Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berichtigung eines Einheitswertbescheides gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO ist zulässig, wenn sich die Berichtigungsfeststellung auf die Vermögensabgabe auswirkt.

 

Normenkette

AO § 222 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Berichtigung des auf den 21. Juni 1948 unanfechtbar festgestellten Einheitswertes des Geschäftsgrundstücks der Bg. zulässig ist.

Während des Krieges wurde das Gebäude weitgehend zerstört. Am Währungsstichtag war der Kriegssachschaden erst zu einem Teil wieder behoben. Das Finanzamt schrieb den Einheitswert deshalb mit Bescheid vom 5. Juni 1951 "für die Grundsteuer" auf 322.900 DM und "für den Lastenausgleich" auf 443.000 DM fort (ß 33 a BewDV). Bei der Ermittlung dieser Werte berücksichtigte das Finanzamt die durch den Kriegssachschaden eingetretene Wertminderung in der Weise, daß es den Gebäudewertanteil im Verhältnis des Rückganges der geschätzten Jahresrohmiete 1935 zu der geschätzten Jahresrohmiete nach dem Stande vom 21. Juni 1948 minderte. Diese Minderung ergab 75 v. H.

Im Jahre 1956 beanstandete die Oberfinanzdirektion die Bewertung des Grundstücks. Bei der Einheitsbewertung von kriegszerstörten Gebäuden auf den 21. Juni 1948 sei von Bedeutung, wie das Grundstück vor der Zerstörung bewertet worden sei. Auf § 3 Abs. 2 Buchst. a und b des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948 (Fortschreibungsgesetz) vom 10. März 1949 werde hingewiesen. Das Finanzamt sei bei seiner Bewertung irrtümlich davon ausgegangen, das Grundstück sei zum 1. Januar 1935 nach dem Vielfachen der Jahresrohmiete bewertet worden. In Wirklichkeit müsse das Grundstück jedoch - was allerdings aus den während des Krieges verlorengegangenen Akten nicht mehr habe festgestellt werden können - nach dem Sachwertverfahren bewertet worden sein. Das Finanzamt werde gebeten, beim Amt für Wohnungsbau zu ermitteln, welcher Beschädigungsgrad seinerzeit von dieser Stelle festgestellt worden sei.

Auf entsprechende Anfrage teilte dieses Amt dem Finanzamt mit, der Beschädigungsgrad des Grundstücks am 20. Juni 1948 werde auf 35 v. H. geschätzt. Anfang 1957 wurde von dem Vertreter der Bg. dem Finanzamt der Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1935 vorgelegt. Dieser Bescheid sei bei einer Sichtung von im Keller abgelegten Akten gefunden worden. Nach Auffassung des Finanzamts ergab sich aus diesem Bescheid eindeutig, daß das Grundstück zum 1. Januar 1935 nach dem Sachwertverfahren bewertet wurde.

Das Finanzamt berichtete daraufhin der Oberfinanzdirektion über seine Feststellungen. Diese wies das Finanzamt an, den Bescheid vom 5. Juni 1951 gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO zu berichtigen. Der Einheitswert des Geschäftsgrundstücks sei auf den 1. Januar 1935 mit ziemlicher Sicherheit unter Anwendung des Sachwertverfahrens festgestellt worden. Die wegen des eingetretenen Kriegssachschadens auf den 21. Juni 1948 durchgeführte Wertfortschreibung des Einheitswerts, bei der das Finanzamt davon ausgegangen sei, der Einheitswert auf den 1. Januar 1935 sei nach der Jahresrohmiete ermittelt worden, sei deshalb unrichtig. Bei Anwendung des richtigen Bewertungsverfahrens und unter Zugrundelegung des vom Amt für Wohnungsbau ermittelten Schadensgrades von 35 v. H. ergebe sich ein höherer Einheitswert als bisher. Bei der Wertfortschreibung des Einheitswerts zum 21. Juni 1948 seien durch das Finanzamt Ermittlungen über die Höhe des Schadens überhaupt nicht angestellt, sondern die Angaben der Grundstückseigentümer übernommen worden. Die nunmehr vorliegende Bestätigung über den Schadensgrad stelle eine neue Tatsache dar, die eine Berichtigung des unanfechtbar festgestellten Einheitswerts nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO rechtfertige.

Das Finanzamt entsprach dieser Weisung. Bei der Berichtigungsfeststellung des Einheitswertes minderte es den anteiligen Gebäudewert wegen Kriegsschadens um 35 v. H. Die Bg. wandten ein, die Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO sei nicht zulässig. Neue Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift lägen nicht vor. Außerdem habe der Schadensgrad am 21. Juni 1948 nicht 35 v. H., sondern etwa 46 v. H. betragen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hob die Einspruchsentscheidung und den Berichtigungsbescheid auf. Es führte aus, als rechtliche Grundlage für die Berichtigung des Einheitswertbescheides kämen im Streitfall nur die Vorschriften des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 und des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO in Betracht. Für eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO fehlten neue Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift. Auch eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO sei nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

I. - Zutreffend hat das Finanzgericht ausgeführt, daß die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO für eine Berichtigung des Einheitswertbescheides nicht vorliegen. Bei ausreichender Erfüllung der ihm obliegenden Ermittlungspflicht hätte das Finanzamt schon bei der ursprünglichen Bewertung feststellen können, nach welchem Verfahren das Grundstück vor Eintritt des Kriegssachschadens bewertet wurde. Außerdem hätte es bei einwandfreier Bearbeitung der Sache schon zu diesem Zeitpunkt das Gutachten des Amtes für Wohnungsbau über die Höhe des Schadens am Währungsstichtag einholen können. Auch ist den Bg. nicht vorzuwerfen, daß sie ihre Mitwirkungspflichten nicht in ausreichender Weise erfüllt hätten. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sind das Auffinden des Einheitswertbescheides vom 1. Januar 1935 und das Gutachten des Amtes für Wohnungsbau keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift.

II. - Zutreffend hat das Finanzgericht weiter geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigungsfeststellung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO vorliegen. Das Finanzamt hat zwar in seinem Bescheid die Berichtigung nur auf § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO gestützt. Auch in der Einspruchsentscheidung und in der Berufung hat es die Zulässigkeit der Berichtigung nur damit begründet, daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorlägen. Dennoch mußte das Finanzgericht, wenn es die Voraussetzungen für eine Berichtigung wegen Bekanntwerdens neuer Tatsachen verneinte, prüfen, ob die Voraussetzungen einer anderen Berichtigungsmöglichkeit den Berichtigungsbescheid stützen konnten. Ein Berichtigungsbescheid ist zulässig, wenn er durch irgendeine Berichtigungsmöglichkeit gedeckt wird. Es ist nicht erforderlich, daß die vom Finanzamt zur Begründung der Berichtigung herangezogene Vorschrift zutrifft. Die Vorschrift, auf die das Finanzamt die Berichtigung stützt, ist nichts anderes als die rechtliche Begründung der vorgenommenen Berichtigung, die jederzeit durch eine andere rechtliche Begründung ausgewechselt werden kann. Dementsprechend hat z. B. der erkennende Senat im Urteil III 165/57 U vom 18. April 1958 (BStBl 1958 III S. 250, Slg. Bd. 66 S. 654) einen zu Unrecht auf § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO gestützten Berichtigungsbescheid als durch die Vorschrift des § 218 Abs. 4 AO gedeckt angesehen. Ebenso hat der Senat im Urteil III 265/60 S vom 14. Dezember 1962 (BStBl 1963 III S. 169, Slg. Bd. 76 S. 467) die Zulässigkeit eines irrtümlich auf § 4 Abs. 3 StAnpG gestützten Berichtigungsbescheids bejaht, weil die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO erfüllt seien.

Die Bg. können sich demgegenüber nicht auf das Urteil des Senats III 281/58 U vom 29. April 1960 (BStBl 1960 III S. 298, Slg. Bd. 71 S. 134) berufen, wonach die Voraussetzung für eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO - Fehleraufdeckung durch die Aufsichtsbehörde - bereits bei Vornahme der Berichtigungsveranlagung vorliegen muß und in einem anschließenden Rechtsmittelverfahren nicht nachgeholt werden kann. Der vorliegende Streitfall unterscheidet sich von dem durch dieses Urteil entschiedenen Fall wesentlich. Hier geht es nicht darum, daß im Laufe des Rechtsmittelverfahrens ein Fehler aufgedeckt wurde und in das Rechtsmittelverfahren die Berichtigungsmöglichkeit des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO nachgeschoben werden soll. Im Streitfall lag vielmehr die Fehleraufdeckung durch die Aufsichtsbehörde - wenn sie auch nicht zur Rechtfertigung der Berichtigung angeführt wurde - bereits bei Erlaß des Berichtigungsbescheids vor.

Die Bg. wenden schließlich ein, das Finanzamt berufe sich erst im Rechtsbeschwerdeverfahren auf die Berichtigungsmöglichkeit des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO. Seine diesbezüglichen Ausführungen enthielten neues tatsächliches Vorbringen, das im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Dieser Einwand ist schon deshalb unbegründet, weil das Finanzgericht sich bereits mit den Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO befaßt hat.

III. - Der Auffassung des Finanzgerichts, eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO komme im Streitfall nicht in Betracht, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen.

Hat bei Steuern, bei denen die Verjährungsfrist mehr als ein Jahr beträgt, das Finanzamt nach Prüfung des Sachverhalts einen besonderen, im Gesetz selber vorgesehenen schriftlichen Bescheid (Steuerbescheid, Freistellungsbescheid oder Feststellungsbescheid) erteilt, so findet, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, eine änderung des Bescheids (eine Berichtigungsveranlagung oder eine Berichtigungsfeststellung) u. a. nur statt, wenn bei einer Nachprüfung durch die Aufsichtsbehörde Fehler aufgedeckt werden, deren Berichtigung eine höhere Veranlagung rechtfertigt und die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist; dies gilt nicht für Steuern vom Einkommen, vom Ertrag, vom Umsatz und vom Vermögen - ausschließlich der Erbschaftsteuer - (ß 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO).

Diese Vorschrift gibt dem Finanzamt die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Steuern auch nach Unanfechtbarkeit des ursprünglich ergangenen Bescheids nachzufordern. Die Nachforderung erfolgt durch Berichtigung der unrichtigen Steuerfestsetzung. An die Stelle des ursprünglichen Steuerbetrags tritt ein anderer höherer Steuerbetrag. Diesem Grundgedanken entsprechend bezieht sich § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO in erster Linie auf die Steuerbescheide, durch die nach Abschluß des Besteuerungsverfahrens eine bestimmte Steuer festgesetzt wird (vgl. §§ 210, 211 Abs. 1 AO).

In der Regel werden im Steuerbescheid auch die Besteuerungsgrundlagen festgestellt (ß 211 Abs. 2 Ziff. 1 AO). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Besteuerungsgrundlagen vom Finanzamt gesondert festgestellt werden. Hierüber wird ein besonderer schriftlicher Feststellungsbescheid erteilt, der mit Rechtsmitteln selbständig anfechtbar ist (ß 213 Abs. 2 AO). Gesonderte Feststellungsbescheide sind vor allem die Einheitswertbescheide (ß 214 AO). Die Feststellungen dieser Bescheide werden den Steuerbescheiden zugrunde gelegt (ß 218 Abs. 2 AO). Die Besteuerung erfolgt bei diesen Besteuerungsfällen also in zwei Stufen. Zunächst ergeht ein Feststellungsbescheid, der die Besteuerungsgrundlagen feststellt (sog. Grundlagenbescheid), und dann ergeht der Steuerbescheid, in den die Besteuerungsgrundlagen des Feststellungsbescheids übernommen werden (sog. Folgebescheid). ähnlich verhält es sich, wenn eine derartige Steuerfestsetzung berichtigt werden soll. Bezieht sich die Berichtigung auf Besteuerungsgrundlagen, so wird zunächst der Feststellungsbescheid berichtigt. Nach Berichtigung des Feststellungsbescheids werden die Steuerbescheide, die auf dem bisherigen Feststellungsbescheid beruhen, durch andere Steuerbescheide ersetzt (ß 218 Abs. 4 AO). Auch das Berichtigungsverfahren vollzieht sich also in zwei Stufen.

Die Vorschrift des § 222 AO, die die Voraussetzungen für eine Berichtigung von Steuerfestsetzungen enthält, ist - obgleich sie die Feststellungsbescheide ausdrücklich aufführt - auf dieses zweistufige Verfahren nicht zugeschnitten und kann darauf auch nur entsprechend angewendet werden. Der Gesetzgeber hat in § 218 Abs. 1 AO angeordnet, daß auf Feststellungsbescheide die für Steuerbescheide geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden seien. Sinngemäße Anwendung bedeutet, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 222 AO die Steuerfestsetzung berichtigt werden soll, und zwar in der Weise, daß - wenn der Grund für die Berichtigung in den gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen liegt - zunächst der Grundlagenbescheid berichtigt wird und dann gemäß § 218 Abs. 4 AO der Steuerbescheid. Sinngemäße Anwendung bedeutet ferner, daß die Besonderheiten des zweistufigen Berichtigungsverfahrens die Berichtigung nicht gebieten können, wenn die Voraussetzungen des § 222 AO nicht vorliegen, und daß sie umgekehrt die Berichtigung nicht ausschließen können, wenn die Voraussetzungen des § 222 AO vorliegen.

Diese Grundsätze haben bisher in der Rechtsprechung vor allem im Zusammenhang mit der Verjährung Bedeutung erlangt. Da Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich einer selbständigen Verjährung nicht unterliegen, ist hier fraglich geworden, ob Feststellungsbescheide gemäß § 222 AO berichtigt werden können, wenn die von ihnen abhängigen Steuern ganz oder zum Teil verjährt sind. Der Reichsfinanzhof hat dazu entschieden, daß eine Berichtigungsfeststellung überhaupt unzulässig ist, wenn alle Steuern, deren Höhe von dem Feststellungsbescheid abhängig ist, im Zeitpunkt der Berichtigungsfeststellung verjährt sind. Wenn nur einzelne dieser Steuern verjährt sind, so ist nach Auffassung des Reichsfinanzhofs der Berichtigungsbescheid zulässig, aber die Nachforderung der verjährten Steuern ausgeschlossen (vgl. Urteil III 31/41 vom 16. Oktober 1941, RStBl 1941 S. 812). ähnliches gilt für die Frage, ob ein Feststellungsbescheid nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO berichtigt werden kann, wenn die Berichtigungsfeststellung sich auf Steuern auswirken könnte, bei denen nach dem letzten Halbsatz des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO eine Berichtigung ausgeschlossen ist. Bei sinngemäßer Anwendung des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO kann diese Frage nur dahin beantwortet werden, daß eine Berichtigungsfeststellung ausgeschlossen ist, wenn sie sich nur auf "geschützte" Steuern auswirken kann, und daß sie möglich sein muß, wenn von ihr zum Teil "geschützte" und zum Teil "ungeschützte" Steuern abhängig sind, daß allerdings im letzteren Fall für die "geschützten" Steuern eine Folgeänderung nach § 218 Abs. 4 AO ausscheidet. Nur diese Auslegung wird dem Sinn des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 letzter Halbsatz AO gerecht, der für einzelne Steuern eine Berichtigung der Steuerfestsetzung ausschließen will. Dementsprechend bezieht sich § 222 Abs. 1 Ziff. 3 letzter Halbsatz AO auch seinem Wortlaut nach nur auf die dort angeführten "Steuern", d. h. auf die Steuerbescheide dieser Steuerarten.

Die entgegenstehende Auffassung des Finanzgerichts, daß wegen der möglichen Auswirkungen auf geschützte Steuern die Berichtigung von Feststellungsbescheiden überhaupt unzulässig sei, entspricht nicht dem Gesetz.

Das Finanzgericht räumt ein, gegenüber seiner Auffassung könne der Einwand erhoben werden, daß der völlige Ausschluß einer Berichtigung von Einheitswertbescheiden nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Besserstellung bei den Steuern führe, deren Schutz durch das Berichtigungsverbot nicht bezweckt gewesen sei. Es meint jedoch, diesem Einwand könne kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden, weil die Einheitswertfeststellungen ganz überwiegend für diejenigen Steuern Bedeutung hätten, die zu den geschützten Steuern gehörten. Das Finanzgericht begründet diese Auffassung damit, daß auch die Vermögensabgabe eine geschützte Steuer vom Vermögen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dies jedoch nicht der Fall (vgl. Urteil III 89/64 U vom 15. Oktober 1964, BStBl 1964 III S. 104, Slg. Bd. 81 S. 291 und die dort angeführten Urteile). Von der Berichtigung ausgeschlossene Steuern vom Vermögen im Sinne des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 letzter Halbsatz AO sind nur die laufenden Steuern, nicht jedoch die einmaligen Abgaben, zu denen auch die Lastenausgleichsabgaben zählen. Ist aber die Vermögensabgabe keine geschützte Steuer, so kann der Hinweis, Einheitswertfeststellungen wirkten sich ganz überwiegend auf geschützte Steuern aus, die Auffassung des Finanzgerichts nicht begründen.

Das Finanzgericht kann sich auch nicht darauf berufen, daß § 218 Abs. 4 AO den Erlaß von entsprechenden Folgebescheiden ausnahmslos für alle abhängigen Steuerarten vorsähe und sich der Ausschluß von Folgebescheiden bei einem Teil der vom Feststellungsbescheid abhängigen Steuern mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbaren lasse. Wie oben dargelegt, muß § 218 Abs. 4 AO im Zusammenhang mit § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO verstanden werden. Die Anwendung des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO kann aber erfordern, daß die Berichtigung der Steuerfestsetzung, die in dem zweistufigen Berichtigungsverfahren bei gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erst durch die Folgeänderung nach § 218 Abs. 4 AO erfolgt, unterbleibt, wenn die Auswirkung auf geschützte Steuern in Frage steht.

Das Finanzgericht meint schließlich, daß die Zulassung eines "relativen Einheitswerts", der für manche der von ihm abhängigen Steuern gelten solle, für andere dagegen nicht, dem Wesen des Bewertungsrechts widerspreche. Friedlaender habe in seinem Aufsatz "Das Problem der Fehlerberichtigung von Einheitswertbescheiden" (Der Betriebs-Berater - BB - 1962 S. 444) ausgeführt, Zweck des BewG sei, einheitliche Werte für alle Abgaben zu schaffen. Dieser Zweck würde vereitelt werden, wenn man je nach der Art der Abgabe verschiedene Einheitswerte für denselben Vermögensgegenstand zulassen würde. Es könne somit für ein und dasselbe Vermögensobjekt (abgesehen von dem gesetzlich ausdrücklich zugelassenen Ausnahmefall des § 33 a Abs. 3 BewDV) nur einen Einheitswert geben.

Auch dieser Hinweis kann die Auffassung des Finanzgerichts nicht rechtfertigen. Richtig ist zwar, daß es mit ein Zweck des BewG war, einheitliche Werte für alle Abgaben zu schaffen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß die berichtigende Feststellung von Einheitswerten unterbleiben muß, wenn sie sich nicht auf alle von diesem Einheitswert abhängigen Steuern auswirken kann. Daß sich ein Einheitswert auf einzelne Steuern nicht auswirkt, berührt sein Wesen nicht. Eine solche Einschränkung der Auswirkung von Einheitswerten kann auf Grund der verschiedensten Vorschriften in Frage kommen. Bereits erwähnt wurde der Fall, daß ein Teil der vom Einheitswert abhängigen Steuern verjährt ist. Ein anderer Fall wäre, daß für eine oder mehrere abhängige Steuern eine Steuerbefreiung besteht. Nicht anders zu beurteilen ist der Fall, daß für einzelne der abhängigen Steuern die Berichtigung ausgeschlossen ist.

Der Senat hält aus vorstehenden Erwägungen die Berichtigung eines Einheitswertbescheides nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO für zulässig, wenn sich die Berichtigungsfeststellung auf die Vermögensabgabe auswirkt. Er befindet sich mit dieser Auffassung in übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung des Schrifttums (vgl. Mattern-Meßmer, Reichsabgabenordnung, Tz. 1729 zu § 222; Huhn, über Wesen und Bedeutung der Bescheide mit Feststellungswirkung, Rechts- und Wirtschafts-Praxis, 14 Steuer-R D Abgabenordnung I 17; Woerner, Die Zurücknahme, änderung und Ersetzung von Verfügungen der Steuerverwaltungsbehörden, S. 42; v. Wallis, Finanz-Rundschau - FR - 1958 S. 389; Bundt, FR 1960 S. 290; Ostendorf, Deutsche Steuer-Zeitung A 1958 S. 164; mit Einschränkungen auch Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Tz. 30 zu § 222). Soweit in dem Urteil des Reichsfinanzhofs III A 59/29 vom 2. Oktober 1930 (RStBl 1931 S. 180) eine andere Auffassung zum Ausdruck kommt, tritt der Senat ihr nicht bei.

IV. - Da auch im übrigen die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO vorliegen, ist die vorgenommene Berichtigung gemäß dieser Vorschrift zulässig. Die Entscheidung des Finanzgerichts, die die Zulässigkeit der Berichtigung verneint, ist aufzuheben. Die Sache geht an das Finanzgericht zurück, damit dieses nunmehr die in dem Berichtigungsbescheid vorgenommene Bewertung überprüft. Es wird darauf hingewiesen, daß die Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 3 AO nicht zu einer "Wiederaufrollung" führt und eine Berichtigung nur insoweit möglich ist, als wirklich Fehler durch die Aufsichtsbehörde aufgedeckt wurden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411752

BStBl III 1965, 626

BFHE 1966, 349

BFHE 83, 349

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