Leitsatz (amtlich)

1. Ein bisher privates Grundstück, dessen Bebauung mit 30 zur Veräußerung bestimmten Eigentumswohnungen geplant ist, wird notwendiges Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs, sobald mit der gewerblichen Betätigung objektiv erkennbar (hier: Fertlgung der Baupläne) begonnen wird. Dabei ist der Einlagewert von Gebäuden nicht schon deshalb mit O DM anzusetzen, weil ihr Abbruch beabsichtigt ist.

2. Die Buchwerte der abgebrochenen Gebäude, die Abbruchkosten sowie Abstandszahlungen an Mieter gehören zu den Herstellungskosten des zu erstellenden Gebäudes. Wird die Planung aufgegeben und das Grundstück veräußert, können die vor Baubeginn angefallenen Herstellungskosten auf O DM abgeschrieben werden.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1, 5-6

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

Die Klägerin war Eigentümerin eines Grundstücks. Sie beabsichtigte, einen Teil dieses Grundstücks mit 30 Eigentumswohnungen zu bebauen und diese zu verkaufen. Zu diesem Zweck ließ die Klägerin durch ihren Architekten einen Bauplan, datiert vom 6. April 1972, erstellen und bei der Lokalbaukommission am 12. Mai 1972 einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids zur Frage der Zulässigkeit der beabsichtigten baulichen Nutzung einreichen. Am 25. und 26. April 1972 wurden zwei der drei für das Grundstück bestehenden Mietverträge aufgehoben und die Mieter abgefunden. Nach der Räumung durch die Mieter wurden die Gebäude abgebrochen.

Der geplante Bau entsprach den Bestimmungen des vom Stadtrat am 10. März 1971 beschlossenen Bebauungsplans. Der Plan wurde nicht rechtsverbindlich, weil das Verfahren wegen anderweitiger Planungen nicht weitergeführt wurde. Die sonach fortgeltenden baurechtlichen Vorschriften standen dem Vorhaben der Klägerin entgegen. Am 31. August 1972 nahm die Klägerin ihre Bauvoranfrage vom 12. Mai 1972 zurück. Mit Kaufvertrag vom 20. Dezember 1972 wurde das Grundstück an die Firma A veräußert.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr hat die Klägerin neben -- im Revisionsverfahren nicht mehr streitigen -- Planungskosten die Kosten für die Abfindung der Mieter und den Abbruch der Gebäude als Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. Ferner hat die Klägerin den Abzug der auf der Grundlage der bisherigen Abschreibungen bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ermittelten Restbuchwerte der abgebrochenen Gebäude begehrt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ließ die geltend gemachten Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, die Klage nur hinsichtlich der Planungskosten.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzung materiellen Rechts durch unzutreffende Anwendung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenbegriffs sowie einen Verstoß gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze bei der Feststellung des der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß der Umfang der von der Klägerin geplanten Bau- und Veräußerungsmaßnahmen (Errichtung und Veräußerung von 30 Eigentumswohnungen) einer gewerblichen Betätigung entspricht (Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 31. Januar 1980 IV R 13/76, BFHE 130, 34, BStBl II 1980, 318). Bei einem gewerblichen Grundstückshandel beginnt der Gewerbebetrieb in der Regel zu dem Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige mit Tätigkeiten beginnt, die objektiv erkennbar auf die Vorbereitung der Grundstücksgeschäfte gerichtet sind (BFH-Urteil vom 30. November 1977 I R 115/74, BFHE 124, 52, BStBl II 1978, 193). Zwar hat der Senat in dieser Entscheidung einen möglichen Ausnahmefall darin gesehen, daß trotz äußerlich erkennbarer Vorbereitungshandlungen die abschließende Entscheidung über den Einsatz von Grund und Boden zum Zwecke der Bebauung und Weiterveräußerung in einem bestimmten Betrieb noch nicht gefallen war, weil rechtliche Hindernisse bestanden, mit deren Wegfall nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit gerechnet werden konnte.

Die Zeugen sowie die Klägerin haben nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG glaubhaft ausgesagt, daß mit einer Verwirklichung des Bauvorhabens gerechnet werden konnte und gerechnet wurde. Zutreffend hat das FG die Einschaltung des Baubetreuungsunternehmens, das Erstellen der Baupläne vom 6. April 1972 und den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids vom 12. Mai 1972 als derartige Vorbereitungshandlungen gewertet.

Sieht man die früheste, objektiv erkennbare Vorbereitungshandlung als Beginn des Gewerbebetriebs an, so ist dies das Datum der Baupläne vom 6. April 1972. Sonach ist davon auszugehen, daß der für das Bauvorhaben vorgesehene Grundstücksteil am 6. April 1972 zum unmittelbaren Einsatz in einem Gewerbebetrieb bestimmt worden ist. Er ist notwendiges Betriebsvermögen geworden (vgl. BFHE 124, 52, BStBl II 1978, 193).

2. Damit ist es nicht möglich, wie dies die Revision tut, die Gebäuderestwerte der abgebrochenen Gebäude als Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu betrachten. Denn die Gebäude waren im Zeitpunkt des Abbruchs Betriebsvermögen. Allerdings kann dem FG nicht in seiner Auffassung gefolgt werden, auch im Bereich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sei ein Wertverzehr der abgebrochenen Gebäude nicht berücksichtigungsfähig, weil bei der Einlage der Gebäude in das Betriebsvermögen deren Teilwert wegen des geplanten Abbruchs nicht positiv sein könne.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 7. Dezember 1978 I R 142/76 (BFHE 128, 178, BStBl II 1979, 729) ausgeführt, der Teilwert von auf den Zeitpunkt der Eröffnung eines Betriebs zu bewertenden Gebäuden werde nicht dadurch gemindert, daß die Gebäude zum Abbruch bestimmt seien. Die Teilwerte von Grund und Boden und Gebäuden im Zeitpunkt der Eröffnung des Betriebs hat das FG nicht festgestellt. Es ist weder ein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß der Teilwert der Gebäude 0 DM betragen hat, noch daß er den von der Klägerin begehrten Restbuchwerten entsprochen hätte.

Wenn auch die Abbruchabsicht der Klägerin im Zeitpunkt der Einlage noch nicht zu der Annahme berechtigt, die Gebäude hätten keinen Teilwert mehr gehabt, so kommt doch einer Abbruchabsicht zu diesem Zeitpunkt aus anderen Gründen rechtliche Bedeutung zu. Da im Zeitpunkt der Eröffnung des Gewerbebetriebs der Klägerin die Abbruchabsicht bestanden hat, gehören der -- vom FG noch zu ermittelnde -- Wert der abgebrochenen Gebäude und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neu zu errichtenden Gebäudes (BFHE 128, 178, BStBl II 1979, 729; BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620).

3. Zu den Herstellungskosten des neu zu errichtenden Gebäudes gehören auch die an die Mieter geleisteten Abfindungszahlungen.

a) Die Klägerin hat die Mieter nicht abgefunden, um die bis dahin vermieteten Gebäude abbrechen und um das Grundstück räumen zu können, ohne genaue Vorstellungen über die künftige Nutzung dieses Grundstücks zu haben. Die Klägerin hat die Abfindungen gezahlt, um ohne entgegenstehende Rechte Dritter nach ihren Plänen und Vorstellungen ein neues Gebäude errichten zu können. Damit ist der enge wirtschaftliche Zusammenhang mit der Errichtung des neuen Gebäudes gegeben, so daß die Abfindungsbeträge in den Herstellungskosten des neuen Gebäudes aufgehen (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1975 I R 243/73, BFHE 117, 153, BStBl II 1976, 184).

b) Soweit das FG aufgrund des festgestellten Sachverhalts im Rahmen der Tatsachen- und Beweiswürdigung andere Schlüsse tatsächlicher Art gezogen hat, ist der Senat daran nicht gebunden. Denn diese Schlüsse tatsächlicher Art sind in sich widersprüchlich (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FG hat ausgeführt, aus der Einschaltung des Baubetreuungsunternehmens, dem Erstellen der Baupläne vom 6. April 1972 und dem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids vom 12. Mai 1972 sei "klar erkennbar", daß die Klägerin ernsthaft die Eröffnung eines gewerblichen Grundstückshandels angestrebt habe. Aufgrund dieser Erwägung wurden die Planungskosten als Betriebsausgaben anerkannt. Gleichzeitig wurde ausgeführt, es sei anhand äußerer Umstände nicht klar erkennbar, ob die Aufwendungen der Klägerin für die "Grundstücksfreimachung" von dem ernsthaften Entschluß zur Erzielung gewerblicher Einkünfte getragen würden. Zwar ist die Erwägung des FG, es sei im Zeitpunkt der Grundstücksfreimachung nicht sicher gewesen, ob der Verwirklichung des geplanten Bauvorhabens nicht baurechtliche Hindernisse entgegenstanden, für sich gesehen nicht unerheblich (vgl. BFHE 124, 52, BStBl II 1978, 193). Diese objektive Unsicherheit bestand jedoch auch bei der zeitlich vor den Abfindungsvereinbarungen und Abbrucharbeiten liegenden Bauplanung, ohne daß das FG den Betriebsausgabencharakter der Planungskosten in Zweifel gezogen hätte.

Es gibt auch keine -- wie das FG ausführt -- "Lebenserfahrung, daß Aufwendungen der hier fraglichen Größenordnung erst dann im Hinblick auf das angestrebte Bauvorhaben getätigt werden, wenn zumindest im Wege eines Vorbescheids die Zulässigkeit der geplanten Bebauung rechtsverbindlich abgesichert ist". Sowohl die Zeugen als auch die Klägerin haben in der Beweisaufnahme durch das FG erklärt, sie seien vom Gelingen des Bauvorhabens überzeugt gewesen. Die Klägerin hat die Aufwendungen auch nicht "ins Blaue hinein gemacht". Ihre Dispositionen beruhten auf einem zwar nicht rechtsverbindlichen, aber doch vom Stadtrat beschlossenen Bebauungsplan sowie auf dem Rat der Zeugen, die die Klägerin für mit den örtlichen Verhältnissen vertraute und sachverständige Berater halten durfte.

4. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Planung aufgegeben wurde, können die bereits vor Baubeginn angefallenen Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 oder nach § 7 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes auf 0 DM abgeschrieben werden (BFH-Urteil vom 11. März 1976 IV R 176/72, BFHE 119, 240, BStBl II 1976, 614). Da die Planung im Streitjahr aufgegeben wurde, sind die als Herstellungskosten anzusehenden Planungskosten, Abfindungszahlungen, Abbruchkosten sowie die -- vom FG noch festzustellenden -- Werte der abgebrochenen Gebäude als Betriebsausgaben -- im Rahmen der gestellten Anträge -- abziehbar.

5. Damit ist jedoch der Gewinn bzw. Verlust aus dem Gewerbebetrieb noch nicht vollständig ermittelt. Geht man davon aus, daß der Betrieb im Streitjahr eingestellt worden ist, sei es mit der Veräußerung des Grundstücks am 20. Dezember 1972 oder zuvor mit einer Entnahme des Grundstücks, kann eine Wertsteigerung oder ein Wertverlust des Grundstücks in der Zeit, in der es Betriebsvermögen war, den Gewinn aus Gewerbebetrieb beeinflussen. Auch dies wird das FG -- im Rahmen der gestellten Anträge -- berücksichtigen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74634

BStBl II 1983, 451

BFHE 1983, 63

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