Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Begründung einer zulassungsfreien Revision

 

Leitsatz (NV)

Mit der Behauptung, das FG habe die vom Kläger angeführte BFH-Rechtsprechung mit Stillschweigen übergangen, wird kein Verfahrensmangel im Sinne des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO schlüssig dargelegt.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrt den Abzug der anläßlich der Errichtung einer Eigentumswohnung in einer Rechnung gesondert ausgewiesenen Vorsteuer. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) versagte den Vorsteuerabzug, weil er die Zwischenvermietung der Wohnung als einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts beurteilte. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab, ohne die Revision zuzulassen.

Mit der Revision rügt der Kläger, die Entscheidung des FG sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Er beantragt, das FG-Urteil und den Umsatzsteuerbescheid für 1984 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 1991 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig; sie wird verworfen. Die Revision ist nicht zugelassen worden, und der Kläger hat Verfahrensmängel, die eine ohne Zulassung statthafte Revision ergeben, nicht schlüssig gerügt.

1. Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision zugelassen hat. Das FG hat im Streitfall die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat mit Beschluß vom heutigen Tage zurückgewiesen.

2. Gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Revision nicht, wenn als wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird, daß die Entscheidung nicht mit Gründen versehen sei.

a) Die Rüge dieses Verfahrensmangels erfordert, daß die Revision die Tatsachen bezeichnet, die den Verfahrensmangel ergeben (vgl. § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Dies bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, daß die Rüge schlüssig begründet werden muß (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 17. Mai 1989 II R 154/88, BFH/NV 1990, 244). Eine schlüssige Begründung liegt vor, wenn die insoweit vorgetragenen Tatsachen, deren Richtigkeit unterstellt, einen Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ergeben (BFH-Beschluß vom 30. Juli 1990 V R 49/87, BFH/NV 1991, 325).

b) Die auf § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO gestützte Revision ist nicht schlüssig.

aa) Nach dieser Vorschrift ist die Revision ohne Zulassung statthaft, wenn als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt wird, daß die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Dieser Verfahrensmangel ist gegeben, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihren Inhalt und ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. So liegt der Fall insbesondere, wenn jegliche Begründung fehlt oder lediglich inhaltslose oder unverständliche Wendungen niedergeschrieben sind, die nicht erkennen lassen, von welchen Erwägungen das Gericht ausgegangen ist, und die eine Überprüfung des Rechtsstandpunktes nicht ermöglichen, oder wenn ein selbständiger Anspruch bzw. ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist. Unter selbständigem Anspruch bzw. selbständigem Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind zu verstehen: ein selbständiger Klagegrund bzw. ein solches Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm darstellt. Nicht ausreichend ist es, daß ein Angriff oder die Verteidigung auf ein einzelnes Tatbestandselement einer Rechtsnorm gestützt wird (BFH- Beschluß in BFH/NV 1991, 325; vgl. BFH- Urteil vom 23. Januar 1985 I R 292/81, BFHE 143, 325, BStBl II 1985, 417).

bb) Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Voraussetzungen einer schlüssigen Rüge nicht. Der Kläger beschränkt sein Vorbringen auf die Bemerkung, das FG habe die von ihm angegebene Rechtsprechung des BFH -- zur inhaltlichen Bestimmtheit eines Steuerbescheids -- mit Stillschweigen übergangen. Mit diesem Vortrag wird weder dargelegt, daß eine Begründung fehlt noch daß ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden ist. Es wird nicht ausgeschlossen, daß das FG der Sache nach das gesamte Revisionsvorbringen hinreichend zur Kenntnis genommen und berücksichtigt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420688

BFH/NV 1995, 911

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