Leitsatz (amtlich)

1. Das FG darf sich, wenn es auf eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO einen "anderen Betrag" feststellt, nicht darauf beschränken, den Steuerbescheid hinsichtlich einzelner Besteuerungsgrundlagen abzuändern. Vielmehr muß es die sich aus der Abänderung ergebende Steuerschuld selbst festsetzen.

2. Die Vermietung von Wohnungen an Arbeitnehmer eines Einzelunternehmers macht ein Mietwohngrundstück dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn für die Vermietung gerade an Arbeitnehmer betriebliche Gründe maßgebend waren.

2. Der auf objektiv nachprüfbaren ernstlichen Gründen beruhende Wille, ein Wirtschaftsgut im Wege der Bilanzberichtigung aus der Buchführung eines Unternehmens zum Buchwert herauszunehmen, ist dem Willen zur Entnahme des Grundstücks nicht gleichzustellen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1-2, §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Nr. 1; FGO § 100 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 31. Dezember 1962 neben seinem Vater und seiner Schwester an einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) beteiligt, die Landschaftsgestaltung und Gärtnerei betrieb. Die GdbR wurde zum 31. Dezember 1962 aufgelöst. Der Kläger übernahm den Sektor "Landschaftsgestaltung" mit den dazugehörenden Aktiven und Passiven. Zu den Aktiven gehörten auch die Mietwohngrundstücke G, E-Straße 20 - 22, und D, M-Straße 29 a/29 b und 31 a/31 b. Die Grundstücke waren in den Bilanzen der GdbR als Betriebsvermögen ausgewiesen und in der Prüferbilanz auf den 31. Dezember 1962 mit 213 055 DM (G) und 533 741,55 DM (D) enthalten. Der Kläger wies diese Grundstücke in seiner Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1963 nicht mehr als Betriebsvermögen aus (Ausbuchung zu den Buchwerten). Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für 1963 unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Vorläufigkeit. Der Kläger hatte auf Anfrage des FA die Auffassung vertreten, die betreffenden Mietwohngrundstücke seien notwendiges Privatvermögen.

Nach einer Betriebsprüfung behandelte das FA die Ausbuchungen der Grundstücke als Entnahmen des Jahres 1963 und bewertete die Grundstücke mit den Teilwerten. Der Kläger machte demgegenüber geltend, er habe anläßlich einer im Mai 1964 bei der (aufgelösten) GdbR durchgeführten Betriebsprüfung die Frage des Hausbesitzes eingehend mit dem Prüfer besprochen. Dieser habe damals den Standpunkt vertreten, die fraglichen Gebäude hätten von Anfang an gar nicht in der Bilanz der GdbR ausgewiesen werden dürfen. Deshalb sei eine Bilanzberichtigung zum Buchwert erforderlich. Nur aus diesem Grunde habe er - der Kläger - die Wohngrundstücke im Wege einer gewinneutralen Bilanzberichtigung aus der Buchführung herausgenommen und nicht als Betriebsvermögen in die Eröffnungsbilanz eingesetzt. Inzwischen sei ihm und seinem Berater jedoch klar, daß hinsichtlich der bilanzmäßigen Behandlung zwischen den Wohngrundstücken in G und denen in D zu differenzieren sei. Die beiden Häuser in G würden nämlich - von seiner auch dort befindlichen Privatwohnung abgesehen - zu 100 v. H. (Nr. 20) und zu 60 v. H. (Nr. 22) von Betriebsangehörigen bewohnt und seien damit mit Ausnahme seiner Privatwohnung notwendiges Betriebsvermögen. Insoweit beantrage er, die in der Eröffnungsbilanz vorgenommene Bilanzberichtigung durch eine umgekehrte Berichtigung wieder rückgängig machen zu lassen. Bezüglich der beiden Hausgrundstücke in D müsse es bei der zum 1. Januar 1963 vorgenommenen Bilanzberichtigung ohne Gewinnverwirklichung verbleiben. Diese Häuser seien - da so gut wie gar nicht von Betriebsangehörigen bewohnt - notwendiges Privatvermögen.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage sah das FG zum Teil als begründet an. Das FG vertrat die Auffassung, die Grundstücke seien gewillkürtes Betriebsvermögen der GdbR gewesen. Grundstücke oder Grundstücksteile, die nicht eigenbetrieblich genutzt würden und nicht eigenen Wohnzwecken dienten (z. B. zu Wohnzwecken oder zur gewerblichen Nutzung an Dritte vermietet seien), könnten als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden, wenn die Grundstükke oder die Grundstücksteile in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stünden und ihm zu dienen bzw. ihn zu fördern bestimmt und geeignet seien. Ein Mietwohngrundstück gehöre nicht schon deshalb zum notwendigen Betriebsvermögen, weil der Steuerpflichtige es an Betriebsangehörige vermietet habe. Nach diesen Grundsätzen seien die streitigen Grundstükke weder notwendiges Privatvermögen noch notwendiges Betriebsvermögen gewesen. Wenn ein Grundstück zu mehr als der Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebsvermögen erfülle, so könne das ganze Grundstück als Betriebsvermögen behandelt werden. Danach sei auch die Privatwohnung des Klägers zu Recht Betriebsvermögen geworden. Der Kläger habe die Grundstücke wirksam aus dem Betriebsvermögen entnommen. Der Willensentschluß des Steuerpflichtigen zur Entnahme komme in der Regel in der Buchführung und in der Bilanzierung zum Ausdruck. Es handle sich um eine Entnahme des Jahres 1963. Eine Entnahme sei auf den Zeitpunkt anzusetzen, zu dem sie als tatsächliche Handlung effektiv bewirkt worden sei. Der 31. Dezember 1962 scheide als Entnahmezeitpunkt aus, weil bis dahin noch die GdbR bestanden habe, der Kläger allein also die allen Gesellschaftern gehörenden Grundstücke nicht habe entnehmen können. Auch der 1. Januar 1963 komme abgesehen davon, daß der tatsächliche Entschluß des Klägers weit später gefaßt worden sei, nicht als Entnahmezeitpunkt in Betracht, weil nach dem Grundsatz des Bilanzenzusammenhanges der Kläger auf den 1. Januar 1963 an die Bilanzansätze zum 31. Dezember 1962 gebunden gewesen sei. Der Entnahmeentschluß sei im Zusammenhang mit den vertraglichen Vorverhandlungen, die im Jahre 1963 geschwebt haben müßten, gereift. Allerdings sei bei dem Grundstück G zugunsten des Klägers ein niedrigerer als der vom FA angesetzte Entnahmewert anzunehmen. Das FG erließ ein Urteil mit folgendem Tenor:

"Unter Änderung des berichtigten ESt-Bescheids 1963 … in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung … erhalten hat, wird der streitige Entnahmegewinn um 20 667 DM herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen."

In den Urteilsgründen führte das FG u. a. aus, das FA werde nunmehr einen geänderten Berichtigungsbescheid unter Berücksichtigung der zu ändernden Gewerbesteuerrückstellung zu erlassen sowie die etwaigen Folgeberichtigungen für die übrigen Streitjahre vorzunehmen haben.

Mit seiner Revision rügt der Kläger, daß sich das FG nicht mit seinem Einwand auseinandergesetzt habe, der Betriebsprüfer habe anläßlich der im Mai 1964 durchgeführten Betriebsprüfung den Standpunkt vertreten, die Gebäude hätten von Anfang an nicht in die Bilanz aufgenommen werden dürfen und deshalb sei eine Bilanzberichtigung erforderlich; dieser Auffassung sei man seinerzeit gefolgt und habe die Grundstücke nicht in die Eröffnungsbilanz des Klägers aufgenommen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuerschuld unter Rückgängigmachung der zu Unrecht erfolgten Ausbuchung der Grundstücke in D und G festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es folgt der Auffassung des FG.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA die Einkommensteuerbescheide 1963 bis 1966 unter Berufung auf § 94 AO durch Sammelbescheid geändert und für 1963 einen auf § 35 b GewStG gestützten berichtigten Gewerbsteuermeßbescheid erlassen. Der Kläger hat erklärt, diese Bescheide zum Gegenstand des Revisionsverfahrens machen zu wollen. Das FA hat dem hinsichtlich des Gewerbesteuermeßbescheids widersprochen, da die Revision allein die Einkommensteuersache 1963 bis 1966 betreffe.

 

Entscheidungsgründe

I.

Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß der Kläger während des Revisionsverfahrens den Änderungsbescheid des FA, soweit er die Einkommensteuer für die Streitjahre betrifft, gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht hat. Durch diesen Bescheid hat das FA dem Urteil der Vorinstanz Rechnung getragen. Dem FA ist indessen darin beizutreten, daß sich der Antrag nach § 68 FGO nicht auf den nach § 35 b GewStG berichtigten Gewerbesteuermeßbescheid erstrecken konnte; denn Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens ist lediglich die Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre. Der erkennende Senat geht davon aus, daß die Erklärung des Klägers, soweit sie den Gewerbesteuermeßbescheid zum Inhalt hat, gegenstandslos ist.

II.

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Das Urteil der Vorinstanz kann schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Das FG hat seine Entscheidung für das Jahr 1963 darauf beschränkt, lediglich den Entnahmegewinn neu festzustellen, hat jedoch die Folgerungen für die Höhe der Einkommensteuerschuld nicht gezogen. Eine Entscheidung dieses Inhalts findet im Gesetz keine Grundlage. Richtet sich - wie hier - die Klage gegen einen Steuerbescheid, so kann das Gericht, wenn es einen anderen Betrag feststellt, diesen selbst festsetzen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO). Aus dem Wort "festsetzen" folgt, daß das Gericht nicht eine einzelne unselbständige Besteuerungsgrundlage gesondert feststellen darf, sondern daß es die Folgerungen, die sich aus der Veränderung der Besteuerungsgrundlagen auf die Steuerschuld ergeben, selbst ziehen muß. Andernfalls gibt das Gericht keine "das Rechtsschutzbegehren vollständig erledigende Antwort" (vgl. insoweit Beschluß des BFH vom 16. Dezember 1968 GrS 3/68, BFHE 94, 436, BStBl II 1969, 192). Ein Bescheidungsurteil läßt die Finanzgerichtsordnung nur unter besonderen, im Streitfall nicht vorliegenden Voraussetzungen zu (vgl. § 101 Satz 2 FGO).

2. Die Vorentscheidung ist aber auch aus materiellrechtlichen Gründen zu beanstanden.

a) Nach § 5, § 4 Abs. 1 EStG ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 Nr. 1, § 15 Nr. 1 EStG) durch Vergleich des Betriebsvermögens am Schluß des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu ermitteln. Private Vermögensgegenstände dürfen in diesen Vermögensvergleich nicht einbezogen werden. Aus dieser Rechtslage ergibt sich die Notwendigkeit, Privatvermögen und Betriebsvermögen voneinander abzugrenzen. Im Hinblick auf die Besonderheiten bei der Widmung und Entwidmung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ist ferner zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen zu unterscheiden.

Ob Wirtschaftsgüter (ganz oder zum Teil) notwendiges Betriebsvermögen, notwendiges Privatvermögen oder gewillkürtes Betriebsvermögen sind, ist u. a. bedeutsam dafür, wie sie in der Buchführung des Kaufmannes zu behandeln sind.

aa) Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens müssen in der Buchführung und in der Bilanz des Kaufmanns ausgewiesen werden. Ist der Ausweis unterblieben, muß er im Wege der Einbuchung nachgeholt werden. Die Ausbuchung von Wirtschaftsgütern des notwendigen Betriebsvermögens kann die Zugehörigkeit des Vermögensgegenstandes zum Betriebsvermögen nicht ändern (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 1974 I R 223/70, BFHE 113, 209, BStBl II 1974, 736). Die Ausbuchung ist im Wege der Bilanzberichtigung rückgängig zu machen.

bb) Wirtschaftsgüter des notwendigen Privatvermögens dürfen nicht in die Buchführung aufgenommen und in der Bilanz ausgewiesen werden. Sind sie es gleichwohl, müssen sie aus der Buchführung im Wege der Bilanzberichtigung wieder herausgenommen werden (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juni 1972 I R 189/69, BFHE 106, 422, BStBl II 1972, 874; vom 23. Juli 1975 I R 210/73, BFHE 117, 144, BStBl II 1976, 180).

cc) War ein Wirtschaftsgut bisher zu Recht als gewillkürtes Betriebsvermögen in der Buchführung geführt und in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen, so steht es dem Kaufmann frei, es im Wege einer Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) in das Privatvermögen zu überführen. Die Entnahme ist mit dem Teilwert zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

b) Das FG ist nach dem gedanklichen Zusammenhang der Entscheidungsgründe offensichtlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht von der Voraussetzung ausgegangen, der Kläger habe den Sektor Landschaftsgestaltung im Wege einer Realteilung unter Ansatz der übernommenen Wirtschaftsgüter zu den Buchwerten übernommen (zu den Grundsätzen der Realteilung vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1972 IV 317/65, BFHE 104, 543, BStBl II 1972, 419, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des BFH). Der Kläger hat sich durch seine Mitwirkung bei der Realteilung dem Zwang unterworfen, das Betriebsvermögen der GdbR, soweit es auf den ihm zugeteilten Teilbetrieb entfällt, in seinem seitherigen Bestand zu übernehmen. Aus dem Nichtausweis der strittigen Grundstücke in der Bilanz des Klägers auf den 1. Januar 1963 kann daher für die Frage der Zugehörigkeit der Grundstücke zum Betriebsvermögen nichts hergeleitet werden. Vielmehr hat das FG zu Recht darauf abgestellt, ob der Kläger zu einer bilanzberichtigenden Ausbuchung berechtigt war oder eine Entnahme getätigt hat.

Die Vorinstanz hat die streitigen Grundstücke als gewillkürtes Betriebsvermögen angesehen. Dem kann der Senat nicht uneingeschränkt folgen.

aa) Zutreffend hat das FG die Grundstücke des Klägers in D gewürdigt. Das FG ist insoweit in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, es handele sich um Mietwohngrundstücke. Fremdvermietete Grundstücke können in der Regel als gewillkürtes Betriebsvermögen in der Bilanz des Kaufmanns ausgewiesen werden. Sie sind ihrer Zweckbestimmung nach weder notwendiges Privatvermögen noch notwendiges Betriebsvermögen; letzteres deshalb nicht, weil sie nicht objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind (vgl. BFH-Urteile vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582; vom 23. Juli 1975 I R 6/73, BFHE 117, 141, BStBl II 1976, 179). Sie sind indessen in der Regel objektiv geeignet, den Betrieb des Kaufmanns zu fördern, z. B. weil sie Mieterträge abwerfen.

bb) Was die Grundstücke in G anbelangt, so ist das FG in tatsächlicher Hinsicht den Angaben des Klägers gefolgt, daß die Grundstücke in einem Falle zu 60 v. H., im anderen Falle zu 100 v. H. an Arbeitnehmer des Klägers vermietet seien. Die Vorinstanz hat in der Vermietung der Wohnungen an die Arbeitnehmer des Klägers keinen Vorgang erblickt, der diese Grundstücke insoweit zu Wirtschaftsgütern des notwendigen Betriebsvermögens gemacht hat. Dabei ist das FG von einem zu engen Begriff des notwendigen Betriebsvermögens ausgegangen. Zum notwendigen Betriebsvermögen rechnen nicht nur die dem technischen und verwaltungsmäßigen Ablauf des eigentlichen Betriebsprozesses gewidmeten Einrichtungen, sondern auch alle diejenigen, die sich sonstwie unmittelbar auf den Betriebsablauf beziehen und ihm zu dienen bestimmt sind. Es ist nicht erforderlich, daß die Wirtschaftsgüter für den Betrieb notwendig sind. So fallen in den Bereich des notwendigen Betriebsvermögens auch soziale Einrichtungen des Unternehmens, wie etwa Belegschaftsheime (BFH-Urteil I R 6/73). An Betriebsangehörige zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke gehören in diesen engen betrieblichen Funktionszusammenhang dann, wenn für die Vermietung der Wohnungen gerade an Betriebsangehörige betriebliche Gründe maßgebend waren. Das kann schon der Fall sein, wenn durch die Überlassung von Wohnungen Arbeitnehmer an den Betrieb besonders gebunden werden sollen. Das FG wird den Fall unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt erneut prüfen.

cc) Zuzustimmen ist der Ansicht des FG zur Frage der Einbeziehung der vom Kläger selbst genutzten Wohnung in das Betriebsvermögen. Da die Grundstücke in G zu mehr als der Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als (je nachdem gewillkürtes oder notwendiges) Betriebsvermögen erfüllen, kann der Wohnteil des Klägers gewillkürtes Betriebsvermögen sein (Einkommensteuer-Richtlinien Abschn. 14 Abs. 5; BFH-Urteil vom 12. Februar 1976 IV R 188/74, BFHE 118, 212, BStBl II 1976, 663).

c) Soweit das FG nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis kommen sollte, daß Grundstücke des Klägers zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, wäre die Nichtaufnahme der Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen des Klägers unrichtig gewesen und durch eine Bilanzberichtigung auf den 1. Januar 1963 richtigzustellen. Soweit gewillkürtes Betriebsvermögen in Betracht kommt, rechtfertigt der vom FG festgestellte Sachverhalt jedoch nicht den Schluß, der Kläger habe die zunächst zu Recht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelten Grundstücke durch eine Entnahme in das Privatvermögen überführt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Eine Entnahme erfordert - von besonderen Fällen abgesehen - eine Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen, die auch in dem schlüssigen Verhalten liegen kann, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen gelöst wird (BFH-Beschluß vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168). Eine Entnahmehandlung liegt jedoch nur vor, wenn ein bestimmtes Verhalten des Steuerpflichtigen den Entnahmewillen eindeutig erkennen läßt. Bucht der Kaufmann ein bisher in der Buchführung geführtes und in der Bilanz ausgewiesenes Wirtschaftsgut mit der Erklärung zum Buchwert aus, daß er zu einer Bilanzberichtigung befugt sei, so liegt in der Ausbuchung in der Regel keine gewinnrealisierende Entnahme (BFH-Urteil vom 11. März 1965 IV 78/64, HFR 1965, 217). Der auf objektiv nachprüfbaren ernstlichen Gründen beruhende Wille zur bloßen (bilanzberichtigenden) Ausbuchung kann einem Willen, ein Wirtschaftsgut vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen zu überführen, nicht gleichgestellt werden (vgl. BFH-Urteil I R 189/69).

Im Streitfall könnte die auf Anfrage des FA erteilte Auskunft des Klägers, es handle sich bei den mit den Buchwerten ausgebuchten Grundstücken um notwendiges Privatvermögen, eine den Entnahmewillen ausschließende Erklärung zum Inhalt haben. Das FG wird insoweit noch untersuchen müssen, ob objektive Umstände vorliegen, die die Erklärung des Klägers, es liege notwendiges Privatvermögen vor, als ernsthaft erscheinen lassen. In diesem Zusammenhang kann auch der Vortrag des Klägers, seine Auffassung gehe auf die Besprechung mit dem Betriebsprüfer zurück, Bedeutung erlangen (vgl. den in verschiedenen Punkten ähnlichen Fall des BFH-Urteils vom 2. Juli 1969 I R 143/66, BFHE 96, 302, BStBl II 1969, 617). Ergibt sich, daß der Kläger aus ernstzunehmenden Gründen eine bloße bilanzberichtigende Ausbuchung vornehmen wollte, so wäre die Ausbuchung ihrerseits unrichtig. Sie könnte durch eine Bilanzberichtigung (§ 4 Abs. 2 EStG) in der Weise bereinigt werden, daß die Wirtschaftsgüter zu ihrem Buchwert am 1. Januar 1963 wieder in die Buchführung und in die Bilanz des Klägers aufgenommen werden.

d) Soweit das FG nach erneuter Prüfung wiederum zu dem Ergebnis kommen sollte, daß der Kläger die Grundstücke entnommen habe, so kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Entnahme stattgefunden hat. Die Annahme der Vorinstanz, es handle sich um eine Entnahme des Jahres 1963, beruht auf Erwägungen, die nicht frei von Rechtsfehlern sind.

Eine Entnahme ist ein Geschäftsvorfall, d. h. ein tatsächlicher betrieblicher Vorgang, der in der Buchführung des Jahres auszuweisen ist, in der er stattgefunden hat. Die Entnahme kann nicht auf einen früheren Zeitpunkt, vor allem nicht auf einen früheren Bilanzstichtag zurückbezogen werden (BFH-Urteil vom 14. Juni 1967 VI 180/65, BFHE 89, 515, BStBl III 1967, 724). Dabei kommt für die Frage, wann die Entnahme stattgefunden hat, dem Zeitpunkt der Ausbuchung des Wirtschaftsguts aus der Buchführung die Bedeutung eines gewichtigen Indizes zu (BFH-Urteil vom 19. Juni 1975 VIII R 13/74, BFHE 116, 478, BStBl II 1975, 811). Das gilt insbesondere, wenn die Ausbuchung den Geschäftsvorfall eindeutig und zutreffend wiedergibt. Im Gegensatz zur Ansicht des FG kommt es nicht entscheidend darauf an, wann "der Entnahmeentschluß gereift" ist. Im Entschluß zur Entnahme liegt noch nicht deren Vollzug, der im Regelfall in der Ausbuchung des Wirtschaftsguts zu erblicken ist.

e) Die Sache geht, da nicht spruchreif, an das FG zurück. Dieses wird den Streitfall unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut prüfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72243

BStBl II 1977, 315

BFHE 1977, 135

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