Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt eine Teilzahlungsbank einen Teil der ihr zufließenden Kreditgebühren an den Verkäufer der Ware weiter, so soll damit nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien im wesentlichen die übernahme der Haftung für die Verbindlichkeiten des Käufers gegenüber der Teilzahlungsbank abgegolten werden. Für die vereinnahmten Anteile an den Kreditgebühren kann der Verkäufer einen passiven Posten der Rechnungsabgrenzung bilden, durch den die Einnahme auf die Laufzeit des Darlehens verteilt wird.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1; EStG § 5

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. -) betreibt den Einzelhandel mit Möbeln. Während sie bis zum Jahre 1952 die Verkäufe auf Teilzahlung in der Weise durchgeführt hatte, daß sie 1 % Finanzierungskosten pro Monat von der Kaufsumme berechnet und über den ganzen vom Käufer an sie zu zahlenden Betrag auf den Käufer gezogene Wechsel ausgestellt und dann weitergereicht hatte, arbeitete sie in den Streitjahren 1953 bis 1955 mit zwei Teilzahlungsbanken zusammen. Das Formular des schriftlichen Kaufvertrages, den die Stpfl. jeweils mit den Käufern schloß, enthielt zugleich den an die Teilzahlungsbank gerichteten Antrag auf Gewährung eines Darlehens in Höhe des Restkaufpreises (Kaufpreis abzüglich Anzahlung), den ebenfalls die Stpfl. ausfüllte. In diesem Antrag verpflichtete sich der Käufer, die Darlehenssumme, bestehend aus dem Restkaufpreis, den Darlehensgebühren und gewissen Nebenkosten, in monatlichen Raten an die Teilzahlungsbank zu zahlen. Die Darlehensgebühren setzte die Stpfl. mit 1 % des Restkaufpreises pro Monat in den Antrag ein. Nach Annahme des Darlehensantrags durch die Teilzahlungsbank schrieb diese der Stpfl. den Gegenwert des Darlehens in Höhe des Restkaufpreises gut. Damit tilgte sie im Auftrag des Kunden dessen Restkaufpreisschuld. Die Teilzahlungsbank schrieb der Stpfl. ferner einen Anteil an den Darlehensgebühren gut, der bei der einen Bank die Hälfte, bei der anderen 2/10 der Darlehensgebühren betrug. 10 % des gutgeschriebenen Betrages (Restkaufpreis und Anteil an den Darlehnsgebühren) wurden auf einem Sperrkonto verbucht. Dieses diente zur Deckung der Ansprüche der Teilzahlungsbank gegen die Stpfl. Die Stpfl. war verpflichtet, den ihr gutgeschriebenen Anteil an den Darlehensgebühren im Fall vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens wieder zurückzuerstatten, da die Teilzahlungsbank den Kunden gegenüber die gleiche Verpflichtung eingegangen war. Sie übernahm der Teilzahlungsbank gegenüber die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Verpflichtungen des Käufers gegenüber der Bank. Geriet ein Kunde mit zwei Raten in Rückstand, so hatte die Stpfl. den Schuldbetrag an die Teilzahlungsbank zu zahlen. Mit dieser Zahlung gingen die Rechte aus dem Darlehnsvertrag von der Teilzahlungsbank auf die Stpfl. über.

Die Stpfl. bildete in den Bilanzen der Streitjahre für die ihr gutgeschriebenen Anteile an den Darlehensgebühren passive Rechnungsabgrenzungsposten nach dem Verhältnis der am Bilanzstichtag noch nicht verstrichenen Laufzeit des Darlehens zur Gesamtlaufzeit. Diese Posten erreichten nach der ursprünglichen Berechnung der Stpfl. folgende Höhe:

am 31. Dezember 1953 178 963 DM, am 31. Dezember 1954 207 431 DM, am 31. Dezember 1955 264 625 DM.

Der Revisionskläger (Finanzamt - FA -) erkannte diese Posten nicht an. Er betrachtete ebenso wie der Betriebsprüfer die Anteile der Stpfl. an den Darlehensgebühren wirtschaftlich als zusätzlichen Kaufpreis. Das FA ließ in diesem Zusammenhang lediglich die folgenden Passivposten zu:

Eine Rückstellung für das von den Stpfl. übernommene Ausfallrisiko, die das FA mit 25 % Obligos ansetzte. Der Anteil an den Darlehnsgebühren wurde in die Berechnung des Obligos einbezogen.

Eine weitere Rückstellung für das Risiko, daß der Kunde vorzeitig zahlt und die Stpfl. daher einen Teil der Darlehnsgebühren wieder zurückerstatten muß. Diese Rückstellung berechnete das FA auf 5 % der gutgeschriebenen Darlehnsgebühren.

Der Einspruch gegen die Berichtigungsveranlagung hatte keinen Erfolg.

Auf die Berufung hin änderte das Finanzgericht (FG) die Einspruchsentscheidung und die berichtigten Körperschaftsteuerbescheide in der Weise, daß es die passiven Rechnungsabgrenzungsposten für die gutgeschriebenen Anteile an den Darlehnsgebühren dem Grunde nach zuließ, der Höhe nach aber auf Grund der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten wie folgt herabsetzte:

zum 31. Dezember 1953 auf 138 135 DM, zum 31. Dezember 1954 auf 135 982 DM, zum 31. Dezember 1955 auf 218 276 DM.

Zur Begründung hat das FG, dessen Entscheidung in EFG 1964 S. 237 veröffentlicht ist, ausgeführt, die anteiligen Darlehnsgebühren, die der Stpfl. gutgeschrieben worden seien, stellten keinen zusätzlichen verdeckten Kaufpreis, sondern das Entgelt für die übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaft dar. Die übernahme einer Bürgschaft sei nicht als einmalige Leistung anzusehen. Sie führe vielmehr zu einer Haftung des Bürgen für die Zeit des Bestehens der Hauptschuld. Das Entgelt sei daher dieser Zeit entsprechend passiv abzugrenzen. Diese Auffassung könne sich auch auf das Urteil des BFH I 180/61 U vom 17. April 1962 (BFH 75, 104, BStBl III 1962, 307) stützen.

Dagegen richtet sich die Rb. (Revision) des FA mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung (Klage) als unbegründet zurückzuweisen. Das FA hält daran fest, daß die der Stpfl. gutgeschriebenen Anteile an den Darlehnsgebühren als zusätzlicher Kaufpreis, allenfalls als Vermittlungsprovision, nicht aber als Entgelt für die übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaft anzusehen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend hat das FG festgestellt, daß die Anteile der Stpfl. an den Darlehnsgebühren keinen zusätzlichen Kaufpreis darstellen. Bei den Teilzahlungsgeschäften, wie sie die Stpfl. in den Streitjahren betrieb, sind drei rechtliche Beziehungen zu unterscheiden: Der Kaufvertrag zwischen der Stpfl. und dem Kunden, der Darlehnsvertrag zwischen der Teilzahlungsbank und dem Kunden und der Rahmenvertrag zwischen der Stpfl. und der Teilzahlungsbank. Der Kaufvertrag und der Darlehnsantrag des Kunden waren zwar in derselben Urkunde enthalten. Außerdem trat die Stpfl. den Kunden gegenüber als Verkäuferin der Ware und zugleich als Gehilfin der Teilzahlungsbank beim Zustandekommen des Darlehnsvertrags auf (Urteil des BGH VII ZR 183/60 vom 5. April 1962. BGHZ Bd. 37 S. 94). Gleichwohl sind der Kaufvertrag und der Darlehnsvertrag rechtlich auseinanderzuhalten. Im Kaufvertrag verpflichtet sich der Kunde, für die bestellte Ware einen bestimmten, im Vertrag ausdrücklich genannten Kaufpreis zu zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB). Nach dem Darlehnsvertrag schuldet der Kunde der Teilzahlungsbank die Rückzahlung des in Höhe des Restkaufpreises gewährten Darlehens und die Zahlung von Darlehnsgebühren in Höhe von monatlich 1 % der Darlehnssumme (§§ 607, 608 BGB). Der Kaufpreis und die Darlehnsgebühren unterscheiden sich somit in der schuldrechtlichen Grundlage wie auch in der Person des Gläubigers. Die Darlehnsgebühren können daher nicht zum Teil - dem Anteil der Stpfl. - als Kaufpreis behandelt werden.

An dieser rechtlichen Unterscheidung kann die wirtschaftliche Betrachtungsweise schon deshalb nichts ändern, weil diese mit der rechtlichen Beurteilung übereinstimmt. Der Kaufpreis war auch wirtschaftlich das Entgelt für die übergabe und übereignung der gekauften Ware. Die Darlehnsgebühren waren das Entgelt für die Gewährung des Teilzahlungskredits. Es ist kein Grund ersichtlich, der die Annahme rechtfertigen könnte, der Kaufpreis sei wirtschaftlich betrachtet höher und damit das Entgelt für die Gewährung des Teilzahlungskredits entsprechend niedriger gewesen, als sie im Kaufvertrag und im Darlehnsvertrag vereinbart worden seien. Weder sind Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Stpfl. in dem Kaufvertrag einen niedrigeren als den ihr angemessen erscheinenden Kaufpreis eingesetzt hat, um ihm dann verdeckt zu erhöhen, noch dafür, daß die Stpfl. durch eine verdeckte Erhöhung des Kaufpreises für die Ware mehr als den ihr angemessen erscheinenden Kaufpreis habe erzielen wollen. Ferner besteht kein Grund anzunehmen, daß die Darlehnsgebühren von 1 % der Darlehnssumme pro Monat überhöht und insoweit verdeckter Kaufpreis gewesen seien. Der Satz von 1 % der Darlehnssumme pro Monat wird allgemein als angemessene Vergütung für die Gewährung eines Teilzahlungskredits angesehen (Handbuch der Teilzahlungswirtschaft S. 190).

Auch die Tatsache, daß im Streitfall die Teilzahlungsbanken einen Teil der Darlehnsgebühren, die der Kunde nach dem Darlehnsvertrag an sie zu zahlen hatte, an die Stpfl. weitergegeben hat, führt nicht dazu, diesen Anteil der Stpfl. an den Darlehnsgebühren als verdeckten Kaufpreis zu behandeln. Denn dieser Vorgang ist nicht aus den rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Stpfl. als Verkäuferin und dem Kunden als Käufer zu erklären. Er hat seinen Grund vielmehr in den rechtlichen Beziehungen zwischen der Stpfl. und der Teilzahlungsbank. Die Darlehnsgebühren, die die Teilzahlungsbank von den Kunden fordert, sind ihrer Höhe nach auch nach dem Risiko bemessen, das mit der Gewährung des Darlehens verbunden ist und das im Teilzahlungsgeschäft ziemlich hoch eingeschätzt wird (Handbuch der Teilzahlungswirtschaft S. 190, 300). Dieses Risiko hatte aber die Stpfl. im Rahmenvertrag mit den Teilzahlungsbanken mit Vorrang vor den Banken übernommen. Sie hatte sich selbstschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Kunden verbürgt. Die Teilzahlungsbank war berechtigt, bei Verzug des Kunden die Stpfl. mit dem gesamten Schuldbetrag zu belasten. Daher erscheint es wirtschaftlich sinnvoll, daß die Banken einen Teil der Darlehnsgebühren an die Stpfl. abgaben. Der Anteil der Stpfl. an diesen Gebühren stellt somit nach dem mutmaßlichen, im Streitfall auch von der Stpfl. unwiderlegbar behaupteten Willen der Vertragsparteien im wesentlichen das Entgelt für die übernahme des Ausfallrisikos, das an sich die Bank als Darlehnsgeberin treffen würde, dar.

Die Mithaftung der Stpfl. neben dem Kunden erschöpfte sich nicht in der Abgabe der sie begründenden Willenserklärung. Sie stellte vielmehr, wie das FG für die selbstschuldnerische Bürgschaft zutreffend ausgeführt hat, eine Dauerleistung dar, die sich auf die Laufzeit des Darlehens erstreckte. Das Entgelt, das die Stpfl. dafür erhielt, ist daher als Ertrag der Wirtschaftsjahre anzusehen, in die die Laufzeit des Darlehens fiel. Daraus folgt nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, denen das Steuerrecht insoweit folgt (§ 5 EStG, § 6 Abs. 1 KStG), daß für den Anteil an den Darlehnsgebühren, der der Stpfl. jeweils gutgeschrieben wurde, ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden kann, dessen Höhe sich nach dem Verhältnis der am Bilanzstichtag noch nicht verstrichenen Laufzeit des Darlehens zur Gesamtlaufzeit bemißt. Insoweit besteht eine ähnlichkeit mit dem Fall, daß der Kaufmann, der selbst den Teilzahlungskredit gewährt, einen Finanzierungszuschlag und Diskontspesen, die er zum Kaufpreis hinzugerechnet hat, auf der Passivseite der Bilanz zeitanteilig abgrenzt (BFH-Urteil I 180/61 U, a. a. O.). In diesem Urteil wird zwar gesagt, daß für eine Abgrenzung kein Raum mehr sei, wenn der Kaufmann die um den Teilzahlungszuschlag erhöhte Kaufpreisforderung veräußert habe. Das gilt aber, wie sich aus dem Urteil ergibt, nur für den Fall, daß durch die Veräußerung der Forderung der Gewinn aus der Gewährung des Teilzahlungskredits endgültig realisiert ist. Diese Voraussetzung hat der BFH in dem angeführten Urteil nicht als erfüllt angesehen, wenn der Kaufmann die Wechsel, die der Kunde zur Bezahlung der Kaufpreisschuld gegeben hatte, bei der Bank diskontiert hat, weil die Möglichkeit bestehe, daß der Kunde die Wechsel vorzeitig einlöse und damit ein bereits realisierter Gewinn rückgängig gemacht werde. Das gleiche gilt im Streitfall. Durch die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens entstand für die Stpfl. die Verpflichtung, die gutgeschriebenen Anteile an den Darlehnsgebühren zurückzuerstatten. Das Rechtsverhältnis zwischen der Stpfl. und der Teilzahlungsbank, in dem die Beteiligung der Stpfl. an den Darlehnsgebühren ihren Grund hatte, konnte noch nicht als endgültig abgewickelt angesehen werden, solange das Darlehen noch nicht getilgt war.

Die beiden Rückstellungen für die Ausfallhaftung der Stpfl. und für die Verpflichtung zur Rückgewähr der Anteile an den Darlehnsgebühren bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens können die passiven Rechnungsabgrenzungsposten für die Gutschrift dieser Anteile nicht ersetzen. Denn sie wurden für ungewisse Verbindlichkeiten der Stpfl. gebildet und beruhten somit auf anderen Tatbeständen als die passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Diese sind kein Ausdruck einer ungewissen Verbindlichkeit oder eines drohenden Verlustes aus einem schwebenden Geschäft, sondern das bilanzrechtliche Mittel, Einnahmen auf die Jahre zu verteilen, als deren Ertrag sie anzusehen sind (vgl. § 152 Abs. 9 des Aktiengesetzes - AktG - 1965).

Eine Beziehung zwischen den genannten Rückstellungen und dem Rechnungsabgrenzungsposten besteht nur insofern, als die Rückstellungen der Höhe nach jeweils nur nach dem Betrag der gutgeschriebenen Anteile an den Darlehnsgebühren bemessen werden dürfen, der sich nach Abzug des passiven Rechnungsabgrenzungspostens als Ertrag des abgelaufenen Geschäftsjahres ausgewirkt hat. Diese Berichtigung der Rückstellungen hat das FG in der Weise durchgeführt, daß es den "Wegfall der Delkredere-Erhöhung nach Tz. 49 des Betriebsprüfungsberichts" gewinnerhöhend berücksichtigt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412469

BStBl III 1967, 297

BFHE 1967, 82

BFHE 88, 82

BB 1967, 527

DB 1967, 798

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