Entscheidungsstichwort (Thema)

vGA bei Übernahme der Kosten für die Ausbildung des Sohnes des Gesellschafters durch eine GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) einer verdeckten Gewinnausschüttung liegt beim FA.

2. Aufwendungen können gleichzeitig Betriebsausgaben und verdeckte Gewinnausschüttung sein.

3. Zur Frage, wie im Einzelfall die Veranlassung einer Zahlung durch das Gesellschaftsverhältnis zu prüfen sein kann.

 

Normenkette

FGO § 105 Abs. 3, 5; EStG § 4 Abs. 4; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Gesellschafter- Geschäftsführer A war.

Die Klägerin schloß am 28. September 1989 mit B, dem Sohn des A, einen "Zusatz- Arbeitsvertrag". Darin ist festgehalten, daß B bisher als Angestellter der Klägerin bei einem Monatsgehalt von 2502 DM tätig war. Die Klägerin erklärte sich bereit, das Betriebswirtschaftsstudium des B an einer Fachhochschule längstens bis zum 30. September 1993 zu finanzieren und dem B ein monatliches Brutto-Arbeitsentgelt in Höhe von 90 v. H. des letzten Gehaltes zuzüglich 52 DM vermögenswirksame Leistungen und zuzüglich der Kosten für Fachliteratur bis zu 250 DM monatlich zu zahlen. B verpflichtete sich, nach dem Studium für die Klägerin weiterhin im Anstellungsverhältnis tätig zu werden und ggf. die Leistungen der Klägerin zeitanteilig zurückzuzahlen, wenn er innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung des Studiums aus irgendwelchen Gründen als Angestellter der Klägerin ausscheiden sollte.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) behandelte in dem Körperschaftsteuer- und in dem Gewerbesteuermeßbescheid 1989 die in 1989 in Höhe von 7771 DM an B geleisteten Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984 und als andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung schloß es sich den Aus führungen des FA in der Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an. Es ließ die Revision zu.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG wegen unzureichender tatsächlicher Feststellungen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das FG hat von der Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 105 Abs. 5 FGO abgesehen. Dies enthob das Gericht jedoch nicht von seiner Verpflichtung, gemäß § 105 Abs. 3 FGO im Tatbestand den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Dieser Verpflichtung ist das FG nur unzureichend nachgekommen. Deshalb ist dem Senat eine abschließende revisionsrechtliche Überprüfung der getroffenen Entscheidung unmöglich.

2. Das FA hat seine Einspruchsentscheidung im Kern auf die Behauptung gestützt, es fehle an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und B, die nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspreche. In diese Begründung hat das FA die zusätzliche Rechtsbehauptung einfließen lassen, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, daß sie vergleichbare Beträge auch gegenüber einem fremden Arbeitnehmer aufgewendet habe. Diese Begründung trägt die getroffene Entscheidung nicht und gibt zu folgenden Hinweisen Anlaß:

a) Auf das Vorhandensein einer von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen, klaren und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung kommt es nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann an, wenn eine (hier:) Kapitalgesellschaft eine Leistung gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person verspricht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 10. März 1993 1 R 51/92, BFHE 171, 58, BStBl II 1993, 635 m. w. N.). Will ein FG seine Entscheidung auf die genannte Rechtsprechung stützen, so muß es in tatsäch licher Hinsicht feststellen, daß die Kapitalgesellschaft einen beherrschenden Gesellschafter hat und daß eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person in Betracht kommt. Der Vorentscheidung ist eine Feststellung über eine beherrschende Gesellschafterposition nicht zu entnehmen. Zwar wird A sowohl in der Einspruchsentscheidung als auch in den Urteilsgründen als "beherrschender Gesellschafter" bezeichnet. In tatsächlicher Hinsicht wird jedoch nicht ausgeführt, worauf sich diese Behauptung stützt.

b) Das FA hat den Zusatz-Arbeitsvertrag in der Einspruchsentscheidung als unklar im Sinne der unter 2. a) genannten Rechtsprechung bezeichnet. Das FG hat diese Rechtsauffassung übernommen. Beides ist solange nicht nachvollziehbar, als die angeblich unklaren Vertragspassagen nicht genau bezeichnet werden. Zu beachten ist insoweit, daß die genannte Rechtsprechung auf einer nur formellen Über prüfung der getroffenen Vereinbarung aufbaut. Die Unklarheit einer getroffenen Vereinbarung kann nicht aus dem Fremdvergleich abgeleitet werden. Allenfalls können aus dem, was fremde Dritte üblicherweise zu vereinbaren pflegen, erhöhte Anforderungen für das abgeleitet werden, worüber sich die Kapitalgesellschaft und ihr beherrschender Gesellschafter bzw. die ihm nahestehende Person einigen müssen. Sollte das FG seine Entscheidung auch im zweiten Rechtszug auf das Fehlen einer klaren Vereinbarung stützen wollen, wird es ausführen müssen, welche Bestimmungen des Zusatz-Arbeitsvertrages es als unklar ansieht.

c) Das FA vertritt in der Einspruchsentscheidung die Rechtsauffassung, die Klägerin müsse nachweisen, daß sie vergleichbare Aufwendungen auch für einen fremden Arbeitnehmer gemacht hätte. Das FG hat auch diese Rechtsauffassung übernommen. Sie ist jedoch fehlerhaft. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) einer verdeckten Gewinnausschüttung liegt beim FA (vgl. BFH-Urteile vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; vom 20. März 1974 I R 197/72, BFHE 112, 153, BStBl II 1974, 430; vom 16. Februar 1977 I R 94/75, BFHE 122, 48, BStBl II 1977, 568; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, 2. Aufl., S. 95). Ob sich die objektive Beweislast (Feststellungslast) nach den Grundsätzen des prima-facie-Beweises zu Lasten der Kapitalgesellschaft im Einzelfall umkehren kann, ist eine andere Frage, auf die der Senat solange nicht eingehen muß, als eine prima-facie-Situation in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt ist. Im übrigen kommt es für die Prüfung der Veranlassung der Zahlungen an B durch das Gesellschaftsverhältnis zu A nicht nur auf den "internen Betriebsvergleich" an (vgl. unten 3. b).

d) Das FG geht in dem angefochtenen Urteil davon aus, daß die Zahlungen der Klägerin keine Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien. Demgegenüber stellt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juni 1993 I R 72/92, BFHE 172, 51, BStBl II 1993, 801) darauf ab, daß die verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984 eine Vermögens- und eine Einkommensminderung voraussetzt. Beides ist gegeben, wenn der Steuerbilanzgewinn gemindert wurde. Im Streitfall minderten aber die Zahlungen der Klägerin an B deren zum 31. Dezember 1989 gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 EStG anzusetzendes Betriebsvermögen. Damit trat auch eine Minderung des Steuerbilanzgewinns 1989 der Klägerin ein. Es ist Sinn und Zweck der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984, die eingetretene Gewinnminderung rückgängig zu machen. Deshalb ist nicht über den Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen, sondern darüber zu entscheiden, ob die Zahlungen (= eingetretene Gewinnminderung) verdeckte Gewinnausschüttungen i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1984 sind.

3. Geht man mit Rücksicht auf die fehlenden anderweitigen tatsächlichen Feststellungen davon aus, daß der zwischen der Klägerin und B abgeschlossene Zusatz-Arbeitsvertrag vom 28. September 1989 klar und eindeutig ist, so muß das FG sich seine eigene Überzeugung darüber bilden, ob die Leistungen an B nicht dennoch eine mittelbare Zuwendung an A verdecken. Dazu kann es alternativ oder kumulativ folgende Überlegungen anstellen, wobei es für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ausreichen kann, wenn das FG zu der Überzeugung gelangt, daß die Veranlassung der Zahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis nur in einer Alternative anzunehmen ist.

a) Das FG kann nach den Grundsätzen eines externen Betriebsvergleichs prüfen, ob derartige Leistungen unter fremden Dritten üblich sind, um ggf. aus der Unüblichkeit auf die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zu schließen. Dabei wird es im Streitfall berücksichtigen müssen, daß die Klägerin Aufwendungen für ein vierjähriges Studium übernahm. Auch ist auf die Höhe der Zahlungen und ihre Üblichkeit zu achten. Soweit das FG bei dem externen Fremdvergleich auf Familienunternehmen zurückgreifen sollte, ist darauf zu achten, daß keine Zahlungen an Familienangehörige herangezogen werden dürfen. Sollte das FG die Üblichkeit vergleichbarer Leistungen unter fremden Dritten feststellen, kann es dennoch zu der Überzeugung kommen, daß eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis aus dem zu 3. c) genannten Gesichtspunkte anzunehmen ist.

b) Das FG kann auch nach den Grundsätzen eines betriebsinternen Fremdvergleichs prüfen, ob die Klägerin vergleich bare Leistungen gegenüber einem fremden Dritten erbracht oder abgelehnt hat. Insoweit gilt das zu 3. a) Gesagte sinnentsprechend. Fehlt es an einem vergleichbaren Arbeitnehmer, so können aus dem internen Betriebsvergleich keine weiteren positiven oder negativen Schlußfolgerungen auf eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis gezogen werden. Es ist deshalb rechtsfehlerhaft, wenn das FA in der Einspruchsentscheidung an den internen Fremdvergleich Überlegungen zur objektiven Beweislast (Feststellungslast) anschließt.

c) Schließlich kann das FG auch prüfen, ob losgelöst von einem externen oder internen Betriebsvergleich konkrete Umstände des Einzelfalles für eine beabsichtigte Vorteilszuwendung an A sprechen. Dafür könnte z. B. sprechen, wenn B einen Rechtsanspruch gegenüber A auf Finanzierung des eigenen Studiums gehabt haben sollte. Dafür könnte ferner sprechen, daß nach § 7 des Zusatz-Arbeitsvertrages die Zahlungen der Klägerin an B auch mit dessen für später beabsichtigten Übernahme der Geschäftsanteile an der Klägerin zusammenhingen. Es ist nicht die Aufgabe der Klägerin, einen künftigen Gesellschafter auf dessen Gesellschafteraufgaben vorzubereiten.

4. Die Vorentscheidung läßt letztlich nicht erkennen, aus welchen tatsächlichen Gründen das FG eine Veranlassung der Zahlungen an B im Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und A angenommen hat. Die entsprechende tatsächliche Überzeugungsbildung ist die Aufgabe des FG und nicht die des erkennenden Senats. Deshalb mußte die Vorentscheidung aufgehoben werden. Das FG wird die fehlende Überzeugungsbildung nachholen müssen. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420087

BFH/NV 1995, 548

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