Leitsatz (amtlich)

Im Nachnahmeverkehr der Post gehört auch der der Zahlkartengebühr entsprechende Teil des Nachnahmebetrags zu dem vom Lieferer vereinnahmten Entgelt für die gelieferte Ware. Der Senat hält auch für das UStG 1967 an seinem Urteil vom 30. September 1954 V 157/52 U (BFHE 59, 372, BStBl III 1954, 353) fest.

 

Normenkette

UStG 1967 § 10 Abs. 1; PostO § 32

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen Versandhandel und liefert ihre Waren überwiegend im Postversand an private Haushalte, wobei der Kaufpreis fast ausschließlich durch Nachnahme erhoben wird. Streitig ist in den Monaten September bis Dezember 1968 die steuerliche Behandlung der Zahlkartengebühren.

Nach den im genannten Zeitraum gültigen Versand- und Lieferungsbedingungen trug der Kunde bei Kleinstbestellungen bis 18,50 DM einen Porto- und Verpakkungsanteil von 0,95 DM und die Nachnahmegebühr von 0,80 DM, bei Bestellung ab 18,50 DM bis 100 DM nur die Nachnahmegebühr, bei Bestellungen ab 100 DM übernahm die Klägerin auch die Nachnahmegebühr. Die den Nachnahmesendungen von der Klägerin gemäß § 32 Abs. 4 der Postordnung vom 16. Mai 1963 - PostO - (BGBl I, 341) beigefügten Zahlkarten wiesen den Rechnungsbetrag - d. h. den Kaufpreis zuzüglich des vom Kunden zu tragenden Porto- und Verpackungsanteils und des Nachnahmbetrags - aus, während der in dem anhängenden Formblatt angegebene Nachnahmebetrag noch zusätzlich die Zahlkartengebühr, die sich nach dem Nachnahmebetrag errechnet und entweder 0,30 DM, 0,40 DM oder 0,50 DM betrug, enthielt. Die Zahlkartengebühren gingen, wie es in den Versand- und Lieferungsbedingungen heißt, "nach dem geltenden Gesetz zu Lasten des Empfängers der Sendung; zum vereinbarten Kaufpreis gehören sie nicht". Die Zahlkartengebühren wurden von der Post nach Einziehung des Nachnahmebetrages einbehalten; an die Klägerin wurden nur die auf den Zahlkarten ausgewiesenen Beträge überwiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, die Zahlkartengebühren seien nicht Teil des Entgelts. Ihre Sprungklage blieb ohne Erfolg (vgl. EFG 1972, 362).

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1967. Sie hält die Entscheidung des BFH vom 30. September 1954 V 157/52 U (BFHE 59, 372, BStBl III 1954, 353) nicht für zutreffend. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967, so führt sie aus, gehörten nur solche Aufwendungen zum Entgelt, die erforderlich seien, um die Lieferung zu erhalten; dies bedeute, daß Entgelt nur solche Aufwendungen des Empfängers seien, die unmittelbare Gegenleistungen für die Lieferung darstellten und nicht solche, die anfielen, um die vom Empfänger geschuldete Gegenleistung zu erbringen. Nach § 270 BGB, der durch die postrechtlichen Vorschriften nicht abgeändert werden könne, habe der Empfänger der Waren die Kosten (Zahlkartengebühr) für die Erbringung seiner Verpflichtung (Geldüberweisung) zu tragen. Im übrigen widerspreche § 32 PostO nicht dem § 270 Abs. 1 BGB, der sogar durch § 32 Abs. 4 PostO bestätigt werde. Eine sinnvolle Auslegung dieser Vorschrift könne nur zu dem Ergebnis führen, daß die Post die Zahlkartengebühr im eigenen Namen von dem Empfänger der Nachnahmesendung erhebe. Selbst wenn man davon ausgehe, daß zwischen dem Empfänger und der Post kein Vertragsverhältnis zustande komme und nur der Absender in vertragliche Beziehungen zur Post trete, bedeute dies noch nicht, daß zwischen der Post und dem Empfänger der Sendung kein unmittelbares Schuldverhältnis bestehen könne und solle.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuerschuld entsprechend ihrem Sachvortrag herabzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Der BFH hat in seinem Urteil vom 17. Februar 1972 V R 118/71 (BFHE 105, 79, BStBl II 1972, 405) entschieden, daß der Entgeltsbegriff im neuen Recht (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967) gegenüber dem alten Recht (§ 10 UStDB 1951) unverändert geblieben ist. Damit ist die Rechtsprechung des BFH zum Entgeltsbegriff des alten Umsatzsteuerrechts anwendbar geblieben.

Der BFH hat im Urteil V 157/52 U die Streitfrage dahin entschieden, daß als vom Absender der Sendung vereinnahmtes Entgelt der unverkürzte Nachnahmebetrag anzusehen ist, aus dem die Zahlkartengebühr nicht ausgeschieden werden darf. An dieser Auffassung hält der erkennende Senat nach erneuter Prüfung auch gegenüber den Einwendungen der Klägerin fest.

Zutreffend ist das angefochtene Urteil in Übereinstimmung mit den Urteilen des erkennenden Senats V 157/52 U und vom 10. Dezember 1964 V 100/62 (HFR 1965, 247) davon ausgegangen, daß zwischen der Post und dem Empfänger der Ware keine rechtlichen Beziehungen bestehen. Es besteht auch nicht, wie die Revision meint, ein gesondertes Schuldverhältnis zwischen der Post und dem Empfänger; denn der Empfänger ist nicht "Einzahler" im Sinne des § 2 der Postscheckordnung. Die Überweisung stellt sich als postinterner Vorgang dar, aus dem die Beteiligten selbständige Ansprüche nicht herleiten können; denn der Nachnahmedienst gehört nicht zum Geldübermittlungsdienst der Post, die hier gewissermaßen selbst als Absender der Nachnahmezahlkarten in Erscheinung tritt (vgl. Florian-Weigert, Kommentar zur Postordnung, 1969, § 32 Anm. 1a und 4c S. 642 und 656). Besteht aber kein irgendwie geartetes Schuldverhältnis zwischen der Post und dem Empfänger, so muß die Zahlkartengebühr in den Leistungsaustausch zwischen Absender und Empfänger einbezogen werden. Die Zahlkartengebühr wäre nicht ohne das Kaufgeschäft angefallen, sie kann nicht für sich allein beurteilt werden, sondern nur im Rahmen des Kaufgeschäfts und in tatsächlicher und wirtschaftlicher Beziehung zu diesem (vgl. auch Urteil des BFH vom 29. November 1955 V 79/55 S, BFHE 62, 143, BStBl III 1956, 53). Da der Begriff des Entgelts ein rein umsatzsteuerlicher ist, und wie sich aus § 10 Abs. 1 UStG 1967 ergibt, sein Umfang sich nicht schlechthin auf die bürgerlich-rechtlich bestimmte oder bestimmbare Gegenleistung beschränkt, kann auch das Verhältnis des § 32 PostO zu § 270 Abs. 1 BGB dahingestellt bleiben, dies um so mehr, als nach geltendem Recht das Nachnahmeverhältnis als ein auf eine einheitliche Leistung gerichtetes öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zwischen Absender und Post anzusehen ist (vgl. Florian-Weigert, a. a. O., § 32 Anm. 2b S. 644). Der Empfänger der Ware, der sich ausdrücklich oder stillschweigend mit einer Abwicklung des Kaufgeschäfts im Postnachnahmeverfahren einverstanden erklärt, ist sich darüber im klaren, daß er die bestellte Ware nur ausgehändigt erhält, wenn er sich des Inkassodienstes der Post bedient, daß er also die Sendung nur Zug um Zug gegen Zahlung des Geldbetrags auf der der Sendung beigefügten, bereits ausgefüllten Zahlkarte einschließlich der auf dem anliegenden Formblatt zusätzlich ausgewiesenen Zahlkartengebühr ausgeliefert erhält.

Auch gegenüber den Einwendungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist der Senat der Auffassung, daß aus der in § 32 Abs. 4 PostO getroffenen Regelung nur auf den Absender als Schuldner auch der Zahlkartengebühr geschlossen werden kann; denn die Postverwaltung kann sich für alle aus dem Benutzungsverhältnis entstehenden Ansprüche nur an den halten, zu dem sie in Rechtsbeziehungen getreten ist. Dies aber ist lediglich der Absender, während dem Empfänger - anders als bei Kaufgeschäften, die nicht im Nachnahmeverkehr abgewickelt werden - nur der eine Weg, nämlich unter Verwendung der Formblätter nach amtlichem Zahlkartenmuster zur Verfügung steht, um die Leistung zu erhalten. Der Empfänger muß also auch die Zahlkartengebühr aufwenden und befreit dadurch gleichzeitig den Absender der Sendung von seiner Schuld gegenüber der Post. Das Entgelt wird demnach durch Schuldbefreiung vereinnahmt. Diese besondere Ausgestaltung des postrechtlichen Verhältnisses rechtfertigt es, die Zahlkartengebühr in das Entgelt einzubeziehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70763

BStBl II 1974, 191

BFHE 1974, 191

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