Tz. 6

Stand: EL 114 – ET: 12/2019

Neben der Satzung muss auch die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Satzungsbestimmungen entsprechen (s. § 63 Abs. 1 AO, Anhang 1b).

Praxishinweise:

  • Die tatsächliche Geschäftsführung muss sich i. R.d. verfassungsmäßigen Ordnung halten. Als Verstoß gegen die Rechtsordnung kommt auch eine Steuerverkürzung in Betracht (BFH vom 27.09.2001, BStBl II 2002, 169 und AEAO zu § 63 AO TZ 5, Anhang 2).
  • Zur erforderlichen Nachweisform durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen s. AEAO zu § 63 AO TZ 1, Anhang 2. Die dortige Präzisierung sollte ursprünglich in § 63 Abs. 3 AO (Anhang 1b) aufgenommen werden (s. BT-Drs. 16/5200, 28, 30 und BT-Drs. 16/5985, 4; diese Änderung ist jedoch nicht zustande gekommen).
  • Zur tatsächlichen Geschäftsführung i. S. d. § 63 Abs. 1 AO (Anhang 1b) gehören alle der Körperschaft zuzurechnenden Handlungen und somit auch bereits die Tätigkeiten und Entscheidungen, die der Verwirklichung der Satzungszwecke vorausgehen und sie vorbereiten (BFH vom 23.07.2003, BStBl II 2003, 930).
  • Die Finanzverwaltung sieht es als zulässig an, dass eine Körperschaft, die mehrere steuerbegünstigte Satzungszwecke hat und in jedem Jahr mindestens einen davon verfolgt, einen oder mehrere andere Satzungszwecke über einen längeren Zeitraum hinweg nicht fördert (Erlass des Finanzministeriums Bayern vom 25.06.1997, DB 1997, 1746). Nach diesem Erlass ist eine die Zwecke reduzierende Satzungsänderung erst dann erforderlich, wenn die Körperschaft einen Zweck auf Dauer (endgültig) aufgibt.
  • Die Übereinstimmung zwischen Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung als Voraussetzung für die Steuerbefreiung erfordert dagegen für den umgekehrten Fall einer Erweiterung der steuerbegünstigten Zweckbestimmung, dass diese erweiterte Zielsetzung in die Satzung aufgenommen wird. Anderenfalls wären wegen fehlender Übereinstimmung zwischen Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht gegeben (s. AEAO zu § 56 AO TZ 1, Anhang 2 und BFH vom 25.06.2014, BFH/NV 2015, 235). Nach Auffassung des BFH verstößt die tatsächliche Geschäftsführung gegen die Satzungsbestimmungen, wenn – wie im Urteilsfall – im Gesellschaftsvertrag einer sog. Förder-Körperschaften bestimmt ist, dass der Satzungszweck der Förder-Körperschaft mit dem Satzungszweck der empfangenden Körperschaften übereinstimmen muss und Mittel an eine Körperschaft weitergegeben werden, die wegen anderer Zwecke als gemeinnützig anerkannt ist.
  • In der tatsächlichen Geschäftsführung ist das Selbstkontrahierungsverbot (s. § 181 BGB, Anhang 12a) zu beachten. Ohne die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in der Satzung sind schuldrechtliche Vereinbarungen (insbes. Anstellungs-, Miet- und Pachtverträge) zwischen der Körperschaft und ihren gesetzlichen Vertretern steuerlich unbeachtlich. Das Selbstkontrahierungsverbot gilt nicht nur für die GmbH (s. § 35 Abs. 3 GmbHG sowie H 8.5 "Zivilrechtliche Wirksamkeit" KStH 2015), sondern ebenso für alle Nichtanrechnungs-Körperschaften (s. Hof in Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Hdb, 3 Aufl., § 8, Rn. 229, 259, 260). Werden schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen der Körperschaft und ihrem gesetzlichen Vertreter abgeschlossen, ohne dass eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot vorliegt, ist u. E. stets ein Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 bzw. Nr. 3 AO (Anhang 1b) gegeben, der zum Wegfall der Steuerbefreiung führt, ohne dass es noch auf die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung ankommt.
  • Zur Versagung der Gemeinnützigkeit wegen verspäteter Abgabe von Steuererklärungen gilt nach Auffassung des FG Münster im Urteil vom 30.06.2011 (EFG 2012, 492, rkr.) Folgendes: Werden Steuererklärungspflichten verletzt, kann dies im Einzelfall zur Versagung der Gemeinnützigkeit führen; jedoch sind die Schwere des Verstoßes und die Frage zu prüfen, ob die Art der Pflichtverletzung die Schlussfolgerung zulässt, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht ausschließlich auf die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke bezogen ist. U.E. rechtfertigt die verspätete Abgabe von Steuererklärungen jedenfalls dann nicht den Entzug der Gemeinnützigkeit, wenn sie nicht zugleich zu einer Steuerhinterziehung führt.
 

Tz. 7

Stand: EL 114 – ET: 12/2019

Wichtig: Zur Angemessenheit von Vergütungen im Ehrenamt/Hauptamt gilt Folgendes:

  • Der Vereinsvorstand ist grds. nicht Arbeitnehmer des Vereins, es sei denn, der Verein hat mit dem Vorstand einen Dienstvertrag abgeschlossen oder der Vorstand erhält vom Verein monatlich eine pauschale Vergütung, die neben dem tatsächlichen Aufwand (z. B. Telefon-, Fahrtkosten) auch den Zeitaufwand abdeckt (Tätigkeitsvergütung).
  • Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO (Anhang 1b) dürfen die Vergütungen im Ehrenamt/Hauptamt nicht unangemessen hoch sein (s. auch AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO TZ 18–21, Anhang 2). Dies wäre als Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit gemeinnützigkeitsschä...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Reuber, Die Besteuerung der Vereine. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge