Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Einordnung einer kleineren Privatwaldung als Forstbetrieb.

 

Normenkette

EStG 1977 § 13 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Klägerinnen und Revisionsbeklagten zu 1 und 2 (Klägerinnen) sowie der verstorbene Vater der Kläger zu 3 waren in Erbengemeinschaft Eigentümer von mehreren zusammenhängenden Grundstücken mit einer Gesamtfläche von insgesamt 3,1889 ha. Mit notariellem Vertrag vom 28.September 1978 veräußerten die Miterben die Grundstücke. Der Kaufpreis betrug 956 670 DM. Den Angaben im Kaufvertrag nach waren diese als Wald, Holzungen, in geringem Umfang als Garten und zum Teil nicht genutzt (Unland). Nach den aus einer Ortsbesichtigung gewonnenen Feststellungen des forstwirtschaftlichen Sachverständigen der Oberfinanzdirektion (OFD) vom 12.Mai 1980 waren die veräußerten Holzungsflächen in einer Größenordnung von 2,9370 ha mit älteren Laubbäumen relativ geschlossen bestanden, und zwar zu ca. 90 v.H. mit etwa 100 bis 120jährigen relativ gutwüchsigen und geradschaftigen Eichen mit einigen einzeln eingemischten Birken und Kiefern, sowie auf ca. 10 v.H. mit ebenfalls etwa 100 bis 120jährigen Buchen, die aus Stockausschlag entstanden sind. Für die Eichen und Buchen ermittelte der Sachverständige den Bestockungsgrad mit 0,7, die Ertragsklasse bei den Eichen mit III,0 und bei den Buchen (Brennholzqualität) mit IV,0. Ausgehend von der Annahme, daß es sich bei den besichtigten Holzungsflächen um einen aussetzenden Forstbetrieb handle, ermittelte der Sachverständige als Teilwert des Holzaufwuchses einen Bestandserwartungswert in Höhe von 39 356 DM für 2,6433 ha Eichenbestand und für 0,2937 ha minderwertigen Buchenbestand einen Abtriebswert von 1 367 DM, zusammen 40 723 DM.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unter Berücksichtigung des Buchwertes und geschätzter Veräußerungskosten gegenüber den Klägern einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 892 875 DM für 1978 gesondert und einheitlich fest, den er auf Einspruch hin um 68 040 DM ermäßigte.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt einen Forstbetrieb für nicht gegeben und hob deshalb die gesonderte und einheitliche Feststellung 1978 sowie die Einspruchsentscheidung auf. Aufgrund seines Rechtsstandpunkts sah das FG von einer näheren Überprüfung der für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen ausdrücklich ab.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

1. Veräußerungsgewinne sind --von § 22 Nr.2 i.V.m. § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgesehen-- nur im Rahmen der Einkunftsarten einkommensteuerpflichtig, deren Höhe durch den Gewinn bestimmt wird (§ 2 Abs.2 Nr.1 EStG). Dies gilt ebenso für die Veräußerung des Betriebs bzw. eines Vermögens (§§ 14, 16, 18 Abs.3 EStG). Im Streitfall kommt daher die Besteuerung nur in Betracht, wenn es sich bei den veräußerten baumbestandenen Flächen um einen forstwirtschaftlichen Betrieb i.S. von § 14 Satz 1 bzw. § 13 Abs.1 Nr.1 EStG gehandelt hat.

Diese Voraussetzung liegt im Streitfall vor.

Der Senat hat sich im Anschluß an seine frühere Rechtsprechung zuletzt in seinen Urteilen vom 26.Juni 1985 IV R 149/83 (BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549) sowie vom 15.Oktober 1987 IV R 91/85 (BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257) zum Begriff des forstwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der genannten Vorschriften geäußert. Danach kennzeichnet den Forstbetrieb eine mit der Absicht der Gewinnerzielung nachhaltig ausgeübte selbständige Tätigkeit, die --unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr-- auf der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Waldbodens zur Gewinnung von Nutzhölzern und ihrer Verwertung im Wege der Holzernte beruht. Die Absicht der Gewinnerzielung kann insbesondere bei kleineren Privatwaldungen, die in keinem Zusammenhang mit einer sonstigen land- und forstwirtschaftlichen Betätigung des Eigentümers stehen, nicht ohne weiteres erkennbar sein. Das gilt im besonderen Maße, wenn die bewaldete Fläche lediglich mit Bäumen einer oder weniger Altersklassen bestanden ist und jahrelang keine forstwirtschaftlichen Maßnahmen erfolgen. Auch in diesem Fall kann aber ein forstwirtschaftlicher Betrieb und insbesondere Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen sein, weil die genannten Voraussetzungen nicht in jedem Jahr erfüllt sein können, sondern nur innerhalb der Gesamtumtriebszeit der im Baumbestand vorhandenen Altersklassen. Mithin stellte die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751), wonach es im Hinblick auf die Gewinnerzielungsabsicht vor allem maßgeblich auf das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns ankommt, im wesentlichen eine Bestätigung der insoweit schon bestehenden Rechtsauffassung des Senats hinsichtlich eines Forstbetriebes dar.

Für die Frage, ob objektive Umstände die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht rechtfertigen, kommt es auf alle Umstände des einzelnen Falles an. Dabei ist zu berücksichtigen, daß insoweit eine weitgehende Bindung an die Tatsachenfeststellungen des FG besteht (§ 118 Abs.2 FGO). Wie der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549 betont hat, besteht der Ausgangspunkt der Überlegungen bei kleinen Flächen vor allem darin, ob nach Ablauf der Umtriebszeit ein ins Gewicht fallender Gewinn erzielt werden kann. Welcher Gewinn dabei rechnerisch auf die einzelnen Jahre der gesamten Umtriebszeit entfällt, hält der Senat nicht für entscheidend. Dem steht nicht entgegen, daß der Senat eine nähere Klärung des mit der Aufforstung oder dem Zulassen eines Aufwuchses verfolgten Zwecks dann für nötig erachtet, wenn der auf die Jahre verteilte zu erwartende Gewinn aus Nutzholz unter 1 000 DM liegen würde. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß andere Zwecke als die forstwirtschaftliche Nutzung, beispielsweise die Nutzung der Fläche zu privaten Erholungszwecken, oder die Aufforstung als vorübergehende Maßnahme zur Unterdrückung von Unkraut auf kleinen Brachflächen um so mehr im Vordergrund stehen können, als der auf die einzelnen Jahre der Umtriebszeit entfallende Teil des Gesamtgewinns der Holznutzung relativ niedrig ist. Auch die fehlende Möglichkeit oder die Erschwerung der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung durch andere Nutzungen kann darauf hindeuten, daß kein Forstbetrieb (mehr) vorliegt (vgl. Senatsurteil in BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257). Dagegen stellt die planmäßige Aufforstung eines nicht unbedeutenden Areals ein gewichtiges Indiz dafür dar, daß die Gewinnerzielung durch Holznutzungen beabsichtigt ist. Aber auch Wald, der durch Samenanflug oder ggf. durch Stockausschlag entstanden ist, schließt ab einer gewissen Größe die Annahme eines Forstbetriebs nicht aus. Auch der zwischenzeitliche Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte, der vor dem Einschlag keine Einnahmen durch Holzverkäufe erzielt, kann Forstwirt sein, weil er an dem jährlichen Wertzuwachs des Holzes teilnimmt. Ebensowenig schließt der Verkauf des Waldes, selbst wenn diese Absicht seit seinem Erwerb besteht, die Annahme der Forstwirtseigenschaft aus, weil sich der Wertzuwachs bezüglich des Holzes regelmäßig in der Höhe des erzielten Veräußerungserlöses niederschlägt (vgl. m.w.N. BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549).

Die Einwände gegen seine mehr auf den Einzelfall bezogene Rechtsprechung vermögen den Senat nicht zu überzeugen (vgl. zur Kritik z.B. Entschließung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 24.Juni 1986 31 a - S 2232 - 14 - 37 330 in: Einkommensteuerkartei OFD München/Nürnberg, § 13, Karte 13.3; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3.Aufl., 1983, A 11; Buob, Wald als Liebhaberei?, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1987, 386; Schindler, Begriff des Waldes ..., Die steuerliche Betriebsprüfung 1986, 224). Schon in seiner Entscheidung in BFHE 144, 67, BStBl II 1985, 549 hat der Senat zum Ausdruck gebracht, daß das Unterschreiten des genannten mutmaßlichen Jahresgewinns von 1 000 DM keinesfalls die Annahme eines Forstbetriebs ausschließt. Einer stärkeren Orientierung des Begriffs der Forstwirtschaft i.S. der § 13 Abs.1 Nr.1 und § 14 Satz 1 EStG an der Begriffsbestimmung der Waldgesetze des Bundes und der Länder steht die unterschiedliche Zwecksetzung dieser Rechtsmaterien entgegen (vgl. einerseits z.B. BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751/766 zu IV 3 C aa (1), andererseits § 1 des Bundeswaldgesetzes vom 2.Mai 1975, BGBl I, 1037, dazu BTDrucks 7/2727 S.3 f.).

2. Nach den vorstehenden Grundsätzen bejaht der Senat im Streitfall das Vorliegen eines Forstbetriebs. Dafür spricht schon der unter Berücksichtigung des vorhandenen ganz überwiegend wertvollen Baumbestandes von etwa 110jährigen Eichen und wenigen anderen Laubhölzern die Größe der mit Wald bestandenen Flächen und der durch den Einschlag des Holzes, dessen Teilwert im Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung mit ca. 40 000 DM ermittelt wurde, erzielbare wahrscheinliche Gesamtgewinn, der nach den Ausführungen des Sachverständigen der OFD wesentlich höher anzusetzen ist, als der obige Teilwert. Auch die weiteren bislang bekannten Tatsachen rechtfertigen die Annahme, daß die von den Klägern veräußerten Flächen einen Forstbetrieb darstellen. So schließen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht aus, daß der Eichenbestand auf eine systematische Aufforstung zurückzuführen ist; das Gutachten der OFD geht offenbar von einer planmäßigen Aufforstung bezüglich des Eichenbestandes aus. Da im wesentlichen nur eine Altersklasse feststellbar ist, wäre es nicht ungewöhnlich, wenn über eine auch lange Zeit keine Bewirtschaftungsmaßnahmen vorgenommen worden sein sollten. Wie unter 1. schon ausgeführt, kann die Gewinnerzielungsabsicht der Kläger nicht schon deshalb verneint werden, weil sich rechnerisch --bezogen auf den Holzzuwachs-- nur relativ bescheidene durchschnittliche Jahresgewinne ergeben. Auf die Motive der Kläger bzw. des Rechtsvorgängers der Kläger kommt es wie dargelegt nicht an. Entscheidend ist, welche objektiv in Erscheinung getretenen Anhaltspunkte bestehen.

Die Höhe der im Grund und Boden realisierten stillen Reserven im Verhältnis zu dem aus dem Verkauf des aufstehenden Holzes erzielbaren Gewinn bietet schon deshalb keinen Anhaltspunkt dafür, ob ein Forstbetrieb vorliegt oder nicht, weil der Preis des Grund und Bodens von außerbetrieblichen Faktoren abhängt.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Wie das FG selbst ausgeführt hat, sind ggf. insbesondere noch tatsächliche Feststellungen zur Höhe des erzielten Veräußerungsgewinns erforderlich. Die Vorentscheidung hat zur Höhe des Veräußerungsgewinns --von dem dort eingenommenen Rechtsstandpunkt aus folgerichtig-- nicht Stellung genommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62627

BFH/NV 1989, 32

BStBl II 1989, 718

BFHE 157, 98

BFHE 1990, 98

BB 1989, 1612-1612 (L)

HFR 1989, 605 (LT)

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