Tz. 17

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Das Strafrecht sieht weder eine Vergünstigung für Gemeinnützige vor, noch wird darauf Rücksicht genommen, wenn die Handelnden ehrenamtlich tätig werden. Dies kann allenfalls im Rahmen der Festsetzung des Strafmaßes Berücksichtigung finden. Aus der Praxis sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen auch gegen ehrenamtlich handelnde Vereinsvorstände Straf- oder zumindest Bußgeldverfahren eingeleitet wurden. Häufig kann sich dies auf den Hauptberuf dieser ehrenamtlich tätigen Vorstände auswirken. Wenn nämlich eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung erfolgt, kann dies zu berufsrechtlichen, beamtenrechtlichen und kammerrechtlichen Konsequenzen führen bis hin zum Entfernen aus dem Beamtenverhältnis oder zum Verlust der Zulassung (z. B. als Steuerberater, Rechtsanwalt, Arzt oder Notar). Für zahlreiche andere Berufe existiert das Erfordernis der "Zuverlässigkeit", z. B. für Gastronomen, Gewerbetreibende oder andere selbständig Tätige. In all diesen Fällen kann sich aus der ehrenamtlichen Tätigkeit für einen Verein eine negative Folgewirkung für das "richtige Leben" des Vereinsvorstandes ergeben. Das sollten die für den Verein Handelnden und für dessen Handeln Verantwortlichen stets bedenken.

 

Tz. 18

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Festzustellen ist zudem, dass seitens der für den Verein Handelnden regelmäßig keine Kenntnis hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeiten in einer Organisationsstruktur wie einem Verein existiert. Der Vorstand wird sich – wenn der Verein ausreichend groß ist und über eine Steuerabteilung oder zumindest über für steuerliche Belange zuständige Mitarbeiter verfügt – darauf berufen, dass etwaige Steuerverfehlungen nur diesen Mitarbeitern vorgeworfen werden können. Die für steuerliche Belange zuständigen Mitarbeiter werden stets umgekehrt argumentieren und sich darauf berufen, existierende Problematiken an den Vorstand gemeldet zu haben, womit sie ihrer Verpflichtung nachgekommen und aus ihrer Verantwortung entlassen sind. Tatsächlich verhält es sich mit den strafrechtlichen Verantwortlichkeiten aber anders als vom Vorstand oder von den für steuerliche Belange zuständigen Mitarbeitern angenommen.

 

Tz. 19

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Bei der vorsätzlichen Steuerhinterziehung handelt es sich um ein sog. Allgemeindelikt, das von jedermann begangen werden kann. Als Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun kommt nämlich jeder in Betracht, der tatsächlich in der Lage ist, auf die Festsetzung, Erhebung oder Vollstreckung der gesetzlich geschuldeten Steuer zum Nachteil des jeweiligen Steuergläubigers einzuwirken, s. Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 Rdnr. 31. Es reicht aus, wenn der Täter die ungerechtfertigten Steuervorteile für sich oder einen anderen erlangt. Damit kann Täter einer Steuerhinterziehung auch sein, wer als Angestellter des Steuerpflichtigen handelt oder unterlässt. Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob die jeweilige Hilfsperson des Steuerpflichtigen (Steuerpflichtiger wäre etwa der Verein) nur in untergeordneter Position tätig ist – z. B. als Buchhalter – und ob sie nach außen – dem Finanzamt gegenüber – in Erscheinung tritt oder nicht, s. BGH vom 20.03.2002, wistra 2002, 221. Auch die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO kann durch Angestellte eines Vereins verwirklicht werden. Ausreichend ist nämlich, wenn jemand handelt, der für den Steuerpflichtigen (den Verein) bei Wahrnehmung seiner Angelegenheiten tätig wird. "Bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen" handelt jeder, dessen Tun oder pflichtwidriges Unterlassen mit den steuerlichen Pflichten eines Steuerpflichtigen in Zusammenhang steht, s. Joecks, in: Jeocks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rdnr. 15.

3.1 Horizontale Pflichtendelegation

 

Tz. 20

Stand: EL 132 – ET: 06/2023

Dem Vereinsvorstand obliegt die Geschäftsführung des Vereins. Mit der Größe des Vereins steigt regelmäßig auch die Komplexität der Geschäftsführung, weshalb es im Hinblick auf mehrköpfig besetzte Führungsgremien die Möglichkeit gibt, bestimmte Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sachgerecht untereinander in verschiedene Ressorts aufzuteilen. Man spricht hier von der horizontalen Pflichtendelegation. So kann etwa ein Bereichsvorstand "Steuern" bestimmt werden. Die anderen Vorstände können grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Vorstand "Steuern" die ihm zugewiesenen Aufgaben und Pflichten sach- und pflichtgemäß erfüllt.

 

Hinweis:

Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass eine Aufteilung von Pflichten (z. B. Bereichsvorstand Finanzen und Steuern) die nicht mit der Einhaltung bestimmter Pflichten betrauten Vereinsvorstände (d. h. diejenigen Vorstände, in deren Zuständigkeitsbereich die Finanzen und Steuern nicht fallen) nur solange vor einem Vorwurf gefeit sind, wie keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der zuständige Bereichsvorstand seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt. Existieren Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß...

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