Tz. 77

Stand: EL 133 – ET: 08/2023

Der Begriff des Grundstücks im umsatzsteuerlichen Sinne richtet sich ebenfalls nach bürgerlichem Recht (s. BFH vom 15.12.1966, BStBl III 1967, 209). Die Frage, ob eine Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks i. S. d. Befreiungsvorschrift gegeben ist, muss ebenfalls nach bürgerlichem Recht beurteilt werden (s. BFH vom 25.03.1971, BStBl II 1971, 473 und s. BFH vom 04.12.1980, BStBl II 1981, 231). Die Bezeichnung "Miete" oder "Pacht" im jeweiligen Vertrag ist ohne Bedeutung. Handelt es sich aber um Grenzfälle, so sind aus umsatzsteuerlicher Sicht Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1 UStG (Anhang 5) entsprechend zu berücksichtigen (s. auch BFH vom 07.12.1967, BStBl III 1968, 130).

Grundlage für die Beurteilung solcher Grenzfälle sind wirtschaftliche Gesichtspunkte, weil das Umsatzsteuerrecht eine Vielzahl von Rechts- und Wirtschaftsvorgängen erfassen will.

Insoweit weicht das Umsatzsteuerrecht vom zivilrechtlichen Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ab.

Grundgedanke der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Anhang 5) kann somit nur die langfristige Vermietung (Dauervermietung) sein.

Diesen Schluss lässt auch das BMF-Schreiben vom 09.05.1980, BStBl I 1980, 236 zu, weil dort eine Unterscheidung in eine kurzfristige und langfristige Vermietung getroffen wurde.

Da der Gesetzgeber im § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Anhang 5) die langfristige Vermietung von einer Steuerpflicht ausnehmen wollte, kann die Beschränkung auf die kurzfristige Vermietung von Abstell-(Park-) und Campingplätzen auch niemals "lex spezialis" sein. Das BMF-Schreiben ist daher m. E. auch auf gleich gelagerte Fälle anzuwenden. S. Abschn. 4.12.2 und 4.12.3 UStAE. Soweit Plätze für das Abstellen von Fahrzeugen vermietet werden, kommt es auf die Dauer der Vermietung nicht mehr an (s. BMF vom 24.11.1995, DStR 1995, 1960). Das Finanzgericht Baden-Württemberg teilt diese Ansicht nicht und bejaht die Umsatzsteuerfreiheit einer Vermietung auch im Falle ihrer Kurzfristigkeit. Die Zeitdauer der Überlassung diene lediglich zur Abgrenzung der gem. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG (Anhang 5) steuerfreien Vermietung von Grundstücken von der gem. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG (Anhang 5) nicht steuerbefreiten Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Für die Frage, ob dem Nutzer das Recht eingeräumt wurde, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen, hat die Nutzungsdauer hingegen keine Bedeutung, s. FG BW Gerichtsbescheid vom 07.12.2020 (1 K 2427/19), EFG 2021, 691.

Hinweis:

Das Argument des FG BW überzeugt, wenn es ausführt: Wären kurzfristige Vermietungen bereits nicht von dem Tatbestand des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG erfasst (Anhang 5), wäre die Beschränkung der Rückausnahme des § 4 N. 12 Satz 2 UStG (Anhang 5) auf kurzfristige Beherbergungen nicht erforderlich.

 

Tz. 78

Stand: EL 133 – ET: 08/2023

§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Anhang 5) enthält drei verschiedene Gruppen der Vermietung, die nachfolgend dargestellt werden:

2.4.1.2.1 Reine Mietverträge

 

Tz. 79

Stand: EL 133 – ET: 08/2023

Der Abschluss eines reinen Mietvertrages ist m. E. ebenfalls unter den Gesichtspunkten einer kurzfristigen oder einer langfristigen Gebrauchsüberlassung zu beurteilen.

D.h., dass § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (Anhang 5) nicht nur die Steuerbefreiung für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden, die Vermietung für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen ausschließen kann (Anhang 5). Vielmehr ist m. E. die Steuerbefreiung auch insoweit auszuschließen, wenn es sich um eine kurzfristige Vermietung und Verpachtung der in § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 1 UStG (Anhang 5) genannten Fälle handelt. Aber die Begründung des FG BW für die Steuerfreiheit auch kurzfristiger Vermietungen zeigt, dass auch gute Argumente für diese Ansicht existieren. Es muss abgewartet werden, wie der BFH die Sache beurteilt. Bis dahin wäre zu empfehlen, der "sicheren" Ansicht zu folgen, die eine kurzfristige Vermietung als umsatzsteuerpflichtig ansieht, wenngleich sich auch hier das Risiko einer § 14c-Steuer ergeben kann, die auf der Leistungsempfängerseite (Mieter) nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Abschn. 4.12.1 Abs. 2 Satz 7 UStAE trifft auch die Aussage, dass eine kurzfristige Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks die Voraussetzungen einer Vermietung erfüllen kann.

Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, stellt das Umsatzsteuerrecht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte ab und will nach Möglichkeit eine Vielzahl von Rechts- und Wirtschaftsvorgängen erfassen.

Folglich kann es sich bei den in § 4 Nr. 12 Buchst. a Satz 2 UStG (Anhang 5) genannten Fällen nicht um lex spezialis handeln.

2.4.1.2.2 Gemischte Verträge

 

Tz. 80

Stand: EL 133 – ET: 08/2023

Gemischte Verträge enthalten sowohl Leistungselemente der Vermietung und Verpachtung (Grundstücksüberlassung) als auch ...

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