Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsersparnis aus einem zinslosen Darlehen als Werbungskosten

 

Leitsatz (NV)

Wird ein bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Einnahme versteuerter Nutzungsvorteil aus einem zinslosen Darlehen zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt, ist die im Verbrauch liegende Aufwendung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1, §§ 19, 21

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist nichtselbständig tätig. Er erhielt von seinem Arbeitgeber im Jahre 1987 ein zinsloses Darlehen. Bei einer im Jahre 1989 durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung unterwarf der Prüfer die dadurch ersparten Zinsen in Höhe von 4 v. H. der Darlehenssumme pro Jahr als geldwerten Vorteil der Lohnsteuer. Die Kläger machten in den Streitjahren 1989 bis 1991 zunächst die jeweils auf das zinslose Darlehen entfallenden Lohnsteuerbeträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Arbeitgeberdarlehen sei zur Finanzierung einer im April 1987 angeschafften und nach Fertigstellung fremdvermieteten Eigentumswohnung verwendet worden. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Abzug ab. Einspruch und Klage, mit der die Kläger nunmehr geltend machten, die in den Streitjahren jeweils bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit versteuerten geldwerten Vorteile seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung u. a. aus, Aufwendungen i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien nur tatsächlich erbrachte Ausgaben in Geld oder Geldeswert. Hieran fehle es bei durch ein zinsloses Darlehen ersparten Zinsen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Sie beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuerbescheide 1989, 1990 und 1991 dahin abzuändern, daß die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer 1989 um ... DM, 1990 um ... DM und 1991 um ... DM gekürzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die als geldwerter Vorteil bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 EStG) erfaßte Zinsersparnis nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sei.

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bilden grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (z. B. Senatsurteil vom 20. Dezember 1994 IX R 122/92, BFHE 177, 50, BStBl II 1995, 534, m. w. N.).

b) Der erkennende Senat hat bereits im Urteil vom 27. April 1993 IX R 26/92 (BFHE 171, 443, BStBl II 1993, 784) die Auffassung vertreten, bei einem zum Erzielen von Vermietungseinkünften eingesetzten zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen stünden den Einnahmen in Form der Zinsersparnis entsprechende Werbungskosten gegenüber. Er hat hieran im Urteil vom 22. September 1994 IX R 47/89 (BFH/NV 1995, 294) festgehalten und zur Begründung ausgeführt, der durch ein zinsloses Darlehen zufließende Nutzungsvorteil bestehe in der Möglichkeit, über die Darlehensvaluta zu verfügen und mit ihr wirtschaftlich zu arbeiten. Werde dieser Nutzungsvorteil zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt, werde er dadurch verbraucht und fließe als Aufwendung i. S. von § 9 Abs. 1 EStG ab. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen in diesem Urteil.

c) Im Streitfall ist nicht -- wie das FA meint -- eine andere Beurteilung deshalb geboten, weil die Zinsersparnis gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 EStG als geldwerter Vorteil im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfaßt worden ist. Das zinslose Darlehen wurde dem Kläger vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis gewährt; § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG geht damit § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG vor (vgl. § 21 Abs. 3 EStG). Der nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuernde geldwerte Vorteil betrifft aber nur die Einnahmeseite. Hiervon unberührt bleibt die Frage, was mit den Einnahmen später geschieht. Wird der bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Einnahme versteuerte Nutzungsvorteil zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eingesetzt, ist die im Verbrauch liegende Aufwendung (s. zuvor, unter 1. b) gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei dieser Einkunftsart zu berücksichtigen.

2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung zu prüfen haben, ob und inwieweit der Kläger das ihm gewährte zinslose Arbeitgeberdarlehen zum Erzielen von Vermietungseinkünften eingesetzt hat, sowie in welcher Höhe ihm in den Streitjahren im Zusammenhang mit der Zinsersparnis -- ggf. als Aufwendungen zu berücksichtigende -- geldwerte Vorteile zugerechnet worden sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421535

BFH/NV 1997, 20

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Basic. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge