Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Steuerpflichtige mit erheblichem Vermögen konnten schon vor Erlaß der Entscheidungen des Senats VI 7/59 S und VI 141/59 S vom 7. August 1959 (BStBl 1959 III S. 383, 385, Slg. Bd. 69 S. 324, 330) Aussteueraufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzen.

Abschnitt 188 EStR 1958, wonach die frühere Verwaltungsübung für den Abzug von Aussteueraufwendungen in allen Fällen bis einschließlich 1959 anzuwenden ist, ist als sogenannte Anpassungsregelung auch von den Steuergerichten zu beachten.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Das Finanzgericht hat Aussteueraufwendungen des Bf. nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil der Bf. erhebliches Vermögen besitze, aus dem die Aussteuer zu bestreiten sei.

Die Tochter des Bf. hat 1948 geheiratet. Der Bf. macht für 1955 Aussteueraufwendungen in Höhe von 14.115 DM geltend. Die Tochter habe erst im Jahre 1955 eine angemessene Familienwohnung erhalten. Außerdem seien seine Einkünfte wegen Ertragslosigkeit seines Aktienbesitzes in den Vorjahren so niedrig gewesen, daß sie kaum zur Bestreitung seines eigenen Lebensunterhalts ausgereicht hätten. Das Finanzgericht hat das Vermögen des Bf. ermittelt auf 1.000 DM land- und forstwirtschaftliches Vermögen (Einheitswert), Grundvermögen mit einem Einheitswerte von 24.350 DM und Aktien bekannter Industriefirmen im Nennbetrage von über 300.000 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Der Senat hat in den Entscheidungen VI 7/59 S und VI 141/59 S vom 7. August 1959 (BStBl 1959 III S. 383, 385, Slg. Bd. 69 S. 324, 330) die Aussteuer als eine regelmäßig das Vermögen belastende Aufwendung beurteilt, die bei nicht unerheblichem Vermögen der Eltern im allgemeinen eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG ausschließt. Der Verkehrswert des Vermögens im Zeitpunkt der Beschaffung der Aussteuer ist maßgebend dafür, ob das Vermögen erheblich ist. Ein Vermögen, das die im § 5 des Vermögensteuergesetzes festgesetzten Freibeträge - wie im Streitfall - um ein Vielfaches überschreitet, schließt die Anwendbarkeit des § 33 EStG in aller Regel aus. Die Aussteueraufwendungen des Bf. sind bei der Höhe seines Vermögens nicht als Belastung des Einkommens, sondern als Belastung des Vermögens zu beurteilen.

Der Bf. rügt, daß er nicht so behandelt werde wie andere Steuerpflichtige. Richtig ist, daß die für das Jahr 1955 erlassenen Verwaltungsanweisungen im weiteren Umfang als die Rechtsprechung des Senats Aussteueraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkennen. Die Bundesregierung hat angeordnet, daß die EStR 1955/56 auch noch auf Aussteueraufwendungen anzuwenden sind, die in den Jahren 1958 und 1959 geleistet worden sind, (Abschnitt 188 Abs. 1 letzter Satz EStR 1958 - BStBl 1959 I S. 391 - 481 -). Darin liegt eine Regelung zur Anpassung der Verwaltungsübung an die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Der Senat hat anerkannt, daß solche Anpassungsregelungen, die von den Finanzbehörden unter Beachtung der in § 131 AO gesetzten Grenzen zur Wahrung der Gleichmäßigkeit in der Besteuerung erlassen werden, auch von den Steuergerichten zu beachten sind (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 134/58 U vom 1. April 1960, BStBl 1960 S. 231, Slg. Bd. 70 S. 621). Nach Abschnitt 188 Abs. 1 EStR 1955 sind Aussteueraufwendungen, die aus einer fälligen Aussteuerversicherung oder aus einem nicht geringfügigen Vermögen einer Tochter bestritten werden können, nicht berücksichtigungsfähig. Die Frage, ob ein erhebliches Vermögen der Eltern die Steuerermäßigung nach § 33 EStG ausschließt, wird in den EStR 1955 nicht behandelt. Der abgeänderten Fassung des Abschnitts 188 EStR 1958 (BStBl 1960 II S. 87) läßt sich ebenfalls nicht eindeutig entnehmen, ob und inwieweit Vermögen der Eltern nach der "bisherigen Verwaltungspraxis" der Anwendung des § 33 EStG hinderlich gewesen ist und inwieweit es der Gewährung einer Steuerermäßigung für die Vergangenheit bis einschließlich 1959 entgegenstehen soll. Der Senat hat in der Entscheidung VI 7/59 S darauf hingewiesen, daß der Reichsfinanzhof Aussteueraufwendungen nicht als eine außergewöhnliche Belastung des Einkommens beurteilt hat, wenn die Eltern ein entsprechendes Vermögen besitzen. Davon ist der Senat auch bereits vor Ergehen der Grundsatzentscheidungen VI 7/59 S und VI 141/59 S in ständiger Rechtsprechung ausgegangen. Der Hinweis des Bf., daß er nicht wie andere Steuerpflichtige behandelt werde, entbehrt also der Grundlage. Bei seinem erheblichen Vermögen kann er sich weder auf das Gesetz noch auf Verwaltungsanweisungen berufen, um eine Steuerermäßigung für die Aussteuerleistungen zu erreichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409896

BStBl III 1961, 73

BFHE 1961, 197

BFHE 72, 197

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