge aus Geschäftsberichten der Firma vorgetragen. Dies war ein neues tatsächliches Vorbringen, das der Bfin. hätte zur Stellungnahme zugänglich gemacht werden müssen, zumal der Schriftsatz am 21. Mai 1958 beim Finanzgericht einging und das Urteil des Finanzgerichts erst am 24. Juni 1958 gefällt wurde. Das Finanzgericht hat allerdings den Schriftsatz des Finanzamts im Urteil nicht ausdrücklich verwendet. Die Frage, ob dieser Mangel zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, kann aber hier dahingestellt bleiben, weil das Urteil des Finanzgerichts aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

II. - Für Aktien, die im Inland keinen Kurswert haben, ist nach § 13 BewG der gemeine Wert maßgebend. Läßt sich dieser aus Verkäufen nicht ableiten, so muß er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft geschätzt werden. Müßten sich die Finanzämter für die Bewertung solcher Anteile nur auf § 13 BewG verlassen, so wäre eine unerträgliche Ungleichmäßigkeit nicht zu vermeiden. Wenn daher der frühere Reichsminister der Finanzen auf Anregung der beteiligten Wirtschaftskreise zunächst das sogenannte Berliner Verfahren und seit 1953 der Bundesminister der Finanzen das sogenannte Stuttgarter Verfahren als Richtlinie den Finanzämtern an die Hand gab, so entsprach er damit einem Bedürfnis der Praxis, das auch von den Steuergerichten anerkannt und gebilligt wurde. Der Senat ist der Ansicht, daß die AntBewR 1953 vom 14. Februar 1955 (BStBl 1955 I S. 97) als wertvolles und für die Einheitlichkeit der Bewertung geeignetes Verfahren grundsätzlich auch von den Gerichten zu beachten sind. Der Bfin. ist allerdings darin beizutreten, daß die AntBewR 1953 für die Steuergerichte nicht bindend sind; sie sind als Verwaltungsvorschriften unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Art. 108 Abs. 6 des Grundgesetzes und vorbehaltlich der Entscheidung der Rechtsmittelbehörden erlassen worden.

Wenn die Bfin. als Grundfehler der AntBewR 1953 die überwiegende Berücksichtigung des Vermögenswertanteils sieht, so ist darauf hinzuweisen, daß zuvor beim Berliner Verfahren die Stellung des Ertragswertes neben dem Vermögenswerte zu der Klage Anlaß gab, die Ertragsaussichten seien über Gebühr berücksichtigt (vgl. statt aller Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 13 Anm. 11, und Krekeler, Kommentar zum Bewertungsgesetz, 6. Auflage, § 13 Abs. 2 Anm. II). Nach dem Gesetze sind Gesamtvermögen und Ertragsaussichten bei der Bewertung heranzuziehen; dies ist bei den AntBewR 1953 beachtet, so daß kein Anlaß besteht, die AntBewR 1953 deshalb für unbrauchbar zu erklären, wenn dem Vermögenswerte eine höhere Bedeutung beigemessen wird als den Ertragsaussichten. Hierdurch wird erreicht, daß der Steuerpflichtige keinesfalls mehr Vermögen versteuert, als an durch die Anteile vermitteltem Vermögen tatsächlich vorhanden ist. Erfahrungsgemäß liegen diese steuerlichen Werte unter dem gemeinen Werte, so daß der Steuerpflichtige durch diese Schätzungsmethode nicht beschwert wird. Außerdem bieten die verschiedenen Möglichkeiten zu Abschlägen zur Berücksichtigung von Verhältnissen des einzelnen Falles hinreichend Bewegungsfreiheit.

III. - Wenn die Bfin. meint, es müsse bei der Bewertung unnotierter Anteile stets ein Vergleich mit notierten Papieren gleicher Branche vorgenommen werden und der ermittelte Wert dürfe in keinem Falle über dem "allgemeinen Niveau" dieser notierten Papiere liegen, so kann dieser Ansicht nicht beigepflichtet werden. Für die Kursbildung am Aktienmarkte sind außer dem Vermögen und dem Ertrage der Gesellschaft weitere Faktoren maßgeblich, die nach dem BewG nicht berücksichtigt werden sollen, weil sie einer Erkenntnis für die Bildung von steuerlichen Werten nicht zugänglich sind. Die Börsenwerte werden, abgesehen von dem Verhältnis von Angebot zu Nachfrage, von innen- und außenpolitischen und vielen anderen unwägbaren Faktoren bestimmt (vgl. Zintzen in GmbH-Rundschau 1955 S. 188), die bei einer Gleichmäßigkeit und Stetigkeit anstrebenden Bewertung nicht berücksichtigungsfähig sind. Es mag auch darauf hingewiesen werden, daß z. Zt. die nach den AntBewR ermittelten Werte im allgemeinen unter den Börsenkurswerten liegen. Wollte man der Bfin. folgen, so müßte der Vergleich mit den Börsenkurswerten auch Platz greifen, wenn durch eine Börsenhausse überdurchschnittlich hohe Preise für Aktien erzielt werden. Den AntBewR 1953 kann deshalb die Anerkennung nicht um dessentwillen versagt werden, weil sie eine Ausrichtung der Werte nach den Börsenkursen der notierten Wertpapiere nicht vorsehen.

IV. - Wenn die AntBewR 1953 zur Ermittlung des Vermögenswertes vorschreiben, das gesamte Vermögen der Gesellschaft zu berechnen und vom Einheitswert auszugehen, so stimmen sie darin mit § 13 Abs. 2 BewG überein, wonach bei der Schätzung das Gesamtvermögen der Gesellschaft zu berücksichtigen ist. Der Einheitswert der Firma beträgt nach dem Einheitswertbescheide 6.300.000 DM. Mit dem Finanzgericht ist davon auszugehen, daß dieser Wert maßgeblich ist, wenn er vor der Entscheidung der Tatsacheninstanz vorliegt. Die Bewertung wäre unrichtig, wenn man statt dessen einen vor der Betriebsprüfung angenommenen unrichtigen Einheitswert zugrunde legen müßte. Die Ansicht, daß solche neuen Tatsachen die früheren Berechnungsgrundlagen für die Anteilsbewertung nicht beeinflussen könnten, findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr schreibt § 72 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vor, daß die Vorschriften des § 218 Abs. 2 und 4 AO auch in diesem Verfahren gelten. Zutreffend ist ferner, daß von diesem Werte der Zeitwert der Vermögensabgabe abzuziehen ist. Ein Abzug der Garantierückstellung vom Einheitswerte ist hier nicht mehr geboten, weil die von der Betriebsprüfung zugelassene Rückstellung zutreffend schon bei der Ermittlung des Einheitswertes vom Betriebsvermögen abgezogen wurde.

Mit Recht hat die Vorinstanz einen Abzug der Rücklage für Ersatzbeschaffung abgelehnt. Aus dem Inhalte der Akten ergibt sich, daß die Rücklage aus Entschädigungszahlungen für Beschädigungen und Verlust von Gegenständen während der Beschlagnahmezeit des Zweigwerkes gebildet worden ist. Solche Rücklagen gehören grundsätzlich zum Vermögen der Gesellschaft und können nicht vom Einheitswerte abgezogen werden. Wenn die Bfin. ausführt, die Unterlassung der Reparaturen und der Wiederbeschaffung habe den Wert des Zweigwerkes herabgesetzt und diese Wertminderung sei im Einheitswerte nicht hinreichend berücksichtigt, so kann auch diese Einwendung nicht zu dem angestrebten Erfolg führen. Im allgemeinen sind die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit dem Teilwerte anzusetzen, so daß Wertminderungen den Einheitswert beeinflussen. Soweit aber im Einheitswerte Grundstücke enthalten sind, deren Wertminderung durch eine Fortschreibung nicht ausgeglichen werden kann, muß eine solche als gering anzusehende Wertminderung auch hier unberücksichtigt bleiben. Es kann nicht die Aufgabe der Anteilsbewertung sein, die festgestellten Einheitswerte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Vorinstanzen haben daher mit Recht in der Rücklage keine Wertkorrektur, sondern eine Rücklage für künftige Instandsetzungen und Ersatzbeschaffungen gesehen und den Abzug vom Einheitswerte versagt.

V. - Der zweite Bewertungsfaktor sind die Ertragsaussichten der Gesellschaft. Da eine freie Schätzung der Zukunftsergebnisse zu großen Schwierigkeiten führen würde, ist es nicht zu beanstanden, wenn die AntBewR 1953 von einem Durchschnitte der vergangenen Jahreserträge in Verbindung mit dem Ertrage 1953 ausgehen. Das ist hier durch Heranziehung der Betriebsergebnisse der Jahre 1950, 1951, 1952 und 1953 geschehen. Das Finanzgericht hat mit Recht die Heranziehung der Erträge der Jahre 1954 und 1955 abgelehnt, da die Heranziehung ausschließlich der nach dem Stichtage liegenden Ergebnisse mit dem Stichtagsprinzip nicht übereinstimmen würde. Zudem widerlegen diese Erträge die Schätzung nach den vorangegangenen Jahresergebnissen in keiner Weise, würden vielmehr eher auf der Grundlage der Betriebsprüfungsergebnisse zu einem höheren geschätzten Jahresertrage führen, so daß sich die Bfin. insoweit nicht beschwert fühlen kann.

Der Bfin. kann nicht in ihrem Begehren gefolgt werden, den Abschlag von 30 v. H. vom Jahresertrage zu erhöhen. Dieser Abschlag ist aus den in den AntBewR 1953 angegebenen Gründen gerechtfertigt, aber auch im allgemeinen ausreichend. Daß im Einzelfalle die Ausschüttungsfähigkeit in höherem Maße beeinflußt werden kann, ist unstreitig und in den Richtlinien auch anerkannt. Gründe aber, die das Betriebsergebnis in außergewöhnlichem Maße binden, sind hier nicht erkennbar.

Unrichtig ist es, wenn die Firma zur Begründung eines höheren Abschlages die tatsächlichen Ausschüttungen heranziehen will. Bei der hier in Rede stehenden Familiengesellschaft bilden die tatsächlichen Ausschüttungen keinen geeigneten Maßstab für die Ertragsaussichten, weil sie von anderen, nicht erkennbaren Beweggründen beeinflußt sind. Es ist deshalb gerade bei solchen Betrieben die Ausschüttungsmöglichkeit für eine Schätzung mehr geeignet als die tatsächliche Ausschüttung. Den AntBewR 1953 ist daher auch insoweit zu folgen, als sie den ausschüttungsfähigen Ertrag für maßgebend halten (vgl. Abschn. 2 b Abs. 7 a. a. O.). Dies stimmt auch mit dem Urteil des Reichsfinanzhofs III 257/37 vom 24. Februar 1938 (RStBl 1938 S. 539) überein, das bei der Ermittlung des Ertragswertes und bei einem Ausgehen von der Steuerbilanz Einnahmen und Ausgaben, die lediglich aus steuerrechtlichen Gründen außer Ansatz bleiben (z. B. Personalsteuern, Aufsichtsratsvergütungen) berücksichtigt wissen will. Nach den AntBewR 1953 Abschn. 2 b Abs. 6 Ziff. 2 sind Personensteuern vom körperschaftsteuerlichen Gewinne abzusetzen. Mit dieser richtigen Grundansicht kann es aber nicht in Einklang gebracht werden, wenn die Vermögensabgabe nicht weiter berücksichtigt werden soll als mit dem Drittel der Vierteljahresbeträge, die nach § 211 Abs. 1 Ziff. 1 LAG bereits als Betriebsausgaben behandelt werden, und die Soforthilfeabgabe nur mit dem Zinsanteil. Wenn Rößler (Deutsche Steuer-Zeitung 1953 Ausgabe A S. 246) darauf hinweist, daß die Abgaben des LAG eine Belastung der Substanz darstellten und aus ihr zu zahlen seien, so kann ihm nicht gefolgt werden. Die Soforthilfeabgabe wurde in Raten erhoben; die Vermögensabgabeschuld ist verrentet und wird in Vierteljahrsbeträgen erhoben. Dies ist geschehen, weil Abgaben in der im LAG festgesetzten Höhe aus der Substanz ohne schwerste Schädigungen der Gesamtwirtschaft nicht auf einmal realisierbar waren. Die Verrentung hatte daher den Sinn, die Zahlungen aus dem Ertrage zu ermöglichen. Sie belasten deshalb wirtschaftlich den Ertrag und schmälern die Ertragsaussichten der Gesellschaften; sie verkürzen ebenso wie die Personensteuern den ausschüttungsfähigen Ertrag, auf den es nach der Rechtsprechung und nach den AntBewR 1953 ankommt (vgl. auch Berg, GmbH-Rundschau 1954 S. 5; Böttcher, Steuer und Wirtschaft 1953, Spalte 515; Wetter, Wertpapier-Mitteilungen 1956, Sonderbeilage 3/1956 S. 10; Henninger, GmbH-Rundschau 1959 S. 98). Es spricht nichts dafür, daß die Belastung mit den Vierteljahrsbeträgen zur Vermögensabgabe oder mit der restlichen Soforthilfeabgabe durch den Abschlag von 30 v. H. nach Abschn. 2 Abs. 7 AntBewR 1953 abgegolten sein sollte, zumal die laufenden Personensteuern neben diesem Abschlage zum Abzug zugelassen werden.

Wenn der Vertreter des Bundesministers der Finanzen in der mündlichen Verhandlung darauf hinwies, daß wegen des Abzuges der Vermögensabgabe bei der Ermittlung des Vermögenswertes für die Berücksichtigung der Vierteljahreszahlungen beim Ertragswert kein Raum mehr sei, so kann diese Einlassung die Tatsache, daß die Beträge für eine Ausschüttung nicht mehr zur Verfügung stehen, nicht widerlegen. Der Fall liegt ähnlich wie bei einem Rentenstammrecht, dessen kapitalisierter Wert das Vermögen und dessen laufende Zahlungen den Ertrag belasten. Ob die Kürzungsmöglichkeit des Vermögenswertes um die Vermögensabgabe wirklich wegfallen müßte oder ob nicht auch der Vermögenswert bei der hier in Rede stehenden Schätzung als belastet angesehen werden dürfte, ist hier nicht zu entscheiden.

Im Ergebnis sind deshalb bei der Ermittlung der Ertragsaussichten die Soforthilfeabgabe voll und die Vierteljahrsbeträge der Vermögensabgabe auch mit den restlichen 2/3 zum Abzuge zuzulassen. Da die Vorinstanzen dies verkannt haben, sind ihre Entscheidungen aufzuheben. Die Ausführungen des Finanzgerichts zur Versagung von Sonderabschlägen wegen schwerer Verkäuflichkeit, Konjunkturrückganges und eines Mißverhältnisses zwischen Vermögens- und Ertragswert sind nicht zu beanstanden.

Die Sache geht zur erneuten Bewertung der Aktien unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen an das Finanzamt zurück. Anmerkung: Die vorstehenden Beträge entsprechen nicht den tatsächlichen Zahlen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409923

BStBl III 1961, 92

BFHE 1961, 241

BFHE 72, 241

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