Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines Restitutionsprozesses keine außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (NV)

  1. Es ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, ob ein zur Rückgängigmachung einer als willkürlich empfundenen Enteignung in der ehemaligen DDR geführter Restitutionsprozess die Berücksichtigung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung rechtfertigt.
  2. Ein Restitutionsprozess unterscheidet sich regelmäßig nicht von zivilrechtlichen Streitigkeiten, die auf Geld oder geldwerte Ansprüche gerichtet sind und keinen existenziell wichtigen Bereich betreffen.
  3. Die Feststellung des FG, die Rückübertragung eines Grundstücks habe keine existenzielle Bedeutung für die Kläger, nachdem sie die DDR in den 80er Jahren verlassen hätten und seither in der Bundesrepublik wohnhaft und berufstätig seien, ist nur mit schlüssigen Verfahrensrügen angreifbar.
 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 S. 3, § 132

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 12.03.2003; Aktenzeichen 1 K 4272/01)

 

Gründe

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Das Finanzgericht (FG) hat die Berücksichtigung von Rechtsanwaltskosten (9 120 DM), Fahrtkosten (3 432 DM) und Verpflegungsmehraufwand (276 DM) im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht zur Durchsetzung von Ansprüchen auf Rückerstattung von Vermögenswerten nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anerkannt.

1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) halten die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie weiteren Klärungsbedarf insoweit für gegeben, als zu klären sei, ob ein zur Rückgängigmachung einer als willkürlich empfundenen Enteignung in der ehemaligen DDR geführter Restitutionsprozess ausnahmsweise die Berücksichtigung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung rechtfertige, weil er Rechtsstreitigkeiten vergleichbar sei, die einen für den Steuerpflichtigen existentiell wichtigen Bereich (Verlust der Existenzgrundlage, Umgangsrecht als Kernbereich menschlichen Lebens) berühre.

Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dargelegt. In der Beschwerdebegründung ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen und den Ausführungen im finanzgerichtlichen Urteil darzutun, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (z.B. Bundesfinanzhof ―BFH―, Beschluss vom 30. Oktober 2002 IX B 129/02, BFH/NV 2003, 328, m.w.N.).

Hierfür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Gibt es zu der betreffenden Rechtsfrage bereits Entscheidungen des BFH, so ist insbesondere zu begründen, weshalb trotzdem weiterer oder ggf. erneuter Klärungsbedarf bestehe (BFH-Beschluss vom 25. März 2003 III B 67/02, BFH/NV 2003, 1167). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Kläger haben selbst dargestellt, dass der BFH zur Abziehbarkeit von Prozesskosten Grundsätze entwickelt und in ständiger Rechtsprechung fortgeführt hat (vgl. BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, unter Ziff. 1. der Gründe, m.umf.N. der Rechtsprechung und des Schrifttums; zu den Kosten eines Verwaltungsprozesses: Beschluss vom 17. September 1999 III B 38/99, BFH/NV 2000, 315). Zwar handele es sich bei diesen Grundsätzen nicht um eine starre Regel. Wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existentiell wichtigen Bereich berühre, könne der Steuerpflichtige u.U. in eine Zwangslage geraten, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existentiell erforderlich sei (Urteil des Senats vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774), und sich folglich die Frage stellen, ob die Übernahme eines Prozesskostenrisikos nicht insoweit als i.S. des § 33 EStG zwangsläufig anzusehen sei. Ein derartiger Ausnahmefall könne nur dann unter engen Voraussetzungen in Betracht gezogen werden, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit trotz unsicheren Ausgangs einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (Urteil des Senats vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382).

Abgesehen von der Behauptung, bei dem von den Klägern geführten Restitutionsprozess handele es sich um einen in vergleichbarer Weise existentiell erforderlichen Rechtsstreit, haben die Kläger in keiner Weise dargetan, inwiefern sich der Restitutionsprozess von zivilrechtlichen Streitigkeiten unterscheidet, die im Allgemeinen auf Geld oder geldwerte Ansprüche gerichtet sind und keinen existenziell wichtigen Bereich betreffen. Insbesondere haben sie sich nicht mit den eingehenden Ausführungen auseinander gesetzt, mit denen das FG die existenzielle Bedeutung des Restitutionsprozesses für die Kläger im Sinne dieser Rechtsprechung verneint und vielmehr die Vergleichbarkeit dieses Prozesses mit einem auf Herausgabe eines Vermögensgegenstandes gerichteten Zivilprozess gesehen hat.

Die Erwägungen des FG, dass die Rückübertragung des bei X gelegenen Grundstücks für die beiden Kläger keine existenzielle Bedeutung mehr gehabt habe, nachdem sie 1983 bzw. 1984 die DDR verlassen hatten und nunmehr seit mehreren Jahren bei M wohnhaft und berufstätig seien, sind im Übrigen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat festgestellt, das Grundstück, um dessen Wiedererlangung es im Verwaltungsprozesses gegangen war, sei den Klägern weder im Zusammenhang mit der politischen Verfolgung des Klägers entzogen noch seien sie von den staatlichen Organen der ehemaligen DDR zum Verkauf gezwungen worden. Vielmehr hätten die neuen Eigentümer das Grundstück mit notariellen Vertrag, von der Klägerin im eigenen Namen und in Vollmacht für den Kläger unterzeichnet, redlich erworben. Diese Feststellungen des FG haben die Kläger in keiner Weise, insbesondere nicht mit schlüssigen Verfahrensrügen in Frage gestellt.

2. Im Kern rügen die Kläger fehlerhafte Rechtsanwendung des FG. Dies vermag die Zulassung der Revision nach ständiger Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2001 XI B 43/01, BFH/NV 2002, 191, m.w.N.), zumal keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, dass dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts schwerwiegende Fehler unterlaufen sind, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (z.B. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1153614

BFH/NV 2004, 1101

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