Leitsatz (amtlich)

Wird ein Miterbe, dem im Erbauseinandersetzungsvertrag die Einräumung einer Beteiligung am im Nachlaß befindlichen Gewerbebetrieb versprochen wurde, später statt dessen aus dem Privatvermögen des anderen Erben abgefunden, so liegt in der Abfindung ein außerbetrieblicher Vorgang, der den Gewinn des Abfindenden nicht berührt.

 

Normenkette

EStG §§ 4-6

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Revisionskläger - Steuerpflichtiger - einen Betrag in Höhe von 40 000 DM, den er an seinen Bruder K zahlte, als Betriebsausgabe absetzen kann.

Im notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 11. Juli 1949 nach dem am 10. September 1948 verstorbenen Vater hatte sich der Steuerpflichtige verpflichtet, seinen Bruder K in einem besonders zu schließenden Vertrag am väterlichen Baugeschäft, das dem Steuerpflichtigen zugeteilt wurde, zu beteiligen. Hierzu kam es jedoch nicht. Statt dessen einigten sich die beiden Brüder in dem ebenfalls notariell beurkundeten Vertrag vom 25 Juni 1964 dahin, daß der Bruder K abgefunden werden sollte. Er erhielt sodann das dem Steuerpflichtigen gehörende Privatgrundstück, das mit 40 000 DM bewertet wurde. Das Grundstück wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1963 übergeben. Dem Steuerpflichtigen wurde anstelle der Übergabe das lebenslängliche Nießbrauchsrecht an dem Grundstück eingeräumt mit einer Mindestdauer von zehn Jahren, gerechnet vom 1. Juli 1963 an. Die Hingabe des Grundstücks behandelte der Steuerpflichtige als Betriebsausgabe.

Das FA lehnte den Abzug ab. Mit der hiergegen gerichteten Klage machte der Steuerpflichtige geltend, das FA sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich bei der Grundstücksübertragung auf seinen Bruder K um eine Abfindung für dessen Erbanspruch gehandelt habe. In Wirklichkeit habe er seinen Bruder aus rein betrieblichen Gründen abgefunden. Hätte er nämlich seinem Bruder eine 10 %ige Beteiligung am Gewinn und Verlust des Baugeschäfts eingeräumt, so könne die Notwendigkeit einer entsprechenden Kürzung der Gewinne und Verluste des Steuerpflichtigen nicht zweifelhaft sein. Für die statt dessen vereinbarte Abfindung könne steuerrechtlich nichts anderes gelten.

Die Klage des Steuerpflichtigen blieb erfolglos. Das FG führte aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Abfindung eine Betriebsausgabe gewesen sei. Dem Steuerpflichtigen habe es aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrages obgelegen, seinen Bruder K durch besonderen Vertrag an dem vom Vater geerbten Baugeschäft zu beteiligen. Die spätere Ablösung dieser erbrechtlichen Verpflichtung in anderer Weise stelle Erfüllung einer privaten Schuld dar. Daran ändere der vom Steuerpfichtigen vorgetragene Hinweis, daß sein Gewinn im Falle einer unternehmerischen Beteiligung des Bruders K um die diesem zugeflossenen Gewinnanteile zu kürzen gewesen wäre, nichts. Denn der Steuerpflichtige habe tatsächlich seinen Bruder nicht an dem Unternehmen beteiligt, sondern ihm gerade zur Abgeltung eines solchen Anspruchs das Grundstück übertragen. Im übrigen könne dem Begehren des Steuerpflichtigen für 1963 schon deshalb nicht stattgegeben werden, weil der fragliche die Eigentumsübertragung des Grundstücks und die Einigung über das Nießbrauchsrecht enthaltende Vertrag mit dem Bruder erst vom 25. Juni 1964 stamme. Der Bruder sei auch nicht schon vorher wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks geworden. Denn eine Übergabe habe niemals stattgefunden. Sie sei durch Einräumung des Nießbrauchs zugunsten des Steuerpflichtigen ersetzt worden. Dies sei aber erst 1964 geschehen. Für eine Berücksichtigung der streitigen Vorgänge für das Jahr 1963 bleibe daher kein Raum.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des Steuerpflichtigen ist nicht begründet.

Der Senat läßt dahingestellt, ob die Auffassung der Vorinstanz zutrifft, die fragliche Abfindung durch Übertragung des Grundstücks sei für die Einkommensteuer 1963 noch nicht zu berücksichtigen. Für diese Auffassung spricht viel, zumal die Behauptung des Steuerpflichtigen, die Brüder seien sich schon 1963 formlos über den Weg der Übertragung des Grundstücks einig gewesen, als verspätetes Vorbringen nicht mehr berücksichtigt werden könnte. Denn die Vorentscheidung trifft jedenfalls insoweit zu, als das FG die Abfindung des Steuerpflichtigen an seinen Bruder als in der privaten Sphäre liegend und damit den Gewinn des Steuerpflichtigen nicht berührend angesehen hat. Die diesbezügliche tatsächliche Würdigung des FG ist nicht zu beanstanden, sie verstöst weder gegen das geltende Recht noch gegen die Denkgesetze noch ist sie willkürlich.

Die Abfindung hatte ihren Grund letztlich in dem Erbauseinandersetzungsvertrag. Wenn dieser auch nicht auf eine Abfindung des Bruders gerichtet war, sondern vorsah, daß der Steuerpflichtige seinen Bruder an dem ererbten Unternehmen beteiligen sollte, so muß, worauf die Vorinstanz zutreffend hinwies, einkommensteuerlich zugrunde gelegt werden, was die Beteiligten tatsächlich vereinbart und durchgeführt haben. In dieser Hinsicht stellte das FG aber fest, daß der Steuerpflichtige seinem Bruder die Beteiligung, sei es am Vermögen des Unternehmens, sei es nur an seinem Gewinn zum Zwecke einer aus betrieblichen Gründen veranlaßten Versorgung, zu keinem Zeitpunkt eingeräumt hatte. Diese entscheidende Feststellung der Vorinstanz wurde vom Steuerpflichtigen mit der Revision nicht angegriffen. Sie ist daher für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Dann aber kann die Abfindung in Form einer Barzahlung oder, wie im Streitfall, in Form der Übergabe eines Grundstücks des Steuerpflichtigen nicht als eine solche einer gar nicht bestehenden Beteiligung des Bruders anerkannt werden. Die Sachlage ist im Streitfall gleichartig wie dort, wo von mehreren Erben nur einer von vornherein bei der Erbauseinandersetzung den im Nachlaß befindlichen Betrieb des Erblassers erhält, während die anderen Erben lediglich abgefunden werden. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH kann in einem solchen Fall nicht davon ausgegangen werden, daß die abgefundenen Erben zunächst als Mitunternehmer am ererbten Unternehmen beteiligt waren und der nunmehrige - aufgrund der Erbauseinandersetzung - Betriebserbe die Beteiligung der abgefundenen Erben entgeltlich erwirbt. Vielmehr wird die Sache so angesehen, als habe der Betriebserbe den Betrieb in vollem Umfang vom Erblasser geerbt, die übrigen Erben erhalten Zahlungen, die wegen des außerbetrieblichen Charakters der Erbauseinandersetzung weder den Gewinn des Zahlenden noch den der Zahlungsempfänger berühren dürfen (vgl. Urteile des BFH I 82/60 U vom 21. August 1962, BFH 76, 482, BStBl III 1963, 178; VI 334/61 U vom 26. Juli 1963, BFH 77, 435, BStBl III 1963, 480; I 400/62 U vom 17. Februar 1965, BFH 82, 296, BStBl III 1965, 354; IV 377/61 vom 20. Januar 1966, BFH 85, 279, BStBl III 1966, 312; IV R 238/66 vom 29. Mai 1969, BFH 96, 182, BStBl II 1969, 614; IV R 178/67 vom 17. September 1970, BFH 100, 360, BStBl II 1971, 87). Die Vorentscheidung entspricht diesen Grundsätzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425957

BStBl II 1972, 876

BFHE 1972, 436

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