Leitsatz

1. Eine unbedingte Abbruchverpflichtung besteht, wenn der Mieter nach den vertraglichen Vereinbarungen bei Beendigung des Mietvertrags grundsätzlich zum entschädigungslosen Abbruch der von ihm errichteten Gebäude verpflichtet ist und er nur in bestimmten Fällen eine Entschädigung für die Gebäude erhält.

2. Eine Entschädigungsregelung lässt die Abbruchverpflichtung nicht entfallen, wenn die Erfüllung der Entschädigungsvoraussetzungen von dem Verhalten des Vermieters oder von Dritten abhängig ist.

3. Lassen sich konkrete Tatsachen für die Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs von Gebäuden, die auf fremdem Grund und Boden errichtet wurden, nicht hinreichend sicher feststellen, bleibt es bei dem in § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG vorgesehenen Grundsatz, dass der Abschlag wegen Abbruchverpflichtung zu gewähren ist.

 

Normenkette

§ 94 Abs. 3 Satz 3 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte Betriebsgebäude auf einem gemieteten Grundstück errichtet. Der ursprüngliche Mietvertrag wurde 1968 geschlossen; die Überlassung ist mehrfach bis 2017 verlängert worden. Das Grundstück befindet sich im Hafengebiet und wurde zunächst von der Stadt vermietet; nach Errichtung der Hamburg Port Authority AöR (HPA) 2006 durch diese. Gemäß Errichtungsgesetz wird die HPA "nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt".

Mit zeitlichem Vorlauf zum potenziellen Ende des Vertrags in 2017 nahmen die Klägerin und die Vermieterin Verhandlungen über die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf. Im Ergebnis verlängerten die Parteien den Mietvertrag bis 2042.

Dem Vertrag wurden die Bedingungen "AVB 2002" zugrunde gelegt. Dort war geregelt, dass die von der Klägerin errichteten Bauwerke nur zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Grundstück verbunden bleiben durften. Bei Beendigung des Mietverhältnisses hatte die Klägerin das Mietobjekt zu räumen. Sie war verpflichtet, es von Bauwerken restlos auf ihre Kosten freizumachen, soweit nicht eine Entschädigungsregelung eingriff. Die Vermieterin war berechtigt, das Mietverhältnis vorzeitig außerordentlich zu kündigen; eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit wurde ausgeschlossen.

Der Klägerin wurde ein außerordentliches Kündigungsrecht zugebilligt, falls sie ihren Geschäftsbetrieb verlagern sollte. Für den Fall der außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses und der Nichtverlängerung war eine Entschädigungsregelung vorgesehen. Darüber hinaus sollten die Vermieterin, die Klägerin und ggf. ein Nachmieter sich spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertragszeitraums über die Gebäude einigen, die auf dem Mietobjekt verbleiben konnten und daher nicht von der vereinbarten Räumungspflicht erfasst waren. Für diese Gebäude war ggf. ebenfalls eine Entschädigung zu zahlen.

Das FA erließ mehrere Bescheide zum Einheitswert auf den 1.1.2013 für die Gebäude der Klägerin; den Abschlag wegen einer Abbruchverpflichtung gewährte das FA letztlich nicht mehr. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Die Vorinstanz (FG Hamburg, Urteil vom 23.3.2017, 3 K 287/14, Haufe-Index 10865134, EFG 2017, 1064) begründete ihre Entscheidung mit der Erkenntnis, es liege eine (gesetzliche, § 546 BGB 2002, § 556 BGB a.F. und) vertragliche Verpflichtung zum Abbruch der Gebäude bei Mietvertrags­ende vor. Dabei handele es sich um eine unbedingte, nicht abdingbare Verpflichtung. Ein Nichtabbruch sei nicht vorhersehbar gewesen.

 

Entscheidung

Die Revision des FA gegen diese Entscheidung hat keinen Erfolg. Das FG hat zu Recht entschieden, dass ein Abschlag wegen einer Abbruchverpflichtung nach § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG zu berücksichtigen ist.

1. Die Würdigung des FG, es habe eine unbedingte Abbruchverpflichtung bestanden, ist zutreffend.

a) Das FG hat den Mietvertrag und seine Ergänzungen ausgelegt und ist zu dem Schluss gekommen, sowohl für den Normalfall der Vertragsbeendigung als auch für die vertraglich geregelten Sonderfälle liege eine Verpflichtung der Klägerin gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 BewG zum Abbruch der Gebäude auf ihre Kosten vor.

Diese Verpflichtung wird nicht dadurch berührt, dass die Vermieterin in Sonderfällen auf den Abbruch des Gebäudes verzichten könnte. Auch das Risiko, ob ein Nachmieter gefunden werde, der zur Übernahme der Gebäude bereit sei, liege im Bereich der Klägerin.

Die Tatsache, dass sich die Vermieterin in bestimmten Sonderfällen verpflichtet habe, der Klägerin eine Entschädigung zu zahlen, spreche nicht gegen die Unabdingbarkeit der Abbruchverpflichtung. Denn auf die Entscheidung der Vermieterin habe die Klägerin keinen Einfluss; es bestehen auch keinerlei Wahlrechte zugunsten der Klägerin.

b) Diese Würdigung des FG verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Das FG hat keine entscheidungserheblichen Tatsachen unberücksichtigt gelassen.

2. Die Würdigung des FG, im maßgeblichen Feststellungszeitpunkt sei nicht konkret voraussehbar gewesen, dass es trotz der Verpflichtung nicht zum Abbruch der Gebäude komme, ist ebenfalls nicht ...

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