Tz. 27

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

In jeder komplexen Verwaltungsstruktur sollte eine Pflichtendelegation erfolgen. Wichtig hierbei ist, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Delegation eingehalten werden und das eine stetige Überprüfung und Überwachung der Struktur erfolgt. Im Rahmen einer entsprechenden Struktur muss eine Aufarbeitung fehlerhaft behandelter Altsachverhalte erfolgen. Nur dann kann gewährleistet werden, dass die neu implementierte Struktur ordnungsgemäß funktioniert. Hinsichtlich der Altsachverhalte kommt zum einen eine bloße Korrekturmeldung nach § 153 AO (Anhang 1b) an das zuständige Finanzamt in Betracht. Daneben existiert stets die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige.

 

Hinweis:

Weil die Grenzen zwischen einer bloßen Korrekturmeldung (ohne strafrechtlichen Bezug) und der Selbstanzeige fließend sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung eine als (bloße) Korrekturmeldung verstandene Mitteilung als strafbefreiende Selbstanzeige behandelt und im Nachgang deren Wirksamkeit überprüft. Eine Korrekturmeldung sollte daher sinnvollerweise so ausgestaltet sein, dass sie zumindest die Voraussetzungen einer Selbstanzeige zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 3 AO (Anhang 1b) erfüllt. In jedem Falle sollte die Korrekturmeldung unter Beteiligung eines Rechtsanwalts oder eines Steuerberaters erstellt werden. Es sollte sich nicht darauf verlassen werden – wie in der Praxis oftmals von Steuerberatern – vertreten, dass eine klare Abgrenzung zwischen einer Korrekturmeldung und einer Selbstanzeige existiert bzw. seitens der Strafverfolgungsbehörden erfolgt. Es besteht stets das Risiko, dass eine Korrekturmeldung als Selbstanzeige interpretiert wird, ohne dass man sich hiergegen wirksam zur Wehr setzen kann. Erfüllt diese als Korrekturmeldung gedachte Anzeige nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige, wird sie aber als Selbstanzeige seitens der Strafverfolgungsbehörden beurteilt, spricht man landläufig von einer sog. "Selbstanklage". Die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige tritt mangels Erfüllung ihrer Voraussetzungen nicht ein, gleichfalls wurde aber den Strafverfolgungsbehörden von den strafrechtlich relevanten Sachverhalten Kenntnis verschafft. Eine entsprechende Konstellation sollte tunlichst vermieden werden. Hierzu gehört aber auch und gerade, sich der Problematik der Abgrenzung einer "bloßen" Korrekturmeldung von einer Selbstanzeige bewusst zu werden: die Grenzen sind fließend bzw. existieren nicht.

 

Tz. 28

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Im Rahmen der Korrekturmeldung kann darauf hingewiesen werden, dass der Verein mit einem Tax Compliance Management arbeitet und dass die mit der Korrekturmeldung mitgeteilten Fehler im Rahmen eben dieses Systems entdeckt wurden. Dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzverwaltung nicht vom Vorliegen einer Selbstanzeige, sondern vielmehr vom Vorliegen einer "bloßen" Korrekturmeldung ausgehen wird.

Hinweis:

  • Die für den Verein tatsächlich Handelnden oder für dessen Geschäftsführung nach der Satzung Verantwortlichen sollten etwaige Strafrechtsfolgen im Hinterkopf behalten.
  • Sich darauf zu verlassen, dass der Verein vom Finanzamt nicht geprüft wird, stellt weder eine geeignete Vorgehensweise für die Gegenwart noch für die Zukunft dar. In der Vergangenheit sind Gemeinnützige und Vereine zunehmend in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt, häufig endete dies mit der Einleitung von Bußgeld- und Strafverfahren gegen den (gesamten) Vereinsvorstand. Es darf nämlich nicht übersehen werden, dass der Vorstand als solches verpflichtet ist, die steuerlichen Pflichten des Vereins einzuhalten bzw. deren Einhaltung durch entsprechende Strukturen zu gewährleisten. Es ist nicht so, dass sich allein der für die Steuern und Finanzen "zuständige" Bereichsvereinsvorstand (z. B. der Kassenwart) in der Verantwortung sieht. Dieser ist zwar erstverantwortlich, erkennen aber seine Vorstandskollegen, dass der Bereichsvorstand seiner Verpflichtung nicht ausreichend nachkommt, stehen diese in der Verantwortung (Letztverantwortlichkeit). Gleiches gilt, wenn die Vorstandskollegen leichtfertig nicht erkennen, dass der Bereichsvorstand (z. B. Finanzvorstand) seinen Pflichten nicht im ausreichendem Maße nachkommt.
  • Es sollte geprüft werden, ob der Verein in der Vergangenheit steuerlich relevante Fehler begangen hat, die möglicherweise einen Strafrechtsvorwurf nach sich ziehen können. Eine entsprechende Prüfung ist auch jedem potenziellen künftigen Vereinsvorstandsmitglied zu empfehlen, da es ab dem Zeitpunkt seiner Amtsübernahme im Fokus strafrechtlicher Ermittlungen stehen wird. Problematisch ist insbesondere, wenn der "neue" Vereinsvorstand von strafrechtlich relevanten Fehlern der Vergangenheit (z. B. seines Vorgängers) Kenntnis erlangt, diese aber der Finanzverwaltung gegenüber pflichtwidrig nicht offenlegt (z. B. im Rahmen einer Korrekturmeldung oder einer Selbstanzeige). Ab diesem Moment des pflichtwidrigen Unterlasse...

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