Leitsatz (amtlich)

Die als Belohnung im Sinne des § 657 BGB für das erfolgreiche Teilnehmen an Pferderennen empfangenen Rennpreise sind Entgelte im Sinne des § 10 UStDB 1951 für eine von dem Rennstallbesitzer erbrachte sonstige Leistung.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 S. 1; UStDB 1951 § 10 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betrieb eine Gastwirtschaft und unterhielt einen Rennstall. In den Jahren 1963 bis 1966 erhielt er Rennpreise von mehreren Rennvereinen wegen der Beteiligung an Pferderennen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) zog diese Preise zur Umsatzsteuer heran. Das FG hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt: Die Rennpreise seien Entgelte, die der Steuerpflichtige für Leistungen im Rahmen seines Unternehmens empfangen habe. Durch das Einsetzen der Pferde und das Entgegennehmen von Preisen habe er eine nachhaltige, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit entfaltet (Urteil des RFH V A 202/21 vom 15. November 1921, RFH 7, 244, RStBl 1922, 74). Der Steuerpflichtige sei damit Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1951. Es liege eine gegen entgelt ausgeführte Leistung vor. Ein gegenseitiger Vertrag sei dazu nicht erforderlich, es reiche aus, daß eine Tätigkeit entfaltet werde, bei deren Durchführung der andere sich zu einer Leistung verpflichte. Bei der Aussetzung von Rennpreisen durch die Rennvereine handele es sich um Auslobungen im Sinne des § 657 BGB. Die Verbindung zwischen Leistung und Gegenleistung sei darin zu sehen, daß der Steuerpflichtige die Pferde eingesetzt habe, um die Preise zu erringen, und die Vereine die Preise hergegeben hätten, wenn die Pferde den gestellten Bedingungen entsprechend gelaufen wären. Die Rennpreise seien als Entgelte Maßstab der zu erhebenden Umsatzsteuer gemäß § 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951, sie fielen unter den Begriff des Entgelts sowohl im Sinne des UStG 1918 als auch des § 10 UStDB 1951 in Verbindung mit dem UStG 1951.

Gegen diese Entscheidung hat der Steuerpflichtige Revision eingelegt und ausgeführt: § 10 UStDB 1951 sei verletzt, da ein Entgelt nicht vorliege. Diese Bestimmung habe den Entgeltbegriff insoweit eingeschränkt, als Rennpreise nicht darunter fielen. Da der Gesetzgeber bei der Fassung der Vorschrift an diese Preise offenbar nicht gedacht habe, liege eine Gesetzeslücke vor, die nicht zu Lasten des Staatsbürgers geschlossen werden dürfe. In der Sprungklage vom 19. Februar 1968 hat der Steuerpflichtige außerdem geltend gemacht: Die Gewinnchance sei kein Entgelt. Die Rennvereine hätten die Preise nicht ausgezahlt, um die Beteiligung am Rennen zu erhalten, sondern weil die Teilnehmer gewonnen hätten. Das RFH-Urteil V A 202/21 vom 15. November 1921 (a. a. O.) sei zu § 1 Abs. 1 UStG 1918 ergangen und passe nicht auf die Rennpreise, die nicht als Entgelt im Sinne des § 10 UStDB 1951 angesehen werden könnten.

Der Steuerpflichtige hat beantragt, die Rennpreise nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Das FG geht zutreffend davon aus, daß die vereinnahmten Rennpreise Entgelte sind, die der Steuerpflichtige für Leistungen empfangen hat, die er im Rahmen seines Unternehmens erbracht hat (§ 1 Nr. 1 UStG 1951). Denn die Veranstalter von Pferderennen räumen den Besitzern von Rennpferden durch Auslobung von Preisen für siegreiche Pferde (§ 657 BGB) Gewinnchancen ein, um die Beteiligung an den Rennveranstaltungen herbeizuführen. Die Beteiligung ist deshalb eine dem Veranstalter gegenüber erbrachte Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951. Nach dieser Vorschrift ist nicht erforderlich, daß die Leistung auf Grund eines Vertrags auf den Empfänger übergeht. Es ist deshalb unerheblich, daß der Steuerpflichtige ohne rechtliche Verpflichtung - lediglich im Hinblick auf das den Veranstalter einseitig bindende Versprechen eines Rennpreises für den Fall einer siegreichen Teilnahme - geleistet hat. Diese vom RFH in seinem Urteil V A 202/21 vom 15. November 1921 (a. a. O.) vertretene Auffassung wird durch § 10 UStDB 1951 bestätigt, wonach der Übergang des Handlungserfolgs eines Unternehmers (die Leistung) auf einen anderen als Empfänger Merkmal des Begriffs Entgelt ist. Bei den Rennpreisen ist die Voraussetzung, daß eine Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung vorhanden sein muß ("... um ... zu erhalten ..."), erfüllt. Die Vorentscheidung läßt somit keinen Rechtsirrtum darin erkennen, daß sie die Belohnung als Entgelt für auslobungsgemäßes Handeln des Steuerpflichtigen beurteilt hat.

Zu einer anderen Beurteilung führt es auch nicht, wenn man die beiden Urteile des BFH V R 163/66 vom 2. Oktober 1969 (BFH 97, 263, BStBl II 1970, 111) und V R 94/68 vom 6. August 1970 (BFH 99, 504, BStBl II 1970, 730) berücksichtigt, die die Züchterprämie nach der Rennordnung nicht als Entgelt ansehen und damit das RFH-Urteil V 133/41 vom 12. Februar 1942 (RStBl 1942, 543) einschränken. Das Abstellen eines Pferdes zu einem Rennen mit der Chance eines Rennpreises - also der Sachverhalt, mit dem sich auch die genannte RFH-Entscheidung befaßt hat - ist als eine sonstige Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 nicht vergleichbar mit der Aufzucht der Tiere, die der BFH in den ebenfalls erwähnten Entscheidungen deshalb als Gütererzeugung beurteilt, weil kein Rechtsverkehr stattfindet. Zwar erhält der Züchter die Prämie auch auf Grund einer Auslobung; im Fall der Rennpreise besteht jedoch ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Preis und einer als Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 anzusehenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Die in dem BFH-Urteil V R 94/68 vom 6. August 1970 (a. a. O.) vertretene Auffassung, daß eine Zahlung auf der Grundlage des § 657 BGB grundsätzlich nicht als "Entgelt" im Sinne des Umsatzsteuerrechts zu beurteilen sei, ist zumindest für den vorliegenden Fall einzuschränken, da der Rennstallbesitzer gerade mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat. Diesem Umstand hat der RFH in seinem Urteil V A 202/21 vom 15. November 1921 (a. a. O.) besonderes Gewicht beigelegt. Auch im Urteil V R 163/66 vom 2. Oktober 1969 (a. a. O.) kommt der BFH zu dem Ergebnis, bei dem Abstellen eines Pferdes zu einem Rennen handele es sich um eine entgeltliche sonstige Leistung.

Die strittigen Umsätze fallen nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz. Sie sind deshalb auch nicht nach § 4 Nr. 9 UStG 1951 steuerfrei (Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., Tz. 2653).

Der Steuerpflichtige ist daher mit den erzielten Preisen umsatzsteuerpflichtig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413179

BStBl II 1972, 556

BFHE 1972, 196

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