Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiladung bei § 15a EStG

 

Leitsatz (NV)

Macht ein Kommanditist mit seiner Klage geltend, dass der auf ihn entfallende Verlustanteil nicht verrechenbar, sondern sofort abziehbar sei, ist die KG notwendig beizuladen.

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 4; FGO § 60 Abs. 3, § 123 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist mit einer Einlage von 2 000 000 DM, die voll erbracht ist, Kommanditistin der X-GmbH & Co.KG (im folgenden: KG). Komplementärin der KG war die Z GmbH. An der Kommanditeinlage der Klägerin bestand, soweit darauf Gewinne entfielen, in Höhe von 1 000 000 DM ein lebenslanges Nießbrauchsrecht zugunsten von Frau A. Die Klägerin leistete im Jahre 1995 eine Einlage in Höhe von 1 210 000 DM.

Nach einer für die Veranlagungszeiträume 1994 bis 1996 durchgeführten Außenprüfung durch das Finanzamt änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1994 bis 1996 durch Bescheide vom 3. April 2000. Danach stellten sich die Einkünfte der KG aus Gewerbebetrieb, die Anteile der Beteiligten an diesen Einkünften und die ausgleichsfähigen bzw. verrechenbaren Anteile am Gewinn und Verlust wie folgt dar:

1994

1995

1996

Einkünfte aus

Gewerbebetrieb

./. 448 771

44 193

./. 326 087

Davon

GmbH

Klägerin

A

./. 23 048

./. 552 757

127 034

2 176

41 023

994

./. 146 160

./. 179 927

Zusammensetzung der Einkünfte der Klägerin:

lfd. Gewinn/

Verlust

./. 509 421

1 517

./. 2 966 463

Sonder-BE/BA

Veräußerungs-gewinn SBV

./. 43 336

39 506

./. 54 464

2 841 000

Nach Anwendung des § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzende Einkünfte der Klägerin:

./. 43 336

39 506

./. 82 355

Berechnung der verrechenbaren Verlustanteile:

lfd. Gewinn/

Verlust

./. 509 421

1 517

./. 2 966 463

ausgleichsfä-

higer Verlust

27 891

Verrechenbarer

Verlust Ende

Vorjahr

./. 464 657

./. 974 096

./. 972 579

Verrechenbarer

Verlust zum

31. Dezember

./. 974 096

./. 972 579

./. 3 911 151

Erhöhung des

neg. Kapitals

./. 2 938 572

Den ausgleichsfähigen Verlust 1996 berechnete das FA wie folgt:

Verlustvortrag der Klägerin lt. Handelsbilanz auf den 31. Dezember 1995

./. 4 201 990

Kommanditeinlage

2 000 000

Satzungsmäßige Rücklage

1 019 881

Einlage 1995

1 210 000

4 229 881

27 891

Die KG legte gegen den Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 1996, der mit dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1996 verbunden war, Einspruch ein, den sie damit begründet, dass die in 1996 angefallenen Verluste bis zur Höhe der von ihr im Jahr 1995 geleisteten Einzahlung von 1 210 000 DM ausgleichsfähig seien. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung hat die Klägerin Klage erhoben, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen hat. Das FG war der Auffassung, dass die Einlageleistung der Klägerin nicht dazu führen könne, dass die Verluste späterer Jahre ausgleichsfähig würden. Verluste späterer Jahre seien nur dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren, wenn sie nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führten. Im Streitfall habe sich jedoch das ursprünglich positive Kapitalkonto der Klägerin zum 31. Dezember 1996 in ein negatives Kapitalkonto in Höhe von 2 938 572 DM gewandelt. In dieser Höhe sei der anteilige Verlustanteil nur verrechenbar. Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das erstinstanzliche Urteil Sinn und Zweck des § 15a EStG verkenne und zudem gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstoße, da ihre durch die Leistung der Einlage eingetretene wirtschaftliche Belastung steuerlich nicht honoriert werde.

 

Entscheidungsgründe

1. Die KG ist zu dem Verfahren notwendig beizuladen. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die Feststellung des verrechenbaren Verlusts der Klägerin war mit der Feststellung der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der KG verbunden worden. Die Entscheidung, ob der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, betrifft daher auch die KG (vgl. zur Notwendigkeit der Beiladung in diesem Fall auch Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz. 63; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 60 FGO Tz. 42).

2. Das FG hat die KG zum erstinstanzlichen Verfahren nicht beigeladen. Da die notwendige Beiladung zur Grundordnung des Verfahrens gehört, kann auf sie nicht verzichtet werden. Die Unterlassung einer notwendigen Beiladung ist verfahrensfehlerhaft. Dieser Verfahrensfehler kann jedoch geheilt werden, nachdem § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) es ab dem 1. Januar 2001 (Art. 6 Satz 1 2.FGOÄndG) zulässt, dass eine vom FG unterlassene notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachgeholt werden kann. Der Senat übt sein ihm in dieser Vorschrift eingeräumtes Ermessen dahingehend aus, dass er von einer Zurückverweisung der Sache an das FG aus verfahrensrechtlichen Gründen absieht und die Beiladung selbst vornimmt.

3. Durch den vorliegenden Beiladungsbeschluss erhält die KG als Beigeladene die Stellung einer Beteiligten (vgl. § 57 Nr. 3 FGO; zur Stellung einer Beigeladenen: Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 60 Rz. 140 ff.). Die Rechtskraft einer Entscheidung in diesem Verfahren wirkt für und gegen die Beigeladene (vgl. § 110 Abs. 1 FGO).

4. Der Senat weist darauf hin, dass die Beigeladene Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses rügen kann (§ 123 Abs. 2 Satz 1 FGO n.F.). Die Frist kann nach Maßgabe des § 123 Abs. 2 Satz 2 FGO n.F. verlängert werden. Jeder Beteiligte, also auch die Beigeladene, muss sich vor dem Bundesfinanzhof durch eine Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes vertreten lassen (§ 62a Abs. 1 FGO n.F.; vgl. auch Gräber/Koch, a.a.O., § 62a Rz. 18). Zur Vertretung der Beteiligten vor dem BFH berechtigt sind Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer; ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI762260

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