Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Rechtswidrigkeit der Festsetzung von Nachzahlungszinsen wegen sog. Null-Situation

 

Leitsatz (NV)

  1. Die Verzinsung nachträglich festgesetzter Umsatzsteuer ist nicht deshalb rechtswidrig, weil aus Sicht der Finanzverwaltung eine sog. Null-Situation bestand (keine Versteuerung des Umsatzes durch den Leistenden ‐ kein Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers).
  2. Die Zinsregelung des § 233a AO 1977 zielt - im Falle der Steuernachforderung ‐ darauf ab, Zinsvorteile und Liquiditätsvorteile abzuschöpfen, die der Steuerschuldner erzielt. Die Vorschrift stellt auf einen Vorteil des Steuerpflichtigen und nicht des FA ab.
 

Normenkette

UStG 1991 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 233a

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), betrieb den Handel mit Grundstücken. Im Jahr 1992 (Streitjahr) veräußerte die Klägerin ihr gesamtes Vermögen. Hinsichtlich der Umsatzsteuer wurde in dem notariellen Kaufvertrag vom 3. Dezember 1992 vereinbart, dass die Bemessungsgrundlage für die auf den Verkauf zu erhebende Umsatzsteuer um die hälftige Grunderwerbsteuer aus dem Gesamtvorgang erhöht werde. Diese Erhöhung wurde bei der Klägerin steuerlich nicht erfasst.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte im Anschluss an eine Außenprüfung die halbe Grunderwerbsteuer aus dem Veräußerungsvorgang bei den steuerpflichtigen Umsätzen der Klägerin und erhöhte die Umsatzsteuer deswegen im Umsatzsteuerbescheid 1992 um 9 117,80 DM. Gleichzeitig setzte das FA Zinsen zur Umsatzsteuer 1992 in Höhe von 1 137 DM fest.

Einspruch und Klage gegen den Zinsbescheid hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Erhebung der Zinsen sei gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) rechtmäßig. Die von der Klägerin geltend gemachten Billigkeitsgründe könnten im Festsetzungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Sie seien im Übrigen auch nicht stichhaltig. Entgegen der Auffassung der Klägerin komme es nicht darauf an, dass die nachträglich in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und die für den Käufer abziehbare Vorsteuer sich per Saldo ausgeglichen hätten, sodass für den Fiskus eine sog. Null-Situation bestanden habe.

Mit ihrer Beschwerde beantragt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Maßgebend ist die Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567). Da die Vorentscheidung vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist, richtet sich die Zulässigkeit der Beschwerde gemäß Art. 4 2.FGOÄndG nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften.

2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). Die Beschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils begründet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO a.F.).

3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass die Verzinsung der nachträglich aufgrund einer Außenprüfung festgesetzten Umsatzsteuer nicht deshalb sachlich unbillig ist, weil der Leistende von einer sog. Null-Situation ausgegangen war (keine Umsatzversteuerung durch den Leistenden, kein Vorsteuerabzug des Empfängers mangels Rechnung mit Steuerausweis). Die Zinsregelung des § 233a AO 1977 zielt ―im Falle der Steuernachforderung― darauf ab, Zinsvorteile und Liquiditätsvorteile abzuschöpfen, die der Steuerschuldner erzielt. Die Vorschrift stellt auf einen Vorteil des Steuerpflichtigen und nicht des FA ab. Auf die Frage, für welchen Veranlagungszeitraum dem Käufer der Vorsteuerabzug zusteht, kommt es ―entgegen dem Beschwerdevorbringen der Klägerin― nicht an. Daraus folgt, dass die Verzinsung in Fällen der vorliegenden Art nicht sachlich unbillig ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 15. Februar 2000 V B 152/99, BFH/NV 2000, 824, m.w.N.).

Gründe dafür, dass und warum diese Rechtsprechung einer Überprüfung in einem Revisionsverfahren bedarf, hat die Klägerin innerhalb der Beschwerdefrist nicht entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 26. September 2000 V B 7/00, BFH/NV 2001, 350, m.w.N.) dargelegt.

4. Überdies hat das FG sein klageabweisendes Urteil auch darauf gestützt, dass die von der Klägerin geltend gemachten Billigkeitsgründe im vorliegenden Festsetzungsverfahren nicht berücksichtigt werden könnten. Mit diesem Argument und der hierzu vom FG angeführten Rechtsprechung (vgl. auch BFH-Beschluss vom 3. Mai 2000 II B 124/99, BFH/NV 2000, 1441, m.w.N.) hat sich die Klägerin nicht auseinander gesetzt und insoweit keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO a.F. dargelegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 665970

BFH/NV 2002, 307

HFR 2002, 89

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