Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anwendung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957 steht nicht entgegen, daß die Gesellschaft sich an der gemeinschaftlichen Verwaltung eines Grundstücks, dessen Miteigentümerin sie zu 2/3-Anteilen ist, beteiligt.

 

Normenkette

GewStG § 9 Ziff. 1 S. 3

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin, eine Wohnungsbau-GmbH (im folgenden abgekürzt GmbH), ist Eigentümerin eines von ihr errichteten Hochhauses, das sie durch Vermietung nutzt. Außerdem ist sie Miteigentümerin zu 2/3-Anteilen an einem bebauten Grundstück, das ebenfalls vermietet wird. Der restliche 1/3-Anteil an diesem Grundstück gehört ihrem alleinigen Geschäftsführer X., der zugleich einer ihrer Gesellschafter ist. Die Miteigentümer haben ihr Rechtsverhältnis in einem Vertrag vom 11. Dezember 1957 geregelt.

Streitig ist, ob das gemeinschaftliche Grundstück im Erhebungszeitraum 1958 von der GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer X., oder von diesem auf Grund seiner Beauftragung im § 6 des Vertrages vom 11. Dezember 1957 verwaltet worden ist. Der Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag, die GmbH nach § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957 mit dem Gewerbeertrag aus ihrem Grundbesitz gewerbesteuerfrei zu stellen, ab und kürzte den Gewinn nur um 3 v. H. der Einheitswerte des Grundbesitzes (ß 9 Ziff. 1 Satz 1 GewStG 1957), weil die GmbH auch den ihr fremden 1/3-Eigentumsanteil am Grundstück, mithin nicht nur eigenen Grundbesitz verwaltet habe. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

Die Vorinstanz hat die Regelung der Verwaltung in den §§ 5 und 6 des Vertrages vom 11. Dezember 1957 als nicht eindeutig bezeichnet. Nach der maßgeblichen tatsächlichen Geschäftsgebarung sei das Grundstück von der GmbH verwaltet worden, die sich dazu ihres Geschäftsführers X. bedient habe. In der rechtlichen Beurteilung ist die Vorinstanz dem FA beigetreten.

Mit der Rb. (Revision) beantragt die GmbH, sie von der Gewerbesteuer freizustellen. Sie wendet sich gegen die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz und rügt Verstöße gegen Akteninhalt, Erfahrungssätze und Denkgesetze, Verfahrensmängel und unrichtige Rechtsanwendung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß der GmbH die Vergünstigung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957 nicht zusteht, wenn sie im Erhebungszeitraum auch fremden Grundbesitz verwaltet hat. Das ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Bestimmung, die von der Verwaltung und Nutzung ausschließlich eigenen Grundbesitzes spricht.

Der Vorinstanz kann aber nicht darin zugestimmt werden, daß die GmbH den Grundstücksanteil des X. verwaltet hat. Die Vorinstanz hat festgestellt, daß die Einnahmen und Ausgaben in den Büchern der GmbH erscheinen. Die Mietverträge haben beide Miteigentümer unterschrieben. Im übrigen sind die Schriftstücke teils mit dem Firmenkopf der GmbH, teils mit dem Namen des X. versehen worden. Einzelne Handwerkerrechnungen lauten auf den Namen des X. Einmal ist ein Zahlungs- und Vollstreckungsbefehl von der GmbH erwirkt worden. Diese Feststellungen lassen nicht den von der Vorinstanz gezogenen Schluß zu, die GmbH habe das ganze Grundstück allein verwaltet, mithin auch den fremden Eigentumsanteil. Die Vorinstanz hat unzutreffend den Einzelfall des Zahlungs- und Vollstreckungsbefehls als entscheidend angesehen. Sie durfte nicht außer Betracht lassen, daß X. im Vertrag vom 11. Dezember 1957 mit Aufgaben der Geschäftsführung beauftragt worden war und unstreitig auch teilweise für die Gemeinschaft außerhalb des Rahmens der GmbH geschäftsführend aufgetreten ist. Die Vorentscheidung wird deshalb aufgehoben.

Nach Auffassung des Senats haben die beiden Miteigentümer das Grundstück gemeinschaftlich verwaltet. Diese Handhabung entwickelte sich aus der Besonderheit des Falles, daß X. sowohl Geschäftsführer der GmbH wie auch Miteigentümer des Grundstücks war, so daß eine einheitliche Willensbildung stattfand.

Die gemeinschaftliche Verwaltung des Grundstücks steht der Anwendung des § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957 aber nicht entgegen. Die gemeinschaftliche Verwaltung entspricht der grundsätzlichen Regelung von Miteigentumsverhältnissen im § 744 Abs. 1 BGB. Gegenstand der gemeinschaftlichen Verwaltung und Nutzung sind nicht die Miteigentumsanteile, sondern das gemeinschaftliche Hausgrundstück. Die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Verwaltung stellt die Ausübung der Rechte aus dem eigenen Miteigentumsanteil dar, nicht aber zugleich die Verwaltung des fremden Miteigentumsanteils. Die GmbH hat deshalb durch die Beteiligung an der gemeinschaftlichen Verwaltung den Rahmen der Verwaltung ausschließlich eigenen Grundbesitzes nicht überschritten. Dem Antrag auf Kürzung des Gewinns nach § 9 Ziff. 1 Satz 3 GewStG 1957 ist deshalb stattzugeben.

Die Sache wird an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Die Vorinstanz wird noch aufzuklären haben, wieviel die vorzunehmende Kürzung beträgt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411987

BStBl III 1966, 253

BFHE 1966, 115

BFHE 85, 115

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