Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungs- und Darlehensverträge unter nahen Angehörigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, daß sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muß nach Inhalt und Durchführung aber dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Rechtsverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden.

2. Besteht zwischen Schenkung und Darlehensgewährung ein offensichtlicher Zusammenhang, ist das Rechtsverhältnis insgesamt nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen gelten.

3. Die langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten ist bei Darlehensverträgen zwischen Fremden unüblich. Das Fehlen solcher Sicherheiten steht der steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen entgegen.

 

Orientierungssatz

1. Der Rechtsgrundsatz, wonach ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen ist, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten ―abgesehen von ihrem möglicherweise zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund (Schenkung)― dem zwischen Fremden Üblichen entspricht, ist auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Bezeichnen einer Rechtsnorm i.S. des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO verlangt nicht die Benennung eines bestimmten Paragraphen. Doch muß aus dem Vorbringen des Rechtssuchenden für das Revisionsgericht ohne weiteres erkennbar sein, welche materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Vorschrift im angegriffenen Urteil nicht oder nicht richtig angewendet worden sein soll (BFH-Urteil vom 6. November 1986 V R 128/78; Literatur).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1; FGO § 120 Abs. 2 S. 2; EStG § 12 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, an der H.M. als persönlich haftender Gesellschafter, seine Schwester G.P. als Kommanditistin sowie die X-GmbH als weitere Kommanditistin beteiligt sind. Bis zu seinem Tod am 4.Oktober 1974 war M.M., der Vater von H.M. und G.P., die auch seine Erben zu je 50 v.H. sind, weiterer persönlich haftender Gesellschafter.

In den Jahren 1969, 1971 und 1972 bekamen die zwei Kinder der Kommanditistin G.P. ―die Beigeladenen zu 1 und 2― und die vier Kinder des persönlich haftenden Gesellschafters H.M. ―die Beigeladenen zu 3 bis 6― zum Teil von ihrem Großvater, dem Senior-Komplementär, und zum Teil von ihren Eltern schenkweise Geldbeträge mit der Maßgabe, diese der Klägerin langfristig als verzinsliches Darlehen zu überlassen. In den Jahren 1974 und 1976 wurden Darlehensforderungen geschenkt. Sicherheiten wurden nicht gestellt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) führte die Gewinnfeststellungen 1972 bis 1975 für die Klägerin zunächst vorläufig gemäß § 100 Abs.2 der Reichsabgabenordnung (AO) durch. Bei einer Betriebsprüfung im Sommer 1977 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, daß die Darlehensverträge zwischen der KG und den Beigeladenen steuerlich nicht anzuerkennen seien. Das FA folgte der Auffassung des Prüfers. Im einzelnen ging es um folgende Vorgänge:

1.September 1969

Der Senior-Komplementär M.M. überträgt im Wege der Schenkung durch Umbuchung von seinem bei der Klägerin geführten "Sondereinlagekonto" unter der Auflage, daß die Beschenkten die ihnen zugewendeten Beträge der Klägerin als mit 6,5 v.H. verzinsliche Darlehen zur Verfügung stellen,

an seine Kinder

- den Mitkomplementär H.M. 615 000 DM

- die Kommanditistin G.P. 635 000 DM

an seine Enkel

- E.P., geb. 3.Dezember 1954 20 000 DM

- M.P., geb. 7.Februar 1957 20 000 DM

- G.M., geb. 22.November 1962 20 000 DM

- M.M., geb. 7.Oktober 1964 20 000 DM

- B.M., geb. 22.November 1966 20 000 DM.

Die Minderjährigen wurden bei dem Schenkungsgeschäft jeweils durch ihre Eltern vertreten. Die Schenkungen an sie waren an die zusätzliche Auflage geknüpft, daß ihre Darlehen an die Klägerin jeweils bis zur Volljährigkeit des Beschenkten unkündbar waren.

1.September 1969

Die Kommanditistin G.P. schenkt von ihrem Sondereinlagekonto bei der KG ihren Töchtern E.P. und M.P. je 30 000 DM unter der Auflage, daß diese die zugewendeten Beträge der Klägerin als Darlehen zur Verfügung stellen. Die Darlehen sind mit 6,5 v.H. jährlich zu verzinsen und bis zur Volljährigkeit unkündbar. Die zugewendeten Beträge wurden vom Sondereinlagekonto der Schenkerin auf die neu zu errichtenden Darlehenskonten der Beschenkten umgebucht.

14.Oktober 1969

Der Komplementär H.M. überträgt in drei getrennten notariellen Urkunden an seine durch gerichtlich bestellte Ergänzungspfleger vertretenen Töchter B, G, und M Beträge von je 40 000 DM unter der Auflage, daß diese Beträge jeweils der Klägerin als Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Die Darlehen sind mit 6,5 v.H. jährlich zu verzinsen und bis zur Volljährigkeit der Gläubigerin durch diese unkündbar, danach halbjährlich kündbar. Die zugewendeten Beträge wurden vom Sondereinlagekonto des Schenkers bei der Klägerin auf die neu zu errichtenden Darlehenskonten der Beschenkten umgebucht.

29.Juni 1971

Der Komplementär H.M. überläßt mit notarieller Urkunde seinem Sohn M, geb. am 8.Januar 1971 und vertreten durch die gerichtlich bestellte Ergänzungspflegerin G.P., schenkungshalber einen Betrag von 85 000 DM unter der Auflage, daß dieser Betrag der Klägerin als Darlehen zur Verfügung gestellt wird. Das Darlehen ist mit 6,5 v.H. zu verzinsen und seitens des Darlehensgebers bis zu dessen Volljährigkeit unkündbar, danach halbjährlich kündbar. Der zugewendete Betrag wurde vom Sondereinlagekonto des Schenkers bei der Klägerin auf ein neu zu errichtendes Darlehenskonto des Beschenkten umgebucht.

3.Januar 1972

Durch notariell beglaubigte Urkunde von diesem Tag bestätigten H.M. und G.P., daß H.M. mit Wirkung vom 1.Januar 1972 an seine Kinder

B 39 000 DM,

M 39 000 DM,

G 14 000 DM,

M 42 000 DM,

unentgeltlich zugewendet hat. Die Schenkung erfolgte unter der Auflage, daß die Beschenkten die Beträge der Klägerin als Darlehen zur Verfügung stellen. Die Darlehen sind bis zur Volljährigkeit unkündbar und mit 6,5 v.H. zu verzinsen. Die zugewendeten Beträge wurden vom Sondereinlagekonto des Schenkers bei der Klägerin auf besonders eingerichtete Darlehenskonten der Beschenkten umgebucht.

31.März 1974/1.April 1974

Durch Gesellschafterbeschluß vom 31.März 1974 wird der Kommanditistin G.P. gestattet, zu Lasten ihres Sondereinlagekontos 120 000 DM unter der Bedingung zu entnehmen, daß sie den Entnahmebetrag sofort in zwei Teilbeträgen von je 60 000 DM der KG als Darlehen zur Verfügung stellt, wobei die Darlehen mit 6,5 v.H. zu verzinsen und auf die Dauer von 10 Jahren unkündbar, danach mit einjähriger Frist kündbar sind. Die Gesellschafter erklären sich darüber hinaus im voraus damit einverstanden, daß der jeweilige Darlehensgläubiger durch vorzeitige Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von nur drei Monaten über die Darlehensvaluta ganz oder teilweise verfügen kann, wenn Frau G.P. der vorzeitigen Kündigung zustimmt, was allein ihrem freien Ermessen überlassen bleibt.

Am darauf folgenden Tag schließt Frau G.P. entsprechend dem Gesellschafterbeschluß mit der Klägerin zwei Darlehensverträge über je 60 000 DM ab.

Durch getrennte schriftliche Schenkungsverträge vom gleichen Tag tritt sie die Rechte aus dem einen Darlehensvertrag an ihre Tochter M und die Rechte aus dem anderen Darlehensvertrag an ihre Tochter E ab. Beide Töchter nehmen die Schenkung jeweils selbst an.

24.März 1976/31.März 1976

Durch Gesellschafterbeschluß vom 24.März 1976 wird dem Komplementär H.M. gestattet, zu Lasten seines Sondereinlagekontos 107 000 DM unter der Bedingung zu entnehmen, daß diese Summe sofort der Klägerin in Teilbeträgen von 17 000 DM und 90 000 DM als Darlehen zur Verfügung gestellt wird. Für die Darlehen wurden die gleichen Einzelheiten festgelegt wie schon im Gesellschafterbeschluß vom 31.März 1974: Zinssatz 6,5 v.H. jährlich; Unkündbarkeit auf die Dauer von 10 Jahren, danach einjährige Kündigungsfrist; ausnahmsweise vorzeitige Kündigung mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten, wenn H.M. der vorzeitigen Kündigung zum gegebenen Zeitpunkt zustimmt, was in seinem freien Ermessen steht.

Am 31.März 1976 schließt H.M. mit der Klägerin entsprechende Darlehensverträge ab. Noch am gleichen Tage tritt er die Rechte aus diesen Verträgen an seine Tochter G (Darlehensvertrag über 17 000 DM) und an seine Tochter B (Darlehensvertrag über 90 000 DM) schenkungsweise ab. Beide Töchter nehmen die Schenkung an.

In Auswertung des Prüfungsberichts stellte das FA durch Bescheide vom 3.Mai 1978 ―unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für 1972 bis 1975― den Gewinn auf

1972 1973 1974 1975 1976

DM DM DM DM DM

4 876 254 5 573 871 3 369 949 1 358 207 3 278 117

gesondert fest.

Der Einspruch der Klägerin führte zu einer Änderung der Gewinne auf

1972 1973 1974 1975 1976

DM DM DM DM DM

4 879 128 5 554 932 3 339 108 1 365 833 3 277 238

Die Änderung beruhte u.a. darauf, daß nunmehr ―nach entsprechender Ankündigung― auch die Zinsen für E. und M. P. aufgrund der Schenkungs- und Darlehensverträge vom 1.September 1969 in Höhe von

1972 1973 1974 1975 1976

DM DM DM DM DM

2 874 3 060,80 7 159,08 7 625,14 8 120,78

als Betriebsausgaben nicht mehr anerkannt wurden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führt aus, das FA habe zu Recht auch die Zinsen nicht mehr als Betriebsausgaben anerkannt, die auf die Verträge vom 1.September 1969, 14.Oktober 1969 und 29.Juni 1971 entfallen. Die Nichtbeanstandung dieses Zinsabzuges bei der vorangegangenen Betriebsprüfung habe keine Bindung für die späteren Streitjahre bewirkt.

Es könne dahingestellt bleiben, ob die vielfältigen Vereinbarungen bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen wurden. Nach den wirtschaftlichen Gesamtumständen fehle es im Streitfall an einer ernstgemeinten Übertragung von Einkunftsquellen auf die Kinder und Enkelkinder, die Beigeladenen. Hiergegen spreche schon der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den "Schenkungen" einerseits und der Rückgewähr der geschenkten Beträge andererseits. Darlehensverträge, die Kinder bzw. Enkel von Gesellschaftern einer Familiengesellschaft mit der Personengesellschaft schlössen, müßten sich an Darlehensverhältnissen messen lassen, die Fremde mit Personengesellschaften eingehen. Alle hier in Rede stehenden Darlehen seien ―vom Vertragsabschluß aus gesehen― langfristig unkündbar und unbestritten nicht abgesichert gewesen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie führt hierzu aus: Schenker und Darlehensnehmer seien im Streitfall ―anders als in anderen vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fällen― unterschiedliche Rechtspersonen. Dieser sachliche Unterschied sei für die gesamte Beurteilung des Streitfalls entscheidend. Durch die verschiedenen Schenkungen hätten die Gesellschafter über ihre Forderungsansprüche gegenüber der Gesellschaft zugunsten ihrer Enkelkinder und Kinder in bürgerlich-rechtlich wirksamer Form verfügt. Die Schenker hätten gegenüber der Klägerin nur noch die um die Schenkung verminderte Geldforderung geltend machen können, während die Beschenkten ihrerseits aufgrund der Zession berechtigt waren, im Rahmen der Darlehensbedingungen diese Forderung gegenüber der Klägerin ausschließlich geltend zu machen. Über die geschenkten Beträge, über die bis zur Schenkung nur nach den Konditionen für Gesellschafterentnahmen verfügt werden konnte, hätte nach der Schenkung bzw. nach Begründung der Darlehensverträge nur nach den dort vereinbarten Konditionen verfügt werden können.

Die Ausführungen des FG, ein fremder Dritter werde sich zur Gewährung langfristiger Darlehen in der Regel nicht ohne ausreichende Sicherung bereit finden, seien in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Bereits im Fall der Klägerin könne der Nachweis dafür geführt werden, daß langfristige Darlehen ohne entsprechende Sicherung gewährt würden. So hätten beispielsweise das Sozialwerk und die Unterstützungskasse der Firma X der Klägerin Mittel jahrelang ungesichert zur Verfügung gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Gewinnfeststellungen 1972 bis 1976 durch Anerkennung von Zinsen in Höhe von 22 038,25 DM (1972), 31 384,44 DM (1973), 37 308,96 DM (1974), 47 409,34 DM (1975) und 50 074,94 DM (1976) zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA führt aus, gegen die Zulässigkeit der Revision bestünden Bedenken, weil die verletzte Rechtsnorm in der Revisionsbegründung nicht angegeben sei. Die Revision sei auch unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Darlehenszinsen seien zu Recht nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Nach § 120 Abs.2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muß die Revision oder die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Bezeichnen einer Rechtsnorm verlangt nicht die Benennung eines bestimmten Paragraphen. Doch muß aus dem Vorbringen des Rechtsuchenden für das Revisionsgericht ohne weiteres erkennbar sein, welche materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Vorschrift im angegriffenen Urteil nicht oder nicht richtig angewendet worden sein soll (BFH-Urteil vom 6.November 1986 V R 128/78, BFH/NV 1988, 33 m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 120 Rz.31 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin hat zwar in der Revisionsschrift und der Revisionsbegründungsschrift nicht ausdrücklich eine Rechtsnorm bezeichnet. Aus ihrem Gesamtvorbringen ist aber eindeutig erkennbar, daß die Versagung der steuerlichen Anerkennung von Betriebsausgaben und damit die Verletzung von § 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gerügt wird.

II.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die an die Beigeladenen gezahlten Zinsen bei der Klägerin nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind.

1. a) Nach § 4 Abs.4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Davon kann bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen nach ständiger Rechtsprechung nur ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten ―abgesehen von ihrem möglicherweise zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund (Schenkung)― dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (vgl. BFH-Urteile vom 14.April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555, m.w.N.; vom 22.Mai 1984 VIII R 35/84, BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243, m.w.N.; vom 20.März 1987 III R 197/83, BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603; vom 7.Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765; vom 20.September 1990 IV R 17/89, BStBl II 1991, 18). Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen tatsächlich im betrieblichen und nicht im privaten Bereich (§ 12 EStG) wurzeln. Der Große Senat des BFH hat diesen Rechtsgrundsatz mit Beschluß vom 27.November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) erneut bekräftigt.

b) Dieser Rechtsgrundsatz ist auch zu beachten, wenn Vereinbarungen nicht unmittelbar zwischen Angehörigen, sondern zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der Gesellschafter geschlossen sind und die Gesellschafter, mit deren Angehörigen die Verträge bestehen, die Gesellschaft beherrschen (vgl. BFH-Urteile vom 15.Dezember 1988 IV R 29/86, BFHE 155, 543, BStBl II 1989, 500, m.w.N.; in BStBl II 1991, 18).

Der Drittvergleich dient der Abgrenzung zwischen einer betrieblichen und einer privaten Veranlassung. Er ist daher bei der Beurteilung von Rechtsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen unverzichtbar, ohne daß darin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art.3 des Grundgesetzes (GG) oder des Grundsatzes des besonderen Schutzes von Ehe und Familie des Art.6 GG erblickt werden kann.

Bei Rechtsverhältnissen zwischen fremden Dritten führt der natürliche Interessengegensatz regelmäßig dazu, daß eine private Veranlassung bei der Gestaltung von Verträgen ausscheidet. Demgegenüber liegt es bei Angehörigen nahe, daß Vertragsbeziehungen im privaten Bereich wurzeln. Der Vergleich von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen mit den üblichen Rechtsverhältnissen zwischen fremden Dritten ist somit unverzichtbar, um auf die wirkliche Veranlassung eines Rechtsgeschäfts schließen zu können.

Der Senat sieht im Fremdvergleich keine unzulässige Benachteiligung von Angehörigen und keine Beschränkung der Vertragsfreiheit. Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, daß sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muß nach Inhalt und Durchführung aber dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Rechtsverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden.

2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, daß die Revision unbegründet ist. Die Darlehenszinsen sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Die Darlehensverträge zwischen der Klägerin und den Kindern und Enkelkindern von H.M., G.P. und M.M. ―also Verträge zwischen der Klägerin einerseits und nahen Angehörigen der Gesellschafter der Klägerin andererseits― entsprechen nicht dem, was unter Fremden üblich ist.

In der Rechtsprechung des BFH ist wiederholt ausgesprochen worden, daß die langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten sowohl bei stillen Beteiligungen als auch bei Darlehensverträgen zwischen Fremden unüblich ist und daß deshalb das Fehlen solcher Sicherheiten der steuerlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen entgegensteht. Selbst günstige Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers im Zeitpunkt der Darlehenshingabe gewährleisten nicht, daß der Schuldner bei Fälligkeit des Darlehens seinen Verpflichtungen nachkommen kann. Deshalb hat die Rechtsprechung betont, daß der Wertung der Darlehenshingabe ohne Sicherheiten als unüblich die augenblicklich günstigen Vermögensverhältnisse des Schuldners grundsätzlich nicht entgegenstehen (vgl. BFH-Urteile vom 16.März 1977 I R 213/74, BFHE 121, 458, BStBl II 1977, 414; vom 25.Januar 1979 IV R 34/76, BFHE 127, 364, BStBl II 1979, 434; vom 19.Dezember 1979 I R 176/77, BFHE 129, 475, BStBl II 1980, 242; in BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; in BFH/NV 1987, 765; in BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603; vom 12.Januar 1989 IV R 47/87, BFH/NV 1990, 163). Die Beurteilung nach dem Maßstab des Fremdvergleichs richtet sich nicht nach allen denkbaren, sondern nach den zwischen Fremden regelmäßig üblichen Bedingungen. Diesen entspricht jedenfalls bei längerfristiger Kapitalhingabe die Gewährung verkehrsüblicher Sicherheiten.

Der den Kindern und Enkelkindern eingeräumte Sicherungsschutz ist unzureichend. Diese gaben der Klägerin die Darlehenssumme, ohne daß die Klägerin ihnen eine Sicherheit gewährte. Bei der Höhe der Darlehen, die am Ende des Streitraums bei jedem einzelnen Kind einen Betrag von 100 000 DM fast erreichte oder ―z.T. sogar wesentlich― überschritt, und der Laufzeit der Darlehen, hätte ein fremder Dritter auf der Einräumung von Sicherheiten bestanden. Die Darlehensverträge waren langfristig unkündbar (fast 6 Jahre, in der überwiegenden Zahl sogar erst nach 10 bis 20 Jahren). Soweit nach den Darlehensverträgen vom 1.April 1974 und vom 31.März 1976 ausnahmsweise auch eine kürzere Kündigung möglich war, erweist sich dieses Kündigungsrecht, wie das FG mit Recht ausgeführt hat, für die Kinder ohne wirklichen Wert. Denn dieses Kündigungsrecht war jeweils an die Zustimmung des früheren Schenkers gebunden, wobei ausdrücklich festgelegt war, daß diese Zustimmung nach freiem Ermessen gegeben oder verweigert werden konnte.

Der Hinweis der Klägerin, daß ihr aufgrund ihrer günstigen finanziellen Lage auch von anderer Seite ―nämlich durch das Sozialwerk und die Unterstützungskasse der Firma― langfristig Mittel ohne Leistung von Sicherheiten zur Verfügung gestellt worden sind, führt zu keiner anderen Beurteilung. Mit Recht ist in der bisherigen Rechtsprechung ―wie bereits dargelegt― mehrfach ausgesprochen worden, daß günstige Vermögensverhältnisse des Vermögensnehmers im Zeitpunkt der Darlehenshingabe nicht gewährleisten, daß der Schuldner bei Fälligkeit des Darlehens seinen Verpflichtungen nachkommen kann und daß die augenblicklich günstigen Vermögensverhältnisse des Schuldners der Wertung der Darlehenshingabe ohne Sicherheiten als unüblich nicht entgegenstehen.

3. Aus dem Senatsurteil in BFHE 142, 28, BStBl II 1985, 243 folgt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Grundsätze dieses Urteils sind auf den Streitfall schon deshalb nicht übertragbar, weil der Sachverhalt anders gelagert ist. Der Zusammenhang zwischen Schenkung und Darlehensgewährung ist im Streitfall offensichtlich.

Im Streitfall sind die Darlehens- und Schenkungsvereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern einerseits und den Gesellschaftern und deren Kindern und Enkelkindern andererseits jeweils am gleichen Tag getroffen worden. Darlehensverhältnisse zwischen einer Personengesellschaft und den Kindern eines Gesellschafters, die in der Weise entstehen, daß zunächst zwischen der Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern Vereinbarungen getroffen werden, in die am selben Tag die Kinder des Gesellschafters eintreten, stellen sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als Einheit dar. Sie können somit insgesamt nur nach den Grundsätzen beurteilt werden, die für Rechtsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen gelten. Dabei macht es in der steuerlichen Beurteilung, wie das FG mit Recht entschieden hat, keinen Unterschied, daß in einem Teil der Fälle Kapitalbeträge mit der Auflage der Darlehensgewährung an die Klägerin zugewendet wurden und in den späteren Fällen Darlehensverträge geschlossen und die Rechte daraus sofort im Wege der Schenkung weitergegeben wurden. Das wirtschaftliche Ergebnis war in beiden Fällen das gleiche, so daß auch steuerlich kein Unterschied zu machen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63187

BFH/NV 1991, 35

BStBl II 1991, 391

BFHE 163, 423

BFHE 1991, 423

BB 1991, 1316

BB 1991, 1316-1318 (LT)

DB 1991, 1096-1097 (LT)

DStR 1991, 610 (KT)

HFR 1991, 471 (LT)

StE 1991, 166 (K)

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