Für die Zuordnung der Besteuerungsrechte bei Abfindungen aus Anlass der Auflösung eines Dienstverhältnisses ist bedeutsam, ob es sich um Zahlungen mit Versorgungscharakter handelt oder nicht. Bei Abfindungen mit Versorgungscharakter richtet sich das Besteuerungsrecht nach Art. 18 OECD-MA und damit nach der Ansässigkeit des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Zahlung, und zwar unabhängig davon, in welchem Staat der zahlende Arbeitgeber ansässig ist.[1] Hat die Abfindung dagegen keinen Versorgungscharakter, richtet sich das Besteuerungsrecht nach Art. 15 OECD-MA und damit in erster Linie nach dem Ort der Tätigkeit.[2]

Abfindungen haben Versorgungscharakter, wenn sie unmittelbar der Versorgung des Arbeitnehmers dienen. Das ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abfindung aus dem Arbeitsleben ausscheidet und zu erwarten ist, dass er nicht erneut eine Berufstätigkeit aufnehmen wird. Versorgungscharakter hat die Abfindung danach beispielsweise, wenn die Abfindung den Zeitraum bis zum Beginn der Zahlung von Altersruhegeld überbrücken soll, oder wenn aufgrund des Alters des Arbeitnehmers nicht zu erwarten ist, dass er eine neue Anstellung finden wird. Es kommt auf objektive Kriterien an. Die Absicht des Arbeitnehmers, keine neue Berufstätigkeit mehr aufzunehmen, genügt nicht, wenn nach objektiven Kriterien eine solche neue Berufstätigkeit möglich wäre. Kein Versorgungscharakter liegt auch vor, wenn die stpfl. Einkünfte dadurch entstanden sind, dass das für die Versorgungsansprüche des Arbeitnehmers angesammelte Kapital bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses oder bei Wechsel des Arbeitgebers ausgezahlt oder in einen Pensionsfonds übertragen wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung können solche Zahlungen jedoch Versorgungscharakter haben, wenn sie höchstens ein Jahr vor dem Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand geleistet werden.[3]

[2] BFH v. 19.9.1975, BStBl II 1976, 65; BMF v. 14.9.2006, IV B 6 – S 1300 – 367/06, Tz. 123ff., BStBl I 2006, 532; § 2 Abs. 2 VO-Konsultationsvereinbarung Belgien v. 20.12.2010, BStBl I 2011, 103; § 7 Abs. 2 VO-Konsultationsvereinbarung Niederlande v. 20.12.2011, BStBl I 2011, 142; § 24 VO-Konsultationsvereinbarung Schweiz v. 20.12.2010, BStBl I 2011, 146; § 10 Abs. 1 VO-Konsultationsvereinbarung Luxemburg v. 9.7.2012, BGBl I 2012, 1484.

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