Leitsatz (amtlich)

Eine zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten liegt auch dann vor, wenn bei Abschluß des Vertrags ungewiß ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 6

 

Tatbestand

Die ausländische P und die ausländische D schlossen am 22. Mai 1959 mit der inländischen S-AG einen Lizenzvertrag. Darin verpflichteten sich die P und die D, der S-AG technisches Informationsmaterial und Know-how für die Produktion und die Anwendung zweier Produkte mit den Warenzeichen "..." zur Verfügung zu stellen. Die S-AG erhielt die Lizenzen, diese ...produkte, für die Patente bestanden, herzustellen und in bestimmten Ländern unter den genannten Warenzeichen zu vertreiben. Inhaberin der Patente und der Warenzeichnen war die D, diese stellte auch das Informationsmaterial und das Know-how zur Verfügung. Als Gegenleistung verpflichtete sich die S-AG zur Zahlung laufender Vergütungen an die P. Im Jahr 1963 vereinbarten die P und die S-AG, daß sich die Lizenzgebühren zu 50 v. H. auf die Überlassung des technischen Informationsmaterials und des Know-how und zu je 25 v. H. auf die Überlassung der Patente und der Warenzeichen verteilten.

Der Vertrag vom 22. Mai 1959 war bis 31. Mai 1962 befristet und konnte unter bestimmten Voraussetzungen früher beendet werden, auch durch Kündigung. Die S-AG hatte nach dem Vertrag eine Versuchsanlage für die Herstellung der genannten Produkte zu bauen und in Betrieb zu nehmen. Bis 1. Juni 1962 hatte sie dann folgende drei Möglichkeiten ("options"):

1. Sie konnte die Herstellung und den Verkauf der Produkte abbrechen. In diesem Fall endete der Vertrag sofort.

2. Sie konnte die Herstellung der Produkte einstellen, aber den Verkauf fortführen. Dann erlosch die Herstellungslizenz sofort.

3. Sie hatte das Recht, die Herstellung und den Verkauf der Produkte über den 1. Juni 1962 hinaus fortzusetzen, war jedoch auch hernach noch berechtigt, die Herstellung einzustellen und den Verkauf fortzusetzen.

Die S-AG wählte die dritte Möglichkeit, betrieb also auch nach dem 1. Juni 1962 die Herstellung und den Verkauf der Produkte.

Für den Fall, daß die S-AG die Herstellung der Produkte bis 31. Mai 1972 weiterführte, bestimmte der Vertrag, daß dann die Lizenzen an den Patenten und an den Warenzeichen unwiderruflich würden.

Die S-AG zahlte an die P in den Jahren 1965 bis 1971 Lizenzgebühren von insgesamt ... DM. Sie behielt ... DM Körperschaftsteuer und ... DM Ergänzungsabgabe ein und führte sie an den Beklagten und Revisionsbeklagten (das FA) ab.

Erstattungsanträge der P lehnte das FA ab, am 28. Dezember 1971 ohne Rechtsbehelfsbelehrung und am 23. Mai 1973 nochmals mit Rechtsbehelfsbelehrung und ausführlicher Begründung.

Der Einspruch, den die P innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids vom 23. Mai 1973 eingelegt hatte, blieb ohne Erfolg.

Vor Erhebung der Klage trat die P ihre Erstattungsansprüche an die ausländische C, die jetzige Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ab. Dies teilte sie bereits in der Klageschrift mit. Mit Zustimmung des FA trat die Klägerin an Stelle der P in den Rechtsstreit ein.

Das FG hat den angefochtenen Bescheid und die Einspruchsentscheidung aufgehoben und das FA für verpflichtet erklärt, an die Klägerin... DM Körperschaftsteuer 1965 bis 1971 und ... DM Ergänzungsabgabe 1968 bis 1971 zu erstatten. Im übrigen hat das FG die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung, die in Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 361 veröffentlicht ist, hat das FG zunächst ausgeführt, die C sei als Einzelrechtsnachfolgerin der P mit Zustimmung des FA Klägerin geworden. Der Einspruch sei rechtzeitig eingelegt worden. Die Einspruchsentscheidung habe eine Begründung enthalten und könne daher nicht schon wegen Verletzung des § 247 Satz 2 der Reichsabgabenordnung (AO) aufgehoben werden.

In der Sache selbst hat das FG die Vergütungen für die Überlassung des technischen Informationsmaterials und des Know-how nicht als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte angesehen. Insoweit seien die Körperschaftsteuern und die Ergänzungsabgaben zu erstatten. Die Lizenzgebühren für die Überlassung der Patente und Warenzeichen seien dagegen beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Die Patente und Warenzeichen seien in einer inländischen Betriebstätte verwertet worden. Sie seien der S-AG zeitlich begrenzt zur Nutzung überlassen worden. Die zeitliche Begrenzung ergebe sich aus der Befristung des Vertrags bis 31. Mai 1972. Ob die Patente und Warenzeichen über diesen Zeitpunkt hinaus der S-AG zur Nutzung verbleiben würden, sei in den Streitjahren noch nicht abzusehen gewesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der gerügt wird, das FG habe übersehen, daß der Vertrag die Merkmale eines kaufähnlichen Rechtsgeschäfts und nicht die eines Pachtvertrags trage. Bereits in den Streitjahren habe die S-AG eine faktische Anwartschaft auf die Patente und Warenzeichen gehabt. Bei einer Gesamtwürdigung der Vertragsbestimmungen ergebe sich, daß die S-AG aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen gewesen sei, von der dritten Möglichkeit Gebrauch zu machen, d. h., die Produktion der Produkte bis 1. Juni 1972 fortzusetzen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des FG das FA für verpflichtet zu erklären, an die Klägerin weitere ... DM Körperschaftsteuer und weitere ... DM Ergänzungsabgabe zu erstatten.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Lizenzgebühren nach dem Vertrag vom 22. Mai 1959 sind, soweit sie die Patente und die Warenzeichen betreffen, Vergütungen für die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Sie unterliegen, da die Rechte in einer inländischen Betriebstätte verwertet wurden, der beschränkten Steuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Die Steuer wird im Wege des Steuerabzugs erhoben (§ 50 a Abs. 4 b EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG).

1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die C durch Beteiligtenwechsel Klägerin geworden ist (§ 265 ZPO, § 155 FGO). Die Klägerin hat die Erstattungsansprüche nach Rechtshängigkeit durch Abtretung erworben. Die Rechtshängigkeit trat ein durch die Erhebung der Klage (§ 66 Abs. 1 FGO). Die Klage wurde erhoben durch Einreichung der Klageschrift beim FG (§ 64 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Abtretung der Erstattungsansprüche wurde erst wirksam durch Anzeige der Abtretung beim FA (§ 159 Satz 1 AO). Diese erfolgte durch Zustellung der Klageschrift an das FA, somit nach Erhebung der Klage und nach Rechtshängigkeit der Streitsache. Da das FA dem Beteiligtenwechsel zugestimmt hat, wurde die C Klägerin, die P schied aus dem Verfahren aus.

2. Der Senat teilt auch die Auffassung des FG, daß die Einspruchsentscheidung nicht schon deshalb nach § 247 Satz 2 AO aufzuheben sei, weil sie sich zur Begründung auf den Bescheid vom 23. Mai 1973 bezieht. Denn dieser Bescheid, durch den die frühere Ablehnung der Erstattungsanträge aufrechterhalten wurde, war bereits so ausführlich begründet, wie es Einspruchsentscheidungen zu sein pflegen.

3. In der Sache selbst läßt die Auffassung des FG, die Patente und Warenzeichen seien der S-AG zeitlich begrenzt zum Gebrauch und zur Nutzung überlassen worden, keinen Rechtsfehler erkennen.

Die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG steht im Gegensatz zur endgültigen Rechtsübertragung. Sie erfaßt daher die Überlassung von Rechten zur Nutzung auch dann, wenn bei Abschluß des Vertrags ungewiß ist, ob und wann die Überlassung endet (vgl. Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und Know-how-Verträge, 2. Aufl., 47). Unerheblich ist ferner, ob es sich um ein schuldrechtliches oder dingliches Nutzungsverhältnis handelt. Die ausschließliche (dingliche) Lizenz fällt damit ebenso unter die Vorschrift wie die einfache (schuldrechtliche) Lizenz.

Die Frage, ob es sich um eine zeitlich begrenzte oder um eine endgültige Überlassung von Rechten handelt, ist nach dem Vertrag und damit auch nach den Verhältnissen zu beurteilen, wie sie sich bei Abschluß des Vertrags darstellen. Denn der Vertrag ist die Rechtsgrundlage für die Überlassung der Rechte und damit auch maßgeblich für die Rechtsnatur der Überlassung. Daher kommt es nicht darauf an, ob die S-AG, wie die Klägerin behauptet, wirtschaftlich genötigt war, die Produktion über den 31. Mai 1972 hinaus fortzusetzen mit der Folge, daß die Lizenzen unwiderruflich wurden. Die Bestimmungen des Vertrags lassen in keiner Weise erkennen, daß bereits beim Abschluß des Vertrags eine zeitlich unbegrenzte Überlassung des Rechts auf Gebrauch und Nutzung der Warenzeichnen und Patente gewollt gewesen sei. Das FG hatte daher keinen Anlaß, in dieser Richtung weitere Untersuchungen anzustellen. Die wirtschaftliche Notwendigkeit, die Produktion fortzusetzen, mag sich im Lauf der Zeit herausgestellt haben, als sich der wirtschaftliche Erfolg der Produktion durch die S-AG zeigte. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Entwicklung bereits bei Vertragsschluß als sicher oder wahrscheinlich angenommen worden sei. Erst am 1. Juni 1972 konnte sich die zeitlich begrenzte Überlassung der Rechte in eine endgültige Überlassung verwandeln, da die Unwiderruflichkeit der Lizenzen zu diesem Zeitpunkt - unter bestimmten Voraussetzungen - bereits im Vertrag vorgesehen war.

Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob sich die zeitlich begrenzte Überlassung der Lizenzen an den Patenten und an den Warenzeichen bereits daraus ergibt, daß die Rechte aus dem Patent selbst und mit gewissen Verlängerungsmöglichkeiten auch die Rechte aus den Warenzeichen zeitlich begrenzt sind (§§ 10, 12, 14 des Patentgesetzes, §§ 9 f. des Warenzeichengesetzes; Urteil des Reichsfinanzhofs vom 7. Juli 1927 VI A 217/27, RStBl 1927, 200).

 

Fundstellen

Haufe-Index 72738

BStBl II 1978, 355

BFHE 1978, 175

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