Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitteilung der Neuberechnung der Steuer durch das FA im Revisionsverfahren; kein Objektverbrauch durch Ausbau; Wohnungsbegriff des §10 e EStG bei Zweifamilienhaus; Nachweis für materielle Baurechtmäßigkeit

 

Leitsatz (NV)

1. Überträgt das FG dem FA gemäß §100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Berechnung der Einkommensteuer und übersendet das FA daraufhin während des Revisionsverfahrens dem Kläger einen maschinell erstellten Einkommensteuerbescheid, in dem darauf hingewiesen wird, daß es sich nicht um einen Änderungsbescheid, sondern um eine Mitteilung des Ergebnisses der Neuberechnung i. S. des §100 Abs. 2 Satz 3 FGO handelt, entfällt weder das Rechtsschutzinteresse des FA für die Revision noch braucht der Kläger den Bescheid gemäß §68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

2. Beginnt der Steuerpflichtige im Jahr 1986 mit dem Ausbau eines nach §7 b EStG begünstigten Gebäudes und bezieht die Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen ein, tritt kein Objektverbrauch hinsichtlich des im Jahr 1987 fertiggestellten Ausbaus ein.

3. Zwei baulich gegeneinander abgeschlossene Wohnungen eines Zweifamilienhauses mit Küche, Bad und eigenem Zugang bleiben zwei rechtlich selbständige Wohnungen i. S. des §10 e EStG, auch wenn der Steuerpflichtige das gesamte Gebäude allein mit seiner Familie zu eigenen Wohnzwecken nutzt.

4. Die für die Förderung nach §10 e EStG erforderliche materielle Baurechtsmäßigkeit eines Objekts ist regelmäßig durch Vorlage der Baugenehmigung nachzuweisen oder durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde, daß es einer Baugenehmigung nicht bedarf. Die Nichtbeanstandung einer baulichen Maßnahme bei der Bauabnahme kann eine baurechtlich erforderliche Genehmigung nicht ersetzen oder als Nachweis dafür dienen, daß die bauliche Maßnahme nicht genehmigungspflichtig ist. Hierüber kommt keine "tatsächliche Verständigung" der am FG-Prozeß Beteiligten in Betracht.

5. Für die Herstellung einer Wohnung i. S. des §10 e Abs. 1 EStG genügt es nicht, daß Räume gegenüber anderen Räumen abgeschlossen werden, einen eigenen Zugang erhalten und mit Bad/Dusche, Toilette sowie einer Kochgelegenheit ausgestattet werden. Eine Wohnung wird nur dann i. S. des §10 e Abs. 1 EStG hergestellt, wenn darüber hinaus die Altbausubstanz so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, daß die neu eingefügten Teile der entstandenen Wohnung das Gepräge geben und die verwendeten Altbauteile wertmäßig untergeordnet erscheinen.

 

Normenkette

EStG § 7b Abs. 2-3, 5, § 10e Abs. 1-2, 4; AO 1977 §§ 85, § 88 ff., § 90ff; BGB § 242; FGO §§ 68, 100 Abs. 2 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagten (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Jahr 1979 kauften sie ein Wohnhaus, das sie bis März 1986 an die ehemalige Eigentümerin vermieteten. Seit August 1987 nutzen die Kläger mit ihren beiden Kindern das Gebäude zu eigenen Wohnzwecken.

Vor ihrem Einzug bauten sie das Gebäude um und renovierten es umfassend. Durch Versetzen der Kelleraußenwand und die Einbeziehung von bisherigen Kellerräumen entstand eine abgeschlossene 36,72 qm große Wohnung. Auf dem Kelleranbau wurden eine Terrasse und im Obergeschoß ein von der Terrasse aus über eine Außentreppe erreichbarer Balkon errichtet.

Im Erdgeschoß wurde die Küche verkleinert; dafür wurden ein zusätzliches Duschbad und ein kleiner Flur hergestellt. Hierfür mußten die Innenwände verändert und durchbrochen werden.

Im Ober- und Dachgeschoß wurden Fenster vergrößert; das Obergeschoß wurde mit Fenstertüren ausgestattet. Es wurde eine Heizung eingebaut und die Sanitäranlagen wurden erneuert. Die Fassade wurde mit Dämmplatten verkleidet und verputzt.

Die Kläger wendeten für Umbau und Sanierung 23 738 DM im Jahr 1986 und 186 683 DM im Jahr 1987 auf. Die Kosten für den Ausbau des Kellergeschosses beliefen sich auf 69 175 DM, die Kosten für die Heizung auf 27 787 DM. Für die Finanzierung der Baumaßnahmen hatten die Kläger ein Darlehen aufgenommen, für das im Zeitraum 1. Januar bis 31. Juli 1987 Schuldzinsen in Höhe von 2 077 DM entstanden.

Für die Jahre 1979 bis 1986 hatten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhte Absetzungen nach §7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen. Die im Jahr 1986 angefallenen Umbaukosten von 23 738 DM hatte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionskläger (das Finanzamt -- FA --) antragsgemäß der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet und erhöht abgeschrieben.

Für die Streitjahre 1987 und 1988 machten die Kläger jeweils einen Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG geltend; für das Streitjahr 1987 begehrten sie außerdem, einen Teil der Aufwendungen als Vorkosten nach §10 e Abs. 6 EStG zu berücksichtigen. Das FA lehnte den Abzug ab. Auf die Einsprüche der Kläger gewährte es für die Erweiterung des eigengenutzten Hauses im Kellergeschoß für die Jahre 1987 und 1988 jeweils einen Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 2 EStG in Höhe von 467 DM (= 5 v. H. von 9 333 DM). Im übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück.

Im finanzgerichtlichen Verfahren hielten die Kläger an ihrer Auffassung fest, durch den grundlegenden Umbau sei eine neue, nach §10 e Abs. 1 EStG begünstigte Wohnung entstanden.

Das FA erklärte nach Besichtigung des Objekts zusammen mit dem Bausachverständigen, für die im Keller durchgeführten Baumaßnahmen könne keine Grundförderung gewährt werden, weil es sich um einen "Schwarzbau" handle. Die Kläger hätten eine Genehmigung für die "Sanierung des Wohnhauses" beantragt. Nach den genehmigten Umbauplänen habe im Keller nur ein Wohnraum von 9,89 qm, eine Diele von 2,64 qm sowie ein Duschraum von 3,70 qm sowie ein Hobbyraum entstehen sollen. Abweichend von der baurechtlich genehmigten Maßnahme sei jedoch eine abgeschlossene, vollständige Wohnung mit einer Grundfläche von 36,72 qm geschaffen worden. Die Umbaumaßnahmen im übrigen Gebäude seien nicht begünstigt, weil zusätzlicher Wohnraum nur in ganz unwesentlichem Umfang gewonnen worden sei. Die Kosten für den Einbau der Heizung seien nach §82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) begünstigt.

Durch geänderte Einkommensteuerbescheide für 1987 und 1988, welche die Kläger zum Gegenstand des Verfahrens machten, berücksichtigte das FA zusätzlich die Kosten für den Einbau der Heizung nach §82 a EStDV jeweils mit 10 v. H. (= 2 352 DM). Dabei legte es nicht die gesamten vom Bausachverständigen ermittelten Kosten von 27 787 DM zugrunde, sondern nur 23 522 DM. Die bisherige Grundförderung von 467 DM gewährte es versehentlich weiterhin.

Die Kläger trugen vor, von den genehmigten Plänen sei nur insoweit abgewichen worden, als ein mit Keller bezeichneter Abstellraum nicht von dem vorgesehenen Wohnraum abgetrennt worden sei. Der Wegfall der nicht tragenden Trennwand habe keiner besonderen Genehmigung bedurft und sei durch das Bauamt auch nicht beanstandet worden. Der im Plan ausgewiesene "Hobbyraum" erfülle alle an Wohnräume zu stellenden Anforderungen, so daß eine Nutzung als Wohnraum durch die Bauaufsichtbehörde nicht untersagt werden könne.

In einem Erörterungstermin, an dem die Berichterstatterin, der Kläger, ein Vertreter des FA sowie der Bausachverständige des FA teilnahmen, vertrat der Sachverständige die Ansicht, bei dem Ausbau des Kellers handle es sich nicht um einen "Schwarzbau". Daraufhin erklärte der Vertreter des FA, er werde die gesamten Heizungskosten in Höhe von 27 787 DM nach §82 a EStDV berücksichtigen und für die vom Sachverständigen errechneten Herstellungskosten des Kellerausbaus (69 175 DM) einen Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 2 EStG gewähren.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter des FA, er halte an seiner -- im Erörterungstermin vertretenen -- Ansicht, die Aufwendungen für das Kellergeschoß seien nach §10 e EStG begünstigt, nicht mehr fest. Grundförderung für den Umbau komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kläger im Jahr 1986 für einen Teil der Umbauaufwendungen erhöhte Absetzungen nach §7 b EStG in Anspruch genommen hätten. Es sei daher Objektverbrauch eingetreten, auch wenn die erhöhten Absetzungen möglicherweise mangels Fertigstellung des Ausbaus oder der Erweiterung zu Unrecht gewährt worden seien.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es führte aus:

Da der Umbau erst 1987 fertiggestellt worden sei, hätten die Voraussetzungen für erhöhte Absetzungen nach §7 b EStG nicht vorgelegen. Die zu Unrecht gewährte Abschreibung begünstige die Kläger zwar steuerlich, sei aber objektiv nicht für ein zweites Objekt i. S. des §7 b Abs. 2 EStG gewährt worden, so daß Objektverbrauch i. S. des §7 b Abs. 5 i. V. m. §10 e Abs. 4 EStG nicht angenommen werden könne.

Den Klägern stehe für die Streitjahre 1987 und 1988 jeweils ein Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG in Höhe von 3 459 DM (= 5 v. H. aus 69 175 DM) zu. Nach dem -- auch im Rahmen der Steuerbegünstigung nach §10 e EStG maßgeblichen -- bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriff hätten die Kläger eine (baulich gegenüber anderen Räumen abgeschlossene, mit eigenem Zugang ausgestattete) vorher nicht vorhandene Wohnung geschaffen. Die 1979 aufgewendeten Anschaffungskosten für den Grund und Boden seien nicht in die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag einzubeziehen. Nach dem Zweck der Vorschrift seien nur solche Anschaffungskosten für Grund und Boden begünstigt, die zur Anschaffung oder Herstellung der eigengenutzten Wohnung aufgewendet worden seien. Im Jahr der Anschaffung sei das Grundstück jedoch schon bebaut gewesen. Der Tatbestand der "Herstellung einer Wohnung" sei im Streitfall nur erfüllt, weil nach bewertungsrechtlichen Kriterien eine neue Wohnung entstanden sei. Gründe dafür, daß der Gesetzgeber auch in diesen Fällen Jahre vorher entstandene Aufwendungen für die Anschaffung des Grund und Bodens im Rahmen des §10 e Abs. 1 EStG begünstigen wolle, seien nicht erkennbar. Der Anschaffungsvorgang sei insoweit bereits im Rahmen der seinerzeit geltenden Möglichkeiten -- §7 b EStG -- steuerlich abschließend berücksichtigt worden.

Ob es sich bei den übrigen baulichen Maßnahmen um Ausbau- oder Erweiterungsmaßnahmen i. S. des §10 e Abs. 2 EStG handle, könne unentschieden bleiben, da wegen Objektverbrauchs (Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach §7 b EStG für das Gebäude, Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 1 EStG für die Untergeschoßwohnung) ein Abzugsbetrag nach §10 e Abs. 2 EStG nicht in Betracht komme (§10 e Abs. 4 Satz 2 EStG).

Die anteiligen, auf die Herstellungskosten für die Kellergeschoßwohnung entfallenden Schuldzinsen seien im Streitjahr 1987 in Höhe von 374 DM (18 v. H. von 2 077 DM) als Vorkosten nach §10 e Abs. 6 EStG abziehbar.

Die Kosten für die Heizung seien gemäß §82 a EStDV in den Streitjahren jeweils mit 10 v. H. (= 2 779 DM) wie Sonderausgaben abziehbar.

Das FG hob die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1987 und 1988 gemäß §100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf mit der Maßgabe, daß das FA bei der Neuberechnung der Einkommensteuer 1987 Sonderausgaben i. S. des §10 e EStG und §82 a EStDV in Höhe von 6 612 DM und bei der Neuberechnung der Einkommensteuer 1988 Sonderausgaben i. S. des §10 e EStG und §82 a EStDV in Höhe von 6 238 DM zu berücksichtigen habe. Im übrigen wies es die Klage ab.

Das FA erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide für 1987 und 1988. In den Erläuterungen zu den Änderungsbescheiden befindet sich folgender Hinweis:

"Die Berechnung erfolgt aufgrund des Urteils des Finanzgerichts vom 17. Mai 1993. Es handelt sich hierbei lediglich um den Vollzug des Urteils und nicht um eine Entscheidung nach §132 AO über die Rücknahme, Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Die Rechtsbehelfsbelehrung gilt nicht für diese Betragsberechnung."

Mit der Revision tragen die Kläger im wesentlichen vor: Der gesamte, alle Bereiche des Hauses umfassende Umbau sei -- abweichend von der bisher vertretenen Auffassung -- nach §10 e Abs. 2 EStG begünstigt. Der Ausbau des Kellergeschosses sei Teil des Ausbaus bzw. der Erweiterung der eigengenutzten Wohnung. Denn unter einer Wohnung sei die Gesamtheit der Räume zu verstehen, die erkennbar dazu bestimmt seien, dem Steuerpflichtigen und seiner Familie als Wohnung zu dienen, auch wenn es sich bewertungsrechtlich um mehrere Wohnungen handle. Bei den Baumaßnahmen im Erdgeschoß und im Dachgeschoß handle es sich um einen Ausbau i. S. von §10 e Abs. 2 EStG i. V. m. §17 Abs. 1 Satz 3 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), da der vorhandene Wohnraum infolge Änderung der Wohngewohnheiten nicht mehr für Wohnzwecke geeignet gewesen sei oder -- was dem gleichzustellen sei -- nicht mehr den gesetzlichen Bauvorschriften entsprochen habe. Da die Terrasse und der Balkon gemäß §44 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BVO) zur Hälfte der Wohnfläche des Hauses hinzugerechnet würden, seien die dafür aufgewendeten Herstellungskosten ebenfalls nach §10 e Abs. 2 EStG begünstigt.

Zum Ausbau gehöre auch die Anpassung des Gebäudes an die veränderten Vorschriften über die Wärmedämmung, was sowohl den Einbau isolierverglaster Fenster als auch die Aufbringung eines zusätzlichen Wärmedämmputzes umfasse.

Zu Unrecht habe das FG die (hälftigen) Anschaffungskosten für den Grund und Boden nicht berücksichtigt. Aus der uneingeschränkten Verweisung in §10 e Abs. 2 EStG auf §10 e Abs. 1 EStG folge, daß auch beim Ausbau bzw. der Erweiterung einer bereits vorhandenen Wohnung die anteiligen Anschaffungskosten des Grundstücks jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, sofern sie nicht bereits in anderem Zusammenhang steuerbegünstigt berücksichtigt worden seien.

Als unmittelbare Folge der Ausbau- und Erweiterungsarbeiten seien auch Reparaturen, insbesondere Schönheitsreparaturen in anderen Bereichen, erforderlich geworden, die nicht unmittelbar vom Ausbau bzw. der Erweiterung betroffen worden seien. Die Kosten dieser "Verbundarbeiten" seien insgesamt den Herstellungskosten des Ausbaus und der Erweiterung zuzurechnen.

Nach Abzug der vom FG bereits berücksichtigten Kosten (210 421 DM ./. 69 175 DM ./. 27 787 DM) verblieben weitere zu berücksichtigende Kosten von 113 459 DM zuzüglich anteilige Grundstückskosten von 50 400 DM. Von dem Gesamtbetrag in Höhe von 163 859 DM seien 5 v. H. (= 8 193 DM) zusätzlich nach §10 e Abs. 2 EStG abziehbar.

Aus der Berücksichtigung der weiteren Kosten folge zwangsläufig, daß im Jahr 1987 die Schuldzinsen in voller Höhe als Vorkosten abziehbar seien, also zusätzlich 1 703 DM.

Seien die (in Höhe von 11 382 DM geschätzten) Kosten für die Verbundarbeiten nicht den Herstellungskosten für den Ausbau und die Erweiterung zuzurechnen, müßten sie als Vorkosten berücksichtigt werden.

Im übrigen sei dem finanzgerichtlichen Urteil auch dann nicht zu folgen, wenn für §10 e EStG der bewertungsrechtliche Wohnungsbegriff gelte. Denn dann hätte das FG prüfen müssen, ob der Umbau außerhalb des Kellergeschosses begünstigt sei, und das günstigere Ergebnis zugrunde legen müssen. Denn aus dem Vortrag im finanzgerichtlichen Verfahren sei eindeutig hervorgegangen, daß sie -- die Kläger -- den größtmöglichen steuerlichen Vorteil erstrebt hätten.

Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil teilweise aufzuheben und unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1987 weitere 9 896 DM und für 1988 weitere 8 193 DM nach §10 e EStG zu berücksichtigen, hilfsweise für 1987 weitere 20 709 DM und für 1988 weitere 7 623 DM; weiter hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen zur Prüfung, ob der Ausbau und die Erweiterung im Erd- und Obergeschoß zu einem für die Kläger günstigeren Ergebnis führten.

Das FA beantragt sinngemäß, die Revision der Kläger als unbegründet zurückzuweisen. Außerdem legte es Anschlußrevision ein mit dem Antrag, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Es trägt vor: Für die im Keller tatsächlich geschaffene Wohnung sei keine Baugenehmigung erteilt worden. Ein Abzugsbetrag nach §10 e EStG stehe den Klägern daher nicht zu. Die vom Sachverständigen im Erörterungstermin vertretene Ansicht, es liege kein "Schwarzbau" vor, weil die Abweichung von der Baugenehmigung bei der Bauabnahme nicht beanstandet worden sei, treffe nicht zu und könne im Revisionsverfahren noch berichtigt werden. Nach der Landesbauordnung werde die Baugenehmigung schriftlich erteilt. Ein bloßes Kenntnisnehmen ersetze die Genehmigung nicht. Für die Modernisierung des übrigen Gebäudes dürfe den Klägern ebenfalls kein Abzugsbetrag nach §10 e EStG gewährt werden. Zusätzlicher Wohnraum sei nur in untergeordnetem Umfang entstanden. Ein Ausbau liege nicht vor, weil die vorhandene Bausubstanz nicht durchgreifend umgestaltet, sondern nur modernisiert worden sei.

Die Kläger beantragen, die Anschlußrevision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

A. Nicht nur die Revision, sondern auch die -- unselbständige -- Anschlußrevision ist zulässig.

1. Das Rechtsschutzinteresse für die Anschlußrevision ist nicht durch den Erlaß der Einkommensteuerbescheide für 1987 und 1988 nach Ergehen des FG-Urteils entfallen. Aus den Erläuterungen in den Bescheiden ergibt sich, daß das FA damit nur der ihm vom FG gemäß §100 Abs. 2 Satz 2 FGO auferlegten Verpflichtung zur Neuberechnung der Steuer nachgekommen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 2. März 1990 III R 75/85, BFHE 160, 395, BStBl II 1990, 747). Da es sich ausdrücklich nicht um Entscheidungen nach §132 der Abgabenordnung (AO 1977) über die Rücknahme, Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Bescheide handelt, sondern um Mitteilungen des Ergebnisses der jeweiligen Neuberechnung i. S. des §100 Abs. 2 Satz 3 FGO, brauchten die Kläger diese Bescheide auch nicht gemäß §68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.

2. Das FA ist entgegen der Auffassung der Kläger durch das angefochtene Urteil auch beschwert. Seine Beschwer folgt schon daraus, daß das FG dem Begehren der Kläger auf Änderung der Einkommensteuerbescheide zum Teil stattgegeben hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., Rz. 17 Vor §115, m. w. N.).

B. Revision und Anschlußrevision führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Im Ergebnis zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß durch die Gewährung von erhöhten Absetzungen gemäß §7 b EStG für die im Jahr 1986 angefallenen Herstellungskosten in Höhe von 23 738 DM kein Objektverbrauch eingetreten ist.

Für Ausbauten und Erweiterungen wurden erhöhte Absetzungen nur gewährt, wenn das Gebäude vor dem 1. Januar 1964 fertiggestellt und nicht nach dem 31. Dezember 1976 angeschafft worden war (§7 b Abs. 2 EStG). Da die Kläger das Gebäude im Jahr 1979 gekauft hatten, waren die Herstellungskosten für einen Ausbau oder eine Erweiterung an dem Wohnhaus nicht selbständig begünstigt. Herstellungskosten konnten jedoch -- unabhängig davon, ob sie für einen Ausbau oder eine Erweiterung aufgewendet worden waren -- vom Jahr ihrer Entstehung an in die Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen einbezogen werden, soweit -- wie im Streitfall -- die Höchstbemessungsgrundlage noch nicht ausgeschöpft war (§7 b Abs. 3 EStG). Da der Begünstigungszeitraum für die erhöhten Absetzungen erst mit Ende des Jahres 1986 auslief, hat das FA zu Recht die im Jahr 1986 angefallenen Herstellungskosten erhöht abgeschrieben. Die zusätzlichen erhöhten Absetzungen im Jahr 1986 wurden somit für das erste, 1979 angeschaffte Objekt gewährt. Bei Fertigstellung des Umbaus im Jahr 1987 war daher nur hinsichtlich eines Objekts Objektverbrauch eingetreten.

2. Ebenfalls zu Recht ist das FG nicht der Auffassung der Kläger gefolgt, daß mehrere selbständige Wohnungen, die gegeneinander abgeschlossen sind und einen eigenen Zugang haben, deshalb als ein Objekt gelten, weil sie sämtlich von der Familie zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

Entgegen der Auffassung der Kläger bestimmt sich der Wohnungsbegriff nicht danach, welche Räume dem Steuerpflichtigen und seiner Familie erkennbar als Wohnung dienen. Unter einer Wohnung i. S. des §10 e EStG ist vielmehr die Zusammenfassung mehrerer Räume zu verstehen, in denen ein selbständiger Haushalt geführt werden kann. Es müssen daher auch eine Küche oder zumindest eine Kochgelegenheit, Bad oder Dusche und WC vorhanden sein. Außerdem müssen die Räume baulich gegenüber anderen Räumen abgeschlossen sein, einen eigenen Zugang sowie eine Mindestgröße haben (Senatsurteile vom 15. November 1995 X R 102/95, BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92; vom 2. April 1997 X R 141/94, BFHE 183, 104, BStBl II 1997, 611 jeweils unter II.2.a). Die Wohnungen eines Zweifamilienhauses bleiben daher rechtlich zwei selbständige Wohnungen, auch wenn der Steuerpflichtige das gesamte Gebäude allein mit seiner Familie zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Dies ergibt sich bereits aus §10 e Abs. 4 Satz 2 EStG. Danach dürfen Ehegatten die Grundförderung, auch wenn sie ihnen für insgesamt zwei Objekte zusteht, nicht gleichzeitig für zwei räumlich zusammenhängende Objekte in Anspruch nehmen. Diese Regelung ergäbe keinen Sinn, wenn mehrere selbständige Wohnungen, die von Ehegatten gemeinsam bewohnt werden, als eine Wohnung gelten würden.

3. Zu Unrecht hat das FG jedoch unterstellt, aufgrund der Bauabnahme sei der Kellerausbau zu einer Wohnung baurechtlich genehmigt.

a) Nach §10 e EStG werden nur Objekte gefördert, die dem materiellen Baurecht entsprechen. Die materielle Baurechtsmäßigkeit hat der Steuerpflichtige regelmäßig durch Vorlage der Baugenehmigung nachzuweisen oder durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde, daß eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist (BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 X R 245/93, BFHE 178, 144, BStBl II 1995, 875). Wie das FA in der Begründung seiner Anschlußrevision zutreffend ausführt, kann die Nichtbeanstandung einer baulichen Maßnahme bei der Bauabnahme eine baurechtlich erforderliche Genehmigung nicht ersetzen oder als Nachweis dafür dienen, daß eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist. Stimmen -- wie im Streitfall -- die tatsächlichen Baumaßnahmen nicht mit den genehmigten Bauplänen überein und ist unklar, ob die Abweichung von den Plänen genehmigungspflichtig ist, hat der Bauherr eine Bescheinigung der zuständigen Behörde beizubringen, in der bestätigt wird, daß die von den Plänen abweichenden Baumaßnahmen nicht genehmigungspflichtig sind.

b) Obwohl das FA im Erörterungstermin -- nach Hinweis des Bausachverständigen auf die baurechtliche Abnahme durch die Baugenehmigungsbehörde -- von seiner Auffassung abgerückt ist, bei den Baumaßnahmen im Keller handle es sich um einen nicht begünstigten "Schwarzbau", durfte es sich hierauf in der Anschlußrevision berufen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es durch das "Anerkenntnis" im Erörterungstermin nicht gebunden.

Eine sog. tatsächliche Verständigung ist nach der Rechtsprechung zwar zulässig und unter bestimmten Voraussetzungen auch bindend. Vereinbarungen dürfen jedoch nur über den der Steuerfestsetzung zugrunde zu legenden Sachverhalt, nicht dagegen über rechtliche Streitfragen getroffen werden (z. B. BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, m. w. N.). Wie die Übereinstimmung von Baumaßnahmen mit dem materiellen Baurecht nachzuweisen ist, insbesondere ob die Bauabnahme eine fehlende Baugenehmigung ersetzen oder als Nachweis dafür dienen kann, daß eine Baugenehmigung nicht benötigt wird, ist aber eine Rechtsfrage und keine Frage der Sachverhaltsermittlung.

4. Ferner hat das FG zu Unrecht angenommen, Grundförderung für die Herstellung einer Wohnung sei bereits dann zu gewähren, wenn in einem bestehenden Gebäude bewertungsrechtlich eine weitere Wohnung geschaffen werde.

Nach der Rechtsprechung des Senats genügt es für die Herstellung einer Wohnung i. S. des §10 e Abs. 1 EStG nicht, daß Räume gegenüber anderen Räumen abgeschlossen werden, einen eigenen Zugang erhalten und mit Bad/Dusche, Toilette sowie einer Kochgelegenheit ausgestattet werden. Eine Wohnung wird nur dann i. S. des §10 e Abs. 1 EStG hergestellt, wenn darüber hinaus die Altbausubstanz so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, daß die neu eingefügten Teile der entstandenen Wohnung das Gepräge geben und die verwendeten Altbauteile wertmäßig untergeordnet erscheinen (Senatsurteil vom 11. September 1996 X R 46/93, BFHE 181, 294, BStBl II 1998, 94).

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -- BMF -- vom 31. Dezember 1994, IV B 3 -- S 2225 a -- 294/94, BStBl I 1994, 887, Rz. 14, 15) kann aus Vereinfachungsgründen hiervon ausgegangen werden, "wenn der im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Entstehung der Wohnung angefallene Bauaufwand zuzüglich des Werts der Eigenleistung nach überschlägiger Berechnung den Wert der Altbausubstanz (Verkehrswert) übersteigt." Der Senat hat diese Vereinfachungsregelung insoweit gebilligt, als bei der Gegenüberstellung des Wertes der Altbausubstanz und der Baukosten typische Erhaltungsaufwendungen außer Betracht bleiben (BFHE 181, 294, BStBl II 1998, 94).

5. Das FG weicht somit sowohl hinsichtlich des Nachweises der materiellen Baurechtsmäßigkeit als auch hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen die Schaffung einer abgeschlossenen Wohnung in einem bestehenden Gebäude als Herstellung i. S. des §10 e Abs. 1 EStG zu beurteilen ist, von der -- nach Erlaß des Urteils -- ergangenen Rechtsprechung des Senats ab. Das finanzgerichtliche Urteil ist daher aufzuheben und die Sache mangels Entscheidungsreife zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Kommt das FG zu dem Ergebnis, daß der Umbau des Kellergeschosses nicht zur Herstellung einer nach §10 e Abs. 1 EStG begünstigten Wohnung geführt hat, ist zu prüfen, inwieweit die Aufwendungen für die Baumaßnahmen insgesamt als Herstellungskosten eines Ausbaus oder einer Erweiterung i. S. des §10 e Abs. 2 EStG zu beurteilen sind. Dabei sind die Grundsätze der inzwischen zu §10 e Abs. 2 EStG ergangenen Rechtsprechung des Senats zu beachten (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 1995 X R 74/94, BFHE 177, 399, BStBl II 1996, 352; vom 15. November 1995 X R 8/94, BFH/NV 1996, 397; vom 15. November 1995 X R 87/92, BFH/NV 1996, 545; vom 7. Februar 1996 X R 12/93, BFHE 179, 413, BStBl II 1996, 360; vom 17. April 1996 X R 29/93, BFH/NV 1996, 805, und in BFHE 179, 290, BStBl II 1998, 92).

 

Fundstellen

Haufe-Index 67248

BFH/NV 1998, 965

DStRE 1998, 917

HFR 1998, 640

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