Leitsatz (amtlich)

In Verfahren vor dem BFH ist an den Vorsteher der beteiligten Behörde auch dann zuzustellen, wenn die Behörde als Vertreter einen Beamten oder Angestellten benannt hat, der die Befähigung zum Richteramt besitzt.

 

Normenkette

BFH-EntlG Art. 1 Nr. 1 S. 3; FGO § 53 Abs. 2, § 62 Abs. 3; VwZG § 7 Abs. 2, § 3 Abs. 3, § 8 Abs. 4; ZPO § 184 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat den Bescheid des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) angefochten, mit dem ihm die Spar-Prämie für das Jahr 1975 in Höhe von 111,80 DM nebst Zinsen versagt wurde. Das Finanzgericht (FG) hob den Bescheid sowie die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete das FA, die Prämie zu gewähren.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat auf Nichtzulassungsbeschwerde des FA die Revision zugelassen. Der Zulassungsbeschluß vom 27. März 1981 VI B 108/79 wurde am 4. Mai 1981 durch die Post mit Zustellungsurkunde mittels Übergabe an einen beim FA tätigen Bediensteten zugestellt.

Das FA legte am 15. Juni 1981 Revision ein und führte u. a. aus, die Revision sei fristgerecht, denn die Revisionsfrist sei nicht in Lauf gesetzt worden. Ordnungsgemäß hätte der Beschluß dem Beamten des FA zugestellt werden müssen, der sich in der Beschwerdeschrift als Vertreter des FA nach Art. 1 Nr. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlG) benannt gehabt habe. Es genüge nicht, an die Behörde zuzustellen, der dieser Beamte zufällig angehöre.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Die Revision ist nicht fristgerecht, sondern 11 Tage verspätet eingelegt worden. Die Revisionsfrist begann mit der Zustellung des Beschlusses am 4. Mai 1981 und endete mit Ablauf des 4. Juni 1981 (§ 115 Abs. 5 Satz 4, § 120 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -, § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -).

Der Zulassungsbeschluß ist dem FA ordnungsgemäß und damit wirksam zugestellt worden. Bei Behörden wird im finanzgerichtlichen Verfahren in jeder Zustellungsart an ihre Vorsteher zugestellt (§ 53 Abs. 2 FGO i. V. m. § 7 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -). Es bedarf keines Zusatzes in der Empfängerbezeichnung wie "zu Händen des Vorstehers ..." (vgl. §§ 2, 3 VwZG i. V. m. § 184 ZPO; BFH-Urteile vom 21. Februar 1968 I R 70/67, BFHE 91, 222, BStBl II 1968, 279 , und vom 7. August 1970 VI R 24/67, BFHE 100, 71, BStBl II 1970, 814 ). Sofern dem Vorsteher nicht ausdrücklich persönlich zugestellt werden soll, kann das Schriftstück einem anderen in den Geschäftsräumen anwesenden Beamten oder Bediensteten übergeben werden (§ 53 Abs. 2 FGO, § 3 Abs. 3 VwZG i. V. m. § 184 Abs. 1 ZPO). In dieser Weise ist der Zulassungsbeschluß zugestellt worden.

Die Zustellung war entgegen der Ansicht des FA nicht an den benannten Beamten wie an einen bestellten Vertreter zu richten, der schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (vgl. § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO, § 8 Abs. 4 VwZG). Behörden müssen sich vor dem BFH als Beteiligte zwar durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten dann vertreten lassen, wenn sie nicht - wie hier - eine Vertretung durch Beamte oder Angestellte wählen, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen (Art. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 3 BFH-EntlG).

Der benannte Beamte oder Angestellte ist jedoch nicht Bevollmächtigter i. S. des § 62 FGO und damit auch nicht im selben Umfang Bevollmächtigter wie ein Prozeßbevollmächtigter (vgl. § 155 FGO i. V. m. §§ 78 ff. ZPO). Er wird durch seine Dienststellung von Amts wegen zu der Vertretung organisatorisch bestimmt. Der erkennende Senat folgt darin der Auffassung des V. Senats im Zwischenurteil vom 11. Januar 1979 V R 120/77 (BFHE 127, 3, BStBl II 1979, 283 ) zur ordnungsgemäßen Vertretung eines FA vor dem BFH.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nach § 56 FGO nicht gewährt werden. Es ist nicht ersichtlich, daß das FA unverschuldet an der fristgerechten Revisionseinlegung gehindert gewesen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 426020

BStBl II 1985, 307

BFHE 1985, 547

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