Leitsatz (amtlich)

1. § 17 Abs. 4 VwZG erfordert Beurkundung auf der Urschrift des Steuerbescheides, falls die Zustellung dadurch ersetzt wird, daß der Bescheid dem Empfänger gemäß § 17 Abs. 1 VwZG durch einfachen Brief verschlossen zugesandt wird.

2. § 9 Abs. 1 VwZG - Fiktion der Zustellung in dem Zeitpunkt, in dem der Empfangsberechtigte das Schriftstück nachweislich erhalten hat - ist in Fällen nicht anzuwenden, in denen mit der Zustellung des Bescheides auch die Frist für die Erhebung einer Sprungklage beginnt (§ 9 Abs. 2 VwZG).

 

Normenkette

AO a.F. §§ 211, 245-246; VwZG § 9 Abs. 1, § 17 Abs. 4

 

Gründe

Aus den Gründen:

Daß der Bescheid vom 20. Januar 1965 an diesem Tag mit einfachem Brief zur Post gegeben (abgesandt) worden ist, ist nicht gemäß § 17 Abs. 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) beurkundet; das Namenszeichen des zuständigen Beamten fehlt. Der Nachweis der Aufgabe zur Post kann indessen nur durch diese Beurkundung erbracht werden (Urteil des BFH II 49/64 vom 30. Januar 1968, BFH 91, 431, [432], BStBl II 1968, 371). Die Einspruchsfrist ist daher, da der Steuerbescheid nicht in anderer Form bekanntgegeben worden ist (§ 91 Abs. 1 AO) nicht nach Maßgabe der §§ 17 Abs. 2 VwZG, 245 ff. AO a. F. in Lauf gesetzt worden.

Der Mangel ist nicht gemäß § 9 Abs. 1 VwZG geheilt worden. Denn diese Vorschrift ist nicht anzuwenden, wenn mit der Zustellung eine Frist für die Erhebung der Klage, eine Berufungs-, Revisions- oder Rechtsmittelbegründungsfrist beginnt (§ 9 Abs. 2 VwZG). Das war aber der Fall. Gegen den Steuerbescheid war nicht nur der Einspruch (§ 229 AO a. F.), sondern innerhalb der gleichen Frist (§ 245 AO a. F.) die Berufung gegeben (§ 261 AO a. F.; vgl. jetzt § 45 Abs. 1 FGO). Daß diese nur dann als Berufung weiter behandelt werden konnte, wenn der Vorsteher des FA bis zum Ablauf eines Monats, von deren Einlegung ab gerechnet, zustimmte, ist unerheblich; ebenso daß der Kläger im vorliegenden Fall nicht Berufung, sondern Einspruch eingelegt hat; denn § 9 Abs. 2 VwZG stellt allein auf den Fristbeginn ab. Ob an der weitergehenden Ansicht, § 9 Abs. 2 VwZG gelte auch für außergerichtliche Rechtsbehelfe (vgl. BFH-Urteile II 239/53 U vom 11. August 1954, BFH 59, 305, BStBl III 1954, 327; II 15/58 U vom 11. Februar 1959, BFH 68, 476, BStBl III 1959, 181; II 127/60 vom 11. Juli 1962, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962 S. 351; V 156/64 U vom 22. April 1965, BFH 82, 615, BStBl III 1965, 468) festgehalten werden könnte, kann dahingestellt bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68169

BStBl II 1968, 728

BFHE 1968, 129

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