Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungen einer Bank gegen Abtretung der Konkursforderungen des Unternehmers als Entgelt eines Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

Wird das Entgelt für eine Leistung des Unternehmers wegen des Konkurses des Leistungsempfängers uneinbringlich und zahlt eine Bank, die zu dem Leistungsempfänger Geschäftsbeziehungen unterhalten hat, an den Unternehmer gegen Abtretung der Konkursforderung einen Betrag, der sich ―unter Berücksichtigung von Gewährleistungsansprüchen― an der Höhe des noch nicht bezahlten Entgelts orientiert, kann diese Zahlung Entgelt eines Dritten für die Leistung des Unternehmers sein.

 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 17 Abs. 2 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a

 

Verfahrensgang

FG München (EFG 2000, 1280)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte durch eine Organgesellschaft (R) für Gesellschaften der X-Gruppe Trockenbauarbeiten an einem Geschäftsgebäude aus. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Leistungsempfänger (1994) waren die Bauleistungen bereits abgenommen, aber in Höhe von insgesamt 984 274,45 DM noch nicht bezahlt.

Am 25. November 1994 trat R der A, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der B, die Konkursforderung gegen einen "Kaufpreis" von 740 000 DM ab. Anlass für die Vereinbarung war die Zusage der B, sie werde gegenüber den Handwerkern für ausstehende Forderungen für Bauleistungen an Objekten der X-Gruppe, die von der B finanziert worden seien, einstehen. In einer Präambel des Vertrages wird unter Bezugnahme auf die zuvor beschriebenen Forderungen der R erläutert, die von R an die Gemeinschuldnerin erbrachten und abgenommenen Leistungen seien noch nicht (vollständig) bezahlt worden. Die B halte Grundschulden an dem Objekt und werde dieses voraussichtlich übernehmen. Die A sei "bereit, die Konkursforderungen zu einem Preis anzukaufen, der sich unter Berücksichtigung etwaig gegenüber der A übernommenen Gewährleistung an den bereits erbrachten, aber noch nicht bezahlten Leistungen orientiert". R verpflichtete sich für den Fall, dass sie ―abweichend von ihren Angaben gegenüber der A― für ihre Leistungen an die Gesellschaften der X-Gruppe von den Gemeinschuldnern oder einem Dritten mehr als den gegenüber der A bezifferten Betrag erhalten habe oder werde, diesen Differenzbetrag zuzüglich einer Vertragsstrafe in gleicher Höhe an die A zurückzuzahlen. Zugleich verpflichtete sich R, für die Bauleistungen (auch) gegenüber der A für fünf Jahre ab der Abnahme die Gewährleistung nach VOB zu übernehmen.

Die Abtretung sollte zunächst nicht offen gelegt werden und R verpflichtete sich, die ausgeschüttete Konkursquote an die A weiterzuleiten.

Die Klägerin behandelte in der Umsatzsteuererklärung für 1994 die Restforderungen als uneinbringlich i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Die Zahlungen der A erklärte sie als Entgelt für steuerfreie Leistungen.

Abweichend hiervon beurteilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Zahlung der A in Höhe von 740 000 DM als Entgelt für die von der R erbrachten Bauleistungen und erhöhte die Umsatzsteuer im geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 18. August 1995 dementsprechend um 103 578 DM.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, Forderungsabtretung und Gewährleistungsverpflichtung seien eine einheitliche sonstige Leistung, die nicht die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung erfülle. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1280 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

Sie trägt im Wesentlichen vor: Gewährleistungsübernahme und Forderungskauf seien selbständige Leistungen mit unterschiedlichen Zielrichtungen; Letztere habe auch den Charakter einer freiwilligen Schadensersatzleistung, Erstere diene dem Interesse der Bank an der Fertigstellung und Abwicklung des Bauobjektes. Beide könnten jeweils für sich bestehen und die Entrichtung eines Gesamtentgeltes sei umsatzsteuerrechtlich insoweit ohne Bedeutung.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 28. Januar 1999 dahin gehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 41 051 827,52 DM herabgesetzt wird.

Sie regt im Schriftsatz vom 28. September 2001 ergänzend an, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

"Ist als Entgelt für eine Leistung (Art. 10 der 6. Richtlinie) auch eine Vergütung einzubeziehen, welche ein Dritter für den Erwerb der der Leistung zugrunde liegenden Forderung zahlt?

Kann eine Vergütung auch dann als 'für den Erwerb einer Forderung geleistet' angesehen werden, wenn die Vergütung den Wert der Forderung erheblich übersteigt?

Sind für die Beurteilung der Frage, ob eine Zahlung für den Forderungserwerb oder für die diese begründende Leistung erfolgt, zivilrechtliche, wirtschaftliche oder autonom gemeinschaftsrechtliche Maßstäbe anzulegen?

Wenn gemeinschaftsrechtliche Maßstäbe anzulegen sind: Wie können diese abstrakt-generell umschrieben werden? Welches sind die autonomen gemeinschaftsrechtlichen Maßstäbe, nach denen die Frage zu beantworten ist, ob eine Zahlung für den Erwerb einer Geldforderung oder für die Leistung erfolgt, die diese Geldforderung begründet hat?"

Das FA tritt der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist im Ergebnis unbegründet (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Zahlung der A zählt als Entgelt von dritter Seite zur Bemessungsgrundlage für die Leistungen der R an die Unternehmen der X-Gruppe.

1. Bemessungsgrundlage für die Leistungen der R an die Unternehmen der X-Gruppe war zunächst das mit diesen hierfür vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG).

2. Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, dass mit Konkurseintritt das Entgelt unbeschadet einer möglichen Konkursquote i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG in voller Höhe uneinbringlich wurde (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 28. Juni 2000 V R 45/99, BFHE 192, 129, BStBl II 2000, 704; vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226).

3. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG der Steuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen. Vereinnahmt der Unternehmer nach Konkurseintritt schon im selben Kalenderjahr das Entgelt ganz oder teilweise, ist die Bemessungsgrundlage schon im Kalenderjahr des Konkurseintritts entsprechend zu erhöhen (vgl. Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz. 11, m.w.N.). Entgegen der Auffassung des FG ist die im Streitjahr 1994 erfolgte Zahlung der A in Höhe von 740 000 DM Entgelt für die Leistungen der R an die Unternehmen der X-Gruppe.

a) Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer für Lieferungen ist das vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG).

b) Nach Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen … "alles was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen".

c) Trotz der vorhandenen Formulierungsunterschiede führen im Streitfall beide Regelungen zum selben Ergebnis. Weder schließt die Formulierung in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG die Anknüpfung an die Aufwendungen des Leistungsempfängers aus (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2001 Rs. C-34/99, Primback Ltd., Umsatzsteuer-Rundschau ―UR― 2001, 308 Rz. 43), noch verbietet die auf den typischen Fall des gegenseitigen Vertrages zugeschnittene Formulierung in § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG die Berücksichtigung der Sicht des Leistenden. Eine Zahlung/Aufwendung ist grundsätzlich (nur) dann Entgelt/Gegenleistung für eine bestimmte Leistung, wenn sie "für die Leistung" bzw. "für diese Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt (EuGH-Urteile in UR 2001, 308; vom 24. Oktober 1996 Rs. C-317/94, Elida Gibbs, Slg. 1996 I, 5339, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1997, 111; vom 3. März 1994 Rs. C-16/93, Tolsma, HFR 1994, 357; vom 25. Mai 1993 Rs. C-18/92, Bally, Slg. 1993 I, 2871; z.B. BFH-Urteile vom 26. Oktober 2000 V R 12/00, BFH/NV 2001, 494; vom 13. November 1997 V R 11/97, BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169; vom 15. Oktober 1998 V R 51/96, BFH/NV 1999, 833, m.w.N.; vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 16/99, BFH/NV 2000, 1057).

Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält, denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen "anderen als den Leistungsempfänger" (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) bzw. durch einen "Dritten" (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG) erfolgen, d.h. durch einen nicht mit dem Leistungsempfänger identischen Zahlenden (EuGH-Urteil in Slg. 1993 I, 2871, UR 1994, 72 Rz. 17). Maßgebend ist insoweit, dass die Zahlung des Dritten für die fragliche Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger gewährt wird, bzw. dass er die Zahlung hierfür erhält. Es ist insoweit unerheblich, dass diese Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1993 I, 2871, UR 1994, 72 Rz. 8, 16 und 17).

Inwieweit bei Zahlungen aufgrund von Förderungsregelungen der öffentlichen Hand darauf abzustellen ist, ob der Leistungsempfänger einen Rechtsanspruch auf die Zahlung hat oder die Zahlung zumindest im Interesse des Leistungsempfängers gewährt wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Juni 1986 V R 93/77, BFHE 147, 79, BStBl II 1986, 723; vom 25. November 1986 V R 109/78, BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228), bedarf im Streitfall keiner Erörterung, denn ein solcher Sachverhalt ist hier nicht gegeben.

d) Liegt ―wie im Streitfall zwischen der R und den Unternehmen der X-Gruppe― eine entgeltliche Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, ist für deren Besteuerung unerheblich, ob der Leistungsempfänger die Entgeltsverpflichtung in eigener Person erfüllt oder ob ein anderer vereinbarungsgemäß den vom Leistungsempfänger für die Leistung geschuldeten Betrag bezahlt. Ohne Bedeutung für die Umsatzsteuer ist deshalb, ob der Leistungsempfänger selbst einen "Dritten" wie z.B. eine Bank oder ein Kreditkartenunternehmen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1993 I, 2871, 2896 Rz. 17) zur Erfüllung seiner Entgeltsverpflichtung einschaltet oder ob ein Dritter ―z.B. ein Bürge im Fall des Ausbleibens der Gegenleistung― dem Leistenden für die Erfüllung der Entgeltsverpflichtung des Leistungsempfängers einsteht (vgl. Widmann in Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 10 Rz. 249). Dass der Zahlende zugleich eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger und/oder gegenüber dem leistenden Unternehmer erfüllt, steht der Beurteilung der Zahlung als Entgelt in einem anderen Rechtsverhältnis nicht entgegen (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 1993 I, 2871; in UR 2001, 308). Unerheblich ist deshalb auch, dass der Dritte mit der Zahlung für eine Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger auch noch andere Erwartungen oder Zwecke verbindet.

4. Die Sache ist spruchreif (§ 126 Abs. 4 FGO). Das FG ist zwar bei seiner Entscheidung von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen. Der Senat kann aber die Vorentscheidung aus folgenden Gründen bestätigen: Maßgeblich für die Beurteilung der Zahlung an die R ist der Inhalt der zwischen ihr und der A getroffenen Vereinbarungen.

a) Der BFH kann als Revisionsgericht das Urteil des FG daraufhin überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind. Insoweit ist die Auslegung von Verträgen Rechtsanwendung, die vom BFH in vollem Umfang nachprüfbar ist. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist danach auch, ob eine Auslegung nach dem Wortlaut des Vertrages möglich ist, sowie die Frage, ob das FG die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten (z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 9. Juli 2001 II ZR 228/99, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 2001, 1395; vom 3. April 2000 II ZR 194/98, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht ―WM― 2000, 1195, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 2000, 2099), erforscht und zutreffend gewürdigt hat (z.B. BFH-Urteile vom 16. Juni 1999 II R 20/98, BFH/NV 2000, 80; vom 6. Februar 1985 I R 80/81, BFHE 143, 426, BStBl II 1985, 420).

b) Das FG beurteilt die Vereinbarung vom 25. November 1994 als eine einheitliche, aus Forderungskauf und Gewährleistungsübernahme bestehende sonstige Leistung. Es hat sich bei der Auslegung allein an der Vertragsbezeichnung durch die Vertragsbeteiligten orientiert und hierbei wesentliche Begleitumstände nicht beachtet. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989 V R 125/84, BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401).

Vereinbarungen sind bürgerlich-rechtlich nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―) und nicht allein danach zu beurteilen, wie die Vertragsschließenden die wirklich gewollten Rechtsfolgen selbst bezeichnet haben. Die hier als "Forderungskauf" bezeichnete Vereinbarung erfüllte im Streitfall erkennbar keine der mit einem Forderungskauf typischerweise verbundenen Dienstleistungs-, Kreditierungs- oder Delkrederefunktion; der Wert der Forderung betrug ―selbst wenn im Zeitpunkt der Vereinbarung die Höhe der Konkursquote noch nicht endgültig feststand― auch für die Beteiligten offensichtlich nur einen geringen Bruchteil des Betrages, zu dessen Zahlung sich die A gegenüber der R verpflichtet hatte. Die Vereinbarung beruht nach den Feststellungen des FG auf der Zusage der B an Bauhandwerker in Medieninterviews zum Konkurs. Grund hierfür war der in der Öffentlichkeit erhobene Vorwurf, dass die B, obwohl sie Kredite in erheblicher Höhe möglicherweise aufgrund unzureichender Prüfung gewährt hatte, durch Grundpfandrechte umfassend gesichert war, während die Handwerker ―die keine einem Großkreditgeber entsprechenden Prüfungsmöglichkeiten haben― wegen ihrer Forderungen im Zweifel leer ausgehen würden. Ziel und wirtschaftlicher Kern der Vereinbarung ist die Verpflichtung der A gegenüber der R, an Stelle der in Konkurs gefallenen Leistungsempfänger das ausstehende Entgelt für die bereits ausgeführten, in der Vereinbarung konkret bezeichneten Leistungen der R gegenüber den Unternehmern der X-Gruppe zu bezahlen. Dies genügt für die Annahme einer umsatzsteuerrechtlich relevanten Verknüpfung zwischen der Zahlung und den streitigen Leistungen der R. Unerheblich ist deshalb, dass die A die Leistungen der R nicht im Interesse der Leistungsempfänger und nicht mit befreiender Wirkung für die Gemeinschuldner bezahlen wollte und sich, um dies zu erreichen, die Forderung gegen die Gemeinschuldnerin hat abtreten lassen. Unbeachtlich ist deshalb auch der Einwand der Klägerin, die A habe nur einer Rufschädigung der B entgegenwirken wollen.

Auch der Einwand der Klägerin, die A habe letztlich zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen der Handwerker gezahlt, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit der Leistung ist Entgelt auch eine Ersatzleistung, welche die Entgeltszahlung des Leistungsempfängers ersetzt (vgl. bereits BFH-Urteil vom 22. November 1962 V 192/60 U, BFHE 76, 298, BStBl III 1963, 106).

Die Abtretung der Konkursforderung, deren Geltendmachung weiterhin der R oblag, diente ähnlich dem Forderungsübergang bei der Bürgschaft lediglich dem Zweck, die Zahlung der A im Ergebnis auf den Betrag zu beschränken, den die R wegen des Konkurses vom Leistungsempfänger selbst nicht mehr erhalten konnte. Sie stellt, ebenso wie die Verpflichtung der R, (auch) gegenüber der A die im Werkvertrag mit den Unternehmen der X-Gruppe vereinbarten Gewährleistungsverpflichtungen zu erfüllen, umsatzsteuerrechtlich keine eigenständige Leistung dar. Die Gewährleistungsverpflichtung war unselbständige Sekundärverpflichtung der R aus dem Werkvertrag mit den Bestellern der X-Gruppe. Eine eigenständige Bedeutung kommt ihr nicht deshalb zu, weil die R ―nach Übernahme der Entgeltszahlung durch die A― auch dieser das Recht eingeräumt hat, im Gewährleistungsfall die den Gemeinschuldnern zustehenden Rechte neben oder anstelle der Gemeinschuldner geltend zu machen.

c) Soweit dem ―im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ergangenen― Senatsbeschluss vom 15. Juli 1997 V B 122/96 (BFH/NV 1998, 499) abweichende Grundsätze zu entnehmen sind, hält der Senat hieran nicht fest.

5. Entscheidungserhebliche Zweifelsfragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werden müssten, stellen sich im Streitfall nicht. Für die Anwendung von Gemeinschaftsrecht auf den jeweiligen Sachverhalt ist der EuGH nicht zuständig; die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, um deren umsatzsteuerrechtliche Beurteilung es geht, ist deshalb Sache des nationalen Gerichts (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 28. März 1979 Rs. 222/78, ICAP, EuGHE 1979, 1163 Rz. 10 bis 12; vom 18. Oktober 1990 Rs. C-297/88, Dzodzi, EuGHE 1990, I-3763 Rz. 38; vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96, Slg. I 1999, 973; BFH-Urteil vom 9. September 1998 I R 6/96, BFHE 187, 215, BStBl II 1999, 129, m.w.N.).

Durch die Rechtsprechung des EuGH ist geklärt, dass eine Zahlung/Aufwendung grundsätzlich (nur) dann Entgelt/Gegenleistung für eine bestimmte Leistung ist, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis", d.h. den vertraglichen Beziehungen zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt und weiter, dass bei Zahlung eines Dritten für die Leistung an den Leistungsempfänger hiervon das der Zahlung zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen Zahlendem und Leistungsempfänger und/oder Leistendem zu unterscheiden ist. Im Streitfall geht es nur um die Anwendung der Grundsätze dieser Rechtsprechung auf einen weiteren Einzelfall - der insbesondere durch die erwähnte Zusage der B geprägt ist. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Forderungskaufes (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2001 V R 34/99, BFHE 194, 544, UR 2001, 393) ist im Streitfall nach Auffassung des Senats nicht entscheidungserheblich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 653723

BFH/NV 2002, 146

BStBl II 2003, 210

BFHE 196, 376

BFHE 2002, 376

BB 2001, 2623

DB 2002, 21

DStR 2001, 2155

DStRE 2002, 43

HFR 2002, 237

StE 2001, 726

UR 2002, 25

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