Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abschreibung auf Güterfernverkehrskonzession im Jahr 1988

 

Leitsatz (NV)

1. Die Möglichkeit vermehrter Kabotage-Genehmigungen für den deutschen Binnenverkehr nach der VO (EWG) Nr. 4059/89 vom 21.12. 1989 - Amtsbl. EG 1989 Nr. L 390/3 führte im Jahre 1988 noch zu keiner Abnutzbarkeit vorhandener Güterfernverkehrskonzessionen.

2. Eine Teilwertabschreibung war im Jahre 1988 ebenfalls noch nicht geboten.

3. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1986 ist auf das firmenwertähnliche Wirtschaftsgut Güterfernverkehrskonzession nicht anwendbar.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 7 Abs. 1; GüKG § 10 Abs. 4, § 13; EWGV 4059/89 Art. 1-2

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Fuhrunternehmen. Sie hatte bereits vor 1975 eine Güterverkehrskonzession für den Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) erworben und die entsprechenden Aufwendungen von 50000 DM in ihren Bilanzen bis zum 31. Dezember 1986 aktiviert.

1. Im Einspruchsverfahren gegen den Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid 1987 machte die Klägerin erstmals eine Abschreibung auf die Konzession um 3333 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Abschreibungen in der Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 1989 ab. Die Einspruchsentscheidung wurde bestandskräftig.

Im Revisionsverfahren ist eine entsprechende Abschreibung für den Veranlagungszeitraum 1988 in Höhe von wiederum 3333 DM streitig. Das FA lehnte auch diese Abschreibung in der angefochtenen Einspruchsentscheidung ab.

2. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen eingelegte Klage als unbegründet ab.

3. Die Klägerin stützt ihre Revision auf die Verletzung materiellen Rechts. Sie rügt Verletzung der §§ 7 Abs. 1, 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 255 des Handelsgesetzbuches (HGB).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 22. Januar 1992 I R 43/91 (BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529) entschieden, daß weder die Erhöhung der Zahl der Güterfernverkehrsgenehmigungen für den grenzüberschreitenden Verkehr durch die VO (EWG) Nr. 1841/88 noch die Erteilung von Kabotage-Genehmigungen aufgrund der VO (EWG) Nr. 4059/89 Absetzungen für Abnutzung (AfA) oder Teilwertabschreibungen auf inländische Güterfernverkehrsgenehmigungen zum 31. Dezember 1988 rechtfertige. Er hält an dieser Rechtsauffassung fest.

1. Von der Konzession war im Streitjahr 1988 keine AfA gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG vorzunehmen.

a) Die Güterfernverkehrskonzession der Klägerin war im Streitjahr 1988 nicht zeitlich begrenzt nutzbar. Konzessionen wurden bei Ablauf der Gültigkeitsdauer regelmäßig und ohne öffentliche Ausschreibung dem bisherigen Genehmigungsinhaber erneut erteilt (§ 10 Abs. 5 des Güterkraftverkehrsgesetzes - GüKG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 10. März 1983, BGBl I 1983, 256; vgl. auch Entscheidung des Bundesfinanzhogs - BFH - vom 18. Dezember 1970 VI R 99/67, BFHE 101, 100, 103, BStBl II 1971, 237; in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529).

b) Für die der Klägerin erteilten innerstaatlichen Konzessionen änderte sich an dieser Rechtslage nichts durch die VO EWG Nr. 1841/88. In dieser Verordnung wurde lediglich die Zahl der durch die Bundesrepublik zu erteilenden grenzüberschreitenden Konzessionen erhöht. Aus den neu zu erteilenden Konzessionen ergab sich solange kein verstärkter Wettbewerb für die Klägerin, als neu erteilte Konzessionen für den grenzüberschreitenden Verkehr keine Kabotage-Genehmigung für den deutschen Binnenverkehr enthielten (vgl. dazu unten II. 1. c).

c) Auch die VO (EWG) Nr. 4059/89 vom 21. Dezember 1989 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 1989 Nr. L 390/3) führte nicht zu einer Änderung des Charakters der Konzessionen der Klägerin im Streitjahr.

Durch diese Verordnung wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine bestimmte Anzahl sog. Kabotage-Genehmigungen zu erteilen. Durch derartige Genehmigungen erhalten Frachtführer mit Konzessionen zum grenzüberschreitenden Verkehr das auf jeweils längstens zwei Monate begrenzte Recht, anläßlich einer grenzüberschreitenden Beförderung auch Binnenbeförderungen im Gastland durchzuführen (Art. 1, Art. 2 VO (EWG) Nr. 4059/89; § 13 GüKG i.V.m. § 4 Abs. 3 GpKHöZV). Die Möglichkeit, in den Jahren 1990ff. eine begrenzte Zahl kurzfristiger Kabotage-Genehmigungen für den deutschen Binnenverkehr zu erteilen, änderte nichts daran, daß die vorhandene Konzession der Klägerin im Hinblick auf die regelmäßige Neuerteilung bei Zeitablauf zumindest im Streitjahr 1988 noch zeitlich unbegrenzt nutzbar war (BFH in BFHE 101, 100, 105, BStBl II 1971, 237; in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529, 530).

2. Eine Verpflichtung zur Vornahme von AfA ergab sich auch nicht aus § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1986. Nach dieser Vorschrift sind für die nach dem 31. Dezember 1986 beginnenden Wirtschaftsjahre von Geschäfts- oder Firmenwerten AfA vorzunehmen.

Die Vorschrift ist jedoch nach den Urteilen des BFH vom 4. Dezember 1991 I R 148/90 (BFHE 166, 472, BStBl II 1982, 383) und in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529, 530 nicht auf das firmenwertähnliche Wirtschaftsgut Güterfernverkehrskonzession anzuwenden. Die Konzession ist kein Geschäftswert i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG 1986. Sie ist zwar gemäß § 10 Abs. 4 GüKG in der Fassung vom 9. Juli 1979 nur zusammen mit dem Unternehmen übertragbar. Der Vorteil aus der Konzession hat dadurch aber den Charakter als Einzelwirtschaftsgut nicht verloren. Nicht jedes nur mit dem Unternehmen übertragbare immaterielle Wirtschaftsgut ist ein Geschäftswert. Die Klägerin führt aus, daß im Kaufpreis für den Erwerb eines gemischt als Spediteur und Frachtführer tätigen Unternehmens nichts für eine vorhandene Konzession bezahlt werde. Ein Entgelt werde nur dafür gezahlt, daß der Erwerber mit nicht-deutschen Frachtführern bessere Gewinne erzielen könne als mit eigenen konzessionierten Fahrzeugen. Diese Argumentation kann sich nur auf Verträge mit ausländischen Frachtführern beziehen, die Konzessionen für den grenzüberschreitenden Verkehr besitzen. Da die Klägerin nur eine Konzession für den Binnenverkehr besaß und im Streitjahr ausländischen Frachtführern noch keine Kabotage-Genehmigungen in nennenswertem Umfang erteilt wurden, greift die Überlegung nicht für den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt.

Die Konzession der Klägerin wurde auch nicht als Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22. Mai 1985 Rs C-13/83 (EuGHE 1985, 1513) zu einem abnutzbaren Wirtschaftsgut. Zwar hat der EuGH eine Liberalisierung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs gefordert. Diese Forderung betraf jedoch nicht den Binnenverkehr innerhalb einzelner Mitgliedstaaten.

3. Eine Teilwertabschreibung auf die Konzession der Klägerin war im Streitjahr noch nicht zulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist zu vermuten, daß der Teilwert eines Wirtschaftsguts seinen Anschaffungskosten entspricht (BFH in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529, 530 m.w.N.). Diese Vermutung gilt bei nichtabnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nicht nur für den Erwerbszeitpunkt, sondern auch für spätere Bewertungsstichtage. Der Steuerpflichtige kann die Vermutung durch den Nachweis widerlegen, daß die Anschaffung als Fehlmaßnahme zu werten ist oder daß der Wert des Wirtschaftsguts nach der Anschaffung unter die Anschaffungskosten gesunken ist (BFH-Urteile vom 9. Februar 1977 I R 130/74, BFHE 121, 436, BStBl II 1977, 412; vom 21. Juli 1982 I R 177/77, BFHE 136, 381, BStBl II 1982, 758).

Die Klägerin macht nicht geltend, daß der Erwerb der Konzession eine Fehlmaßnahme gewesen sei. Eine Wertminderung aufgrund vermehrter Kabotage-Genehmigungen ist entsprechend den Ausführungen im Urteil in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529 allenfalls nach dem Streitjahr zu erwarten.

Die Erhöhung der Fernverkehrskonzessionen für den deutschen Binnenverkehr im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung führte im Streitjahr zu keiner erkennbaren Wertminderung der der Klägerin erteilten Konzession. Zum einen war die Vermehrung der Konzessionen als Folge der Wiedervereinigung auf Ende des Streitjahres noch nicht vorhersehbar. Zum anderen beruhte diese Vermehrung auf einer wesentlichen Erweiterung des Verkehrsgebietes. Wird die Zahl der Konzessionen einem räumlich und nach der Bevölkerungszahl erweiterten Geltungsbereich angepaßt, so ergibt sich dadurch keine Minderung des Werts vorhandener Konzessionen.

Entgegen der Annahme der Klägerin ist aus den Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 167, 61, BStBl II 1992, 529, 530 nicht zu entnehmen, daß für abnutzbare Wirtschaftsgüter keine Teilwertabschreibung in Betracht kommt. Wie aus dem Gesetzeshinweis im Urteil zu entnehmen, gelten die von der Klägerin beanstandeten Ausführungen nur für Teilwertabschreibungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG (nicht Abs. 1 Nr. 1).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419039

BFH/NV 1994, 455

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