Entscheidungsstichwort (Thema)

Lagerhalle als wesentliche Betriebsgrundlage bei Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (NV)

Eine Lagerhalle ist wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, wenn sie nach dem Gesamtbild ihrer Eingliederung in die innere Struktur des Betriebsunternehmens für dieses von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1 S. 2, § 7; EStG § 15 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) -- eine aus den Eheleuten H und P bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) -- ist Eigentümerin einer Lagerhalle, die sie 1984 erworben und ab 1985 an eine GmbH vermietet hatte. H und P sind am Stammkapital der GmbH zu je 50 v. H. beteiligt.

Die GmbH betreibt einen Möbelhandel. Die Lagerhalle wurde ausschließlich zur Lagerung von Möbeln genutzt. Sie ist das einzige An- und Auslieferungslager für die drei Ge schäftsfilialen der GmbH. Es handelt sich um ein dreigeschossiges Gebäude, bei dem die einzelnen Geschosse in offener Bauweise ohne raumaufteilende Wände errichtet sind. Die einzelnen Geschosse sind über eine Treppe sowie über einen für schwere Lasten ausgelegten Aufzug zu erreichen. Vor der Vermietung der Halle wurde lediglich das Einfahrtstor nach modernen Erkenntnissen neu gestaltet.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) beurteilte den Sachverhalt als Betriebsaufspaltung und zog die Klägerin mit dem Gewinn aus der Vermietung zur Gewerbesteuer heran. Dabei ging das FA davon aus, daß die Lagerhalle wesentliche Betriebsgrundlage für das Unternehmen der GmbH sei und es nicht darauf ankomme, ob sie für die Bedürfnisse dieses Unternehmens besonders gestaltet sei. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Das Gebäude sei für die Zwecke des Unternehmens der GmbH nicht besonders hergerichtet. Die GbR habe auch jederzeit am Markt eine für ihre Belange gleichwertige Lagerhalle anmieten können. Die Lagerhaltung habe ohne einschneidende Veränderung im Hinblick auf den Kundenkreis, das Warensortiment, den Warenabsatz und die Wettbewerbslage auch an anderer Stelle be trieben werden können. Das zeige auch der unbestrittene Vortrag der Klägerin, daß die Stadt X ihren Antrag, den Betrieb in den Außenbereich zu verlagern, mit dem Hinweis auf die ausreichenden Lagermöglichkeiten im Stadtbereich abgelehnt habe.

Mit der -- vom Senat zugelassenen -- Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes -- GewStG --, § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Der Gewinn aus der Verpachtung der Lagerhalle an die GmbH unterliegt gemäß § 15 Abs. 2 EStG, §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 7 GewStG der Gewerbesteuer. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind erfüllt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine Betriebsaufspaltung anzunehmen, wenn einer Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft) we sentliche Grundlagen ihres Betriebes überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Besitzunternehmen stehenden Personen ihren Willen auch in der Betriebsgesellschaft durchsetzen können (personelle Verflechtung, ständige Rechtsprechung seit BFH-Beschluß vom 8. No vember 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63).

a) Die Voraussetzungen der personellen Verflechtung sind im Streitfall gegeben. Die Ehegatten sind am Besitzunternehmen und der Betriebsgesellschaft zu gleichen Teilen beteiligt. Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, daß Träger des Be sitzunternehmens eine aus den Ehegatten bestehende GbR ist. Die persönlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung wären jedoch auch erfüllt, wenn es sich um eine Bruchteilsgemeinschaft handeln würde (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296).

b) Es liegen auch die Voraussetzungen einer sachlichen Verflechtung vor.

aa) Eine sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zumindest eine für dieses wesentliche Betriebsgrundlage überläßt. Grundstücke sind eine wesentliche Grundlage in diesem Sinne, wenn sie besonderes Gewicht für das Unternehmen der Betriebsgesellschaft haben. Das ist dann anzunehmen, wenn das Unternehmen aus innerbetrieblichen Gründen auf das Grundstück angewiesen ist (BFH-Urteil vom 26. Mai 1993 X R 78/91, BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718).

bb) Die im Streitfall angepachtete Lagerhalle erfüllt diese Voraussetzungen.

Maßgebend hierfür ist das Gesamtbild der tatsächlichen oder beabsichtigten Nutzung (BFH-Urteil vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233 m. w. N.). Dieses Gesamtbild wird nicht allein durch den besonderen Zuschnitt des Grundstücks bzw. dessen besondere Gestaltung für die Zwecke des Betriebs oder durch die jederzeitige Austauschbarkeit des Betriebsgrundstücks mit anderen am Markt angebotenen Grundstüken geprägt (vgl. BFH in BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718). Insoweit ist das FG von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen.

Zu beurteilen war vielmehr die wirtschaft liche Bedeutung des Grundstücks nach dem Gesamtbild seiner Eingliederung in die innere Struktur des konkreten Betriebs der GmbH. Die besondere wirtschaftliche Bedeutung der Lagerhalle für diesen Betrieb ergibt sich daraus,

--daß die GmbH das Möbelgeschäft ohne einschneidende Änderung der Organisation des Unternehmens nur mit einer Lagerhalle fortführen konnte,

--daß das angemietete Gebäude alle aus innerbetrieblichen Gründen an eine Lagerhalle zu stellenden Anforderungen erfüllte und

--daß es als einzige Lagerhalle für drei Filialen für die Lagerhaltung der GmbH von besonderem Gewicht war.

Es kommt nicht darauf an, daß diese Anforderungen auch von einer anderen Lagerhalle hätten erfüllt werden können oder daß die angemietete Halle auch für andere Zwecke genutzt werden kann (vgl. -- für Lagerhalle eines Dachdeckerbetriebs -- auch BFH in BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718 und -- für Lagerhalle eines Möbelgeschäfts -- BFH-Urteil vom 23. Januar 1991 X R 47/87, BFHE 163, 460, BStBl II 1991, 405).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420101

BFH/NV 1995, 597

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