Leitsatz (amtlich)

Die Schuldzinsen für einen Kredit, dessen Valuta zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG verwandt wird, sind auch dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn zwar keine Kapitalerträge, aber Wertsteigerungen der Beteiligung zu erwarten sind. Sind auch keine Wertsteigerungen zu erwarten, entfällt ein Abzug der Schuldzinsen lediglich für den Fall, daß die Beteiligung aus persönlichen Gründen oder Neigungen begründet und aufrechterhalten wird.

 

Orientierungssatz

1. Schuldzinsen für einen Kredit zur Anschaffung einer GmbH-Beteiligung (bzw. zur Kapitalerhöhung) sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann (vgl. BFH-Rechtsprechung).

2. Der Erwerb einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist regelmäßig auf eine einträgliche Beteiligung gerichtet. Erweist sich die Erwartung auf Ausschüttungen und auf Wertsteigerungen der Beteiligung als unrichtig (Kapitalminderung durch Verluste), kann hieraus auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht nur unter den gleichen Voraussetzungen geschlossen werden, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind (BFH-Rechtsprechung; Beweisanzeichen für Erwerb und Beibehaltung der Beteiligung aus im Bereich der Lebensführung des Steuerpflichtigen liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen).

 

Normenkette

EStG §§ 17, 20 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 S. 3 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 1975 und 1976 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der Ehemann (Kläger) war Gesellschafter- Geschäftsführer der ... Elektronische Datenverarbeitung GmbH (GmbH). Sein Anteil am Stammkapital der GmbH betrug 26 v.H.; weitere Gesellschafter waren die A-Gesellschaft X-Stadt (51 v.H.) und die A-Gesellschaft Y-Stadt (23 v.H.). Das Stammkapital der GmbH wurde von 100 000 DM (Gründung 1969) auf 440 000 DM (1971) und schließlich auf 1 Mio DM (1975) erhöht. Die Kapitalerhöhungen waren notwendig geworden, weil die GmbH mit Verlusten arbeitete. Der Kläger konnte seine Anteile an den Kapitalerhöhungen nur dadurch erbringen, daß er sich verschuldete. Hierfür zahlte er nach seinen Angaben Kreditkosten von 8 338,53 DM im Jahre 1975 und von 15 275,02 DM im Jahre 1976. Die GmbH nahm keine Ausschüttungen vor.

Der Kläger war bei der GmbH angestellt. Er bezog von der GmbH ein Gehalt, das nach seinem Vorbringen überdurchschnittlich war.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) versagte den Werbungskostenabzug der Kreditkosten. Die Einsprüche blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die zusammengefaßte Klage mit folgender Begründung ab: Es kämen allenfalls Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht. Die zur Finanzierung des Anteilserwerbs aufgewendeten Kosten seien grundsätzlich Werbungskosten, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht mehr durch die Höhe der erzielten Einnahmen begrenzt seien. Im Streitfall entfalle indessen ein Abzug, weil nicht "auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden" könnte (BFH-Urteil vom 21.Juli 1981 VIII R 128/76, BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36). Die GmbH-Beteiligung habe nie Erträge gebracht. Der Kläger selbst spreche lediglich vage davon, daß er auf Erträge gehofft habe. Die Zinsen könnten aber auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden. Dies ergebe sich aus § 20 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und aus der Überlegung, daß Einnahmen aus Vermögensanlagen nicht Arbeitslohn sein könnten. Es fehle auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Kreditaufnahme und Arbeitsverhältnis.

Die Kläger machen mit der Revision geltend: Werbungskosten seien bei den Einkünften aus Kapitalvermögen auch dann anzuerkennen, wenn es entgegen den Planungen nicht zu Einnahmen komme (BFH- Urteil vom 9.August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29). Die Beteiligung an der GmbH und an den Kapitalerhöhungen beruhe nicht auf persönlichen Gründen. Aufgrund der Entwicklung auf dem EDV-Sektor habe zumindest langfristig auch aus der Sicht der Jahre 1969 bis 1975 mit Erträgen aus der Beteiligung gerechnet werden können. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, daß es tatsächlich nicht zu Gewinnausschüttungen gekommen und auch bei der Veräußerung der Beteiligung im November 1978 kein Veräußerungsgewinn erzielt worden sei. Zumindest müßten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angenommen werden.

Die Kläger beantragen, im Jahre 1975 Schuldzinsen in Höhe von 8 339 DM und im Jahre 1976 Schuldzinsen in Höhe von 15 276 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, evtl. bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Das FG hat zutreffend die Möglichkeit ausgeschlossen, daß die Kreditkosten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit seien. Der Senat hat in dem Urteil vom 19.Oktober 1982 VIII R 97/79 (BFHE 137, 418, BStBl II 1983, 295) entschieden, daß ein Darlehen, das ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber zwecks Arbeitsplatzsicherung gibt, jedenfalls dann nicht Arbeitsmittel oder Arbeitsvermögen, sondern Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG ist, wenn eine angemessene Verzinsung vereinbart ist; die für einen Refinanzierungskredit aufgewandten Zinsen wurden demgemäß als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zum Abzug zugelassen.

Der Streitfall gibt keinen Anlaß, dazu Stellung zu nehmen, ob eine (wesentliche) Beteiligung an der Arbeitgeber-GmbH wie ein Darlehen an den Arbeitgeber zu beurteilen ist und ob eine solche Beteiligung, falls sie den Arbeitsplatz sichert und ertraglos bleibt, als Arbeitsmittel oder Arbeitsvermögen anzusehen ist. Es kommt auf diese Fragen nicht an, weil der Kläger die GmbH-Beteiligung nach den Feststellungen des FG nicht zur Arbeitsplatzsicherung einging und aufrechterhielt. Der Kläger hatte allerdings vor dem FG behauptet, die Beteiligung sei ihm von der A-Gesellschaft X-Stadt aufgezwungen worden; er hätte, falls er dieses Ansinnen abgelehnt hätte, seinen Arbeitsplatz riskiert. Das FG hat hingegen der Aussage des Zeugen D, des Geschäftsführers der A-Gesellschaft X-Stadt, Glauben geschenkt und angenommen, der Kläger habe selbst auf die Beteiligung gedrungen. Verfahrensrügen sind nicht erhoben worden. Die Annahme des FG wird gestützt durch den Umstand, daß der Kläger nach der Veräußerung der GmbH-Beteiligung seinen Arbeitsplatz behielt.

2. Die bisherigen Feststellungen des FG rechtfertigen jedoch nicht die Annahme, die Kreditkosten könnten auch nicht Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein.

a) Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit sie mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1, § 20 EStG). Der Senat hat für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgeführt, daß allein der Zweck der Schuldaufnahme über den Werbungskostencharakter entscheidet; Werbungskosten sind bei dieser Einkunftsart vor allem die Kosten für einen Kredit, dessen Valuta zur Finanzierung des Grundstückserwerbs und der Anschaffung oder Herstellung der Baulichkeiten verwandt wird (Urteil vom 18.November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, 528, BStBl II 1981, 510). Die gleichen Grundsätze sind für Einkünfte aus Kapitalvermögen maßgeblich (BFH-Urteil vom 21.Juli 1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, 116, BStBl II 1982, 37). Werbungskosten bei dieser Einkunftsart sind danach die Kosten für Kredite, deren Valuta zum Erwerb oder zur Schaffung einer Kapitalanlage i.S. des § 20 EStG verwandt wird. Eine GmbH-Beteiligung ist eine solche Kapitalanlage, falls sie Gewinnanteile oder sonstige Bezüge --einschließlich verdeckter Gewinnausschüttungen-- erbringt (§ 20 Abs.1 Nr.1 EStG). Dabei ist es unerheblich, ob die Valuta für den erstmaligen Erwerb oder, wie hier, auch für Kapitalerhöhungen verwandt wird.

b) Bleiben Erträge aus oder fallen sie nur in einem geringen Ausmaß an, war nach früherer Rechtsprechung, auf die sich noch das FA ursprünglich gestützt hatte, ein Werbungskostenabzug von Kreditkosten nur bis zur Höhe der tatsächlich angefallenen Erträge möglich. Der erkennende Senat hat diese Rechtsprechung aufgegeben und stellt nunmehr darauf ab, ob auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann (BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36). Liegt diese Voraussetzung nicht vor, ist davon auszugehen, daß die Schuldzinsen nicht in der Absicht geleistet worden sind, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, sondern in der Absicht, Wertsteigerungen der Vermögensanlage zu erzielen. Eine Vermögensverwaltung in Form der Kapitalanlage zur Überschußerzielung kann in eine Vermögensverwaltung durch Kapitalanlage umschlagen (BFH-Urteil vom 23.März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463). Andererseits steht einem Werbungskostenabzug nicht entgegen, daß beim Erwerb oder bei der Ausweitung der Kapitalanlage auch die Hoffnung auf Wertsteigerung mitursächlich ist, wenn nur die Erwartung einer --wenn auch bescheidenen--Rendite im Vordergrund steht (BFHE 134, 113, 117 f., BStBl II 1982, 37). Der Große Senat des BFH hat diese Rechtsprechung bestätigt (Beschluß vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 435 f., BStBl II 1984, 751).

c) Der Streitfall weist die Besonderheit auf, daß die Beteiligung des Klägers an der GmbH eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG war. Der Kläger beteiligte sich im Jahre 1969 an der Gründung der GmbH mit 26 v.H. des Stammkapitals. Bei den Kapitalerhöhungen in den Jahren 1971 und 1975 achtete er --selbst unter Inkaufnahme einer höheren Verschuldung-- darauf, daß ihm diese Quote erhalten blieb.

Der Senat hatte bisher keinen Anlaß, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Werbungskostenabzug auch dann zu versagen ist, wenn, was für den Streitfall nicht auszuschließen ist, nicht einmal eine bescheidene Kapitalrendite zu erwarten ist, aber späterhin mit einem angemessenen Veräußerungsgewinn aus § 17 EStG zu rechnen ist. Im Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37 konnte der Senat einen Werbungskostenabzug der Schuldzinsen bereits mit der Erwägung bejahen, daß zumindest langfristig ein Überschuß aus Beteiligungserträgen zu erwarten war. Das Urteil in BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36 betraf eine nicht wesentliche GmbH-Beteiligung. Das Urteil in BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29 befaßte sich mit der hier nicht gegebenen Fallgestaltung, daß Schuldzinsen noch nach der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung geleistet wurden.

Der Senat ist der Auffassung, daß in die Renditebetrachtung einer wesentlichen Beteiligung auch die zu erwartenden Wertsteigerungen der Beteiligung einzubeziehen sind. Er befindet sich damit in Übereinstimmung mit dem Großen Senat des BFH, der auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung abstellt, wobei allerdings "steuerfreie Veräußerungsgewinne" nicht in die Betrachtung einbezogen werden sollen (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751). Hieraus folgt, daß andererseits ein zu erwartender steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG zu berücksichtigen ist (s. auch Senatsurteil in BFHE 135, 320, 323, BStBl II 1982, 463).

Der Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG und das Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft stehen in einer Wechselwirkung. Ausschüttungen mindern regelmäßig einen späteren Veräußerungsgewinn, die Thesaurierung von Gewinnen erhöht ihn regelmäßig. Das Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft läßt sich vielfach selbst von einem wesentlich beteiligten Gesellschafter nicht beeinflußen, insbesondere dann nicht, wenn beispielsweise wie hier dem Kläger in der GmbH Mehrheitsgesellschafter gegenüberstehen. Es erscheint aus diesem Grunde gerechtfertigt, die Erwartung eines späteren Veräußerungsgewinns der Erwartung einer Kapitalrendite gleichzusetzen.

Unerheblich ist, daß ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt. Die Besteuerung nach § 17 EStG erfaßt ausnahmsweise eine im Privatbereich eingetretene Kapitalmehrung, die regelmäßig nicht gezogene Einnahmen aus Kapitalvermögen enthält. Das Gesetz selbst läßt für den Auflösungsfall in § 17 Abs.4 EStG erkennen, daß die Steuerpflicht des § 17 EStG und des § 20 EStG einander teilweise ersetzen können. Die Zuordnung der Veräußerungsgewinne aus § 17 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb erklärt sich daraus, daß die wesentliche Beteiligung einem Mitunternehmeranteil nahesteht (Gesetzesbegründung zu § 30 Abs.3 EStG 1925, RTDrucks III/795 S.56; BFH-Urteil vom 5.Dezember 1973 I R 68/71, BFHE 111, 95, 97, BStBl II 1974, 236). Diese Vergleichbarkeit hat dazu geführt, § 17 EStG den Vorschriften der §§ 15, 16 EStG über die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nachzustellen (ähnlich bereits § 30 Abs.3 EStG 1925 im Verhältnis zu § 29, § 30 Abs.1, 2 und 4 EStG 1925). Die Vorschrift des § 17 EStG steht gleichwohl im Zusammenhang mit § 20 EStG. Sie stellt für ihren Regelungsbereich sicher, daß nicht ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaft bei dem wesentlich beteiligten Gesellschafter einkommensteuerrechtlich erfaßt werden (Bericht der Einkommensteuerkommission 1963 S.184; für den Rechtszustand nach Einführung des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens BTDrucks 7/1470 S.264). Den Zusammenhang zwischen den §§ 20 und 17 EStG hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont und ausgeführt, daß Kapitalveräußerungen, die von § 20 EStG nicht erfaßt würden, durchaus nach anderen Vorschriften --insbesondere § 17 EStG-- besteuert werden dürfen (Beschluß vom 7.Oktober 1969 2 BvL 3/66 und 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, 127). Der Senat weist darauf hin, daß diese Überlegungen nicht auf Spekulationsgewinne gemäß § 22 Nr.2, § 23 EStG übertragbar sind. Es kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, daß Kapitalanlagen unter den Voraussetzungen des § 23 EStG --insbesondere innerhalb der dort vorgesehenen kurzen Fristen-- veräußert werden. Der Gewinn aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung unterliegt hingegen stets der Einkommensteuer.

d) Die vorstehende Beurteilung hat auch Einfluß auf den Fall, daß der wesentlich Beteiligte keine Ausschüttungen erhält, weil die Kapitalgesellschaft mit Verlust gearbeitet hat und infolgedessen auch bei der Veräußerung der Beteiligung ein Verlust entstehen müßte. Wird der Gesellschaft in dieser Situation Kapital in der Erwartung zugeführt, daß sie wieder Gewinne macht, um einen Verlustvortrag zu tilgen und wieder zu Ausschüttungen imstande zu sein, sind die Kosten für einen Refinanzierungskredit Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. § 17 EStG besteuert nicht nur die Gewinne aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen, sondern läßt auch die Verluste aus einer solchen Veräußerung zum Abzug zu, berücksichtigt also auch die Kapitalminderung. Ist die Kapitalminderung auf überhöhte Ausschüttungen zurückzuführen, ist die Wechselwirkung zwischen der Kapitalminderung und den Einkünften aus § 20 Abs.1 Nr.1 EStG unmittelbar einsichtig. Aber auch wenn die Kapitalminderung auf negative Wirtschaftsergebnisse der Kapitalgesellschaft zurückzuführen ist, ist regelmäßig anzunehmen, daß eine einträgliche Beteiligung gewollt ist. Erweist sich die Erwartung sowohl im Hinblick auf die Ausschüttungen als auch im Hinblick auf eine Wertsteigerung der Beteiligung als unrichtig, kann hieraus auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht nur unter den gleichen Voraussetzungen geschlossen werden, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind. Danach ist selbst bei anhaltenden Verlustperioden eine Einkünfteerzielungsabsicht nur dann zu verneinen, wenn Beweisanzeichen dafür vorliegen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFHE 141, 405, 436, BStBl II 1984, 751; Urteile des erkennenden Senats vom 21.Oktober 1980 VIII R 81/79, BFHE 132, 518, BStBl II 1981, 452; vom 13.Dezember 1984 VIII R 59/82, BFHE 143, 58, BStBl II 1985, 455).

e) Die Vorentscheidung, die teilweise eine andere Rechtsauffassung vertritt, ist aufzuheben. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, das zunächst die bisher unterlassene Prüfung nachholen wird, ob und inwieweit die Kredite im Zusammenhang mit dem Erwerb der GmbH-Beteiligung und mit den beiden Kapitalerhöhungen stehen.

Sollte sich ein solcher Zusammenhang bestätigen, wird --ggf. getrennt nach den Schuldaufnahmen, die den Beteiligungserwerb 1969 und die beiden Kapitalerhöhungen 1971 und 1975 betreffen-- zu untersuchen sein, ob die Beteiligung eine --wenn auch bescheidene-- Rendite erwarten ließ. Dabei sind die erhofften Wertsteigerungen der Beteiligung in die Renditeerwartung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang wird auch der Frage nachzugehen sein, ob in den Gehaltszahlungen der GmbH an den Kläger teilweise verdeckte Gewinnausschüttungen enthalten waren; der Kläger hat vor dem FG vorgetragen, daß er ein "überdurchschnittliches Gehalt" bezogen habe. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind sonstige Bezüge i.S. des § 20 Abs.1 Nr.1 EStG (BFH-Urteil vom 18.November 1980 VIII R 8/78, BFHE 132, 257, BStBl II 1982, 261) und somit geeignet, eine Rendite herbeizuführen.

Sollte keine Rendite zu erwarten gewesen sein und sollten sonach die fehlenden Ausschüttungen und der 1978 eingetretene Veräußerungsverlust lediglich Ausdruck einer vorhersehbaren Entwicklung gewesen sein, wird aus diesem Umstand allein nicht das Fehlen einer Einkunftserzielungsabsicht herzuleiten sein. Es müßte zusätzlich festgestellt werden, daß der Kläger die Beteiligung aus persönlichen Gründen oder Neigungen einging und ausweitete.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60920

BStBl II 1986, 596

BFHE 145, 335

BFHE 1986, 335

BB 1986, 514-515 (ST)

DB 1986, 728-730 (ST)

DStR 1986, 196-196 (ST)

HFR 1986, 236-237 (ST)

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