Leitsatz (amtlich)

Durch das Eigentum an (festverzinslichen) Wertpapieren wird eine natürliche Person nicht zum Unternehmer.

 

Normenkette

UStG 1967 § 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat sein Einzelhandelsgeschäft mit Ablauf des ersten Halbjahrs 1971 aufgegeben. Der Umsatz aus diesem Geschäft betrug in diesem Zeitraum ...... DM. Außerdem hatte der Kläger im Jahre 1971 Zinseinnahmen in Höhe von ..... DM aus mehreren Sparkonten und festverzinslichen Wertpapieren. Die auf die Umsätze aus dem Einzelhandelsgeschäft nach Abzug der Vorsteuern entfallende Umsatzsteuer von ...... DM hat der Kläger gemäß § 13 Satz 2 des BerlinFG in der Fassung vom 29. Oktober 1970 (BGBl I, 1482, BStBl I, 1017) in der Umsatzsteuererklärung 1971 um den Kürzungsbetrag von ... DM gemindert.

Bei der Veranlagung 1971 versagte der Beklagte und Revisionskläger (FA) dem Kläger den Kürzungsbetrag. Er ging dabei davon aus, daß die Voraussetzungen des § 13 BerlinFG nicht vorliegen, weil nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 19 Abs. 3 UStG 1967 der tatsächliche Gesamtumsatz des Klägers in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen sei, dieser aber 200 000 DM im laufenden Kalenderjahr übersteige.

Mit der gegen den Umsatzsteuerbescheid 1970 eingelegten Sprungklage hatte der Kläger Erfolg.

Das FG vertrat ebenso wie der Kläger die Auffassung, eine Umrechnung des tatsächlichen Umsatzes in einen Gesamtumsatz komme im vorliegenden Falle nicht in Betracht, weil allein wegen der Unterhaltung von Sparkonten der Kläger auch im zweiten Halbjahr Unternehmer geblieben sei. Der Kürzungsbetrag nach § 13 Satz 2 BerlinFG stehe ihm daher zu.

Gegen diese Entscheidung, gegen die das FG die Revision zugelassen hat, richtet sich die Revision des FA. Es ist der Auffassung, daß die Rechtsauffassung des FG nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften vertretbar sei, aber - wie sich aus den von ihm aufgeführten Beispielen ergebe - zu so unsinnigen Ergebnissen führe, daß eine Auslegung gegen den Wortlaut der Vorschriften gerechtfertigt sei.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 1. Februar 1973 V R 2/70 (BFHE 107, 494, BStBl II 1973, 172) ausgeführt, daß die Unterhaltung von Sparkonten für sich allein nicht die Unternehmereigenschaft einer natürlichen Person begründe. Der Senat nimmt auf die Ausführungen in diesem Urteil Bezug. Auch das Eigentum an (festverzinslichen) Wertpapieren macht eine natürliche Person nicht zum Unternehmer. Wie der Senat in dem vorbezeichneten Urteil ausgeführt hat, ist die Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, durch die jemand zum Unternehmer wird (§ 2 Abs. 1 UStG 1951 gleichlautend mit § 2 Abs. 1 UStG 1967) - von Ausnahmefällen abgesehen -, die nachhaltige Ausführung von entgeltlichen Leistungen. Auch beim Wertpapiersparen beruhen jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtung - ebenso wie beim Kontensparen - die Einnahmen des Sparers nicht auf einer Leistung im wirtschaftlichen Sinne.

Auch die Ausführungen in dem vom Kläger vorgelegten Gutachten sind nicht geeignet, eine andere Auffassung zu begründen. Beim üblichen Sparen verbleibt der Sparvorgang im Regelfall in der privaten Sphäre des Sparers. Der Gedanke einer sicheren Verwahrung der Ersparnisse, die Bildung von schnell greifbaren Rücklagen für Notfälle, das Ansparen für größere Anschaffungen und ähnliche Erwägungen stehen bei ihm im Vordergrund. Eine Geldhingabe mit der eindeutig überwiegenden Zielsetzung, den Geldinstituten einen Kredit zu gewähren, kann beim normalen Sparen nicht angenommen werden.

Das vorinstanzliche Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 47

BFHE 1974, 439

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